FIFA 1425.11.2013, Jörg Luibl
FIFA 14

Im Test:

Fußball der nächsten Generation? Electronic Arts hat jedenfalls viel versprochen. Dank der neuen Ignite-Engine soll es in FIFA 14 (ab 4,09€ bei kaufen) für Xbox One und PlayStation 4 nicht nur eine ansehnlichere Kulisse, coolere Kamera-Perspektiven, lebendigere Animationen und Kollisionen sowie zig neue Finten, sondern auch besseres Kopfballverhalten und eine clevere Intelligenz geben. Und all das butterweich in 1080p. Ob sich das nicht nur gut anhört, sondern auch so spielt, klärt der Test.

Brasilien calling?

Wo sind denn all die Turniere hin? Wo sind denn die Ligen und Pokale? Wer FIFA 14 auf Xbox One startet und offline seine eigene Bundesliga oder einen anderen Wettbewerb starten will, wird sich wundern. Denn die auf den alten Konsolen unter dem Menüpunkt "Weitere" schlummernden Spielmodi sind nicht mehr dabei. Man kann also nicht mal schnell mit Freunden eine eigene Weltmeisterschaft oder ein anderes Turnier aufsetzen.

Auch wenn der Sammelfaktor von Ultimate Team scheinbar alles überstrahlt: Der Wegfall dieser Inhalte ist natürlich ein Dämpfer, zumal Electronic Arts hier im Angesicht von Brasilien noch viel eher einen kostenpflichtigen WM-DLC an den Mann bringen kann - der wird dann mit Sicherheit nächstes Jahr folgen. Aber aufgrund dieser Kürzung beraubt sich FIFA 14 im aktuellen Wettbewerb um eine Aufwertung, die aufgrund der anderen Verbesserungen durchaus in Sichtweite war. Hier wirkt der Wegfall der Ligen und Turniere nochmal schwerer, denn die Intelligenz der Gegner hat ja etwas zugelegt.

Verbesserte Computerintelligenz

Wie schwer es ist, die Bayern zu knacken, erlebt man spätestens auf dem Schwierigkeitsgrad „Weltklasse“. Das ist schon auffällig, denn auf PlayStation 3 war das

Ja, die Gesichter sehen etwas besser aus. Aber trotzdem bleibt abseits von Messi & Co noch viel Luft nach oben - selbst ein Manzukic sieht alles andere als realistisch aus.
Ja, die Gesichter sehen etwas besser aus. Aber trotzdem bleibt abseits von Messi & Co noch viel Luft nach oben - selbst ein Mandzukic sieht alles andere als realistisch aus.
zwar auch nicht leicht, aber nicht so ein Problem. Hier spielt die KI deutlich flüssiger auf. Oder sitzt mir das letzte Wochenende noch im Nacken? Im Gegensatz zu mir hatten die Schwarzgelben zumindest die besseren Torchancen. Wie auch immer: Das Spielgefühl von FIFA 14 hat sich zwar nicht verändert, was Steuerung oder Mechanismen angeht. Aber selbst wenn ich mit dem BVB alles daran setze, komme ich gegen die KI zu selten in die Zweikämpfe und damit an den Ball. Obwohl ich voll auf Pressing spiele und Bender, Sahin sowie Mkhitaryan wie Kettenhunde von der Leine lasse, um Kroos & Co zu stoppen, zirkuliert das Leder weiter durch die Reihen der computergesteuerten Roten.

Aber nicht nur bei den Pässen sind sie besser als ich mit der Semi-Steuerung, vor allem im Strafraum spielen sie die Bälle cleverer aus als noch in FIFA 14 auf den alten Konsolen: Da wird kurz vor dem Schuss nochmal eine Finte angesetzt, um den grätschenden Verteidiger stehen zu lassen und dann in aller Ruhe einzunetzen. So eiskalt düpiert hat mich die KI bisher nicht. Jetzt kann man sagen, dass Ribéry als Europas Fußballer des Jahres so etwas durchaus leisten kann. Und dass es eben einer Topleistung bedarf, um seine Mannschaft zu besiegen.

