Forza Motorsport 711.10.2017, Michael Krosta

Im Test: Die verflixte Sieben

Nach den spaßigen Ausflügen durch Australien in Forza Horizon 3 kehrt Turn 10 mit Forza Motorsport 7 (ab 33,32€ bei kaufen) in diesem Jahr wieder zum Rasen auf klassischen Rennstrecken und Stadtkursen zurück. Geht die Serie einen weiteren Schritt auf den Platin-Award zu oder muss man der starken Konkurrenz mittlerweile Vorfahrt gewähren?

Willkommen zurück

Die große Stärke von Forza Motorsport war immer das attraktive Gesamtpaket: Man konnte sich nicht nur bei überragender Technik hinter dem Steuer von detailliert modellierten Fahrzeugen auf lizenzierten Pisten austoben und dabei eine fantastische Fahrphysik mit simulativem Anspruch genießen, sondern sich auch als Lackierer, Fotograf oder Tuner innerhalb der Community einen Namen machen. Für den siebten Auftritt der Reihe hält man weiter an diesem bewährten Konzept fest und erlaubt sogar den Import von Designs aus den letzten Teilen ab Forza Motorsport 5, inklusive der Horizon-Ableger. Das Auktionshaus, in dem man im Stil von eBay & Co neue Fahrzeuge erstehen kann, soll zusammen mit Liga-Optionen und dem Wettbewerb „Forzathon“ allerdings erst später nachgereicht werden. Die Rückkehr der Autoclubs ist dagegen leider nicht vorgesehen.

Auf den ersten Blick ist vieles beim Alten geblieben.
Hinsichtlich der Struktur und Spielmodi gibt es auf den ersten Blick ebenfalls keine großen Überraschungen: Solisten bekommen mit dem Forza Driver's Club zwar eine komplett neu gestaltete Karriere, doch unterscheidet sich der grundlegende Ansatz kaum von dem, was man diesbezüglich in den Vorgängern gesehen hat. Das gilt auch für die Modi „Freies Spiel“ und die asynchronen Zeitrennen bei den „Rivalen“, bei denen man die Rennbedingungen nach eigenen Vorlieben gestaltet bzw. um die Plätze auf der detailliert ausgearbeiteten Bestenliste kämpft. Dort erfährt man neben der Rundenzeit u.a. die verwendeten Hilfen sowie das Tuning-Niveau des genutzten Fahrzeugs und darf sich sogar die Setup-Einstellungen der Konkurrenz kopieren.

Die Macht des Setups und Tunings

Alternativ darf man aber auch selbst an Reifendruck, Übersetzung, Radsturz, Spur, Stabilisatoren, Federn, Dämpfung, Abtrieb, Bremse und dem Differenzial herumschrauben, um die Boliden perfekt an die jeweilige Strecke und den eigenen Fahrstil anzupassen. Gerade auf der Jagd nach Bestzeiten im Rivalen-Modus ist das richtige Setup neben den eigenen Fahrkünsten bekanntlich ein gewichtiger Faktor, wenn man ganz vorne mitmischen will.

Geschlecht und Outfit der Fahrer lassen sich neuerdings anpassen.
Besonders innerhalb der Rennserien gilt das auch hinsichtlich der Leistung: Nur mit einem konkurrenzfähigen Wagen bekommt man überhaupt erst die Starterlaubnis. Als Komfortfunktion lässt sich der fahrbare Untersatz mit wenigen Schritten homologisieren und wird mit den idealen Tuning-Teilen für die jeweilige Veranstaltung ausgerüstet. Alternativ darf man sich aber auch weiterhin persönlich um das Aufmotzen des Boliden kümmern und bekommt dafür wieder Zugriff auf eine riesige Auswahl an Teilen für Motor, Fahrwerk, Antrieb, Aerodynamik, Bremsen und Reifen, mit denen man die Leistung und das Fahrverhalten verbessern kann. Für visuelle Upgrades steht neben vielfältigen und mitunter experimentellen Lackierungen auch die gewohnt breite Auswahl an Felgen lizenzierter Hersteller sowie Bodykits zur Verfügung. Nicht zu vergessen der mächtige Design-Editor, mit dem man anhand zahlreicher Mustervorlagen sowie vorgefertigten Aufklebern kleine Kunstwerke erschaffen und die Karosserie verschönern kann. Wem wie mir das Talent fehlt, kann sich die fertigen Designs von qualifizierten Lackierern auch einfach laden. Praktisch: Ab Forza Motorsport 5 dürfen bereits existierende Werke einfach importiert werden – Designs aus den Horizon-Ablegern inklusive. Darüber lassen sich die Wagen auch wieder im Fotomodus für tolle Schnappschüsse in Szene setzen. Dank umfangreicher Einstellungen an der virtuellen Kamera kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen. Man vermisst einzig eine Auswahl an Filtern – hier bietet die Konkurrenz mittlerweile deutlich mehr, allen voran der kommende Scapes Modus in Gran Turismo Sport.

