Zoo Tycoon21.11.2013, Eike Cramer
Zoo Tycoon

Im Test:

Alles auf Anfang! Die Zoosimulation Zoo Tycoon (ab 21,85€ bei kaufen) wird zum Launch der Xbox One neu gestartet. Verantwortlich ist Frontier, die mit Kinectimals und Roller Coaster Tycoon 3 gezeigt haben, dass sie sowohl Parksimulation als auch Tierdarstellung beherrschen. Gibt es einen Überraschungshit?

Neustart der Zoosimulation

Der Neustart ist ein Fehlstart: Zoo Tycoon kann nicht mit dem Vorgänger mithalten.
Der Neustart ist ein Fehlstart: Zoo Tycoon kann nicht mit dem Vorgänger mithalten.
Es hätte alles so schön sein können! Zoo Tycoon gehört zusammen mit Roller Coaster Tycoon zu meinen Favoriten, wenn es um virtuelle Vergnügungsparks geht. Das Original von 2001 schaffte es, die komplexen Anforderungen der Tiere und vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten unter einen Hut zu bekommen. Man konnte frei Gehege entwerfen, dazu ermöglichte eine große Palette von Bewohnern viele Zooarten. Zudem war das Tiermanagement gut mit anspruchsvollem Parkmanagement balanciert. Warum schwelge ich so in Erinnerungen? Weil der Neustart auf der Xbox One und 360 nichts davon in die Gegenwart rettet. Trotz der Vergnügungspark-Erfahrung der Entwickler.

Schon die Errichtung meines ersten Geheges lässt mich nichts Gutes erahnen. Ich wähle aus einer Liste von Umgebungen einen Entwurf aus drei Größen und platziere ihn. Ich kann nichts selber bestimmen: nicht die Anordnung der Bäume oder Steine, nicht die Form, ja selbst die Wege werden automatisch mit der nächsten Attraktion verbunden. Als wäre das noch nicht schlimm genug, kann ich die Hand voll Elemente wie Tröge, Unterstände oder Spielzeuge nur an vorgefertigten Positionen platzieren. Der Gestaltungsfreiraum, eines der wichtigsten Spielelemente der Vorgänger, ist gleich null. Das fängt ja gut an!

Der Katastrophenpfad

Die Tierdarstellung ist gelungen und etwa auf Kinectimals-Niveau.
Die Tierdarstellung ist gelungen und etwa auf Kinectimals-Niveau.
Weiter geht es mit der unmöglichen Platzierung der automatischen Wege. Warum zum Teufel kann ich diese nicht manuell bearbeiten,  verlegen, oder abreißen? Stattdessen muss ich meine Gehege so platzieren, dass sich die Pfade entsprechend meines im Kopf vorhandenen Planes verbinden. Das tun sie nur nicht immer auf die gleiche Weise, was extrem nervt. Zudem kann ich nicht festlegen, wie viele Wegverbindungen es zu meiner neuen Attraktion geben soll: Was geht wird gebaut! Das macht einen ordentlichen Rundweg völlig unmöglich und hat mich regelmäßig in den planerischen Wahnsinn getrieben. Mittels der Dekorationselemente können zwar einzelne Anschlüsse blockiert werden, das ist aber umständlich und wohl kaum Sinn der Sache. Zudem lassen diese sich immer nur einzeln platzieren. Für jeden Baum müssen immer wieder die Untiefen der verschachtelten Menüs aufgesucht werden, was schnell frustriert.

Dazu kommt, dass durch die runden Formen und automatischen Wege ständig hässliche Leeräume in meinem Park entstehen, die sich für nichts mehr nutzen lassen. Was haben sich die Entwickler denn dabei gedacht? Zoos werden so nicht zu ordentlichen Parkanlagen oder weitreichenden Wildgehegen, sondern zu unübersichtlichen und grottenhässlichen Cluster-Anhäufungen immer gleich aussehender und viel zu kleiner Gehege, die sich nicht vernünftig anordnen lassen. Ich bin begeistert!

Fragwürdige Wirtschaftsverwaltung

Die Interaktionen wie Füttern und Waschen sind nett. Mehr nicht.
Die Interaktionen wie Füttern und Waschen sind nett. Mehr nicht.
Neben dem Gehegemanagement war aber auch schon im Vorgänger das weitere Parkmanagement wichtig. Ich mache es kurz: das funktioniert 2013 ebenfalls nicht so richtig. Zwar kann ich Eintrittspreise festlegen, Verkaufsständen zuweisen wie viel Geld sie meinen Besuchern für einen Burger oder eine Limo aus der Tasche ziehen sollen sowie Werbung schalte, das geschieht aber auf äußerst rudimentäre Weise. So kann ich nur drei Preiskategorien festlegen: Niedrig, Mittel und Hoch. Warum? Wo ist das spannende Kalkulieren mit Centbeträgen geblieben, die Nachfrage-Preis-Beobachtung, das Taktieren mit der richtigen Eismenge in Getränken, wie noch in Roller Coaster Tycoon? Wo ist der wirtschaftliche Anspruch, den mir der Zusatz „Tycoon“ verspricht? Ich verdiene viel zu schnell sehr viel Geld. Anpassungen sind fast nicht nötig!

