Urban Chaos: Riot Response18.05.2006, Mathias Oertel
Urban Chaos: Riot Response

Im Test:

Es war einmal eine Zeit, in der nahezu jeden Monat mindestens ein Konsolen-Shooter auf den Markt kam. Diese Zeit ist mittlerweile lang vorbei und inzwischen bin ich froh, wenn wenigstens ab und an ein Action-Spiel des Kalibers Black oder gar Far Cry Instincts den Weg in die Regale findet. Eidos liefert nun mit Urban Chaos – Riot Response Nachschub für nervöse Zeigefinger. Ein glorreicher Action-Abgesang für die Konsolen der gegenwärtigen Generation?

Der Name kommt mir bekannt vor, Teil 1

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Nick Mason, der Name der Hauptfigur in Eidos neuem Shooter, klingt irgendwie bekannt. Es hört sich leicht nach Regisseuren bzw. Autoren wie Walter Hill, Steven E. De Souza, John McTiernan oder Richard Donner an.

Der Schild bietet euch nicht nur eine universelle Abwehr gegen physische Angriffe, sondern auch die Möglichkeit, zuzuschlagen.
Dahinter könnte ein Charakter eines Buddy-Cop-Movies stecken, der vor gut 10 Jahren von einem Stallone in Bestform, Jean Claude Van Damme oder Steven Seagal gespielt worden wäre.

Dementsprechend archetypisch und damit auch vorhersehbar gibt sich die Geschichte, die der kompromisslosen Ballerei zugrunde liegt: Ihr als Nick Mason seid in eurer Heimatstadt als Mitglied einer Spezialeinheit namens "T-Zero" (Kürzel für "Zero Tolerance") unterwegs, um die bürgerkriegsähnlichen Zustände unter Kontolle sowie die Gangs, die in der Stadt brandschatzen und für Chaos sorgen ins Gefängnis bzw. Leichenschauhaus zu bringen. So weit, so gut, so wie immer, schon so häufig gesehen…

Der Name kommt mir bekannt vor, Teil 2

Dann ist da ja noch der Name, der bei den etwas älteren Spielern Erinnerungen an das 1999/2000 ebenfalls bei Eidos erschienene Urban Chaos (PC, Dreamcast, PSone) vom mittlerweile nicht mehr existierenden Entwicklerteam von Mucky Foot wecken dürfte.

Die Third-Person-Action um die Polizistin D’Arci Stern war zwar seinerzeit auch nicht der spielerische Überflieger, bot aber ansprechende Kost, die sich eine kleine Fangemeinde sichern konnte.

Linearum absolutum

Doch auch der mögliche Zuspruch dieser Fangemeinde wird eines nicht verschleiern können: Der Ego-Shooter, der als Roll Call in die Entwicklung ging, dann auf Zero Tolerance umgetauft wurde und nun als Urban Chaos Riot Response in den Regalen steht, bietet kaum Merkmale, die ihn von der Konkurrenz abheben.

Mit der Stungun könnt ihr die Gegner mit einem Minimum an Gewalt ausschalten.
Zugegeben: Die Realfilm-Zwischensequenzen erklären die stereotype Hintergrundgeschichte angemessen und bauen eine durchaus spürbare Spannung auf. Auch das weitläufige Waffenarsenal bietet viel Nahrung für ausufernde Feuergefechte. Und zusätzliche Features wie die Möglichkeit, Gegner ohne ballistische Gewaltanwendung mit Hilfe der Stun Gun auszuschalten und festzunehmen sowie die ab und an mit euch mitlaufenden Feuerwehrleute und Sanis, denen ihr kaum üppig zu nennende Befehle geben könnt, lockern den Shooter-Einheitsbrei auf.

Doch all das sind kleine Tropfen, die den Stein linearer Einheitskost nicht einmal ansatzweise aushöhlen können. Ihr werdet durch die Abschnitte geschleust und trefft dort auf eine passable Anzahl Gegnertypen, die leider allesamt mit einer unterirdischen KI gesegnet sind. So sorgen nicht einmal Bosse mit Raketenwerfer oder Schergen, die mit einer hochtourigen Kreissäge auf euch zulaufen für Schweißtropfen auf der Stirn – von Hektik oder einem Gefühl von Gefahr ganz zu schweigen.

 

     

Ungeschnittene Variationsarmut

Auch die Primär- und Sekundärziele variieren nur wenig. Im Normalfall müsst ihr einen Abschnitt "reinigen", dabei aber den Boss möglichst mit der StunGun ausschalten und festnehmen. Ab und an müsst ihr noch Zivilisten oder andere Staatsdiener befreien und sie zu einem bestimmten Punkt bringen – alles schon mal da gewesen.