Fahrgefühl zum Verlieben

Neben der Auswahl an Modi und Optionen erleben erleben Kenner der Serie bei der Fahrphysik ebenfalls ein kleines Déjà-vu: Forza 7 fühlt sich quasi genauso an wie der Vorgänger. Und damit auch genauso hervorragend! Zwar neigen die Fahrzeuge generell immer noch einen Tick zu stark zum Übersteuern, doch wird das Fahrerlebnis trotzdem authentisch eingefangen, selbst wenn die Simulation nicht die Tiefe eines Assetto Corsa oder Project Cars 2 sowie deren detailliertes Force Feedback aufweist. Aber es gibt wohl kaum ein anderes Rennspiel, bei dem man sich hinter dem Steuer auf Anhieb so wohl und gleichzeitig auch gefordert fühlt. Während Anfänger auf eine große Auswahl an Hilfen zurückgreifen und Fehler durch die Rückspulfunktion ungeschehen machen können, dürfen Profis die mitunter gewaltigen Pferdestärken auch ohne Traktions- oder Stabilitätskontrolle zähmen und sich mit Feingefühl an den Pedalen den physikalischen Kräften stellen. Neu ist ein optionaler Reibungsassistent, der auf nassen Belägen oder bei Ausflügen abseits des Asphalts die Bodenhaftung der Reifen

Ob Serienwagen, Oldtimer oder moderner Sportflitzer: Das Fahrgefühl der meisten Boliden ist immer noch traumhaft.
zusätzlich zu den Fahrhilfen noch weiter erhöht. Schade nur, dass im Gegensatz zu manchen Mitbewerbern immer noch keine Werkseinstellungen bei den Fahrhilfen angeboten werden, um die Rahmenbedingungen für manche Serien realitätsgetreu abzubilden.

Trotzdem fängt Forza einmal mehr überzeugend die Faszination ein, hinter dem Steuer eines Wagens zu sitzen. Dabei kommen sowohl Einsteiger als auch Profis auf ihre Kosten. Die hervorragende und reaktionsfreudige Steuerung trägt ihren Teil dazu bei: Sowohl mit einem Controller als auch mit einem Lenkrad fühlt es sich das Spiel fantastisch an! Dabei hat man erneut die Wahl zwischen zwei Stufen der Fahrphysik: Während sich Standard eher an Controller-Fahrer richtet, ist die anspruchsvollere Simulations-Variante vornehmlich für den Einsatz von Lenkrädern vorgesehen. Dabei wird es Besitzer des zusätzlichen Racing-Equipments freuen, dass man das Force Feedback mittlerweile in mehreren Bereichen justieren kann. Trotzdem reichen die relativ detailarmen Kräfte nicht an die Qualität heran, die bei Assetto Corsa oder Project Cars 2 geboten wird. Ärgerlich zudem, dass man zwar massig Feineinstellungen für die Steuerung vornehmen, aber die Knöpfe nicht frei belegen darf. Das kann vor allem in Verbindung mit manchen Lenkrädern zu Problemen führen: Mit meiner Fanatec-Basis in Kombination mit dem Xbox One Hub inklusive offiziellem Forza-Wheel war es mir z.B. nicht möglich, den ForzaVista-Modus zu starten oder in Online-Rennen meine Stimme für die Wahl der nächsten Strecke abzugeben. Auf dem Controller liegen beide Funktionen auf dem rechten Analogstick, für den es kein Pendant am Lenkrad gibt.

Große und kleine Veränderungen

Der Fuhrpark ist nochmal deutlich angewachsen.
Auf den ersten Blick wirkt Forza Motorsport 7 tatsächlich nur wie ein kleines Update des Vorgängers: Vieles ist vertraut und Turn 10 scheint in erster Linie auf die bewährten Qualitäten zu setzen. Im Detail erkennt man allerdings schnell große und kleine Veränderungen, von denen manche mehr und manche weniger gelungen sind.

