Watch Dogs30.05.2014, Mathias Oertel

Im Test: Der Fluch der offenen Welt?

Vor zwei Jahren sorgte Ubisoft mit der ersten Präsentation von Watch Dogs (ab 4,99€ bei kaufen) auf der E3 für Furore. Technisch und thematisch schien der Open-World-Titel der erste große Maßstab für die Fähigkeiten der neuen Konsolen und aktueller PC-Systeme zu sein. Doch was ist nach Verschiebungen und Diskussionen über verminderte Grafikqualität oder Auflösungen übrig geblieben? Der erste große Titel für die neue Generation?

Zufallsheld

Es braucht immer ein tragisches Ereignis, um aus einem „normalen“ Bürger einen Helden zu machen. Für Bruce Wayne war es die Ermordung seiner Eltern. Für Aiden Pearce, einen Hacker in einem fiktiven, von Sicherheitskonzernen und ihrem ctOS genannten Computersystem überwachten Chicago des Jahres 2012, ist es der Tod seiner Nichte Lena. Sie wurde das Opfer eines Anschlags, der eigentlich ihm galt. Doch er überlebte. Und er wird in den folgenden Monaten zum Rächer einer Stadt, in der die korrupte Überwachung ad absurdum geführt wird. Jeder Bürger ist nicht nur biometrisch, sondern auch hinsichtlich seiner Vorlieben und Abneigungen, seines Einkommens und vieler anderer Gesichtspunkte erfasst. Dank eines Fehlers im System gehört Aiden aber nicht dazu. Sein Gesicht kann mit keinem Datenbankeintrag verknüpft werden - nicht nur, weil er meist maskiert ist, wenn er sich auf seine Rachefeldzüge begibt.

Prinzipiell ist diese erzählerische Basis, die sich an einschlägiger Hollywood-Kost orientiert und sich thematisch freizügig bei Filmen wie Staatsfeind Nr.1 (Enemy of the State), Blade Runner oder Sneakers - Die Lautlosen bedient, gelungen. Doch was im Laufe der gut 20 bis 25 Stunden dauernden Kampagne innerhalb der offenen Welt Chicagos daraus gemacht wird, ist nicht mehr als gehobener Standard. Aiden soll als zerrissen dargestellt werden, ist aber nicht markant genug, um ihm seine sanfte Seite abzunehmen. Zumal man auch nur einmal wirklich die Wahl hat, ob man sich für den gewalttätigen oder -losen Weg entscheidet. Die meiste Zeit verlässt sich Aiden darauf, seinen Rachegelüsten zu folgen und seinen Weg mit Leichen und Altmetall zu pflastern. Und was die Erzählung an sich betrifft, kommt sie ebenfalls nicht

Chicago ist als Schauplatz stimmungsvoll, hat aber auf Konsolen Schwierigkeiten, sich vom letztjährigen Grand Theft Auto 5 abzusetzen.
über das Popkorn-Kino Hollywoods hinaus und verzichtet auf unvorhergesehene Wendungen. Die Nebenfiguren, denen man begegnet, wie z.B. der durchgeknallte sowie an einen zahmen Trevor (GTA 5) erinnernden Jordi bzw. die Antagonisten, wurden zwar alle gut erfasst, doch sind sie letztlich nur Variationen von Charakteren, die man schon zuhauf in Film und TV zu sehen bekam.

