Ein ganz neues Fahrgefühl
Wie die Fahrzeuge auf der Straße liegen, ans Limit gehen, mit dem Heck ausbrechen oder innerhalb weniger Sekunden von null auf 100 beschleunigen - es fühlt sich einfach großartig an!
Es ist ein bisschen so wie mit Frauen: Klar, zuerst springt man(n) auf die Optik an, doch viel wichtiger sind doch eigentlich die inneren Werte, oder? Was bringt mir also der schönste Ferrari, wenn ich hinter dem Steuer ständig das Gefühl habe, in einem LKW zu sitzen, mit dem ich auf Schienen unterwegs bin? Nichts. Doch zum Glück knüpft Turn 10 hinsichtlich der Fahrphysik dort an, wo man bei Forza 4 aufgehört hat. Eigentlich reicht ein Wort: phänomenal! Vor allem das neue Reifenmodell trägt maßgeblich dazu bei, dass man langsam das Limit der Boliden ausloten und entsprechend auf das Über- und Untersteuern reagieren kann. Gerade unter Simulationsbedingungen fühlen sich die Boliden herrlich authentisch an und man hat alle Hände voll zu tun, die mitunter gewaltigen Pferdestärken zu zähmen und sich auf die individuellen Eigenschaften der Fahrzeuge einzustellen. Ein R8 mit Vierrad-Antrieb fährt sich eben ganz anders als ein Frontantriebler wie der Ford Focus RS oder gar eine Heckschleuder wie der RUF CTR 2. Kleine Serienwagen wie der Vauxhall Astra (Opel ist als Hersteller nicht mehr vertreten) haben eben nicht den Anzug oder ein voll anpassbares Rennfahrwerk wie ein McLaren P1. Und es gelingt den Entwicklern hervorragend, diese Unterschiede zwischen den einzelnen Boliden abzubilden. Die zuschaltbare Echtzeit-Telemetrie ist zudem ein Freudenfest für Daten-Freaks: Reifenbelastungen, Temperaturen, G-Kräfte, das Arbeiten des Fahrwerks – so ziemlich alles wird hier erfasst! Doch wie immer richtet sich Forza nicht nur an Profi-Rennfahrer, denn mit zuschaltbaren Hilfen kommen selbst Anfänger in den Genuss, den Fahrspaß zu erleben. Kinect als alternative Steuerungsmethode wird allerdings nicht mehr unterstützt und auch auf Sprachbefehle für eine einfachere Navigation oder die Bewegungs-Erkundung in ForzaVista wird verzichtet. Geblieben ist einzig das „Head-Tracking“, das mittlerweile aber eher „Body-Tracking“ betreibt. Lehnt man seinen Körper nach rechts oder links, verändert sich entsprechend die Sicht des Fahrers, der die Bewegung imitiert. Eine interessante, aber gewöhnungsbedürftige Erfahrung, die ich schnell wieder deaktiviert habe.
Gerade im Zusammenspiel mit Forza 5 zeigt der neue Controller der Xbox One, was in ihm steckt: Dank der Impulse-Trigger, die neben den Standard-Vibrationen einen zusätzlichen Rumble-Effekt in den beiden unteren Schultertasten bieten, kann man wunderbar spüren, wann die Reifen an Bodenhaftung verlieren oder die Bremsen blockieren. Es mag sich nur wie eine Kleinigkeit anhören, aber wer einmal mit diesem Controller seine Runde gedreht hat, möchte nicht mehr zu den Standard-Pads ohne diese Funktion zurückkehren. Hier entsteht tatsächlich ein ganz neues Fahrgefühl, welches das Prädikat „Next-Gen“ endlich einmal verdient. Selbst meinen geliebten NegCon würde ich für diese grandiose Erfahrung links liegen lassen. Das kann man nicht beschreiben, das muss man selbst erleben. Und falls man bei Sony clever ist, wird man spätestens zum Release von Gran Turismo 7 auch den PS4-Controller mit dieser Funktion ausstatten. Ich kenne jedenfalls kein anderes Eingabegerät, das so nah an das Rennerlebnis heran kommt, das man mit einem guten Force-Feedback-Lenkrad verspürt.
Die Lenkrad-Krux
Ab nach Abu Dhabi auf den Rennkurs Yas Marina - leider nur bei Tag.
Apropos Lenkräder: Mit der Veröffentlichung der neuen Konsole und einem frischen Statement von Fanatec herrscht endgültig traurige Gewissheit, dass die 360-Lenkräder an der One nicht mehr funktionieren – selbst wenn man auf die Funkverbindung verzichtet und sie über USB anschließt. Für mich persönlich eine riesige Sauerei von Microsoft – zumal das CSR-Wheel sogar als offizielles Forza-Wheel verkauft wurde. Aber mit Racing-Fans kann man es scheinbar machen: Wenn sie sich schon mit den DLCs und Mikrotransaktionen über den Tisch ziehen lassen, können sie auch ein neues Lenkrad kaufen, wenn sie Forza 5 voll genießen wollen. Ich kann jetzt nur von meinen Messeeindrücken sprechen, denn wir haben weder ein Lenkrad-Testmuster bekommen noch würde es mir in den Sinn kommen, mir für wahnwitzige 350 Euro das Thrustmaster-Teil anzuschaffen, das nur an der Microsoft-Konsole funktioniert und mir nicht mal eine gescheite H-Schaltung oder gar Kupplung bei der Pedalerie bietet.
Trotzdem übertrifft das Rasen mit Lenkrad selbst die fantastische Controller-Steuerung – alleine schon deshalb, weil es sich realistischer anfühlt, ein Wheel in den Händen zu halten und mit den Füßen die Pedale zu bedienen. Zusätzlich trägt auch die Klangkulisse einen entscheidenden Teil zur Immersion bei: Schon in den vergangenen Jahren zählte die Forza-Reihe in dieser Hinsicht zu den Top-Kandidaten und auch hier bekommt man angesichts der satten, kernigen Klänge eine wohlige Gänsehaut. Vor allem, wenn die Motoren nach Tuningmaßnahmen zunehmend aggressiver schreien, bohrt sich die zusätzliche Power regelrecht in die Gehörgänge, während es bei Kollisionen ordentlich scheppert. Nur die zu pathetische Hintergrundmusik konnte ich nicht lange ertragen – auch weil sie bei langweiligen Serienwagen völlig deplatziert wirkt. Da man keine MP3s auf der Konsole speichern oder CDs auf die Festplatte auslesen darf, hat man hier leider keine Chance mehr, eigene Musik ins Spiel zu importieren.