The Lego Movie Videogame12.03.2014, Mathias Oertel
The Lego Movie Videogame

Im Test: Bauklotz am Bein

Spiele rund um die dänischen Lego-Bauklötze sind kooperativ ein Unterhaltungsgarant. Dementsprechend müsste die Versoftung des in den USA mit bislang über 200 Millionen Dollar Einspielergebnis überaus erfolgreichen The Lego Movie eigentlich ein Selbstläufer sein, oder? Hierzulande kommen Film und Spiel zwar erst Mitte April. Doch da der Release in England schon stattfand, haben wir eine Version aus dem Vereinigkeiten Königreich importiert.

"Everything is awesome"

Emmet lebt in der Bauklotz-Metropole Bricksburg ein erfülltes Leben als Bauarbeiter: Umgeben von Anleitungen, die nicht nur den Alltag wie das morgendliche Stadtbegrüßungs-Ritual, sondern natürlich auch seinen Job bestimmen, ist alles unglaublich toll. Doch er wird buchstäblich aus der Bahn geworfen, als er bei einem Arbeitsunfall über ein Relikt stolpert. Der Finder dieses Relikts wird nach einer uralten Prophezeiung der "Auserwählte" sein, der die böse Herrschaft des nach unglaublicher Macht strebenden Lord Business mitsamt seiner Roboter-Armee beenden kann.   

Und damit beginnt ein Abenteuer, das nicht nur Emmet und Bricksburg, sondern auch zahlreiche andere Welten innerhalb des Lego-Universums bis in die Grundfeste erschüttern wird. Die Geschichte und die Figuren, denen man begegnet, orientieren sich eng am Film und werden mit zahlreichen gut gewählten Ausschnitten begleitet. Da man allerdings dem Quellmaterial akribisch folgen muss und hinsichtlich der Erzählung kaum kreative Freiheit genießt, gibt es Defizite auf Seite des Humors. Bisher konnten die Lego-Titel von Star Wars bis Marvel Super Heroes einen erheblichen Reiz daraus ziehen, die Filme oder Comics zu karikieren oder mit sonstigen Anspielungen für Lacher zu sorgen. Hier sind es eigentlich nur die Originalszenen und mit Einschränkungen die Dialoge innerhalb der Gruppe während des Spielens, die das einlösen, was man eigentlich mit Lego-Spielen verbindet.

Nah und fern des Films

Hinsichtlich der visuellen Umsetzung werden zwei Sachen deutlich. Zum einen: Das Artdesign des Films wird gut eingefangen. Ähnlich Lego City Undercover auf Wii-U wird alles in den großräumigen Abschnitten mit Lego-Steinen dargestellt. Bodenplatten, Pflastersteine, Flammen, Explosionen, ja selbst der Rauch wirkt lego-isch. Das Gefühl, ausnahmslos alles nachbauen zu können, was in den Levels aufgebaut wurde, ist in der Geschichte der Lego-Spiele in dieser Form noch nicht da gewesen und sorgt für einen rundum gelungen Eindruck. Allerdings hätte das verantwortliche Team von TT Fusion (das Hauptteam sitzt an Lego The Hobbit) mehr Risiko gehen können.

Zurück zum Bauklotz: In The Lego Movie Videogame (ab 4,19€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) werden sämtliche Level-Strukturen aus Bauklötzen zusammengesetzt.
Denn nimmt man die beiliegenden Filmszenen als Maßstab fallen zwei Sachen auf. Zum einen: Im Vergleich wirkt das Spiel sehr glatt, während der Film einen griffigeren realistischeren Eindruck hinterlässt – als ob die Bauklotz-Welt in irgendeinem Kinderzimmer aufgebaut wurde. Und diesen Eindruck hätte man auch hier aufbauen können, um eine noch größere Authentizität zu gewährleisten.

Zum anderen: Bei den Animationen bleibt man ebenfalls sich und den bisherigen Lego-Spielen treu. Dagegen ist prinzipiell nichts auszusetzen, da es Traveller’s Tales seit Star Wars verstanden hat,  die Plastikfiguren zu ansehnlichem Leben zu erwecken. Allerdings entfernt man sich damit abermals vom Film, der auf einen Stop-Motion-ähnliche Technik setzt. Das ist insofern schade, da man hier die Möglichkeit gehabt hätte, sich von den visuell größtenteils austauschbaren Titeln der Vergangenheit abzusetzen und eine neue Ära der Lego-Spiele einzuleiten – und sei es nur auf den neuen Konsolensystem. So aber bleibt man zu sehr in der Vergangenheit stecken. Man ruht sich zu sehr auf dem bislang Erreichten aus, anstatt auch hier neue Wege zu beschreiten.

Die Sache mit der Erfolgsformel

Gleiches ist übrigens auch bei den Mechaniken zu bemerken. Zu etwa 90 Prozent besteht das unterhaltsame Spielerlebnis aus Bewährtem: Dem Zerstören von Gegenständen, um Legonoppen zu bekommen; dem Wechsel von Figuren, um ihre speziellen Fähigkeiten einzusetzen (der Fokus wird hierauf durch noch mehr exklusive Fähigkeiten gelenkt; dem Lösen von umgebungsbezogenen Rätseln.

Auch die Abstecher unter Wasser können sich sehen lassen.
Und vor allem dem kooperativen Spiel, das auf einen dynamischen Splitscreen setzt, der sich je nach Entfernung der Spieler zueinander einschaltet und auch je nach Position das Bild unterschiedlich "auseinander reißt". Die anderen zehn Prozent sind zwar neu und vom Grundprinzip interessant, könnten aber besser ausgearbeitet sein.

