LocoCycle26.11.2013, Benjamin Schmädig
LocoCycle

Im Test:

Welch ein Schrott! Dieses Spiel ist der letzte Müll: grafisch unter aller Sau, spielerisch total banane. Und habt ihr die Filme gesehen? Reinster Trash. Mit Robert Patrick (Terminator 2) als sprechendes Motorrad und Lloyd Kaufman (Troma) in einer Nebenrolle. Und wisst ihr was? Vergesst alles, was ihr über LocoCycle (ab 9,99€ bei kaufen) gelesen habt! Denn LocoCycle ist das Xbox-One-Spiel, mit dem ich bisher den größten Spaß hatte.

Schlecht, so richtig schlecht

Trash – die Freude am Bekloppten. Das Feiern absurder, oft maßlos überzogener Szenen. Hanebüchene Dialoge, bekloppte Drehbücher, billige Kulissen. Etliche Filmfans zelebrieren den schlechten Geschmack; Trash ist längst eine Subkultur innerhalb der Filmbranche.

Und es wird Zeit, dass schlechte Spiele genauso Spaß machen. Nicht wie normale Spiele, die hier und da eine Bemerkung in Richtung "Ich mach' jetzt einen Witz auf Kosten eines Klischees" bringen. Trash braucht eine schwammige Steuerung, potthässliche Grafik, grottigen Sound. Trash braucht endlich ein ehrliches Statement in Sachen Spieldesign!

Und LocoCycle pappt ein dickes Ausrufezeichen hinter dieses Statement.

Potzblitz!

Schon nach den ersten Sekunden ist der Drops gelutscht: Da steht Lloyd Kaufman in einem... Spielfilm neben einem Motorrad, das von Robert "T-1000" Patrick gesprochen wird. Die Stimmen aller Beteiligten wurden offensichtlich nachsynchronisiert. Sie passen jedenfalls nicht auf die Lippenbewegungen.

Die Geschichte? Ein Blitz schlägt ein. Das Prototyp-Motorrad I.R.I.S. will daraufhin zu einer Motorsportveranstaltung in – Scottsburg, Indiana – was sie jedes einzelne Mal mit der immer gleichen Stimme eines Navigationsgeräts ausspricht.Und Bösewicht S.P.I.K.E. (Patrick) will sie natürlich von – Scottsburg, Indiana – fernhalten. Deshalb schickt er

Potzblitz! Dieses Motorrad will wirklich nach Scottsburg, Indiana.
Komme, was wolle: Dieses Motorrad fährt nach Scottsburg, Indiana.
fahrende, gleitende, schwimmende sowie fliegende Gegner hinterher und greift selbst mehrmals an. Glück für I.R.I.S.: Sie hat Mechaniker Pablo dabei, den sie je nach Situation als Bumerang oder Baseballschläger nutzt. Im richtigen Augenblick schnappt Pablo in Zeitlupe auch Raketen aus der Luft und wirft sie auf den Angreifer zurück. Gerissen: Der Mensch als Waffe! *zuckendes Auge*

Wie praktisch übrigens, dass I.R.I.S. genau wie Pablo Spanisch spricht. Ihr Übersetzungsprogramm hat zwar einen Kurzen abbekommen, so dass sie während der gesamten Fahrt nach – Scottsburg, Indiana – nur das Gegenteil dessen versteht, das ihr gebeutelter Gefangener eigentlich sagt. Zum Glück gibt es aber Untertitel, für mich jedenfalls, denn Pablo spricht tatsächlich ausschließlich Spanisch. Ja, das ist genauso albern wie es klingt. Oder anders: ein Riesenspaß für große blödelnde Kinder!

Grafikblender

Das dynamische Zylinderduo rast also über amerikanische Highways, die an jeder Ecke gleich aussehen. Kennt ihr noch Outrun, Super Hang-On und wie sie alle heißen? Genau wie in den Oldies wiederholen sich hier die Elemente am Straßenrand alle paar Sekunden. Nach

Pablo fährt ebenfalls nach Scottsburg, Indiana. Was soll er auch machen; er hängt ja so an I.R.I.S.
Pablo fährt ebenfalls nach Scottsburg, Indiana. Was soll er auch machen; er hängt ja so an I.R.I.S.
einem Tunnel blendet mich außerdem maßlos überzogenes gleißendes Sonnenlicht (der ganze Bildschirm wird weiß!) und die wenigen Texturen sind so unglaublich verwaschen... Eike lobt die Punktlandung des Grafiktrashs in den höchsten Tönen: "Es gibt GameCube-Spiele, die besser aussehen." Die plumpe Pingpong-Physik zur Seite gestoßener Fahrzeuge ist selbstverständlich keinen Deut besser, Musik und Ton tun ihr Übriges.