Oberflächliche Dystopie

Zudem lässt Ubisoft das dystopische Element des allseits gegenwärtigen ctOS größtenteils links liegen. Man kann zwar beim Hacken von ctOS-Servern illegal aufgenommene Videos anschauen oder nach dem Freischalten der ctOS-Türme (Assassin's Creed lässt grüßen) auch an vorgesehenen Orten nach einem passablen Minispiel kurzzeitig in einzelne Apartments "eindringen". Doch dies hat keinerlei Auswirkung auf den Spielverlauf. Mitunter kann man zwar morbide Verhaltensmuster bei der Bevölkerung Chicagos oder einen Hang zur Selbstironie Ubis entdecken, wenn man z.B. einen Jugendlichen sieht, der Assassin‘s Creed spielt und sein Vater sich über die esoterischen Gespräche zwischen Assassinen und Opfern echauffiert. Allerdings wirkt sich dies weder auf den Spielfluss noch auf Aiden als Charakter und noch weniger auf mich aus. Mitunter musste ich zwar stark schlucken, nachdem ich registriert habe, wie verfallen die Gesellschaft Chicagos mitunter ist. Aber da ich ohnehin in die Zuschauerrolle verdammt bin und die ggf. zugrunde liegenden Verbrechen nicht weiter verfolgen kann, hielt sich meine Empathie in Grenzen.

Innerhalb der Geschichte wird zwar mit der Frage gespielt, wie sinnvoll die permanente Überwachung ist, wobei auch kritische Stimmen in Form von Hackergruppen zu Wort kommen. Doch letztlich wird die Thematik spielerisch nur so weit verwendet, wie es dem Spielfluss gut tut. Und das bedeutet, dass Aiden unreflektiert mit seinem Mobiltelefon wie ein

Die Action wird ordentlich inszeniert, der Ein-Knopf-Nahkampf ist aber zu anspruchslos.
Wilder durch die Gegend hacken kann und kaum Angst vor Verfolgung oder Nachwirkungen haben muss. Die Stadt verändert sich auch nicht, je nachdem, wie häufig oder selten Aiden von seinen mobilen Hacker-Fähigkeiten Gebrauch macht. Alles wird dem Spielfluss untergeordnet. Zwar kann man über das Verhindern von Verbrechen dafür sorgen, dass einem die Bevölkerung der "Windy City" positiv gesonnen ist und seltener die Polizei benachrichtigt, wenn man etwas Unrechtmäßiges tut. Aber ansonsten wird viel des Potenzials des gesamten Technologie-Hintergrundes verschenkt - sowohl erzählerisch als auch hinsichtlich der Mechanik. Es gibt Momente wie bei der unaufdringlich eingebundenen Mehrspieler-Komponente, in denen Spannung aufkommt und man sich vielleicht doch eineinhalb Mal überlegt, ob man weiter mit der Ein-Knopf-Mechanik herumhackt, als ob es kein Morgen gibt. Denn es kann passieren, dass ein Passant einen Hilferuf absetzt, der (wenn man ihn nicht unterbricht) dazu führt, dass ein anderer Spieler (!) à la Dark Souls in dem eigenen Spiel auftaucht und versucht, einen zu hacken und Informationen zu stehlen. Allerdings haben weder der positive (Gegner wurde entdeckt und erledigt) noch der negative Ausgang (Gegner verschwindet mit Daten) eine Auswirkung auf Kampagne oder Spielwelt. Dennoch ist dies jedoch der erste kleine (viel zu kleine) Schritt hin zur Überlegung auf Spielerseite, ob man das Hacken und damit die weitere unbemerkte Ausnutzung der Bevölkerung nicht doch übertreibt.

All-You-Can-Eat-Open-World-Buffet

Doch diese Momente bilden leider die Ausnahme von der Regel - was wiederum bedeutet, dass Watch Dogs sein großes Alleinstellungsmerkmal dem allgemeinen Spielfluss opfert, anstatt sich etwas kantiger darzustellen. Denn den Rest kennt man aus anderen Titeln: Beim Deckungssystem z.B., das sowohl in den Schleichmissionen als auch in den gut inszenierten, aber bis auf wenige Ausnahmen kaum fordernden Ballereien zum Einsatz kommt, hat sich Ubisoft im eigenen Hause beim letzten Splinter Cell bedient. Gleichzeitig scheint man auch die Entdeckungsroutinen der Gegner-KI dem letzten Sam-Fisher-Abenteuer entliehen zu haben. Denn wenn sie einen der leblosen Kameraden entdecken (man kann sie nicht aufnehmen und außerhalb von Sichtlinien platzieren), gehen sie meist effektiv auf die Suche und sind aufmerksamer. Es kann allerdings in geschätzten fünf bis zehn Prozent der Fälle auch vorkommen, dass sie über einen Kumpel stolpern und nicht einmal den Ansatz einer Reaktion zeigen.

