Im Test: Konsolen-Monsterjäger zum Zweiten
Nach dem Boss ist vor dem Abenteuer
Es beginnt nicht mit "Ein paar Jahre später". Das Indie-Team von Neocore setzt mit The Incredible Adventure of Van Helsing 2 genau dort an, wo Teil 1 vor etwa zwölf Monaten aufhörte: Der Held ist nach dem Kampf gegen Prof. Fulmigati am Boden. Er wird aber nicht von seinem Geister-Sidekick Katarina gerettet, sondern von dem ominösen "Häftling Sieben". Und der sagt ihm auch gleich, dass der erschöpfte Held sich nicht ausruhen kann: Die Steampunk-Stadt Borgova wird von den Gruppen General Harkers belagert, gegen den Fulmigatis Größenwahn wie ein Lausbubenstreich aussieht. Und bevor man sich versieht und sich auf seine Qualitäten als Monsterjäger besinnen sowie die weitreichenden Landstriche von absonderlichen Gegnern befreien kann, muss die Stadt verteidigt und der Widerstand organisiert werden.
Humor ist Trumpf
Immerhin: Mit dem Wortwitz, der sich vor allem in den Dialog-Duellen zwischen dem Helden und seinem Sidekick, der süffisant-schnippischen Geisterdame Katarina zeigt, kann man über viele erzählerische Schwächen hinweg trösten. Die beiden gehen sich rhetorisch immer wieder an die Gurgel und wenn dazu noch Popkultur involviert ist, kommt man nicht umhin, immer wieder zu schmunzeln. Die Frequenz, in der die Gags abgefeuert werden, ist deutlich höher als im Vorgänger und man wird beim ersten Durchlauf vermutlich gar nicht alles erkennen oder erfassen - nicht nur, weil der Titel wie gehabt nur auf Englisch erhältlich ist. Sondern auch, weil das Spektrum, das die beiden abdecken und das sich auch in zahlreichen Easter Eggs zeigt, enorm weit reicht: Von Monty Python bis Harry Potter, von Private Ryan bis Stargate.
Bekannte Muster, neue Wendungen
Hinsichtlich der grundlegenden Mechanik setzt man zum einen auf bekannte Kloppmist-Elemente: Haufenweise Gegner, viel Beute und eine einfache Klick-und-Lauf- bzw. Klick-und-Angriff-Steuerung. Ergänzt wird dies durch die weitgehend intelligent und den überschaubaren Vorgaben folgend mitkämpfende Katarina. Sie ist weiterhin mehr als nur ein Gegenstands-Tragesel oder eine Kaufauftrags-Ratte, sondern kann in entscheidenden Situationen das Zünglein an der Kampfwaage sein. Sei es, weil sie die Gegner auf sich lenkt und Van Helsing die Möglichkeit gibt, sich zu sammeln und einen Trank einzuwerfen oder aber, weil sie mit ihren Angriffen die entscheidenden Treffer setzt. Dennoch sorgen die Auseinandersetzungen auch für Sorgenfalten. Zwar nicht beim einsteigerfreundlichen „normalen“ Schwierigkeitsgrad, der auf beinahe „ungefährliches Durchkommen“ angelegt ist. Doch ab „Hart“ trifft man nach fordernden, aber fairen Gefechten, in denen man auch mal den geregelten Rückzug antreten muss , urplötzlich auf Zusammenstellungen oder Gruppengrößen, die einen an den Rand der Verzweiflung bringen können. Immerhin kann man sich gegen Gold (zehn Prozent des aktuellen Bestands) an den zumeist fair gesetzten Kontrollpunkten wiederbeleben lassen. Wenn man mehr Gold investiert, darf man auch an Ort und Stelle wieder auferstehen. Sparfüchse hingegen bevorzugen das kostenlose neue Leben ab unterirdischer Monsterjäger-Höhle, die man als Refugium ebenfalls aus dem ersten Teil übernommen hat.
