Im Test: Lagerfeuer neben der Couch
Altmodische Anziehungskraft
Ich habe Pillars of Eternity damals auf dem Rechner genossen. Vor allem die ruhige Erzählweise, die Hingabe für stimmungsvolle Situationen und die edle Einflechtung von vergilbten Tafeln, die spezielle Situationen wie in einem Abenteuer-Spielbuch mit Entscheidungen inszenierten, sorgten für eine charmante Anziehungskraft und gemütliche Stimmung. Hinzu kam das Management einer eigenen Burg sowie die interessante neue Fantasywelt: Es gibt neben Schwertern und Bögen auch mal Pistolen oder Gewehre, neben Dörfern und Tempeln auch seltsame Apparaturen und Maschinen, dazu viele Wortneuschöpfungen wie etwa "Biâwac" für die seltsamen Stürme. Im Vergleich zu Baldur's Gate & Co wirkte diese Fantasy fremder und reifer, was Drehbuch sowie Szenario angeht – hier wehte eher der erzählerische Wind eines Planescape Torment.
Gute Konsolenumsetzung
Dass ich hier auf der Couch so gut abtauchen kann wie mit Maus und Tastatur, liegt daran, dass Paradox Arctic zum einen die Technik im Griff hat - zwar nicht perfekt, aber gut: Bis auf einige kleine Bildratenprobleme auf PS4 und Xbox One, auf der es an Menürändern etwas flimmert, kann man die Kulissen flüssig erkunden und die Kamera zwar nicht drehen, aber in mehreren Stufen zoomen; sehr komfortabel ist auch das automatische Folgen der Perspektive sowie Beschleunigen auf dem Steuerkreuz, so dass man nicht ständig mit dem Analogstick scrollen oder bekannte Gebiete quälend langsam durchstreifen muss. Auch die vielen Texte lassen sich angenehm lesen, zumal es deutlich weniger Fehler in der deutschen
Zum anderen überzeugt die voll belegte, aber durchdachte Steuerung mit dem Gamepad. Man kann sowohl während der Erkundung als auch im Kampf komfortabel navigieren kann; nur das kleinteilige Mikromanagement all der Gegenstände und Waffen nervt hier ebenso wie am Rechner. Es gibt auch einzigartige magische Waffen und Rüstungen, aber die ansonsten so mysteriöse Spielwelt wird durch die hohe Ausschüttung an Materialen und sofortige Produktionsmöglichkeiten etwas entzaubert.
Aber die große Stärke ist das Storytelling mit seinen Mysterien. Das erzählerisch Kreative steckt im drohenden Wahnsinn des Helden und vor allem im Prinzip der Seelenwanderung, das als Leitmotiv auch die Geschichte über drei Akte prägt; auf der Konsole wird diese um die beiden Erweiterungen von "The White March" ergänzt. Bis zu sechs Helden können zusammen unterwegs sein, wobei man in Gasthäusern & Co auch selbst weitere Gefährten aus sechs Völker und elf Klassen erstellen kann. Wer vorgefertigte NSC in seine Gruppe aufnimmt, darf sich über interessante Persönlichkeiten mit eigenen Biografien und Quests freuen, auch wenn die Partyinteraktion noch Luft nach oben hat. Der Hauptheld baut über seine Taten übrigens politischen Ruf aus: Es gibt einen allgemeinen sowie separaten Wert für bestimmte Siedlungen oder Gruppen. Wer innerhalb eines Dorfes z.B. Aufträge erledigt, steigt nur dort im Ansehen.
Im Gefecht erlebt man pausierbare Echtzeit. Man verteilt im Kampf keine Aktionspunkte für die Bewegung oder Angriffe eines Helden, sondern wählt Schläge oder Magie für jeden Gefährten, klickt den Feind an und los gehts. Und das kann aufgrund der nicht optimalen Wegfindung schnell unübersichtlich werden, zumal man die aktiven eigenen Gefährten im Pulk manchmal schwer erkennen kann, also muss man immer wieder nachjustieren und in der Pause korrigierende Befehle geben. Trotzdem sorgen Kampfbindungen, Nebenwirkungen, Zauber, Widerstände und Konter zumindest für taktisches Flair im gefühlten Chaos. Außerdem kann man das Babysitting über automatische Verhaltensweisen für jede Figur eindämmen, die dann nach bestimmten Vorgaben kämpft.
Fazit
Pillars of Eternity spielt sich auf Konsolen überraschend gut. Kaum habe ich das Abenteuer begonnen, verfliegen die Stunden, denn Paradox Arctic hat es sowohl technisch als auch hinsichtlich der Steuerung vorbildlich für PlayStation 4 und Xbox One umgesetzt. Es hat zwar immer noch seine Macken in Kampf und Wegfindung, entzaubert auch unnötig über zu viel Beute und frühes Herstellen - da war Divinity Original Sin spielmechanisch stärker. Aber erzählerisch als auch hinsichtlich der Stimmung sowie Charakterzeichnung hat dieses Rollenspiel von Obsidian die Nase vorn, zumal man die Texte aufgrund der Schriftgröße auch auf Konsole angenehm lesen kann: Es fühlt sich an wie eine Lagerfeuergeschichte aus alten Tagen, als man mit Minsc oder Mortimer bis tief in die Nacht durch Wälder und Dungeons zog - die hier endlich mit Fallen, Geheimgängen und Rätseln locken. Die Amerikaner knüpfen nicht nur an die Tradition des klassischen Party-Rollenspiels an, indem sie Tugenden aus Baldur's Gate und Planescape Torment vereinen - sie erschaffen auch eine kreative neue Welt abseits von Dungeons & Dragons. Ich freue mich schon auf Pillars of Eternity 2: Deadfire, das Anfang 2018 nochmal dorthin entführen soll..
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Pillars of Eternity spielt sich auch auf Konsolen so gemütlich, als würde Tolkien dabei genüsslich Pfeife rauchen - es knistert wie in alten Zeiten.
XboxOne
Pillars of Eternity spielt sich auch auf Konsolen so gemütlich, als würde Tolkien dabei genüsslich Pfeife rauchen - es knistert wie in alten Zeiten.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.