Größere Herausforderung

Der Vorteil ist also, dass man selbst als Kenner des aktuellen FIFA schon ab dem Schwierigkeitsgrad „Profi“ gefordert wird, weil Electronic Arts die Computerintelligenz wie versprochen verbessert hat. Der Nachteil ist, dass sich das fast schon etwas zu perfekt, beinahe steril anfühlt, wenn sich die KI den Ball nahezu idiotensicher zuspielt. Immerhin leisten sich auch Spieler des FC Bayern manchmal Patzer, Fehlpässe oder Unaufmerksamkeiten – auch ein Neuer soll man ja daneben greifen. Diese menschliche und authentische Seite des Fußballs vermisst man vielleicht ein wenig, denn jetzt weichen Robben & Co sogar Grätschen elegant aus: Viele Kollisionen werden antizipiert, gemieden oder zumindest taumelnd aufgefangen. Von den oben erwähnten „zig neuen Finten“

Egal ob Rasen, Zuschauer oder Drumherum - FIFA 14 macht auf Xbox One und PS4 einen Schritt nach vorne.
Egal ob Rasen, Zuschauer oder Drumherum - FIFA 14 macht auf Xbox One und PS4 einen Schritt nach vorne.
haben wir allerdings nicht viel gesehen: Das Repertoire an Tricks entspricht weitgehend dem bekannten; es gibt lediglich einige kontextsensitive neue Bewegungen.

Dafür gibt es immerhin etwas mehr Natürlichkeit bei den Kopfbällen: Zwar geht es bei Ecken immer  noch viel zu statisch im Strafraum zu, es gibt also kaum authentisches Gerangel oder Geschiebe. Aber jetzt erkennt man zumindest mal mehrere Mann in den Luftkämpfen, wenn der Ball durch den Strafraum segelt. Das ist ein kleiner Fortschritt. Trotzdem ist hier im wahrsten Sinne des Wortes noch Luft nach oben, was die Dramatik bei hohen Bällen angeht. Die Ballphysik fühlt sich ein klein wenig anders an: Abgesehen davon, dass es beim Schuss ein satteres Geräusch gibt, fliegen steile Pässe in die Tiefe jetzt noch höher. Außerdem wirken die Schlenzer spezieller Spieler wie Reus markanter, sprich: Die Bälle haben mehr Schnitt. Das sind zwar nur Feinheiten, aber sie sorgen für etwas mehr Flair auf dem Platz.

Näher dran an den Fans

Hoch hinaus geht es leider nicht mit den Spielmodi: Wer offline Turniere oder Pokale spielen will, schaut in die Röhre.
Auch das kopfballverhalten wurde etwas verbessert. Hoch hinaus geht es leider nicht mit den Spielmodi: Wer offline Turniere oder Pokale spielen will, schaut in die Röhre.
Das Spiel ist nicht nur vor dem Anpfiff ein Augenschmaus in 1080p, wenn zum ersten Mal einige Stadien von außen in der Präsentation gezeigt werden – schade, dass da nicht bei allen so ist. Die Kulisse macht aber weitere Fortschritte: Der Rasen zeigt einzelne Gräser, die Zuschauer jubeln als erkennbare 3D-Fans, die man aufgrund der tiefer stehenden Standardperspektive jetzt auch besser wahrnimmt. Sie sind näher dran, wirken zumindest etwas individueller und sind im Vergleich zum kollektiven Konfettibrei früherer Jahre ein klarer, aber immer noch von Klonen durchsetzter Pulk, der letztlich zu roboterhaft reagiert.

Das Geschehen um den Platz herum wurde ebenfalls um weitere Kameras, Ordner und sogar Polizisten mit Barrett bereichert. Das sieht bis auf wenige hässliche Ausnahmen (beim Gang aus der Kabine sind Boden und Wände matschig) alles sehr scharf aus. Und im Gegensatz zu Madden NFL 25, das ja ebenfalls die Ignite-Engine nutzt, flackert und flimmert es auch nicht im weiten Rund der Arenen. EA inszeniert hier eine klinisch saubere Welt der Fußballstadien – es gibt da mal Fahnen, natürlich Jubel und Gesänge, neuerdings sogar Choreographien einer ganzen Tribüne. Das sieht ansprechend aus, wenn alles in Schwarz und Gelb oder Rot und Weiß getaucht wird, aber es sieht auch bei jedem Verein gleich aus. Es gibt keinerlei authentische Fankultur mit Vorsängern, Ultras oder kollektivem Stehplatzhopsen. Und bei allem Lob hinsichtlich der Gesänge: So einen richtigen Hexenkessel mit Dauerpfeifkonzert gegen den Rivalen und frenetischem Jubel nach eigenen Balleroberungen gibt es ebenfalls nicht. Die nächste Generation der virtuellen Fußballatmosphäre muss mehr leiten als zusätzliche Animationen, sie muss auch mehr Emotionen übertragen.

