Tony Hawk's Pro Skater 508.10.2015, Dieter Schmidt
Tony Hawk's Pro Skater 5

Im Test: Flügellahmer Falke

Es ist so einfach, auf jemanden zu treten, der schon blutend auf dem Boden liegt. Nein, selbst das hat der fünfte Teil absolut nicht verdient. Ja klar; Er wurde lieblos und offensichtlich unter Zeitdruck produziert, aber er macht mir dennoch stellenweise mehr Spaß als Tony Hawk: Ride.

Schon der erste Trailer machte deutlich: Das Entwicklerstudio Robomodo, welches für das HD-Remake von Tony Hawk's Pro Skater 1 verantwortlich war, wird der ehrwürdigen Serie nach den missglückten Ride und Shred auch noch die letzten Adlerfedern rausreißen, um ein verschrumpeltes Etwas zurückzulassen. Grafik ist nicht alles. Richtig. Aber nach neun Jahren Pause (Ride und Shred zähle ich aufgrund der unterschiedlichen Steuerung nicht dazu) und einer Veröffentlichung auf den neuen Konsolen muss man einfach mehr erwarten! Tony Hawk's Pro Skater 5 (ab 13,78€ bei kaufen) sieht ehrlich gesagt nur etwas besser als das HD-Remake eines PSOne-Spiels aus! Da kann auch der Cel-Shading-Look nichts ändern, den man vor zwei Monaten mal flugs eingeführt hat und der wie immer das Schlechteste kaschieren soll. Es unterstreicht den Ansatz von Activision: billig produzieren lassen, in dem die Mechanik aus dem HD-Remake komplett übernommen wurde, eher lieblose Levels zusammenbasteln, eine Prise Ubisoft dazu ("random shit" einbauen), neues Tony-Foto, Logo drauf und schnell für den Vollpreis ins Regal, bevor die Lizenz ausläuft!

Seelenlos hingerotzt

Und dann kommt der 7,3 GB große Patch hinzu. Ich stehe also Stunden später endlich im ersten Level und kann mir das Ruckel-Zuckel-Glitch-Theater mit den anderen Online-Skatern anschauen: Wow. Das ist also die "Fun"-Zone, die einen Skatepark simulieren soll (wozu die Reihe sich eh nie eignete).  Mit all den anderen Zuckel-Skatern sammelt man also hier ohne Zeitbegrenzung die S-K-A-T-E- oder C-O-M-B-O-Buchstaben ein, sammelt die versteckten VHS-Kassetten und DVDs oder zerstört Gegenstände. Das Problem dabei: Während die Gegenstände als Herzstück der Serie früher sehr genial verteilt wurden, hat man sie hier unbeholfen platziert.

Den Glanz vergangener Tage hat man seelenlos eingebaut.
Und wenn ich schon in dieser offenen Welt herumskaten muss und den Kombotrick nicht schaffe, warum kann ich dann nicht einen Startpunkt setzen, der mich immer wieder zurückbeamt? Somit wird die Hatz nach den Buchstaben gekreuzt mit der miserablen Steuerung zum nervigen Rumgefummel. Aber hey, dafür hat man ja die endlosen Missionen, die man lieber im Einzelspieler-Modus "genießen" sollte – was man aber nicht kann! Denn die private Session schickt mich anschließend immer wieder in die Lobby zum "Fun"-Skaten. Um eine der weiteren Missionen anzugehen, muss dann das Level neu geladen werden. Obendrauf hat man extra (!) beim Start der Mission Wartesekunden eingefügt, um die Spiellänge künstlich in die Länge zu ziehen.  Bei dem Brainstorming wäre ich gerne dabei gewesen, das jenes laue Gehirnlüftchen produziert hat.