Positiv ist auf jeden Fall der nochmals aufgestockte Fuhrpark, in dem sich jetzt an die 700 lizenzierte Modelle namhafter Hersteller und auch weniger bekannter Exoten tummeln. Das Angebot deckt ein enorm breites Spektrum ab, das von einfachen Serienwagen wie einem VW Golf über Rennmaschinen vom Touren- bis zum Formel-Wagen bis hin zu Prototypen verschiedener Jahrzehnte reicht. Erstmals finden sich auch Renn-Trucks in der Auswahl und die attraktiven Sportwagen von Porsche werden nicht länger in separate DLCs ausgelagert, sondern stehen von Anfang an zur Verfügung – endlich! Dabei zeichnet sich jedes Modell durch individuelle Fahreigenschaften aus. Entsprechend groß sind mitunter die spürbaren Unterschiede: Während manche Autos den puren Fahrspaß versprühen, verhalten sich andere extrem zickig und gestalten die Ausflüge auf die Pisten zu einem nervenaufreibenden K(r)ampf. Ausgerechnet das Cover-Car, der 2018er Porsche 911 GT2 RS, zählt dabei zu den Beispielen, die sich sehr unangenehm anfühlen und erst mit zugeschalteten Fahrhilfen, insbesondere der Stabilitätskontrolle, halbwegs in der Spur bleiben. Im Gegensatz zum allgemeinen Trend weist der Bolide aus Zuffenhausen zudem nicht nur ein leichtes Heck auf, sondern hat gleichzeitig trotz des Heckantriebs auch mit einem starken Untersteuern beim Einlenken zu kämpfen.

ForzaVista lädt zur Erkundung ein

Wie immer darf jedes einzelne Fahrzeug im ForzaVista-Modus im Detail erkundet werden. Spätestens hier wird wieder deutlich, mit wie viel Liebe zum Detail die Entwickler die Boliden modelliert haben. Wenn man um die Karosserie herum schleicht, dabei u.a. einen genauen Blick auf den Motor wirft oder schließlich in die liebevoll gestalteten Cockpits einsteigt und die Zündung betätigt, geht jedem Auto-Fan das Herz auf. Spielt man dann noch am Gaspedal herum und treibt den Motor in höhere Drehzahlbereiche, ist bei manchen Aggregaten angesichts des satten und kernigen Sounds sogar Gänsehaut garantiert. Einziger Wermutstropfen: Die informativen Kommentare zu den Herstellern oder einzelnen Modellen wurden leider gestrichen. Zudem vermisst man nähere Angaben zu den Fahrzeugen, die früher ebenfalls noch eingeblendet wurden. Generell gibt es zwischen den Wagen teilweise wieder Unterschiede, was man alles genauer unter die Lupe nehmen darf. Mal ist z.B. ein detaillierter Blick unter die Motorhaube gestattet, während sich andere Modelle ziemlich verschlossen präsentieren. Mit den genannten Einbußen wirkt ForzaVista dieses Mal insgesamt leider etwas liebloser und oberflächlicher als früher, stellt aber immer noch eine tolle Ergänzung dar.

Aufbau einer Autosammlung

Bei ForzaVista wird die Detailverliebtheit bei den Wagenmodellen besonders deutlich.
Das Sammeln von Fahrzeugen stellte schon immer einen wichtigen Aspekt innerhalb der Forza-Reihe dar. Hier wird der Aufbau der eigenen Autosammlung allerdings erstmals stärker als eigenes Spielelement hervorgehoben und entsprechend eingebunden. Die mehr als 600 Modelle werden hier in die Bereiche gewöhnlich, selten, sehr selten, außergewöhnlich und legendär aufgeteilt. Jedes von ihnen besitzt darüber hinaus einen eigenen Punktewert, mit dem man in Addition die bis zu fünf Fuhrparkstufen freischalten kann. Im Gegensatz zu früher darf man hier manche Modelle erst erwerben, wenn man eine bestimmte Stufe seiner Sammlung erreicht hat. Das dürfte nicht jedem schmecken – vor allem, wenn das begehrte Lieblingsmodell erst durch Käufe anderer Fahrzeuge oder Gewinne mühsam freigeschaltet werden muss. Mir gefällt dagegen der neue Ansatz, weil er dem Sammeln etwas mehr Sinn verleiht und darüber hinaus einen zusätzlichen Motivationsfaktor darstellt. Da man relativ schnell in den Fuhrparkstufen aufsteigt, kann ich auch problemlos die Geduld aufbringen, bis ich mir manche Modelle in die Garage stellen darf. Zudem gibt es weiterhin die Möglichkeit, die meisten Fahrzeuge für eine kleine Spritztour im freien Spiel einfach zu mieten und auch die Händler haben eigentlich mehr als genug Modelle im Sortiment.