Hinsichtlich des Konzepts ist z.B. die Idee sehr gut, Bausätze basierend auf Anleitungen zusammenzusetzen, für die man erst die Seiten finden muss. Dass daraus aber letztlich nur ein leidlich unterhaltsames "Finde-das-entsprechende-Teil-unter-Zeitdruck"-Minispiel wurde, ist schade. Hier wäre viel mehr möglich gewesen - u.a. hat man hier die Option verschenkt, mit individualisiertem Selbstbau den Welten seinen Stempel aufdrücken zu können. Auch die Möglichkeit, an bestimmten Orten als so genannter "Master Builder" Objekte in der näheren Umgebung auseinandernehmen und daraus ein komplett neues Design bauen zu können, ist prinzipiell gelungen. Doch in der Praxis platziert man die Figur einfach an der angegebenen Stelle, drückt eine Taste, damit man die drei Teile (nie mehr, nie weniger) markieren kann und der automatische Bau startet. Hier hätte man wahlweise die Anzahl der benötigten Teile variieren oder aber die Interaktion erhöhen können, um für mehr Unterhaltung zu sorgen. Rundherum Spaß hat man jedoch mit dem Pac-Man-Light-Klon, den man als Benny spielen kann, um in einem Computersystem einen Virus zu installieren. Doch unter dem Strich ist das letztlich zu wenig. Nicht nur, um sich von den bisher erschienenen Lego-Titeln abzugrenzen. Sondern vor allem auch, um dem ungewöhnlichen Filmursprung gerecht zu werden, der weitaus mehr Überraschungen bietet.

Unterschiede und die Versions-Frage

Bei den aus England importierten Versionen gibt es keine deutsche Sprachspur. Ausgehend vom Abspann scheinen in den Filmausschnitten (natürlich) die Originalsprecher zum Einsatz zu kommen, während im Spiel mit anderen Stimmen gearbeitet wird, die den Originalen allerdings verteufelt ähneln. Hinsichtlich der lokalisierten Variante bleibt abzuwarten, wie dies gelöst wird. Ungeachtet dessen ist ein Problem die mitunter unsaubere Tonabmischung, bei der Hintergrundmusik, Effekte und Sprachausgabe gelegentlich unnötig diffus klingen.

Natürlich sind die Protagonisten des Films spielbar.
Dass The Lego Movie Videogame dieses Manko mit vielen seiner Bauklotz-Spielkollegen teilt, macht die Angelegenheit nicht erfreulicher, da dies eigentlich der Vergangenheit angehören musste.

Die visuellen Unterschiede von alter zu gegenwärtiger Generation (es standen 360 und Xbox One zur Verfügung) halten sich bei den sechs Welten in Grenzen. Große Diskrepanzen wie zuletzt bei den Marvel Super Heroes im Bereich des Tearing gibt es hier nicht. Auf der aktuellen Microsoft-Konsole wirkt alles bedingt durch die höhere Auflösung einen Tick ansehnlicher. Doch wer nur flüchtig einen Blick auf die nebeneinander laufenden Versionen wirft, könnte höchstens anhand des häufigeren Kantenflimmerns oder der krümeligen Schatten auf der 360 auf Anhieb sagen, dass hier die ältere Konsole im Einsatz ist. Ob Traveller's Tales bei den Sony-Systemen oder der Wii-U-Variante ebenso sorgsam zu Werke gegangen ist, werden wir in ein paar Wochen beim Test der lokalisierten Version überprüfen.

Fazit

Nachdem Traveller's Tales sich bislang nur mit "fremden" Filmen auseinandersetzen musste, geht es mit The Lego Movie Videogame ans Eingemachte. Was als Erstes auffällt: Der überzogene Humor, der die Bauklotz-Spiele bislang auszeichnete, fehlt hier größtenteils. Das wird zwar dadurch ausgeglichen, dass es viele amüsante Ausschnitte aus dem technisch eindrucksvollen Leinwand-Streifen gibt. Doch ich vermisse die kleinen Seitenhiebe und Insider-Gags in den Zwischensequenzen von Star Wars bis zuletzt Marvel Super Heroes. Dafür genieße ich das exzellente Artdesign: Bis auf den Qualm werden die Abschnitte komplett aus Lego-Steinen zusammengesetzt, so dass man umgehend Lust bekommt, sich selbst Bauklötze zu schnappen und die Level nachzubauen. Diese extreme Rückkehr zu den Wurzeln hilft, um den mechanisch nur marginal stattfindenden Fortschritt etwas zu kaschieren. The Lego Movie Videogame macht Spaß wie immer - kooperativ traditionell noch mehr. Doch auch wenn der Fokus noch stärker auf den Figurenwechsel und ihre exklusiven Fähigkeiten gelegt wird, hangelt sich TT Fusion zu stark an der bekannten Formel entlang. Angesichts des famosen Quell-Materials hätte man in jeder Hinsicht mehr herausholen können.

Pro

Abschnitte komplett aus Lego-Steinen zusammengesetzt
Artdesign des Films wird gut eingefangen
sechs thematische Welten
viele gut gewählte witzige Ausschnitte aus dem Kinofilm...
fast 100 spielbare Figuren
dynamischer Splitscreen-Modus
eingängige Steuerung
traditionell hoher Koop-Spaß
viel zu entdecken
Fokus liegt noch stärker auf den Fähigkeiten einzelner Figuren

Kontra

nur wenig Abweichungen vom bekannten Prinzip
Stop-Motion-Design des Films bleibt unbeachtet
gelegentliche Probleme mit der Soundabmischung
... im Gegenzug wird der "klassische" Lego-Humor zurückgestuft
ab und zu unübersichtliche Kameraperspektive
kein Online-Mehrspieler

Wertung

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