Zombi18.08.2015, Mathias Oertel
Zombi

Im Test: Ohne Touchpad, ohne Spannung?

Vor knapp drei Jahren hat Ubisoft mit Zombi (ab 4,75€ bei kaufen)U einen der Höhepunkte der Startspiele auf Wii U abgeliefert, der nicht nur Survival-Horror eine neue Facette hinzufügte, sondern auch die Eigenheiten des Wii-U-Gamepads auszunutzen verstand. Jetzt kommt der Titel ohne U im Namen auch für die aktuellen Highend-Systeme. Kann der Horror im Londoner Untergrund immer noch und vor allem auch ohne den zweiten Bildschirm faszinieren? Der Test gibt die Antwort.

Klassischer Horror modern interpretiert

ZombiU kam genau zur richtigen Zeit. Nicht nur, dass mit dem Horrorspiel ein Titel veröffentlicht wurde, der gleich zum Start der Konsole die speziellen Möglichkeiten des WiiU-Gamepads sehr anschaulich demonstrierte und nahtlos ins Spielgefühl verwob. Zudem profitierte das Überlebensabenteuer vom durchwachsenen Resident Evil 6, das kurz vorher veröffentlicht wurde und über weite Strecken enttäuschte. ZombiU war anders. Durch die clevere Einbindung des zweiten Bildschirms wurde eine neue Immersion geschaffen. Die Geschichte verwob historische Fakten geschickt mit okkulten Elementen und schuf so einen geheimnisvollen Hintergrund für den knallharten Kampf ums Überleben. Der Schauplatz London wurde gut genutzt und schickte einen nicht nur durch düstere U-Bahn-Schächte, sondern auch durch zombieverseuchte Straßen oder führte einen zu bekannten Touristenattraktionen.

Der geheimnisvolle Kampf ums Überleben führt einen auch an Touristenattraktionen.
Weitere kennzeichnende Elemente waren z.B. ein knackiger Schwierigkeitsgrad, der Fehler mit einem permanenten Tod der Figur bestrafte. Allerdings hatte man mit dem nächsten Charakter die Möglichkeit, wenigstens den Rucksack mit wertvollen Materialien oder Waffen zu retten, falls man nicht die Chance genutzt hat, im unterirdischen Hauptquartier die Kiste zum Lagern zu nutzen. Die verschachtelte Umgebung lud zum Erforschen ein und belohnte einen u.a. mit Waffen-Upgrades, die neben der Charakterentwicklung dafür sorgten, dass man nach und nach eine höhere Überlebenschance hatte. Sprich: ZombiU war unter dem Strich ein erfrischender Ausflug in den klassischen Survival-Horror, der sich dennoch nicht scheute, frische Elemente einzubauen. Dass diese teilweise auch von From Softwares Souls-Serie inspiriert zu sein schienen, wie die Hinweise, die man anderen Spielern hinterlassen konnte, machte den aussichtslosen Kampf gegen die Zombies nur interessanter.

Fast alles so wie früher

Doch obwohl ZombiU seinerzeit mit 85% (zum Test) einen Goldaward einstreichen konnte, gab es in einigen Bereichen auch noch Luft nach oben. Das Nahkampfsystem z.B. war zwar schonungslos und brutal, gab einem aber nur wenige Optionen, sich mit den Zombies auseinandersetzen zu können. Die einzelnen Überlebenden, die man spielte, hatten keinerlei Eigenheiten und waren dadurch austauschbar. Und auch das fehlende freie Springen oder Ducken, das durch kontextsensitive Aktionen ersetzt wurde oder die schwache Minispiel-Mechanik bei einigen Aktionen boten Platz für Verbesserungen. Für die Umsetzung auf die aktuellen Systeme hat sich Ubisoft bzw. das damit beauftragte australische Studio von Straight Right vorrangig auf die Optimierung der Steuerung und die Anpassung der Kulisse konzentriert. Sprich: Die angesprochenen Mankos sind immer noch vorhanden. Dabei hätten Ergänzungen bzw. Änderungen in diesen Bereichen durchaus den Wegfall der durch Benutzung des Zweitbildschirms auf WiiU entstehenden Spannung kompensieren können. Zumindest hätten sie das bewährte System erweitern können.

Auch ohne den zweiten Bildschirm ist Zombi ein spannender sowie gnadenloser Überlebenskampf.
Man muss jedoch anmerken, dass die Steuerung sowie die Veränderungen der Benutzerführung in Ordnung gehen. Die Minimap (vorher auf dem WiiU-Gamepad) ist jetzt ständig in der rechten unteren Ecke zu sehen. Das wichtige Scannen der Umgebung, für das man früher das Gamepad bewegen musste, findet jetzt auf dem Hauptbildschirm statt. Und für das Inventar muss man den Blick ebenfalls nicht mehr vom Hauptschirm abwenden, während man hofft, in dieser Zeit nicht angegriffen zu werden. Stattdessen wird beinahe das komplette Bild mit dem Inventar bzw. den Fundstücken in Containern, Schränken usw. abgedeckt. Da das Spiel in diesen Momenten nicht pausiert wird, muss man immer noch einen passenden Augenblick wählen, um in den Gegenständen zu wühlen. Doch das ist (wie auch bei den anderen Mechaniken) kein vollwertiger Ersatz für die Spannung oder die Immersion, die Zombi mit dem U-Zusatz auf der Nintendo-Konsole aufbauen konnte. Angesichts der Optionen, die einem sowohl auf PS4 (Vita), Xbox One (SmartGlass) als auch PC (Win10-Tablets) zur Verfügung stehen, ist es schade, dass diese Komponente vollkommen wegrationalisiert wurde. Der Umsetzung ebenfalls zum Opfer gefallen sind jegliche Mehrspieler-Modi bzw. Online-Anbindungen wie die Hinweise, die à la Dark Souls von anderen Spielern abgegeben werden können. Immerhin wurde daran gedacht, dass man die Stimme des ominösen Retters in der PS4-Version wie auf WiiU aus dem Gamepad hört, womit auf diesem System leichte Atmosphäre-Vorteile entstehen.

