Vorschau: Deus Ex: Invisible War (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Eidos Interactive
Release:
05.03.2004
05.03.2004
Spielinfo Bilder  
Science-Fiction, die lebt!

Schon der packende Einstieg entfacht Mittendringefühl: Das dramatische Intro sorgt für düstere Katastrophenstimmung, ganz Chicago versinkt nach einem mysteriösen Terroranschlag, es gibt nur bruchstückhafte Informationen und ihr seid als Auszubildender einer Agenten-Schule von der ersten Sekunde an umzingelt von Gerüchten, vermeintlichen Freunden und lächelnden Helfern. Wem kann man trauen? Wer hat Recht? Wer hat eure Heimatstadt vernichtet?

Virtuelle Schönheit weckt Fleischeslust: In der Zukunft strippen Hologramme in exklusiven Nachtclubs.

Ähnlich wie bei Star Wars: Knights of the Old Republic startet ihr das Abenteuer mit einem Haufen Fragen im Kopf. Nur, dass hier kein erzählerisches Korsett mit einem mehr oder weniger linearen Spielablauf, sondern die frische Luft der Freiheit wartet. Sobald ihr in Seattle seid, gebt ihr das Tempo vor.

Die Orte und Personen wirken dank stimmiger Architektur, gesripteter Zwischenfälle und glaubhafter Dialoge sehr natürlich, fast schon wie eine plausible Vision der Zukunft. Dazu tragen auch die politischen Fraktionen bei, die alle einer anderen Ideologie frönen und euch auf ihre Seite bringen möchten - und das Herausfordernde ist: Es gibt keine abgegriffenen Gut-Böse-Klischees. Und weil die bruchstückhaften Hinweise von der ersten Sekunde an die Neugier auf diese Science-Fiction-Welt und die mysteriöse Rahmenhandlung wecken, kommt man so schnell vom Pad nicht los.

Auch der Zugriff auf Inventar und Waffen flutscht zwar nicht sofort, bereitet nach einer Weile keine Probleme mehr: Ein Buttondruck öffnet das Menü, die Schultertaste feuert, mit B schaltet man die Waffen durch, Y ist für`s Springen, A ist für alle Aktionen reserviert. Was stört? Was nervt?

Natürlich hat Deus Ex 2 Schwächen, die vor allem im technischen Detail und im Komfort auftauchen: Auch auf der Xbox gibt es hier und da Ruckler. Und die insgesamt klasse inszenierte Kulisse hat zwar viele Licht-, aber auch einige Schattenseiten wie z.B. die unzureichende Kantenglättung, ab und zu fehlende Lippenbewegungen oder recht eintönige Todesanimationen. Auch das Springen und Leitern erklimmen hätte sicher sauberer umgesetzt werden können.  Das stört, geht aber im Spielspaßsog der ersten Stunden unter.

Zumal die bis auf wenige  Ausnahmen sehr gute deutsche Sprachausgabe und die unheimlich lebendig wirkende Umgebung vieles ausgleichen. Schwankende Deckenlampen entzücken mit tanzenden Lichtkegeln auf Wänden und Fluren; jeder Raum ist dank des beweglichen Mobiliars und der kleinen Verstecke eine Entdeckung wert. Und die Physikengine lässt euch Basketball spielen und jede Mülltonne werfen – wenn auch alles unrealistisch leicht ist.

Neben der Taschenlampe sollte man immer projektilfreudige Argumente bei sich tragen, damit man keine knurrende Überraschung erlebt.

Schwerer als diese Inkonsequenzen wiegt das viel zu kleine Inventar, das Platz für magere zwölf Waffen und Gegenstände bietet. Viel zu schnell muss man sich daher mit dem Ablegen von vermeintlich unwichtigen Dingen quälen – diese Beschränkung hätte angesichts der von Items überfluteten Welt nicht sein müssen. Auch die Auffrischung der Biomodulenergie hätte komfortabler über einen Button geregelt werden können, anstatt durch Inventarklickerei. Und last but not least hinterließ die KI trotz aufmerksamer Geräuschortung noch einen durchwachsenen Eindruck; im Test werden wir dem Gegnerverhalten daher genauer auf den Zahn fühlen.
 

AUSBLICK



Ja, Deus Ex 2 hat kleine Schwächen – sowohl was die Grafik als auch den Komfort angeht. Da stören Details in der Steuerung und das Interface wirkt nicht ganz so durchdacht wie bei Star Wars: Knights of the Old Republic. Aber es gibt derzeit kein einziges Spiel für die Xbox, das mich so fesselt und das mir spielerisch so viele Möglichkeiten zum Experimentieren lässt. Ich liebe es, meine Taktik zu wechseln, Waffen und Gegenstände zu testen und die düstere SciFi-Welt auf eigene Faust zu erkunden. Der Einstieg ist klasse, die ersten Stunden verfliegen im Nu und das Allerwichtigste: Warren Spectors Zukunfts-Szenario wirkt so lebendig, dass man es von er ersten Sekunde an voller Neugier erforscht. Dazu trägt auch die verwickelte Story bei, denn es gibt keine Gut-Böse-Klischees, keine billige Heldenkarriere, sondern ein Abenteuerschicksal mit vielen Grautönen und ideologischen Konflikten. In Sachen Architektur, Lichteffekte, Physik und Interaktivität lässt IonStorm selbst das preisgekrönte Jedi-Rollenspiel hinter sich. Die Frage bleibt allerdings, ob die Freiheit auf Dauer beliebig wird oder mein Weg tatsächlich entscheidenden Einfluss auf die Spielwelt hat. Auch die KI verdient noch einen genaueren Blick. Eines dürfte jedoch jetzt schon klar sein: Wer abseits vom linearen Actionbrei nach einem erfrischenden Cocktail Freiheit lechzt, kann sich den 5. März bedenkenlos vormerken.