Scheitern ausgeschlossen?

Das eigentliche Spiel hat ähnlich viel zu bieten. Je nach Situation ballere ich auf feindliche Fahrzeuge, kicke mit I.R.I.S. gegnerische Jetpack-Piloten oder vermöbele selbige mit Pablo. Mitunter werfe ich Granaten auf eine gegenüberliegende Fahrbahn, schieße wie im

Auch für PC?

Übrigens: Im Abspann wird nicht nur eine Xbox-One-, sondern auch auch eine PC-Fassung des Spiels erwähnt. Einen Termin gibt es allerdings noch nicht. Railshooter auf markierte Kreise oder drücke im richtigen Moment die immer gleiche Taste zum Gegenschlag. Die Wahl der Waffe habe ich kaum, anspruchsvoll ist das Ganze noch seltener. Grandios die Minispiele, in denen ein Scheitern unmöglich ist. Rechtzeitiges Knopfdrücken erhöht lediglich meine Punktzahl. Und immerhin könnte ich die kurzen Abschnitte möglichst flink und mit hoher Treffergenauigkeit erledigen – Onlineranglisten wecken den Sportsgeist.

Aber auch offline zählt das Ergebnis, denn die Punkte stecke ich in Verbesserungen wie

Gelegentlich muss er "sein" Motorrad reparieren. Dieses und andere Minispiele gehören zu den spielerischen Tief.. Verzeihung: Höhepunkten.
Gelegentlich muss er "sein" Motorrad reparieren. Dieses und andere Minispiele gehören zu den spielerischen Tief... Verzeihung: Höhepunkten.
Angriffsstärke und Lebensenergie. I.R.I.S. kann auch Attacken lernen, die Feuer-, Eis- oder Elektroschaden austeilen. Macht null Unterschied. Sieht aber anders aus. Hui!

Mit Ansage gegen die Wand

Ehrlich: Erwartet nichts. Gar nichts! Das Spiel ist von vorn bis hinten auf Schlecht getrimmt. Und ich für meinen Teil genieße es dabei zuzusehen, wie Twisted Pixel ausgerechnet einen Starttitel mit Ansage gegen jede spielerische Wand setzt. Höchste Zeit, dass diese Subkultur der Unterhaltungskunst auch in der Spielewelt Einzug hält! Die blöden Fließbandsprüche, die Anspielungen auf die Film- und Spielhistorie, der fulminante Showdown... die Entwickler wissen ganz genau, warum Trash so viel Spaß macht und ziehen sämtliche Register.

Versprecht ihr, dass ihr euch das Spiel wenigstens anschaut? Dann sagt es!

Fazit

Das muss jetzt sein: Twisted Pixel hat mächtig dicke Cojones, ein Spiel wie LocoCycle zum Start einer neuen Hochleistungskonsole zu bringen! Entweder das oder die Jungs haben die cleverste Antithese zum allgegenwärtigen Technikwahn verfasst. Ihre Message: Am Ende zählt nur der Spaß. All die aufgeplusterten Battleduties, Partikelschleudern, Zombiespielplätze – wen interessiert's? LocoCycle jedenfalls nicht. Die hässliche Highwayraserei bietet kaum eine Herausforderung, die Steuerung ist ungenau, die ewig gleichen Angriffsmuster wiederholen sich und die Filmszenen sind billige, wirklich billige Trashmovies. Aber genau darum geht es: um den Spaß am Absurden. Um das Gackern beim Entdecken der bemühten Anspielungen auf die Welt der Spiele und Filme, um Eis schleckende Motorräder, um anspruchslose Minispiele und um die Lust, die dumme KI spätestens im letzten Drittel mit lächerlicher Leichtigkeit von der Straße zu rotzen – puffende Pixelbildexplosionen und dämliche Physik inklusive. Lange kann man sich natürlich nicht damit beschäftigen. Aber wenigstens tut LocoCycle nicht einmal so, als wolle es seine trashige Seele in einem eigentlich guten Spiel verstecken. Es ist Schrott und es steht dazu. Und es macht einen Heidenspaß!

Pro

ehrlicher, witziger Trash
Anspielungen auf Filme und Spiele
passt perfekt: mies synchronisierte, katastrophale Filmszenen
Robert Patrick als Stimme des Bösewichts
Onlineranglisten

Kontra

nur einige Stunden lang unterhaltsam

Wertung

XboxOne

LocoCycle ist echter, ehrlicher Trash. Es albert und zitiert sich auf niedrigstem Niveau durch die Film- und Spielewelt - köstlich!

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