Im Test: Die Geschichte des Mishima-Clans
Cineastische Mishima-Doku
Heihachi Mishima ist zurück – wieder einmal. Und wieder einmal hat er nichts Besseres zu tun, als nach einem brutalen Angriff auf die Firma, die einst ihm gehörte, erneut ein Turnier namens „King of the Iron Fist“ auszurufen. Neu ist allerdings die Art und Weise, wie Bandai Namco die Geschichte inszeniert. Denn anstatt wie bislang die Figuren mit einer kleinen individuellen Geschichte zu versehen, orientiert man sich dieses Mal an den kinoreifen Präsentationen, wie sie in erster Linie von westlichen Vertretern à la Mortal Kombat X oder jüngst Injustice 2 geprägt wurden. Allerdings mit dem Unterschied, dass die zwei hier gewählten Erzählperspektiven samt unterschiedlicher Designstile einen zu krassen Gegensatz darstellen. Auf der einen Seite steht die emotional beinahe neutral erzählte Lebensgeschichte eines Reporters, der seine Familie verloren hat, was fast dokumentarisch und über spärlich animierte Zeichnungen dargestellt wird.
Gewohnt hohe Qualität
Neu im Tekken-Universum ist der so genannte Rage-Modus, der ab einer bestimmten Lebensenergie-Stufe aktiviert wird. Dadurch werden meist einfach zu erreichende Rage-Attacken ermöglicht, die das Zünglein an der Kampfwaage zu eigenen Gunsten ausschlagen lassen und ähnlich gut inszeniert werden wie die Superangriffe der Helden und Bösen in Injustice 2. Und hier wie dort lassen sie sich durch Kenntnis der richtigen Blockposition auch abwehren, so dass sie nicht zu einer Allzweckwaffe werden. Überhaupt ist Timing, wie schon erwähnt, das A und O des Erfolges. Zwar scheinen „Dauer-Angreifer“ leicht im Vorteil. Doch wer bestimmte Angriffsmuster erkennt und mit dem Block bzw. einem zeitlich gut platzierten Konter reagiert, wird nicht nur durch ein Schadensplus, sondern auch mit den neuen dynamischen Kameraeinstellungen wie Zoom oder Spannung aufbauende Zeitlupe belohnt, die vor besonders spektakulären oder kritischen Treffern eingespielt werden. Dank einer über nahezu jeden Zweifel erhabenen Kollisionsabfrage sowie sehr geschmeidigen Animationen, die unter dem Strich auch Injustice 2 Wertungstreffer verpassen, kommt es zwischen gleichwertigen Duellanten zu hochspannenden Duellen, die meist in dem Satz „Nur noch eine Revanche, okay?“ enden – und aus der einen Revanche werden dann zwei, drei oder ein Dutzend.
Online-Spaß für (fast) alle
Beim Aufbau der Verbindung kann es zu Wartezeiten kommen, wenn sich das Spiel mit weiter entfernten Spielern synchronisiert. Dem kann man jedoch leicht entgegen wirken, indem man die leider nur wenigen Suchparameter modifiziert. Und ist man einmal mit dem Kontrahenten auf dem Feld der Ehre gelandet, sind keine nennenswerten Lags auszumachen. Zumindest haben wir in dem guten Dutzend Online-Matches sowie dem Turnier, das übrigens auch parallele Kämpfe innerhalb der gleichen Runde ermöglicht, keine Schwierigkeiten feststellen können. Man kann Niederlagen nicht auf die schwache Technik schieben. Was allerdings sowohl on- als auch offline auffällt: Bei den kurzen Vorstellungen der Kämpfer vor dem Duell gibt es nicht nur viel zu wenige Varianten. Das Gesagte steht auch nur selten in direktem Zusammenhang mit dem Gegenüber. Hier ist Injustice 2 mit seinen häufig aufeinander aufbauenden Dialog-Duellen als Einstimmung eine ganze Klasse weiter.