Eine Pest greift um sich

Einige Exemplare erhält man dagegen nur als Belohnungen innerhalb der Karriere, bei einem Besuch beim Fachhändler mit zeitlich limitierten Angeboten oder aber in Preiskisten. Ja, richtig gelesen: Auch bei Forza Motorsport sieht man sich genötigt, diesen widerlichen Trend aufzugreifen und ihm darüber hinaus noch eine zentrale Rolle zukommen zu lassen. Denn neben Autos und Outfits für seinen wahlweise männlichen oder weiblichen Racing-Avatar beinhalten die Kisten auch die Mods, die man bereits aus dem Vorgänger kennt. Mit ihnen erhöht man z.B. den Anspruch oder verschafft sich Vorteile wie eine bessere Startposition oder eine erhöhte Bodenhaftung. Bis zu drei Mods dürfen vor jedem Rennen parallel ausgerüstet werden. Viele von ihnen sind allerdings nur begrenzt, mitunter sogar nur einmalig einsetzbar.

Und wieder ein schicker Neuzugang für die Sammlung.
Aber warum sollte man das überhaupt tun? Der besondere Anreiz in der Verwendung von Mods liegt in den großzügigen Preisboni, wenn man die jeweiligen Anforderungen erfolgreich meistert. Das war schon im Vorgänger der Fall. Dort konnte man die Preisgelder allerdings auch durch den Verzicht auf Fahrhilfen nach oben schrauben – ein Faktor, der hier komplett gestrichen wird. Zusammen mit der Beschränkung der VIP-Boni ist man hier also viel stärker auf den Einsatz von Mods angewiesen, wenn man sein Credits-Konto schnell füllen möchte. Dummerweise muss man die eingefahrenen Gewinne aber schnell wieder in die Anschaffung neuer Preiskisten investieren, deren Preisgestaltung mitunter ziemlich happig ausfällt. Es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, bis Microsoft und Turn 10 wieder optionale Mikrotransaktionen einführen, mit denen man sein Guthaben mit echtem Geld aufpeppen oder die Kisten sofort gegen Abbuchungen von der Kreditkarte kaufen kann. Konnte man im Vorgänger die Mod-Mechanik noch weitestgehend ignorieren, wird man hier fast schon dazu genötigt, sich mit den Preiskisten auseinanderzusetzen. Schon auf der Startseite des Hauptmenüs wurde ein Platz für den Kisten-Shop reserviert. Für mich gehen die Entwickler hier einen Schritt zu weit: Zum einen sollen „Beutekisten“ dort bleiben, wo sie hingehören – zu Diablo & Co oder irgendwelchen Free-to-play-Geschichten auf Smartphones. Aber ganz sicher nicht in ein Rennspiel, das sich auch noch einen simulativen Anspruch auf die Fahnen schreibt! Zum anderen ist es widerlich, wie stark das Spieldesign aufgrund der bewussten Veränderungen an der Ökonomie auf die Anschaffung der Kisten und Mods zugeschnitten wurde. Bekommt man bestimmte Fahrzeuge und Outfits etwa nur noch, wenn man sich auf diesen Unsinn einlässt? Ich will es nicht hoffen, kann es aber auch nicht ausschließen. Was kommt als nächstes? Tuningteile in Zufallskisten?