Folgt im nächsten Jahr der Brasilien-DLC mit offiziellem Turniermodus?
Folgt im nächsten Jahr der Brasilien-DLC mit offiziellem Turniermodus?
So schön es ist, dass man einzelne Gräser in Wiederholungen sieht oder bei Niederschlag spielen kann: Der Platz verändert sich nicht nach starker Beanspruchung mit vielen Grätschen und selbst beim (immer noch künstlich wirkenden) Regen erkennt man kaum Unterschiede. Man vermisst physikalische Konsequenzen, die über kosmetische Texturspritzer hinausgehen, also klar erkennbare Furchen und Pfützen.

Natürlich sehen die Profis besser aus, zeigen nochmal feinere Gesichtszüge. Manche sehen ihren Vorbildern sogar verblüffend ähnlich. Aber nicht nur bei Bayern muss man sich manchmal fragen, wer dieser Stürmer in der Startelf sein soll – ist das etwa Mario Mandzukic? Dafür fängt Electronic Arts tolle Momente des Spiels jetzt besser ein: Die Wiederholungen sind klasse. Es macht einfach Spaß, sich knapp am Tor vorbei jagende oder in letzter Sekunde gehaltene Bälle in Zeitlupe anzuschauen. Dank der neuen Regie werden auch einzelne Profis mal ins Visier genommen, wenn sie etwas geleistet haben – ähnlich wie im Basketball von 2K Sports.

Fazit

Ich habe von FIFA 14 auf Xbox One und PlayStation 4 mehr erwartet - spielerisch und physikalisch. Immerhin geht es hier um eine neue Konsolengeneration und eine neue Engine. Aber so mächtig wie Ignite gemacht wird, ist die Technik noch nicht: Trotz der lobenswerten Fortschritte hinsichtlich der Kulisse sowie Animationen verändert sich das Spielgefühl nicht spürbar. Wer genauer hinschaut, wird immerhin die Feinheiten wie z.B. bei angeschnittenen Bällen, etwas mehr Bewegung im Luftkampf oder die verbesserte Gegner-KI zu schätzen wissen. Unterm Strich bleiben allerdings auch noch viele Baustellen, die dem Spiel als Simulation auf dem Weg zu Platin fehlen - zu sauber rollt der Ball, zu gelackt wirken die Fans. Falls ihr von der alten auf eine neue Konsole mit FIFA 14 umsteigen wollt, könnt ihr übrigens Karriere- oder Online-Daten problemlos übertragen. Ärgerlich ist allerdings der Wegfall der Ligen und modifizierbaren Turniere. Wer offline abseits von Freundschaftsspielen oder Ultimate Team kicken will, schaut mit der nächsten Generation also erstmal in die Röhre - vermutlich bis der DLC für Brasilien kommt. Dafür läuft der Ball online sauber.

Pro

Gegner-KI ist fordernder
verbesserte Animationen
flüssiger Online-Modus (Xbox One)
ansehnlichere Wiederholungen
authentischeres Kopfballverhalten
neue Stadion-Choreographien
etwas markantere Schussphysik
ansehnlichere Kulisse & Drumherum
Karriere-Daten von PS3/360 übertragbar

Kontra

neue Engine, neue Konsole, altes Spielgefühl
Ballphysik & Kollisionen nur marginal besser
keine Offline-Ligen und -Turniere mehr
Regen wirkt sich nicht stark genug aus
Platz bleibt physikalisch unbeansprucht
sterile Fankultur; neue Choreos für alle gleich

Wertung

XboxOne

Hübscher und im Detail etwas verbesserter Fußball; allerdings fehlen Pokale und Turniere.

PlayStation4

Hübscher und im Detail etwas verbesserter Fußball; allerdings fehlen Pokale und Turniere.

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