Im Test: Kinect-Shooter mit Comic-Ursprung
Wieso erst jetzt?
Als Blue Estate (BE) letztes Jahr im Juni auf der PlayStation 4 erschien, blieb es komplett unter dem Radar. Zumindest unter meinem, obwohl ich eigentlich Railshooter mag. Ich habe in zahlreichen mittlerweile indizierten Serien Zombies und Gangster mit Namcos G-Con Plastikpistole über den Haufen geschossen. Und selbst dem unterirdischen Videospiel zu Rambo konnte ich einen gewissen primitiven Spaß abgewinnen. Doch wie man es auch dreht und wendet: Das Genre ist ausgedörrt. Immerhin: Mit der Veröffentlichung der Xbox-One-Version, die neben einem exklusiven Arcade-Modus auch mit einer Steuerungsvariante per Kinect punkten möchte, hatte ich schließlich Gelegenheit, die auf dem Comic von Viktor Kalvachev basierende Ballerei genauer in Augenschein zu nehmen.
Zweierlei Spaß
In der jeweils vom Kapitel zugewiesenen Rolle von entweder dem durchgeknallten Mobboss-Sprössling Toni Luciano oder dem Ex-Navy-Seal Clarence wird man auf Schienen in Ego-Sicht durch das gut drei bis vier Stunden dauernde Dauerfeuer geschoben und kämpft gegen Söldner, die Mafia, Triaden und ein koreanisches Oberbösewicht-Brüderpaar. Das Fadenkreuz auf dem Bildschirm steuert man auf dem Pad mit dem rechten Stick, während man mit der Schultertaste abfeuert. Der linke Stick ist für meist geskriptete und die Action gut ergänzende Reaktionstests vorgesehen, die vom Ausweichen gegnerischen Feuers bis hin zum Erklettern von Gerüsten reichen - oder aber, um entweder im Nahkampf auszuteilen bzw. gegnerische Wurfgeschosse an den Absender zu adressieren. Obwohl man die Empfindlichkeit regulieren kann, bleibt die Pad-Steuerung allerdings bedingt durch die aufkommende Hektik für mich nur zweite Wahl.
Wo ist der Comic?
Und das ist gerade angesichts des Comic-Ursprungs bedauerlich. Nicht nur, dass die Kulisse im Allgemeinen bis auf wenige Ausnahmen den Next-Gen-Beweis schuldig bleibt. Auch die Artdesign-Ansätze, die auf den Blue-Estate-Urprung schließen lassen, werden viel zu selten eingesetzt und weichen zumeist einem Standard-Design. Schade, denn genau in den Momenten, in denen man nicht über Rasen aus der Tiger-Woods-Serie läuft, sondern über Farbstriche, grobe Punktraster etc. in der Kulisse stolpert, nimmt Blue Estate wenigstens visuell Fahrt auf. Immerhin wird nicht mit roter Farbe gespart, wobei man auch hier angesichts des Pulp-Ansatzes der Comic-Vorlage immer noch zu zahm bleibt. Und der Humor? Nun, der ist ja bekanntlich Geschmackssache. Und zumindest bei mir zündet er nur selten.
Fazit
Blue Estate ist als Rail-Shooter nicht so schlimm wie befürchtet. Allerdings beziehe ich mich dabei ausdrücklich auf die Steuerungsmethode per Kinect. Mit Pad wird die simple Ballerei schnell zu einem unnötig hektischen Stick-Rudern. Doch dank der guten Bewegungserkennung, die aber auch vom automatischen Schießen profitiert, sobald man mit der rechten Hand das Fadenkreuz über den Gegnern platziert, kommt man schnell zu Erfolgserlebnissen und fühlt sich fast so wie in der Hochphase der Lightgun-Shooter. Angereichert mit passabel eingebundenen Reaktionstests kann man für etwa drei bis vier Stunden solide Baller-Unterhaltung erleben. Um danach den exklusiven Arcade-Modus auszureizen oder die Jagd auf Höchstpunktzahlen anzugehen, bietet Blue Estate allerdings auch visuell zu wenig. Der Comic-Ansatz spielt viel zu selten eine Rolle, das Artdesign wirkt uneinheitlich. Dazu kommt ein Humor, der für mich abhängig von dem jeweiligen Protagonisten mal mehr (Clarence), mal weniger (Toni) zündet. In seinen besten Momenten bietet Blue Estate solide Action, doch diese Momente sind zu spärlich gesät, als dass mit diesem Spiel eine Railshooter-Renaissance eingeläutet werden könnte.
Pro
Kontra
Wertung
XboxOne
Dank akkurater Kinect-Steuerung ein halbwegs passabler Shooter auf Schienen.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.