Keine Geldprobleme

Immerhin wird man nicht dazu gezwungen: Zwar füllt sich das Konto ohne Mod-Unterstützung deutlich langsamer, aber es gibt dennoch Möglichkeiten, seine Einnahmen zu verbessern. So sorgt die Erhöhung der KI-Stufe weiterhin für Auszahlungsboni und auch für regelmäßige Besuche des ForzaHubs bekommt man zwischendurch eine ordentliche Summe an Credits gutgeschrieben. Außerdem kann man viel sparen, indem man dem Kauf der Preiskisten einfach widersteht. Geldprobleme hat man eigentlich kaum bzw. höchstens zu Beginn: Zum einen verdient man auch bei der Teilnahme an freien Rennen und zum anderen bekommt man bei jedem Rangaufstieg die Wahl zwischen einer Finanzspritze, einem neuen Wagen oder einem weiteren Outfit, wobei man sich angesichts der attraktiven Angeboten und dem Fortschritt für die Fuhrparkstufe vornehmlich für den Boliden entscheiden sollte. Hinzu kommt, dass man erworbene Fahrzeuge auch wieder als Gebrauchtwagen verkaufen und dadurch ebenfalls Einnahmen verbuchen kann. Nicht zu vergessen, dass ja auch noch das Auktionshaus nachgereicht werden soll. Die Art und Weise, wie Microsoft und Turn 10 die Käufer mit den eingeschränkten VIP-Boni hinters Licht geführt haben, ist zwar nicht die feine Art. Ich für meinen Teil habe die zusätzlichen Credits-Einnahmen allerdings nicht vermisst und hatte recht schnell wieder das Gefühl, fast schon zu großzügig mit Preisgeldern und anderen

Motorisierte Zeitreise gefällig?
Belohnungen zugeschüttet zu werden. So kommen Forza-Veteranan z.B. in den Genuss von Treue-Boni und bekommen u.a. Fahrzeuge sowie Outfits geschenkt.

Der Forza Driver's Cup

Reale Rennserien wie die DTM oder den Porsche Cup findet man hier zwar nicht, doch hat man mit der neuen Karriere rund um den Forza Driver's Cup eine eigene Meisterschaft aus dem Boden gestampft. Diese besteht aus völlig unterschiedlichen Serien sowie Herausforderungen, darunter Anfänger-Cups in Hot Hatches, Duelle in Tourenwagen oder Renn-Trucks sowie ausgefallenen Aktionen wie dem Auto-Bowling oder Hütchen-Parcours und auch Langstreckenrennen sind mit an Bord. Als Spieler genießt man die freie Auswahl, mit welcher Serie man die nötigen Punkte für das Freischalten der insgesamt sechs Meisterschafts-Säulen einfahren will. Dadurch unterscheidet sich der Ansatz zwar nicht großartig von den Vorgängern, doch hat man den Modus hier ordentlich verpackt und erfreulich abwechslungsreich sowie motivierend gestaltet. Hinzu kommt, dass man jetzt erstmals die Länge der Karriere-Rennen jederzeit zwischen drei vorgegebenen Varianten anpassen darf – Optionen für komplette Rennwochenenden mit Qualifikation sucht man aber weiter vergeblich, doch darf man im Vorfeld zumindest Testfahrten absolvieren. Schön, dass man im Rahmen der Karriere die enorme Vielfalt des Motorsports erleben und genießen darf. Schade dagegen, dass die Hersteller-Affinität keine Rolle mehr spielt und die Beschränkungen für die jeweiligen Rennserien die Freiheiten beim Tuning und der Wagenauswahl beschneiden. Immerhin kann man schnell zwischen Serienausstattung und der homologisierten Leistung durch Upgrades umschalten. Dadurch rückt aber auch der Aspekt, sich selbst mit dem Tuning oder Setups zu beschäftigen, immer mehr in den Hintergrund.

Magerer Rivalen-Modus

Dynamische Tageszeiten gibt es zwar nicht, aber auch bei Nacht darf man auf die Pisten.
Tatsächlich spielen beide Faktoren primär im Rivalen-Modus eine Rolle, in dem man für Plätze auf der Bestenliste gegen die Zeiten und Geisterwagen anderer Spieler antritt. Wie in der Vergangenheit werden dabei saubere Runden höher bewertet als schnellere Zeiten, die mit Fehlern oder gar Abkürzungen aufgestellt wurden – schön! Aber wo sind denn all die Auswahlmöglichkeiten hin? Im Vorgänger konnte man sich noch in jedem beliebigen Wagen in jeder beliebigen Klasse auf jeder beliebigen Stecke den Duellen im Rivalen-Modus stellen. Hier wird dagegen nur noch eine magere Anzahl an vorgegebenen Veranstaltungen geboten, in denen neben den Strecken sogar die Fahrzeuge vorgegeben werden. Auf der einen Seite ist es toll, dass dadurch alle Teilnehmer unter den gleichen Grundvoraussetzungen um die Bestzeit kämpfen und die fehlenden Zehntel und Hundertstel vielleicht mit Hilfe eines guten Setups herausholen müssen. Auf der anderen Seite möchte ich mich aber wie bisher im Boliden meiner Wahl und mit meinem bevorzugten Tuning mit anderen Rivalen messen. Das ist hier jedoch nur noch über Umwege möglich: Da im Rivalen-Modus die entsprechenden Vorlagen fehlen, muss man notgedrungen im freien Spiel die gewünschte Veranstaltung aufsetzen und dabei die Anzahl der KI-Fahrer auf null setzen. Was hat man sich bei Turn 10 bloß dabei gedacht, den Rivalen-Modus derart zu kastrieren?