Vergleichbare Spiele

Kommentare

Dream works schrieb am
War doch nicht so gemeint. Klar gibts auch anspruchsvolle Spiele für Konsolen. Ich meine ja auch nur, dass es bei Konsolen aufgrund der Hardware bei solchen Spielen keine großen Gebiete gibt, und es gibt sicher noch andere Einschränkungen, aber so gut kenne ich mich da nicht aus.
Aber um mal bei Deus Ex zu bleiben. Ich finde es schon bezeichnend, dass sich Konsoleros über einen verstümmelten Abklatsch des ersten Teils wie die Schneekönige freuen, während viele PC-Spieler von Teil 1 den 2. Teil schon längst verbal bestattet haben. Wurde Teil 1 überhaupt jemals auf X-Box konvertiert?
Zumindest der Demo nach zu urteilen, versagt Invisible War im Vergleich zum Vorgänger in nahezu allen Bereichen. Auf dem PC, wie gesagt,
Ich bin übrigens der Meinung, dass sich der PC in Sachen Spiele gegen Konsolen auf Ewig behaupten wird. Vielleicht sterben Konsolen bald sogar ganz aus. Der PC bietet einfach viel mehr Möglichkeiten im Vergleich zu Konsolen.
Aber das ist ein anderes Thema und würde jetzt zu weit führen.
Alpha eXcalibur schrieb am
So einen Quatsch hab ich ja noch nie gehört. Xbox Spiele und Anspruchslos? War es nicht Capcom wo vor Jahren mal meinte das RE: Zero nicht für PS2 kommt weil es für PS zocker zu schwer wäre, und man in der Hinsicht Nintendo Zocker als fitter betrachtet? Ich denke grad auf Plattformen wie GC oder Xbox finden sich echte Freaks, weil der Mainstreem die doch komplett ignoriert, und eben was will der Massenmarkt? Genau, bloß keine schweren Spiele, schon gar nicht welche die entsprechenden SKILL abverlangen. Ich könnte ein Duzend Spiele aufzählen die hammerhart schwer sind, und das auf jeder Konsole. Wer sowas verallgemeinert hat doch keine Ahnung!
johndoe-freename-63713 schrieb am
Von wegen Anspruchslos!
Dass es doch genug anspruchsvolle Games auf jedem System gibt ist doch keine Frage oder ? Nur finde ich dass jedes gute Spiel auf seine Weise anspruchsvoll ist , sei es Zelda oder SSX.
Dass so ein Kommentar von einem PC only Besitzer kommt wundert mich nicht.PC Zocker müssen ja jedes halbe Jahr ca. 500 Euro für eine neue Grafikkarte aussgeben also bleibt da wahrscheinlich nicht mehr viel für andere Hardware.Ich denke allerdings dass der Trend weiter in Richtung Wohnzimmer gehen wird was man meiner Meinung nach am letzten Weihnachtsgeschäft ganz gut sieht.Ich persönlich habe auch keine Lust mehr diesen PC Hardware Wahn mitzumachen , dazu muss ich für mein Geld viel zu schwer arbeiten.Bin schon gespannt was für eine Grafikkarte dieses Jahr für DOOM3 auf der E3 angepriesen wird.War ja bis jetzt jedes Jahr eine neue.
Jörg Luibl schrieb am
Hi Dreamworks,
ich verstehe unter einem anspruchsvollen Gameplay in erster Linie spielerische Freiheit, glaubwürdige Charaktere und eine lebendige Welt - all das besitzt Deus Ex 2.
Und ich denke nicht, dass Warren Spector hier die Zielgruppe der "anspruchslosen Xbox`ler" im Auge hatte. Die haben sich mit Halo und Star Wars: Knights of the Old Republic bereits an Qualität vom Feinsten gewöhnt - übrigens lange vor der Rechenknechtfraktion.
Aber ehrlich gesagt gehören diese Plattformhiebe ohnhein in den Bereich der ausgelutschten Eitelkeiten.
Bis denne
4P|Jörg
Ach ja: Eine PC-Preview mit einem etwas anderen Blickwinkel schlummert schon lange in unserem Archiv.
Dream works schrieb am
Das mag für anspruchslose X-Boxler gelten, aber ich denke, ein Preview der aktuellen PC-Version wäre weit weniger positiv. Simple Charaktergenerierung, chaotisches Interface, erbarmungswürdige Performance obwohl die Grafik nicht mal so der Hit ist, KI-Schwäche, viel zu kleine Areale (im Vergleich zu Deus Ex - man kann den zweiten Teil sowieso nicht testen ohne ihn mit dem ersten Teil zu vergleichen).
Aber gut, ist ja hier die X-Box-Version.
Bin mal auf das PC-(P)review gespannt.
schrieb am