NBA Live 1425.11.2013, Jörg Luibl
NBA Live 14

Im Test:

Im November 2011 hat Electronic Arts seine Entwicklungen im Basketball eingestellt – und das ungewöhnlich abrupt: Aus „Sorge um die Qualität“ wurde das bereits als Demo verfügbare NBA Elite 11 gar nicht mehr veröffentlicht. Damit ist NBA Live 10 das bisher letzte Spiel der Reihe. Jetzt versucht EA Tiburon mit NBA Live 14 (ab 5,20€ bei kaufen) ein Comeback auf Xbox One und PlayStation 4. Bekommt 2K Sports endlich wieder hochwertige Konkurrenz?

Akrobatische Verrenkungen

Das sieht seltsam aus: Der kurze Pass von Calderon kann eigentlich gar nicht zu Nowitzki kommen, aber der verrenkt sich mal eben so unnatürlich, dass er ihn plötzlich doch in den Händen hält. Moment, jetzt geht der Ball sogar durch seinen Rücken? Okay, hier muss die stofflose Magie von Ignite im Spiel sein, denn alles flutscht scheinbar ohne Kollisionen durcheinander. Dann langt der Arm von Chris Bosh eindeutig durch den Körper des Würzburgers zum Ball und es passiert…nichts! Hurra, so kann Nowitzki den Center der Miami Heat natürlich düpieren und billig einnetzen. Überhaupt kracht es hier ohne Rücksicht auf Statur und Position der Verteidiger viel zu oft. Wo genau spielen denn da die 70 Spielerwerte eine Rolle?

Ich weiß nicht, wie viele Zeitlupen ich mir von NBA Live 14 angeschaut habe, um all die unrealistischen Szenen nachvollziehen zu können: Macht euch in diesem Clipping-Video selbst ein Bild. Man vermisst an allen Ecken und Enden die Auswirkungen von Körperkontakt – wo ist denn die Power der neuen Generation? Wo ist der „beeindruckende realistische Detailreichtum“? Das Spiel ist ja nicht nur physikalisch eine Enttäuschung, sondern in nahezu allen anderen Bereichen, wenn man an die athletische Eleganz der Konkurrenz denkt. Wie kann man nach so vielen Jahren der Pause, nach so viel Zeit für die neue Engine und die neuen Konsolen so weit hinter 2K Sports

Aus dieser Perspektive sieht das Spiel noch gut aus - je tiefer man eintaucht, desto größer werden die grafischen und inhaltlichen Qualitätsunterschiede zu NBA 2K14.
Aus dieser Perspektive sieht das Spiel noch gut aus - je tiefer man eintaucht, desto größer werden die grafischen und inhaltlichen Qualitätsunterschiede zu NBA 2K14.
liegen?

Nächste Generation? Wo denn?

Ja, es gibt auch mal ansehnlich krachende Dunks, aber der Rest der Kulisse und Animationen ist  im Vergleich zu NBA 2K14, und zwar auf den alten (!) Konsolen, schwächer und teilweise so unnatürlich in abgehackten Drehungen, dass man sehr schnell den Spaß am Sport verliert. Die Arenen erreichen mit den jubelnden Zuschauern, die als 3D-Figuren sichtbar sind, zwar auf den ersten Blick ein gutes Niveau. Aber die Art und Weise, wie die Fans hier jubeln, wirkt stellenweise zu künstlich, zu roboterhaft.

Das letzte NBA Live, es war Ausgabe 10, habe ich 2009 getestet. Und das Spiel hat sogar „gut“ abgeschnitten, weil es im taktischen Spielaufbau durchaus unterhalten konnte. Aber schon damals gab es eine große qualitative Lücke zu NBA 2K10, was Präsentation und Technik anging. Und die ist jetzt noch größer.

Ein Rest an Aufmerksamkeit

Das bedeutet nicht, dass man hier arcadig locker alles gewinnt, denn zumindest Dreier muss man gut freispielen und die KI ist durchaus aufmerksam: Sie fängt Pässe in der Defensive ab und sucht in der Offensive schnell Lücken für den Korb. Aber das war es auch schon mit den positiven Merkmalen, denn mitunter rennt die KI auch mal blöd ins Aus oder lässt die Zeit für den Wurf verstreichen. Trotzdem gibt es zu viele unrealistische Szenen gerade unter dem Korb.