Regen und Sonnenschein, Licht und Schatten

Gab es im Vorgänger lediglich vorgefertigte Witterungs-Szenarien hat Turn 10 jetzt endlich ein dynamisches Wettersystem realisiert, bei dem man auf ausgewählten Strecken z.B. sein Rennen unter trockenen Bedingungen beginnt und sich bei einsetzendem Regen zunehmend Pfützen auf dem Asphalt bilden, mit denen die Gefahr für Aquaplaning steigt. Im freien Spiel darf man auch selbst Wettergott spielen und für Anfang, Mitte und Ende des Rennens die Konditionen festlegen. Dabei genießt man zwar keine so große Auswahl wie bei Project Cars und muss neben schneebedeckten Pisten sowie verschiedenen Jahreszeiten auch auf den Zeitraffer verzichten. Dennoch stellt das erweiterte Wettersystem definitiv einen willkommenen Fortschritt gegenüber dem Vorgänger dar. Allerdings stehen manche Witterungsbedingungen nur auf ausgewählten und nicht allen Schauplätzen zur Verfügung.

Großartige Streckenauswahl & überragende Technik

Von diesem kleinen Manko abgesehen überzeugt man erneut mit einer gelungenen und abwechslungsreichen Streckenauswahl, die von lizenzierten Klassikern wie der Nordschleife, Monza oder Spa bis hin zu attraktiven Stadtrundfahrten durch Prag oder sogar bis in die Berner Alpen reicht und von attraktiven Neuzugängen wie einem Abstecher nach Dubai ergänzt wird. Wie gewohnt finden sich bei den meisten Pisten zudem mehrere verschiedene Layouts, die zusätzlich für Abwechslung sorgen.

Die Streckenauswahl kann sich sehen lassen. Auf den meisten Kursen gibt es neuerdings auch ein dynamisches Wettersystem.
Und nicht nur das: Wie nicht anders zu erwarten, wird auch das Auge nicht nur angesichts der aufwändig gestalteten Wagenmodelle, sondern auch aufgrund der prächtigen Kulisse verwöhnt. Forza 7 sieht einfach unfassbar gut aus! Zwar fallen erneut Schwächen bei der Kantenglättung auf, doch was Beleuchtung und Details angeht, zählt Forza ohne Zweifel zu den schönsten Rennspielen überhaupt. Selbst bei den von Natur aus eher sterilen Rennstrecken wird alles versucht, um ihnen Leben einzuhauchen – sei es durch rieselnde Blätter oder einen kleinen Vogelschwarm am Himmel. Auch im Cockpit erkennt man diese Liebe zum Detail, wenn etwa die Scheibenwischer bei zunehmendem Fahrtwind wackeln oder andere Objekte im Innenraum von den physikalischen Kräften und Bodenwellen beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Photogrammetrie kommt man den realen Vorbildern zudem wieder ein Stückchen näher. Schaut man sich z.B. Details wie die Felswände der neuen Dubai-Strecke oder manche Momente aus den speicherbaren Wiederholungen an, könnte man die Szenen aus dem Spiel im ersten Moment für eine TV-Übertragung halten. Ein Eindruck, der sich auf der Xbox One X angesichts der höheren Auflösung und zusätzlichen Details noch weiter verstärken dürfte. Trotz der gebotenen Pracht und bis zu 24 Fahrzeugen auf der Strecke liefert die potente Engine ein überwiegend flüssiges Rennerlebnis. Nur wenn auf dem Bildschirm bei starkem Regen zu viel los ist, spürt man, dass die angestrebten 60 Bilder pro Sekunde nicht immer ganz aufrecht gehalten werden können. Trotzdem ist die Performance damit immer noch konstanter und sauberer als bei der One-Version von Project Cars 2, wo sich allerdings auch deutlich mehr Wagen auf den Strecken tummeln. Eine Gemeinsamkeit mit der Simulation von den Slighly Mad Studios teilt man sich dagegen bei den langen Ladezeiten vor jedem Rennen obwohl man auch hier die Warterei mit dem Vornehmen weiterer Einstellungen überbrücken kann.

