Aller Anfang ist am Himmel
Viele Spiele, die sich mit dem Ersten Weltkrieg beschäftigen, behandeln vor allem die spektakulären Luftkämpfe zwischen Doppeldeckern & Co. Schon zu ihren Lebzeiten haben Jagdflieger wie Manfred von Richthofen (1892 - 1918), der auch der "Rote Baron" genannt wurde, die Fantasie beflügelt. Daher ist es kein Wunder, dass eines der ältesten Spiele zu diesem Konflikt
Red Baron aus dem Jahr 1971 war. Allerdings handelte es sich dabei um einen Automaten von Milwaukee Coin Industries mit Projektionsfläche, bei dem man den feindlichen Doppeldecker samt Steuerknüppel in Egosicht verfolgte und ins Visier nahm.
Der virtuelle Erste Weltkrieg begann an einem Automaten in der 70ern namens "Red Baron".
Varianten wie
Ace und
Wings folgten in den 70ern, bis Atari 1980 einen gleichnamigen Automaten in schwarzweißer Vektorgrafik entwickelte und
Dawn Patrol 1982 von TSR, den D&D-Machern, für den Heimcomputer Apple 2 erschien. Die beste avionische Simulation dieser Gefechte servierte vermutlich
WWI Ace, das als Dogfighting-Spielmodus im Flight Simulator II von 1987 enthalten war, das vor allem auf dem Amiga brillierte. Der Begriff "Dogfight" wurde schon im Ersten Weltrkieg gebräuchlich, weil die beiden Kontrahenten wie zwei Hunde an das ungeschützte Heck des Gegners kommen wollten, während sie sich umkurvten.
Stellvertretend für alle kommenden Luftkampf-Spiele seien die Klassiker
Wings von Cinemaware sowie
Knights in the Sky von Microprose genannt, die 1990 auf dem Amiga bzw. unter DOS für stimmungsvolle Action sorgten. Und schließlich sei noch das 2013 veröffentlichte
Sid Meier's Ace Patrol für mobile Systeme erwähnt, das allerdings als Rundentaktik konzipiert wurde und nur befriedigend in unserem Test abschneiden konnte. Trotzdem ist das eine willkommene Überleitung vom Himmel auf den Boden, denn dort dominieren Strategiespiele den Ersten Weltkrieg.
Zug um Zug zum Sieg
Schon 1983 konnte man in
Battle 1917 auf dem ZX Spectrum rundenweise mit fünf Einheitentypen auf einer 21 mal 32 Felder großen Karte gegeneinander antreten, was aus heutiger Sicht wie Käsekästchen anmutet. Das sah drei Jahre später in
The Great War 1914 auf dem C64 noch nicht viel besser aus, aber war dank mehrerer Phasen taktisch komplexer. 1986 wurden
Truppen, Truppen, überall Truppen: In To End All Wars von 2017 ging es rundentaktisch zur Sache.
in
World War 1 auch erstmals Echtzeit-Gefechte in 2D zwischen Mittelmächten und Entente auf dem Spectrum ausgetragen. Dass der Erste Weltkrieg auch Seeschlachten zu bieten hatte, demonstrierte dann die maritime Simulation
Dreadnoughts im Jahr 1992 für Amiga, Atari und DOS. Übersetzt bedeutet das übrigens "Fürchtenichts" und wurde ab 1906 von der britischen Royal Navy für eine neue Art von Kriegsschiffen gebraucht, die man in diesem Spiel in der Rolle eines Admirals rundenweise manövrierte - was aber recht sperrig und abstrakt war.
Komfortabler und unterhaltsamer ging es an Land weiter: 1992 sorgte Blue Byte mit
History Line: 1914 - 1918 für rundentaktischen Spaß in der Draufsicht auf Amiga und DOS - dabei orientierten sie sich an der erfolgreichen Spielmechanik von
Battle Isle. Die deutschen Entwickler präsentierten ebenso ansehnliche wie anspruchsvolle Strategiegefechte auf 48 Hexfeldkarten zwischen Franzosen und Deutschen, die Michael in seinem
Rückblick ausführlicher bespricht.
Das beste 2-Personen-Strategiespiel zum Ersten Weltkrieg gibt es nicht digital, sondern am Tisch: Paths of Glory ist eines der besten Wargames.
Es folgte eine Fülle an Titeln, die das Spektrum immer weiter vergrößerten: In
Victoria von Paradox aus dem Jahr 2003 konnte man sogar die komplette Epoche der "Viktorianischen Zeit" von 1835 bis 1920 im Stile globaler Strategie erleben - falls man sich nicht im Mikromanagement der nationalen Verwaltung verirrte. Die Schweden konnten diesen Ansatz in
Victoria 2 zumindest verfeinern, aber ansonsten gab es in diesem Genre aus militärischer Sicht eher mehr Masse als Klasse, bis man zig Einheiten auf riesigen Karten wie in
To End All Wars von 2017 befehligte, das Eike in seinem Test als "Komplexitätsmonster" bezeichnte.
Hinzu kamen auch digitale Umsetzungen von analogen Wargames wie
Commands & Colors: The Great War, die den Konflikt bis dato nur auf dem Tisch simulierten. Apropos: Eines der besten Brettspiele zu diesem Thema ist
Paths of Glory von Ted Raicer aus dem Jahr 1999, der die ganze militärtaktische Komplexität dieses Krieges für zwei Spieler auf einer riesigen Europakarte simulierte.
Für das preisgekrönte "Wargame", das Karten-Management sowie Züge von zig Truppentypen etc. kombiniert und auch Nachschubwege berücksichtigt, muss man sich allerdings sechs bis vierzehn Stunden Zeit nehmen. Damit verlassen wir die Strategie und wenden uns anderen Genre zu.