Vermutlich hat diese Vereinfachung damit zu tun, dass meine Besucher keine Besucher sind, sondern nur eine simple Statistik. Anders als in den Vorgängern, oder bei der Achterbahn-Konkurrenz, sind die in kleinen Gruppen durch den Park streunenden Besucher nämlich nur visuelle Fassade. Es gibt keine echten, einzeln simulierten Besucher mit Vorlieben, Abneigungen und einem eigenen Geldbeutel. Es gibt nur eine Zahl. Diese generiert pro Sekunde Geld, was auf meinem Konto landet. Zoo Tycoon simuliert mir also eine Zoo-Simulation. Dieses System funktioniert ähnlich wie bei Sim City und versagt dabei genauso, willkürliche Schwankungen der Besucherzahlen inklusive. Dass die statistische Zahl der Menschen überhaupt nicht mit der visuellen Darstellung übereinstimmt und bei 4000 Besuchern in einem kleinen Park gähnende Leere herrscht, ist da schon  fast Nebensache.

Aber die Tiere sind doch so süß!

Der Management-Teil wurde in jeder Hinsicht vermurkst.
Der Management-Teil wurde in jeder Hinsicht vermurkst.
Tatsächlich ist hier das Ende des Grauens aber noch nicht erreicht. Zoo Tycoon drangsaliert mich nämlich zu Beginn jedes Parks mit extrem nervigem Mikromanagement und lässt mich buchstäblich jeden Haufen einzeln wegräumen, bis ich endlich eine Pflegereinrichtung bauen darf. Dazu kommt, dass ich nicht nur in der langweiligen Kampagne, sondern auch im völlig anspruchslosen freien Spiel ständig mit belanglosen und störenden Miniaufgaben zugeschüttet werde, die so gar nichts mit meiner tatsächlichen Parksituation zu tun haben. Vor allem die in der Zoo-Ansicht, sprich der dritten Person, stattfindenden Ereignisse sind furchtbar. Besonders „schön“ war die Aufgabe in der Zoo-Ansicht bei c.a. 15 Bildern pro Sekunde mit einem Caddy ein Checkpunktrennen durch meinen Zoo zu veranstalten, um Medikamente an meine Tiere zu verteilen. Dies als überflüssig zu bezeichnen wäre noch freundlich, zumal die Bildrate auf der 360 noch weiter in den Keller ging.

Aber in all der Finsternis gibt es auch ein wenig Licht. Die Tiere sind das einzige Highlight der ansonsten völlig vermurksten Zoo-Simulation. Alle Tierarten sind schön designt und legen eigene Verhaltensmuster an den Tag. Vom Affen bis zum Leguan gibt es so ziemlich jedes exotische Tier zu bestaunen und gerade die Fellträger überzeugen insbesondere auf der Xbox One durch eine besonders fluffige Darstellung. Auf der 360 muss allerdings auch die Tierdarstellung Federn lassen, da Oberflächen, Modelle und Felle an Details verlieren. Die Spiel- und Füttermöglichkeiten via Kinect sind nett, allerdings rettet das diesen Albtraum einer Zoosimulation auch nicht mehr. Die Auswahl ist zudem relativ merkwürdig: Zwar gibt es so ziemlich jede Tierart aus Ländern südlich des Äquators, es fehlt aber Damm- und Rotwild oder  Wildschweine. Einzig Bärenarten repräsentieren die nördlichen Gefilde. Das verstehe, wer will.

Fazit

Nein! So geht man nicht mit einer Spieleserie um, die selbst auf dem Nintendo DS noch eine ordentliche Wirtschaftssimulation war. Schämt euch, Frontier! Wo ist die Tiefe und wo der Anspruch eures mehr als gelungenen Roller Coaster Tycoon 3 hin? Das hier ist eine Farce. Zoo Tycoon wurde nicht nur seiner wichtigsten Spielelemente beraubt, indem das freie Bauen von Gehegen entfernt wurde. Das furchtbare Wegsystem, der marginale Wirtschaftsteil und die Statistik-Besucher ohne eigenen Willen, sind dazu noch eine echte Zumutung. Ja, die Tiere sind schön und auch knuffig, aber das hier ist nicht Kinectimals 2. Fütterungen hin und Foto-Aufgaben her: von einem Zoo Tycoon erwarte ich eine schlüssige, tiefe und lange Zeit fordernde Parksimulation. Keine Checkpunktrennen mit Elefanten-Caddys und unkontrollierbare Cluster-Weghaufen.

Update: Was zu erwarten war! Auch auf der 360 kann Zoo Tycoon nicht überzeugen. Auf der Hardware der letzten Generation krankt das Spiel an noch stärkeren Rucklern, weniger detaillierten Oberflächen und Tiermodellen. Inhaltlich hat sich nichts geändert. Auch hier enttäuschen Management, Abwechslung und Anspruch.

Pro

schöne Tierdarstellung
Parkansicht
Tier-Interaktionen
viele verschiedene Tierarten....

Kontra

keine Anpassung der Gehege möglich
furchtbares Wegesystem
flache Wirtschaftsmechanik
... allerdings fehlt es an europäischen Wildtieren
keine einzeln simulierten Besucher
nervige Nebenaufagaben
langweilige Kampagne
anspruchsloser Endlosmodus
Bildraten-Probleme bei bestenfalls durchschnittlicher Kulisse
mitunter deutliches Ruckeln (360)
unscharfe Oberflächen (360)

Wertung

360

Flach, anspruchslos und seiner wichtigsten Elemente beraubt. Auch auf der 360 ist Zoo Tycoon eine echte Enttäuschung. Zudem hat es schwächere Tiermodelle, als die Next-Gen Variante.

XboxOne

Flach, anspruchslos und seiner wichtigsten Elemente beraubt. Der Neustart von Zoo Tycoon ist eine echte Enttäuschung.

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