Mission Impossible: Adler fangen keine Fliegen

Die Missionen gewinnen allesamt nicht den Rodney-Mullen-Preis (Anm.: Mullen hat auf sehr kreative Art und Weise Freestyle-Tricks in das Streetskaten eingeführt) - im Wesentlichen sammelt man unter Zeitdruck Gegenstände auf. Während nervige Missionen, in denen man Bälle oder Alien-Eier aus einem Pool befördern muss, aufgrund des beliebigen Ausgangs an einen Pachinko-Automaten erinnern, sind die Pellet-Missionen doch unterhaltsam: Je nach Farbe der Kugel müssen unterschiedliche Tricks ausgeführt werden. Auch das "Tricks nailen" auf Zuruf und das Zerstören von Zielscheiben, wenn man einen Fliptrick ausführt,  können ebenso wie die Vorgabe von Manual-Tricks in abgesperrten Bereichen unterhalten. Leider ist den Entwicklern hier ein gravierender Fehler unterlaufen: Jedes Level hat viel zu viele Missionen, die sich repetetiv durch alle Levels wie ein altes Kaugummi ziehen. Hier heißt die Devise: Masse statt Klasse. Warum nur? Ach ja. Dann hätte man die mutmaßlichen Vorgaben bezüglich der Spieldauer nicht mehr einhalten können. 

Der Magnet-Tony
Aber kommen wir doch einmal zu dem Herzstück der Spielmechanik: Zwar hat sich die grundsätzliche Steuerung nicht im Geringsten geändert:  Grabs, Flips, Liptricks, Revert, Manuals – alles beim alten. Aber warum fühlt es sich so unfassbar schäbig an?  Viel zu hektisch eiert mein eigens erstellter Skater über die Obstacles. Ständig legt er sich auf der Coping hin, weil die Drehbewegungen unübersichtlich und zu schnell sind, was sich erst mit dem Aufleveln des Sakters später erledigt? Tausendfach bricht er einfach einen Skatetrick ab, um einfach einen anderen zu vollführen. Die Animationsübergänge sind so flüssig wie Zement. Und wieso kann ich im Grind nicht den Grindtrick ändern (was so kleine Spiele wie OlliOlli problemlos integrieren)? Und wieso verlässt mein Skater beim Grind oftmals die Linie, wenn ich einen simplen Hellflip mache? Und warum  gibt es so unfassbar schlechte physikalische Umsetzungen an Kanten und Grindbalken? Und was soll der „Grind-Slam“, der den Skater beim Drücken der Grindtaste nach unten drückt? Wie ein Magnet zuckt der Skater durch den Park und haftet sich an die Obstacles. Dabei wäre doch genau das Gegenteil richtig: Animationen so lange auslaufen lassen bis man den exakten Zeitpunkt für den nächsten Trick trifft. Weg von der automatischen Endloss-Kombo, hin zur Präzision.  Warum kann man denn nach neun Jahren Pause nicht einen ganz neuen Weg wie die skate-Reihe wählen? Und warum führt man nicht endlos eine variable Anfahrtgeschwindigkeit ein? Ach ja. Billig produzieren heißt das Motto. Was man aber auch andererseits festhalten muss: Die Bug-Videos der Amerikaner, die an eine Unspielbarkeit grenzen, konnte ich nicht ansatzweise feststellen. Mit lediglich kleineren Bugs konnte ich problemlos das Spiel beenden. Ich konnte gerade einmal einen Glitch in 12 Stunden Spielzeit vorweisen. 
Ich spring von Level zu Level 
Nach den ersten beiden langweiligen Level konnte die Schule wieder alte Erinnerungen hervorrufen. Die Megaramp verdient wiederum nicht ihren Namen, dafür punktet die Militärbasis mit Retro-Charme. Auch das Skaten auf Hochhausdächern mit unterschiedlichen Ebenen entfaltet durch die Vertikale eine gewisse Faszination – nur um sich dann im Weltraum ins totale Abseits zu katapultieren. Hier wollte man aufgrund der geringen Gravitation einen extrem hohen Ollie einbauen, der zu ständigen Frustmomenten führt. Fortwährend fliegt man unbeabsichtigt ins Weltall, verfehlt mit dem bescheuerten „Grind-Stampfen“ die Rohre und eiert völlig unkontrolliert herum. Aber dennoch konnte ich dem letzten Skilift-Level, das eine einzige rasante Downhillfahrt simuliert, etwas abgewinnen. Insgesamt erreicht das Level-Design nicht den Glanz vergangener Tage, schwankt ständig zwischen befriedigendem Niveau und purer Langeweile, ist dafür aber durchaus variationsreich. 
Immerhin klappt der Editor
Zwar kann man die Obstacles dank Magnetfunktion relativ schnell aneinander packen, dennoch fehlen so eklatant wichtige Funktionen wie z.B. der Undo-Button oder das Abspeichern zusammengefügter Bausteine, die man dann als neues Objekt vervielfältigen kann. Allerdings verfügt man über eine omnipotente Auswahl an Bausteinen und der Editor ist dafür sehr einsteigerfreundlich und leicht zu erlernen. Der Vorteil: Es gibt etliche gute Level, die Spaß machen – aber man muss sehr lange danach suchen.
Der Magnet-Tony