Die flüssige Bewegung per pedes durch die Stadt, bei der es übrigens kein aktives Springen, sondern nur kontextsensitives Überqueren von Hindernissen oder Klettern gibt, erinnert an ein weiteres Pferd aus dem Ubi-Stall: Assassins Creed. Mitunter wirkt es sogar so, als ob Connor oder Edward Kenway in ein zeitgemäßes Kostüm gesteckt wurden, derart ähnlich sind die Bewegungen. Und wenn wir schon bei Assassins Creed sind: Offensichtlich gibt es derzeit kein Actionspiel von Ubisoft, bei dem man nicht irgendwelche Türme erobern muss, um auf der Übersichtskarte (deren niedrigste Zoomstufe leider immer noch zu dicht dran ist) Bonusmissionen oder zu entdeckende Goodies aufzudecken - hier sind es ctOS-Sendestationen, die nach Freischaltung die ohnehin zahlreichen Nebenaufgaben stets erweitern.

Spielfluss vs. Charakter

Dafür dass Reflections an Watch Dogs mitgearbeitet hat, ist das Fahrverhalten nicht ausgefeilt genug.
Ansonsten bedient sich Ubi Montreal sehr freizügig bei Sleeping Dogs, den Batman-Spielen von Rocksteady, Volitions Saints-Row-Serie (grenzgenial: die so genannten digitalen Trips als abgefahrene Minispiele mit Spaßgarantie) und natürlich beim gegenwärtigen Open-World-Meister schlechthin: Rockstars GTA 5. Das ist per se nicht schlecht, sorgt für ein Gefühl der Vertrautheit und einen nicht zu unterschätzenden Flow. Allerdings macht dies auch deutlich, dass Ubisoft sich zwar sehr genau angeschaut hat, mit welchen Mitteln die Konkurrenz in den letzten Jahren die offenen Welten bereichert hat. Im Gegensatz dazu hat man aber vergessen, neben dem gelungenen Einbinden bekannter Versatzstücke ausreichend eigene Elemente einzubauen, die Watch Dogs Charakter und eine eigene Identität geben könnten. Anstatt mir das Gefühl zu geben, dass es sich jetzt wie Assassins Creed, kurz darauf wie Splinter Cell, dann wie Batman oder Saints Row und zu guter Letzt wie GTA spielt, hätte ich liebend gerne ein paar nicht so glattgebügelte Elemente in Kauf genommen, wenn ich im Gegenzug ein Spiel mit eigenem Flair und einer ganz eigenen Atmosphäre genießen dürfte.

Das Hacken ist in Ansätzen so ein Element. Doch ähnlich wie in der erzählerischen Ebene oder den Auswirkungen auf die Stadt, die Bevölkerung oder Aiden als Figur, bleibt es bis auf wenige Ausnahmen mechanisch so oberflächlich wie der Ein-Knopf-Nahkampf. Ja: Es macht Spaß und hat sogar taktische Auswirkung auf den Kampfverlauf, wenn ich Dampfrohre oder Elektrizitätskästen manipuliere. Oder wenn ich bei einer Verfolgungsjagd Ampeln oder Spikes manipuliere und damit die Gesetzeshüter ausschalte - auch wenn es nur ein einfacher Geschicklichkeitstest ist. Oder wenn ich bei einem Gegner per Fernzündung die mitgeführten Granaten zum Explodieren bringe und versuche, die Umgebung so weit zu manipulieren, dass im Idealfall ein Schusswechsel umgangen werden kann. Und wenn ich mich von Kamera zu Kamera hacke, um von dort innerhalb cleverer Umgebungsrätsel ferngesteuert Schalter zu finden und umzulegen, macht das nicht nur Spaß, sondern kratzt am Potenzial, das der gesamten Thematik innewohnt. Aber es wird eben nur angekratzt. Mehr Vielfalt beim Hacken, mehr Anspruch und schon wären die Wachhunde aus einer unterhaltsamen, aber größtenteils auf Durchkommen