Es bleibt auch weiterhin bei der Möglichkeit, seine angesammlte "Wut" in temporäre Steigerungen der Standardangriffe zu investieren und mit der nächsten Attacke einen besonders durchschlagenden Versuch zu starten. Dadurch bekommt das Kampfsystem erneut eine taktische Note, die es von vielen anderen Kollegen abhebt und die von der umfangreichen Charakterentwicklung unterstützt wird. Alle drei Grundklassen bieten Fähigkeiten-Bäume, die zahlreiche Spezialisierungen oder Anpassungen an die bevorzugte Spielweise erlauben. Fast schon zu viel. Denn bis man sich durch alles durchgewühlt und nachvollzogen hat, was in welcher Form am besten harmoniert, dauert es etwas - zumal die auf Konsolen abgestimmte Benutzerführung in den Menüs mitunter eher verwirrt als zu helfen und auch passive Fähigkeiten eine Rolle spielen - weswegen der "Buff"-Baum von Lady Katarina ebenfalls beachtet werden sollte.
Der Unterschlupf als... Ja wofür eigentlich?
Die Abschnitte sind stringenter, es gibt ordentliche Upgrade-Möglichkeiten für die Verteidigungsanlagen, die jedoch nur an vorgesehenen Positionen platziert werden können. Größtenteils sind diese unterhaltsamen Abweichungen vom Monsterjäger-Alltag jedoch optional. Man bekommt zwar in den Außengebieten immer Meldungen, dass man im Unterschlupf benötigt wird, doch eine Rückkehr ist eigentlich nicht notwendig. Schade, denn mit etwas mehr Verpflichtung und entsprechender Verzahnung mit der Kampagne und ggf. Auswirkungen auf die Monsterbevölkerung wäre mehr als nur ein Gimmick aus diesem Element geworden. Doch dieses Manko teilt es mit zwei anderen Mechaniken: Zum einen kann man ähnlich wie in der Ezio-Trilogie der Assassin’s-Creed-Serie Generäle des Widerstands auf Sondermissionen schicken, für die sie nicht nur ggf. Gold oder Gegenstände, sondern auch Erfahrung gewinnen. Man kann sogar sein eigenes Monster groß ziehen und es schließlich auf dem Schlachtfeld zum Einsatz bringen - aber auch dies ist alles optional und wirkt nur draufgestülpt.
Ein Van Helsing, zwei Van Helsinge?
Schon der Vorgänger hatte auf der Xbox One mit Bildratenproblemen zu kämpfen. Und obwohl sich Neocore der Probleme bewusst zu sein scheint und bereits einen Patch mit Performance-Verbesserungen in Aussicht gestellt hat, frage ich mich, wieso man die offensichtlichen Mankos, die in dieser Hinsicht auch die Fortsetzung in einigen Arealen stören, nicht vor dem Release in den Griff bekommen hat. So bleibt es wie schon in Teil 1 dabei, dass die effektgeladene Kulisse einen mehr als ordentlichen Eindruck hinterlässt - wenn sie denn mal flüssig läuft.
Fazit
Im Vergleich zum Vorgänger ist The Incredibles of Van Helsing 2 ein klarer Fortschritt. Doch von der Form, die den Monsterjäger mit seinem Geistersidekick auf dem Rechner in gute Wertungsregionen katapultierte, ist man auf der One immer noch ein Stück entfernt. Und das nicht nur, weil mit dem Runecrafting ein wichtiger Teil der Personalisierung oder dem Touchdown-Modus im ohnehin weiter fehleranfälligen Online-Modus Inhalte der PC-Version fehlen. Vor allem Anfänger werden sich über die nur unzureichend erklärten Zusammenhänge ärgern - und das sowohl erzählerisch als auch spielmechanisch. Dabei ist Van Helsings Monsterhatz im Kern weiterhin ein unterhaltsames sowie mit genretypischen Tugenden wie Jagen, Sammeln und Aufrüsten motivierendes Hack&Slay, das auch von seinen gelungenen Popkultur-Anspielungen zehrt. Allerdings verstehe ich immer noch nicht, wieso Neocore sich nicht gleich an eine Umsetzung des alle Teile umspannenden Final Cut gemacht hat. Oder warum man immer noch an unnötigen DLC-Mikrotransaktionen festhält.
Pro
Kontra
Wertung
XboxOne
Ein immer noch solide unterhaltendes Hack&Slay, das auf Konsole aber nicht nur unter reduzierten Inhalten, sondern auch technischen Problemen leidet.
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