Kommen wir zu dem Herzstück der Spielmechanik: Die grundsätzliche Steuerung hat sich nicht im Geringsten geändert:  Grabs, Flips, Liptricks, Revert, Manuals – alles beim Alten. Aber warum fühlt es sich so unfassbar schäbig an? Viel zu hektisch eiert mein eigens erstellter Skater über die Hindernisse. Ständig legt er sich auf der Coping hin, weil die Drehbewegungen unübersichtlich und zu schnell sind, was sich erst mit dem Aufleveln des Sakters später erledigt. Tausendfach bricht er einfach einen Skatetrick ab, um einen anderen zu vollführen. Die Animationsübergänge sind so flüssig wie Zement. Und wieso kann ich im Grind nicht den Grindtrick ändern (was so kleine Spiele wie OlliOlli problemlos integrieren)? Wieso verlässt mein Skater beim Grind oftmals die Linie, wenn ich einen simplen Hellflip mache? Und warum  gibt es so unfassbar schlechte physikalische Umsetzungen an Kanten und Grindbalken? Was soll der "Grind-Slam", der den Skater beim Drücken der Grindtaste nach unten drückt?

Die Steuerung ist unpräzise und überholt.
Wie ein Magnet zuckt der Skater durch den Park und haftet sich an die Obstacles. Dabei wäre doch genau das Gegenteil richtig: animationen so lange auslaufen lassen, bis man den exakten Zeitpunkt für den nächsten Trick trifft. Weg von der automatischen Endloss-Kombo, hin zur Präzision. Warum kann man denn nach neun Jahren Pause nicht einen ganz neuen Weg wie die skate-Reihe wählen? Und warum führt man nicht endlich eine variable Anfahrtgeschwindigkeit ein? Die Antwort zu all diesen Fragezeichen würde eine Grundüberholung der grundsätzlichen Spielmechanik bedeuten - und damit auch zu Kosten führen. Was man aber auch festhalten muss: Die Bug-Videos der Amerikaner, die eine Unspielbarkeit zeigen, konnte ich nicht ansatzweise feststellen. Mit lediglich kleineren Bugs konnte ich problemlos das Spiel beenden. Ich konnte gerade einmal einen nennenswerten Glitch in zwölf Stunden Spielzeit vorweisen. 

Ich spring' von Level zu Level

Langweilige Areale wechseln sich mit durchaus passablen Gebieten ab.
Nach den ersten beiden langweiligen Levels konnte die Schule wieder alte Erinnerungen hervorrufen. Die Megaramp verdient wiederum nicht ihren Namen, dafür punktet die Militärbasis mit Retro-Charme. Auch das Skaten auf Hochhausdächern mit unterschiedlichen Ebenen entfaltet durch die Vertikale eine gewisse Faszination – nur um sich dann im Weltraum ins totale Abseits zu katapultieren. Hier wollte man aufgrund der geringen Gravitation einen extrem hohen Ollie einbauen, der allerdings zu ständigen Frustmomenten führt. Fortwährend fliegt man unbeabsichtigt ins Weltall, verfehlt mit dem bescheuerten "Grind-Stampfen" die Rohre und eiert völlig unkontrolliert herum. Dennoch konnte ich dem letzten Skilift-Level, das eine einzige rasante Downhillfahrt simuliert, etwas abgewinnen. Insgesamt erreicht das Level-Design nicht den Glanz vergangener Tage, schwankt ständig zwischen befriedigendem Niveau und purer Langeweile, ist dafür aber durchaus variationsreich. 