Die an Splinter Cell erinnernde Deckungs- und Schleichmechanik wurde gut integriert.
designten Ecke in spannendere Bereiche gelangt. Und wieso ist das Erbeuten von Geld einerseits so leicht und andererseits so sinnlos? Man kann im Vorbeilaufen anderen Leuten per Handy das Geld per elektronischer Überweisung aus der Tasche ziehen. Aber abseits von Bauteilen für Granaten, Sprengfallen bis hin zu Stromnetz-Überlastung, die einen visuell eindrucksvollen Blackout nach sich zieht, benötigt man die Kohle eigentlich nicht.

Lineare Geschichte vs. Offener Action-Spielplatz

Watch Dogs übernimmt bei aller Inspiration aber auch einige Mankos, die die offenen Welten schon seit Jahren plagen und für die es auch mit der neuen Konsolengeneration noch keine Lösung zu geben scheint – zumindest nicht bei Ubi. Dazu gehört z.B. die Diskrepanz zwischen den offenen Schauplätzen, die zumeist nur Kulisse für die lineare Geschichte darstellen sowie den Sekundärmissionen. Außer Batman Arkham City hat es kaum ein Open-World-Titel geschafft, die Nebenaufgaben so interessant in den Spielverlauf einzubinden, dass man ihnen lieber folgt als der Hauptgeschichte. In Ansätzen schafft dies Watch Dogs mit seinen zahlreichen sammelbaren Goodies, die bei Komplettierung eine weitere Mission als Auflösung freischalten. Doch da die Missionen sich nicht besonders von dem ohnehin nicht breit gefächerten Spektrum unterscheiden, steht hier auch wieder das Sammeln und nicht die eigentliche Mission im Vordergrund.

Ubisoft hat hinsichtlich des Figurenverhaltens der Zivilisten einige Fortschritte gemacht: Ihre Reaktionen auf bestimmte Aktionen und Verhaltensweisen sind glaubwürdiger als z.B. im Los Santos von GTA 5. Meine Überraschung, als ein Zeuge die Polizei rief, nachdem ich ihn in GTA-Manier hinter dem Steuer hervorgezogen und auf die Straße befördert habe, war groß. Dennoch muss man sich davor hüten, unter die Oberfläche zu schauen. Denn dann kommt es immer noch und immer wieder zu Ausfallerscheinungen. Wie z.B. der Zivilist, der abhauen möchte, nachdem ich im Waffenladen meine Knarre gezogen habe, er es aber nur bis zur Tür schafft und gegen den Türrahmen läuft - wieder und wieder, minutenlang.

Reflections-Rückschritt?

Nachdem sowohl die Saints-Row- als auch die GTA-Serien von Teil zu Teil mit einer besseren Fahrphysik aufwarten konnten, war ich gespannt, wo sich Watch Dogs positionieren würde. Die Erwartung wurde zusätzlich gesteigert, als bekannt wurde, dass Reflections (Driver-Serie) mit Ubi Montreal an dem Spiel arbeitet. Denn das konnte ja nur bedeuten, dass sich die Briten um die Fahrphysik kümmern, richtig? Angesichts dessen hätte ich aber auch in diesem Bereich mehr erhofft. Kein Fahrverhalten auf Simulationsbasis wie z.B. in Forza Horizon oder Test Drive Unlimited. Aber dennoch ein Modell, das sich deutlich von dem abhebt, was man von Volition oder Rockstar kennt und in etwa gleichwertig zu dem ist, was in Driver San Francisco verwendet wurde. Dem ist leider nicht so: Die unterschiedlichen Fahrzeugtypen weisen zwar verschiedene Charakteristika auf und es gibt sogar eine Cockpitansicht. Doch auch hier schafft man es nicht, sich vom allgemeinen Action-Open-World-Standard zu lösen.