Wer über cleveres Aufposten zum Erfolg kommen will, wird sich wundern – die Mühe muss man sich gar nicht machen: Manchmal reicht es schon, von der mit Körpergewicht arbeitenden Schulterposition wieder in die schnöde normale Haltung zu gehen, also nicht mehr mit dem Rücken zum, sondern im Angesicht zum Gegenspieler zu stehen, denn er greift sehr spät zum Ball. Er braucht so lange, dass gegen die KI oftmals ein schnöder Wurf reicht. Aufgrund der oben beschriebenen Inkonsequenzen sowie des unausgereiften defensiven sowie manchmal überflüssigen offensiven Verhaltens ist das komplette Spiel unter dem Korb ein Witz.

Steuerung & Multiplayer

Gedunkt wird viel, aber das liegt auch daran, dass Körperkontakt unter dem Korb kaum eine Rolle spielt.
Gedunkt wird viel, geworfen wenig - aber das liegt auch daran, dass Körperkontakt unter dem Korb kaum eine Rolle spielt. Immerhin muss man sich Dreier gut rausspielen.
Auch die Steuerung ist keine Offenbarung: Man vermisst mehr Kontrolle für die defensiven und offensiven Bewegungsabläufe; manchmal hat man das Gefühl, ein aufgescheuchtes Huhn stolpert sich zum Steal. Soll ich noch etwas zum „bahnbrechenden bounceTeK-Dribblingsystem“ sagen? Okay: Man dribbelt intuitiv mit dem rechten Stick, kann so recht einfach Finten ausführen – Punkt. Wer da eine Vielfalt sucht, die man seit Jahren von NBA 2K kennt, wird ebenfalls enttäuscht: Hier kann man recht simpel und sehr effizient mit den immer gleichen 360-Grad-Drehungen am Verteidiger vorbeiziehen.

Selbst bei den Spielmodi kann man nicht mithalten. Ist ja schön, dass es täglich Aktualisierungen mit Kader-Updates und Herausforderungen gibt.  Aber mal ganz ehrlich: Warum soll man sich hier überhaupt so langfristig austoben, wenn schon die Grundqualität nicht stimmt? Wieso soll ich mir hier à la FIFA ein Ultimate Team zusammenstellen und Spielerkarten sammeln? Wieso soll ich hier eine Karriere namens „Rising Star“ erleben wollen, wenn der Stern von NBA Live 14 schon erloschen ist? Apropos: Auch dort bleibt man trotz ähnlicher Inszenierung klar unter der Qualität von 2K Sports. Das Feedback-System ist so harsch, dass man sich als Rookie quasi gar keine Fehler erlauben darf.

Fazit

Ja, es ist spielbar. Ja, manche Dribblings sehen ganz gut aus. Aber was ist das für ein peinliches Comeback. Soll das die nächste Generation von Basketball sein? Wenn man nach so vielen Jahren einen Neuanfang startet, wenn man dazu sogar eine potente Engine und leistungsfähige Konsolen zur Verfügung hat, dann darf man nicht so schrecklich unterlegen sein. Da liegen ja Welten zwischen dem Erlebnis hier und jenem von 2K Sports. Mal abgesehen davon, dass NBA 2K14 selbst auf den alten (!) Konsolen besser aussieht als dieses Spiel auf Xbox One oder PlayStation 4, muss man hier auch noch mit unnatürlichen Animationen, weniger Inhalten, schwächeren Kommentatoren, schlechterer Spielmechanik und üblen Grafikfehlern leben. Ich dachte ich sehe nicht richtig, als in nahezu jeder Zeitlupe Arme, Körper und Bälle durcheinander ragten! Physikalisch korrekte Kollisionen dank Ignite? Fehlanzeige! Hauptsache, es wird gedunkt bis zum Abwinken. Hier sehen Blocks und Zuspiele manchmal aus wie akrobatische Schienenverrenkungen. Diesem Basketball fehlt es in jeglicher Hinsicht an Tiefe, Balance und Eleganz. Command & Conquer wurde ja schon eingestampft. Wenn ihr konsequent seid, Electronic Arts, dann wird auch NBA Live 15 nicht mehr erscheinen.

Pro

einige ansehnliche Dribblings
Karriere-, Ultimate Team- & Online-Modus

Kontra

viele physikalische Inkonsequenzen
Kulisse nicht auf Next-Gen-Niveau
teilweise unnatürliche bis abgehackte Animationen
Aufposten taktisch fast überflüssig
viel zu einfache Dunks

Wertung

PlayStation4

Was für ein peinliches Comeback. Soll das die nächste Generation von Basketball sein?

XboxOne

Was für ein peinliches Comeback. Soll das die nächste Generation von Basketball sein?

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