Doch auch das kann nicht verhindern, dass Zombi unter dem Strich einen immer noch guten, aber auch herkömmlicheren Eindruck hinterlässt als mit U. In dieser Form ist es "nur noch" ein Survival-Horror-Spiel wie einige andere, auch wenn man sich in Sachen Inszenierung und Spannungsaufbau immer noch auf ein sehr gutes Fundament verlassen kann.

Aufgewertet

Die Kulisse bietet aufgewertete Texturen. Das visuelle Stilmittel der Mischung aus Lensflare und "schmutziger" Linse wurde jedoch im Rahmen einer "sauberen" Inszenierung massiv zurückgeschraubt.
Die angepasste Kulisse kann die Immersions-Verluste ebenfalls nicht auffangen. Im Detail deutlich klarer und mit schickeren Texturen versehen als die WiiU-Fassung vor beinahe drei Jahren, bilden die mit Geheimnissen sowie Nebenpfaden versehenen Abschnitte immer noch einen bedrohlichen Hintergrund für die Zombieplage. Doch bereits auf der Nintendo-Konsole blieb man den letzten Grafikbeweis schuldig. Dementsprechend bietet Zombi auch auf den aktuellen Konsolen mit verbesserten Gegnermodellen, ansehnlicher Verglasung sowie weiteren kleinen Optimierungen nur eine durchschnittliche Visualisierung. Während Licht- und Schatteneffekte angepasst wurden (die neuen Versionen sind insgesamt etwas heller), ist allerdings ein weiterer Atmosphäre-Punkt der WiiU-Fassung deutlich heruntergeschraubt worden: Die Linse der Kamera ist nicht mehr so stark verschmutzt und Lensflare wird weniger intensiv verwendet, so dass diese beiden Stilmittel in Kombination kaum noch Auswirkungen haben. Schade, mir hat der "schmutzige" Eindruck des WiiU-Originals gut gefallen.

Fazit

Zombi ist auch ohne U oder Unterstützung eines zweiten Bildschirms ein spannender Überlebenskampf. Dass Vita und SmartGlass-Geräte bzw. Windows-10-Tablets am PC nicht genutzt werden können, um das WiiU-Gamepad zu simulieren, ist dennoch schade. Die Umsetzung der ursprünglich über den Zweitschirm laufenden Mechaniken geht zwar in Ordnung, doch der Immersions- und damit Spannungsfaktor der WiiU-Version bleibt zwangsläufig auf der Strecke. Doch was übrig bleibt, reicht trotz biederer Kulisse immer noch, um einen wieder und wieder panisch um sein Leben kämpfen zu lassen. Leveldesign, Schockmomente, das Gefühl ständiger Bedrohung und weitere entscheidende Spielmechaniken wurden ohne Streuverluste auf die neuen Systeme übertragen. Bedauerlich, dass die bereits im Original spröde Nahkampfmechanik nicht weiter aufgepeppt wurde. Angesichts der Dürre hinsichtlich klassischen Survival-Horrors kann man Zombi dennoch guten Gewissens empfehlen. Ubisoft inszeniert erneut spannenden, schweren und unnachgiebigen Horror, der im Vergleich zu vielen Zombie-Metzeleien der letzten Jahre weniger auf Masse, sondern auf Klasse sowie auf situative Spannung setzt.

(Anm. d. Red.: Zum Test standen uns nur die Konsolen-Versionen zur Verfügung)

Pro

WiiU-Gamepad-spezifische Elemente gut "normalisiert"...
Survival-Horror alter Schule
tolle Schreckmomente, stetes Gefühl der Bedrohung
Story verwebt okkulte sowie historische Bezüge
permanenter Tod, Rückeroberung des Rucksack-Inventars
cleveres Leveldesign
atmosphärisch dichte Inszenierung
Geheimwege, alternative Routen
Batterie-Energie und Munition rar
hilfreiches Scannen
diverse Waffentypen
Waffen lassen sich aufrüsten, Kampftalente steigern
ordentliche deutsche Lokalisierung

Kontra

... dennoch gehen Atmosphäre sowie Spannung verloren
wenige Möglichkeiten im Nahkampf
kein freies Springen oder Ducken
spielbare Figuren austauschbar, ohne Eigenheiten
technisch bieder
Karte nicht beschriftbar
physikalische Inkonsequenzen
keine Unterstützung von Zweitbildschirmen (Vita, SmartGlass, Win10-Tablets)

Wertung

PlayStation4

Die Atmosphäre oder Immersion der WiiU-Version wird nicht erreicht, doch Zombi bietet nach wie vor spannenden sowie gnadenlosen Survival-Horror alter Schule.

XboxOne

Die Atmosphäre oder Immersion der WiiU-Version wird nicht erreicht, doch Zombi bietet nach wie vor spannenden sowie gnadenlosen Survival-Horror alter Schule.

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