Peinliche Boxenstopps

Die Modelle von Porsche werden nicht länger in einen separaten DLC ausgelagert, sondern sind von Anfang an verfügbar.
Die Boxenstopps sind leider immer noch ein schlechter Witz: Auch nach mehr als zehn Jahren schafft man es bei Turn 10 immer noch nicht, die Besuche bei den Mechanikern ordentlich zu inszenieren oder sinnvoll ins Renngeschehen zu integrieren. So vermisst man weiterhin eine animierte Crew oder Optionen, um den Boxenstopp zu gestalten und den Rennen damit eine taktische Komponente zu verleihen, wie man sie u.a. bei F1 2017 oder Project Cars findet, wo man sich eine Strategie zurechtlegen und mitunter sogar Vorlagen erstellen kann, in denen von der Menge an Benzin beim Nachtanken über den gewünschten Reifentyp beim Wechsel bis Reparaturaufträgen alles festgelegt werden kann. Und hier? Nichts dergleichen! Es besteht nicht einmal Kontakt zur Box oder überhaupt ein Funkverkehr. Man fährt einfach in die Boxengasse und alles weitere läuft komplett automatisiert ab. Dabei wird selbst eine Runde vor Rennende der Wagen wieder komplett aufgetankt und man selbst bei einsetzendem Regen keine Wahl, welche Pneus aufgezogen werden sollen. Ob es hier überhaupt Regenreifen gibt? Wohl eher nicht, denn beim Tuning stehen erneut nur Reifenmischungen für Straße, Sport und Rennen zur Verfügung. Insgesamt also wieder eine mehr als enttäuschende Vorstellung, was das Thema Boxenstopps angeht. Immerhin dürfen sie jetzt optional durch einen verpflichtenden Besuch bei seinen Mechanikern stärker eingebunden will. Ob man das angesichts der unterirdischen Umsetzung allerdings will, ist eine ganz andere Frage...

Keine 24-Stunden-Rennen

Bei den Tageszeiten bleibt alles beim Alten: Zwar hat man oft die Wahl zwischen Tag- und Nachrennen, doch gibt es immer noch keinen kompletten Zyklus mit dynamischen Übergängen, wie man ihn z.B. bei einem 24-Stunden-Rennen erleben würde. Hier ist Project Cars 2 mit seinen manuellen Startzeiten, dem kompletten Zyklus und optionaler Zeitraffer-Beschleunigung ebenfalls wieder ein gutes Stück voraus. Es ist mir ein Rätsel, warum man den Tag-/Nachtwechsel hier nicht realisiert – vor allem, weil die Horizon-Ableger das Feature bereits ordentlich umgesetzt haben.

Zu viel Spieler, zu wenig Rennfahrer

Mit der Drivatar-KI setzt Turn 10 seit Forza Motorsport 5 auf eine innovative Technologie, die ihren Anfang tatsächlich schon im Jahr 2005 beim ersten Forza Motorsport auf der ursprünglichen Xbox nahm. Die Idee dahinter: Anstatt eine KI traditionell zu programmieren, sollten sich die lernfähigen Drivatare das Verhalten der Spieler und deren individuellen Fahrstil aneignen. Tatsächlich bin ich von dem Konzept immer noch beeindruckt. Allerdings hat sich in den letzten Jahren immer stärker herauskristallisiert, dass es in der Theorie vielleicht super sein mag, in der Praxis aber leider nicht so funktioniert wie erhofft.

Die KI der Drivatare lässt zu wünschen übrig.
Das grundlegende Problem: Die Drivatare verhalten sich wie Spieler und erfüllen damit ihren Zweck. Allerdings verhalten sich die Spieler in den seltensten Fällen wie Rennfahrer.