Immerhin klappt der Editor

Zwar kann man im Editor Teile dank Magnetfunktion relativ schnell aneinander packen und platzieren, dennoch fehlen so wichtige Funktionen wie z.B. der Undo-Button oder das Abspeichern zusammengefügter Bausteine, die man dann als neues Objekt vervielfältigen kann. Allerdings verfügt man über eine omnipotente Auswahl an Bausteinen und der Editor ist sehr einsteigerfreundlich sowie leicht zu erlernen. Der Vorteil: Es gibt etliche gute Levels, die Spaß machen – aber man muss sehr lange danach suchen.

Fazit

Warum wird der Tony dermaßen auf dem Pausenhof zusammengetreten? Nachdem sich die Bugs in Europa in der Nacht vom 1. Oktober zum Verkaufstag in Luft aufgelöst haben (erst dann konnte man spielen), kann man durchaus Freude empfinden. Der Soundtrack und die Auswahl der Skater stimmt. Die Level befördern den Skater nicht gerade in die Luft, sind aber auch kein Totalabsturz ins Flat. Ja, die Missionen langweilen, aber wenn man den inneren Schweinehund auf die Jagd zu dem irren Score abrichtet (drei Sterne in jeder Mission) entfaltet sich durchaus der Glanz vergangener Tage: Denn hier muss man alles in einer perfekten Kombo erledigen. Dann wird die sonst langweilige Ringjagd zu einer kniffligen Fahrt. Dann macht auch das Einsammeln der Marshmallows Spaß. Leider hat man hier den Bogen überspannt und schon nach dem dritten Level (Schule) ist es fast unmöglich, alle Sterne zu sammeln. Natürlich bricht bei den Animationen, der Grafik und der Spielmechanik öfters die Kingpin, entpuppt sich das freie Skaten trotz der S-K-A-T-E-Buchstaben als liebloser Schauplatz und die Missionen ziehen das Spiel unspaßig in die Länge. Dennoch ist der fünfte Teil aufgrund der Mechanik nur knapp an einer befriedigenden Session gescheitert. Wer sich Tony Hawk's Pro Skater 5 irgendwann für einen Zehner ziehen kann, der sollte es tun. Und da ich schon länger real skate (und das immer noch praktiziere), als die Serie Jahre auf dem Buckel hat, wünsche ich mir von ganzem Herzen, dass EA die Lizenz aufkauft und endlich ein Tony Hawk’s skate 4 macht. Das wäre auch im Interesse der Skate-Ikone, die ich sogar einmal interviewen durfte. Tony, ich mag dich. Das hast du nicht verdient!

Pro

einige durchaus spaßige Missionen
rar gesäte, aber durchaus gute Level
guter Editor
unendliche Level dank dem Editor

Kontra

grafisch eine Zumutung
7,3 GB Patch
nervige und unnötige Ladezeiten
abgebrochener Spielfluss durch die Lobby
seelenlose Platzierung der Gegenstände und Buchstaben
im Vergleich zu alten Teilen sehr unkreatives Level-Design
zum Teil sehr nervige Missionen
repetetives Missionsdesign
schlechte unpräzise Steuerung
zum Teil groteske Animationen

Wertung

PlayStation4

Repetitives Missionsdesign mit lieblosen Platzierungen der Gegenstände in unausgegorenen Arealen. Nicht unterirdisch schlecht, aber ohne den Glanz vergangener Tage.

XboxOne

Repetitives Missionsdesign mit lieblosen Platzierungen der Gegenstände in unausgegorenen Arealen. Nicht unterirdisch schlecht, aber ohne den Glanz vergangener Tage.

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