Die KI sowohl der sporadisch mitlaufenden Helfer als auch der Gegner zeigt viel Spielraum nach oben...
Sekundär gibt es jedem Level versteckte Masken, die gefunden werden müssen sowie Belohnungen für eine bestimmte Anzahl an Headshots bzw. für eine ebenso bestimmte Anzahl von "Verhaftungen". Doch da ihr in jedem Fall mehr finale Rettungsschüsse ausführen müsst, um ans Ziel zu kommen, anstatt die Gangster zu brutzeln, sind die Prioritäten klar verteilt.

Fans kompromissloser Action wird freuen, dass Urban Chaos Riot Response vollkommen ungeschnitten den Weg in die Regale gefunden hat. Havok sorgt dafür, dass die Gegner bei Explosionen und dem Projektileinschlag in die verschiedenen Trefferzonen physikalisch korrekt durch die Luft wirbeln. Und dass bei einem Spiel, das sich in nahezu allen Belangen an klassischer B-Film-Action aus Hollywood orientiert, nicht an bestimmten Primärfarbtönen gespart wird, braucht kaum noch erwähnt zu werden.

So hat Urban Chaos auch seine stärksten Momente, wenn man sich komplett bestimmter cineastischer Stilmittel bedient: Die sporadischen Zeitlupen, die einen besonders effektiven oder spektakulären Treffer kennzeichnen, könnten von Walter Hill oder Sam Peckinpah stammen; die mit einem schönen Blur-Effekt versehenen Kamerafahrten können für einen Hauch von Dramatik sorgen und die geskripteten Ereignisse schließlich machen das filmische Erlebnis komplett und verhindern den Absturz in den Shooter-Orkus.

Kugeln pfeifen an euch vorbei, Gegner greifen an: die Innenabschnitte bauen ansatzweise Atmosphäre auf!
Denn auch die Möglichkeiten, sowohl mit der Taschenlampe dunkle Bereiche zu durchleuchten (gähn!) als auch der unkaputtbare Universalschild, mit dem ihr sowohl jegliche Projektilwaffen abwehren als auch Gegner K.O. schlagen könnt, schaffen es nicht, das T-Zero-Abenteuer über das Mittelmaß zu wuchten.

Ansprechende Technik

Das filmische Erlebnis wird durch die Anstrengungen der Grafikabteilung auf beiden Systemen unterstützt: Die Animationen können überzeugen, Clippings werden auf ein Minimum reduziert und sobald das Geschehen ins Innere von Häusern gelegt wird oder Flammen sowie verbrannte Gebäude ins Spiel kommen, sorgen leichte Klaustrophobie sowie  überzeugende Qualmeffekte und effektiv eingesetzte Höhepunkte wie Backdrafts usw. für Atmosphäre. Diese wird aber spätestens dann wieder auf ein gerade mal durchschnittliches Niveau herunter gestuft, wenn ihr durch eher unspektakuläre Straßenzüge lauft und eine Horde Gegner nach der anderen brav auf euch zuläuft, um niedergemäht zu werden.   

Dafür allerdings läuft die Engine auch in den wenig spektakulären Multiplayer-Duellen weitestgehend störungsfrei. 

Fazit

Würde sich Urban Chaos Riot Response nicht von Anfang bis Ende filmischer Stilmittel bedienen, könnte man den Shooter als extrem gewöhnlich abstrafen. So aber sorgen die insgesamt gute Optik, Zeitlupen, Havok-Physik sowie geskriptete Ereignisse immer wieder für Stimmung und letztlich für die Motivation, sich bis zum Ende durchzukämpfen, dabei Medaillen und somit bessere Ausrüstung einzusacken und Ordnung ins städtische Chaos zu bringen. Lässt einen das ganze cineastische Drumherum kalt, bleibt unter dem Strich ein äußerst gewöhnlicher, linearer und mit kaum nennenswerter KI ausgestatteter Shooter, der zwar ansehnlich ist, aber kaum fordert und dann nur noch durch die dargestellte Gewalt interessant ist. Für Spieler, die schon mit Black glücklich wurden und im Vergleich zu Criterions Baller-Orgie mit grafischen Abstrichen leben können, ist Nick Masons ballistisches Abenteuer genau das richtige Futter - auch wenn selbst der Mehrspielermodus nicht mehr als Durchschnittskost abliefert.

Pro

ansprechende Kulisse
gute Animationen
Havok-Physik
ungeschnitten
viel freizuspielen
cinematische Zeitlupen
gut geskriptete Events
saubere Lokalisierung

Kontra

linear bis zum Gehtnichtmehr
unterirdische KI
Gewalt nutzt sich ab
kaum Interaktionsmöglichkeiten
wenige Befehle für die „Mitläufer“

Wertung

XBox

PlayStation2

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.