Auch erzählerisch kann sich Watch Dogs nicht von der vielfältigen Konkurrenz absetzen.
Mitunter hat mich die Kontrolle über die Boliden und Zweiräder an Sleeping Dogs erinnert - ebenfalls ein Titel mit offener Welt, der viel Potenzial, aber wenig konsequente Umsetzung bot.

Mit über 50 lizenzierten Songs liegt man auch akustisch am unteren Ende des Spektrums, wenn man die unterschiedlichen Radiosender in Stilwater oder Los Santos als Vergleichswert nimmt. Immerhin: Die sporadischen Nachrichtendurchsagen im Radio nehmen immer wieder Bezug auf Ereignisse, die man in Gang gebracht hat. Und bis man beim Abhören von Telefonaten auf Wiederholungen stößt, muss man sehr viele Mobilgeräte hacken. Zudem ist die deutsche Lokalisierung ordentlich. Zwar hat man sich bei Produktionen von Ubisoft mittlerweile an einen hohen Standard gewöhnt, doch als Selbstverständlichkeit werde ich das nicht abtun. Zwar liegt die ebenfalls enthaltene englische Sprachvariante deutlich vor der übersetzten Variante, bei der einige Nebenfiguren ungewöhnlich schwächeln. Doch insgesamt wird die Atmosphäre von den sporadischen Aussetzern der Sprecher nur unwesentlich gemindert. Zumal der elektronische Soundtrack von Brian Reitzell (u.a. Lost in Translation) es fast immer schafft, die bedrohliche Stimmung aufzubauen, die von Kulisse oder Story zu selten gebildet werden.

T okay?

Ich kann mich noch gut erinnern, mit welcher Euphorie Kollege Paul seinerzeit von der E3-Präsentation und der dort gezeigten visuellen Pracht berichtet hat. Und ungeachtet der Diskussion um Verminderung der Grafikqualität oder um aufskalierte 900p- oder 792p-Auflösung auf den vermeintlichen HD-Konsolen war ich gespannt, wie sich Chicago denn nun präsentiert. Und ich muss sagen, dass ich auf hohem Niveau enttäuscht bin. Gerade auf den Konsolen hatte ich mehr erwartet. Die Kulisse ist sauber, keine Frage. Und sobald der Regen nachts vom nassen Asphalt abprallt und Aidens Mantel vom Wind bewegt wird, während die Scheinwerfer einen blenden, weht nicht nur der Sturm durch die Straßenschluchten, sondern auch ein starker Hauch von Grafik der nächsten Generation - auf dem PC mit Ultra-Einstellungen noch mehr.

Das Figurendesign ist gut, die Charakterzeichnungen wurden aber aus dem Schablonenbuch für Hollywood-Blockbuster entnommen.
Doch angesichts der Meisterleistung, die Rockstar Games auf den Konsolen der letzten Generation vollbracht hat, hatte ich mehr erwartet. Ja: GTA franst auf PS3 und 360 an den Kanten auf. Und es gibt Pop-Ups sowie Tearing. Letzteres kann man hier in Ausnahmefällen allerdings auch beobachten. Und wie schon bei Saints Row und einigen anderen Open World-Spielen ist die Sichtweite, in der Fahrzeuge oder Passanten eingeblendet werden, immer noch überschaubar. Soll unter dem Strich heißen: Natürlich sieht Watch Dogs im direkten Vergleich besser aus als z.B. GTA 5. Aber angesichts der vermeintlich zur Verfügung stehenden Hardware vermisse ich den Wow-Faktor. Und die seltenen, aber immer noch auftauchenden Einbrüche der Bildrate hätte ich auf PS4 oder Xbox One ebenfalls nicht erwartet - auch und gerade wenn diese dem Anlegen eines Speicherpunktes geschuldet sein sollten. Selbst bei der Mimik ist der Fortschritt gegenüber der Konkurrenz auf den alten Systemen nicht so groß wie erhofft.