Langfristiger Offline-Spaß
Acht dieser personalisierten Outfits lassen sich pro Kämpfer speichern – und vor allem, wenn man online kämpft, bekommt man teils herrlich absurde Geschmacksverirrungen zu sehen. Das Geld, das man mitunter benötigt, um die Gimmicks oder Kostüme freizuschalten, kann man über alle Modi hinweg verdienen. Allerdings wird man teils vor eine verdammt fiese Auswahl gestellt, für was man seine mehr oder weniger schwer verdiente Kohle ausgibt. Denn schaut man in den auf den ersten Blick unspektakulär wirkenden Menüpunkt „Galerie“, dürfte Tekken-Fans das Herz aufgehen. Denn hier warten hunderte an Filmen und Bildern, die sich auf sämtliche veröffentlichen Teile der Serie beziehen. Die Intro-Filme von Spielhallen- und Konsolen-Versionen sind ebenso vorhanden wie die Abschlussfilme jedes Charakters aus jedem Teil. Es gibt Story-Zusammenfassungen sowie eine enorme Auswahl an Artworks, die man ebenfalls nutzen kann, um die komplette Geschichte des Mishima-Clans Revue passieren zu lassen. Angesichts dieses fantastischen Archivs habe ich mich immer wieder dabei ertappt, dass ich das Kampfgeld in die Tekken-Historie anstatt in neue Ausrüstung investiert habe.
Versions-Unterschiede
Mit dem nur auf PS4 vorhandenen VR-Modus hätte sich die Konsole absetzen können. Doch was Bandai Namco hier fabrizierte, hätte man sich auch sparen können. Hinter der VR-Brille hat man zwei Optionen: Entweder man schaut sich im Personalisierungsschirm das Ergebnis seiner kreativen Anstrengung an. Oder aber man nimmt an einem Trainingskampf bei Mondschein teil. Beides ist jedoch extrem halbgar. Die Modenschau krankt u.a. daran, dass man in der virtuellen Welt nicht um die Figur herumgehen kann, um sich alle Details anzuschauen. Man kann den vor einem platzierten Charakter in bestimmten Stufen drehen und mit ein paar Animationen zum Leben erwecken. Und der Trainingskampf in VR ist dank seiner zuschaltbaren Zeitlupe zwar wunderbar geeignet, um sich die geschmeidigen Bewegungen oder die Partikeleffekte in all ihrer Pracht zu Gemüte zu führen. Doch spielerisch ist er noch überflüssiger als der „Weg des Hadoken“ in Ultra Street Fighter 2 auf Switch. Sprich: Die Arbeit, die in die vollkommen unpassende und ziellose VR-Anbindung geflossen ist, hätte man sich auch sparen und stattdessen in weitere Spielmodi investieren können.
Fazit
Tekken 7 bringt alles mit, um Prügelfans sehr gut zu unterhalten: Über 30 weitgehend austarierte Kämpfer, akkurate Kontrollen samt ebenso genauer Kollisionsabfrage sowie ein umfangreiches Kombosystem, das stark auf Timing setzt und die Anfänger-Spreu vom Fortgeschrittenen-Weizen trennt. Der Online-Modus ist sauber, die Story ordentlich inszeniert, die weiteren Spielmodi sind grundsätzlich interessant und die Kulisse bietet geschmeidige Animationen sowie brachiale Effekte. Und das Museum, in dem man von Tekken 1 bis Tekken 7 viele Filme sowie Bilder freischalten kann, ist eine grandiose Möglichkeit, die gesamte Historie der Serie Revue passieren zu lassen. Doch so makellos sich die Kampfmechanik darstellt, muss sich Tekken 7 in nahezu jedem anderen Bereich den vor kurzem veröffentlichten Konkurrenten aus den Häusern Netherrealm und Arc System Works geschlagen geben – wenngleich mitunter nur knapp. Injustice 2 hat nicht nur die bessere Story, sondern nutzt auch die aktuelle Unreal Engine eindrucksvoller und bietet mit Gilden sowie Multiversum längerfristig motivierende Modi. Auch Guilty Gear Xrd Rev 2 lässt hinsichtlich des audiovisuellen Gesamtpaketes Heihachi & Co alt aussehen und bietet zudem den unter dem Strich etwas besseren Netzcode. Doch das ist Jammern auf hohem Niveau. Bandai Namco ist mit Tekken 7 in den wesentlichen Punkten zu alter Stärke zurückgekehrt. In diesem von hochklassigen Prügelspielen gekennzeichneten Frühsommer sind es nur Nuancen, die die Konkurrenten unterscheiden.
Pro
Kontra
Wertung
XboxOne
Gelungene Rückkehr von Tekken aufs Kampfsport-Parkett, bei der gelegentliche inhaltliche Schwächen mit einer bewährten sowie über alle Zweifel erhabenen Mechanik wettgemacht werden.
PlayStation4
Gelungene Rückkehr von Tekken aufs Kampfsport-Parkett, bei der gelegentliche inhaltliche Schwächen mit einer bewährten sowie über alle Zweifel erhabenen Mechanik wettgemacht werden.
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