Fazit

Watch Dogs hat viel, aber eines nicht: eine Identität. Und es teilt dieses Manko mit seinem Hauptdarsteller Aiden Pearce, der über einen Großteil der sich an Hollywood-Standards orientierenden Geschichte blass und ohne Kanten bleibt. Dennoch kann man dem Open-World-Abenteuer in Chicago den Spaß nicht absprechen. In einem Moment fühlt es sich an wie Assassin’s Creed, dann wieder wie Saints Row oder Sleeping Dogs. Kurz darauf springt das Abenteuer auf den Splinter-Cell-Zug, nur um das Ganze mit einem Schuss Batman zu garnieren und sich viele Anleihen bei GTA zu holen. Und das einzige Element, mit dem Watch Dogs in der Welt der offenen Welten ein Alleinstellungsmerkmal hätte, das Hacken, wird in den meisten Fällen nur oberflächlich genutzt, anstatt z.B. der Gesellschaft des Überwachungsstaates einen Spiegel vorzuhalten. Sporadisch geht man zwar in die richtige Richtung, aber am Ende verlaufen die meisten Fäden im Sande.  Und genau hier liegt das größte Problem: Anstatt als erstes Spiel mit offener Welt auf den Highend-Systemen die Marschrichtung vorzugeben, wird Watch Dogs zu einem von Anfang bis Ende unterhaltenden Mitläufer. Nicht einmal die saubere, aber in keiner Weise zum maßlosen Staunen hinreißende Kulisse schafft es (zumindest auf PS4 oder Xbox One), den letztjährigen Open-World-Superstar GTA 5 zu übertrumpfen.

Pro

Sammelbox bekannter Open-World-Elemente sorgt für Spielfluss
nachts im Regen ist Chicago eine Augenweide...
lebendig wirkende Spielwelt...
gute deutsche und sehr gute englische Sprachausgabe
viel zu entdecken
einige coole Nebenmissionen (digitale Trips)
umfangreicher Fuhrpark
großes Waffenarsenal
gute Schleich-/Deckungsmechanik
unaufdringlich eingebundene Online-Komponente
clevere Umgebungsrätsel
guter Original-Soundtrack
Hacken eröffnet taktische Optionen bei Verfolgungen und Feuergefechten
Moralsystem entscheidet über Verhalten von Zivilisten

Kontra

erzählerisch bieder
... doch gemessen an der Hardware hat GTA 5 technisch die Nase vorn
... die allerdings bereits in der zweiten Ebene schwächelt
wenig eigenständige Mechaniken
kleines Song-Portfolio
diffuses Fahrverhalten
Hacken von Passanten schnell sinnfrei
Potenzial des Hackens wird in fast jeder Hinsicht nur angekratzt
nur wenig Abwechslung innerhalb der Storymissionen

Wertung

XboxOne

Solide inszeniertes Abenteuer in einer offenen Welt, das sich bei vielen anderen Titeln bedient und es darüber zu selten schafft, eine eigene Identität aufzubauen.

PlayStation4

Watch Dogs mischt viele bekannte Elemente, vergisst darüber aber, sich eine eigene Identität aufzubauen, um sich von anderen Open-World-Titeln abszusetzen.

PC

Inhaltlich identisch zu den Konsolen-Fassungenkann auch die ansehnliche PC-Kulisse nicht dafür sorgen, dass Watch Dogs sich von anderen Open-World-Titeln abhebt.

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