Selbst auf der höchsten von acht KI-Stufen kratzt man sich angesichts manch seltsamer Bremspunkte mitten in einer Vollgas-Kurve verwundert am Kopf oder muss ihn schütteln, wenn fast jedes Überholmanöver von einem Kontakt begleitet wird – und das selbst dann, wenn man die Aggressivität der KI in den Optionen extra reduziert hat. Steckt da mittlerweile vielleicht zu sehr die DNA von Forza Horizon in ihnen drin, wo es bekanntlich arcadiger und damit kontaktfreudiger zugeht? Jedenfalls scheinen mich die Drivatare als Spieler oft überhaupt nicht wahrzunehmen und gar kein Bewusstsein dafür zu haben, was in ihrem Umfeld geschieht! Die Vermutungen werden durch die Erlebnisse nach mehreren „Crash-Tests“ verstärkt: Stellt man seinen Wagen gut sichtbar auf einer langen Geraden ab (z.B. Start/Ziel in Monza) muss man anschließend schockiert beobachten, wie die Crash-Piloten in der nächsten Runde voll in das Fahrzeug hinein brettern anstatt rechtzeitig auszuweichen oder zumindest aufs Bremspedal zu steigen. Da bleibt nur ein Urteil: durchgefallen! Außerdem wird eine merkwürdige Passivität zutage gefördert, wenn man die Verfolger bewusst in ein Positionsduell verwickeln will: Selbst auf der höchsten Stufe fehlt ihnen oft der Mut, überhaupt erst eine Attacke auf den Vordermann zu starten. Erst bei höherem Tempo und dem Ausnutzen des Windschattens kommt hin und wieder doch noch richtiges Renn-Feeling auf. Im Kampf untereinander offenbaren die KI-Fahrer allerdings ebenfalls Schwächen – vor allem beim Start. Zwar kommt es hier nicht zu Massenkarambolagen im Stil von Project Cars 2, aber auch die Drivatare haben sichtbare Probleme, sich sauber und ohne Berührungen durch die ersten Kurven oder Schikanen zu quetschen. Stattdessen kommt es zu vielen Rempeleien und teilweise sogar Staus, durch die man viele Positionen gewinnen kann.

Schwankende Rundenzeiten

Außerdem ist uns bei gezielten Testfahrten aufgefallen, dass sich die Drivatare für ihre Rundenzeiten an der Leistung des Spielers orientieren. Mit anderen Worten: Ist man zügig unterwegs, macht die KI ebenfalls Gas. Liegt man zurück, wird dagegen mit angezogener Handbremse weitergefahren. Das ist zwar hier nicht ganz so auffällig und drastisch wie das Gummiband, das ich bisher bei Gran Turismo Sport erlebt habe. Aber es kratzt an der Glaubwürdigkeit, wenn die Rundenzeiten der KI auf der mittleren Stufe („Durchschnitt“) im gleichen Rennen unter gleichen Bedingungen (Sichwort: Neustart!) teilweise um zehn Sekunden variieren. Selbst auf der höchsten Stufe stellt man noch kleine Zeitunterschiede fest, die im Zusammenhang mit der Spielerleistung stehen. Auffällig zudem, dass die erste Runde meist auch die schnellste der KI markiert. Warum? Weil sie dem Spieler nicht auf und davon fahren will, sondern lieber das Tempo drosselt und auf ihn wartet. Ich konnte es manchmal kaum fassen, wie oft ich einen großen Rückstand gegen Ende noch aufholen konnte – und das nicht gegen durchschnittliche Drivatare, sondern sogar gegen Fahrer auf der „Unschlagbar-Stufe“. Doch das ist nicht immer so: Zumindest innerhalb der Karriere schwankt die KI-Leistung manchmal ungewöhnlich stark. Während ich in der ersten Truck-Race-Serie die Konkurrenz sehr deutlich auf allen Strecken mit einem Vorsprung von zehn und mehr Sekunden deklassierte, hatte ich gegen die gleichen Fahrer in den gleichen Trucks auf der Road America auch nach mehreren Anläufen plötzlich keine Chance auf den Sieg und musste mich mit dem zweiten oder dritten Platz begnügen.

Auf den Onlinepisten gehören saubere Rennen leider zu den absoluten Ausnahmen. Mangels Strafsystem und Sportgeist-Wertung endet der Positionskampf meist im Destruction Derby.
Vielleicht sollte man bei Turn 10 trotz der innovativen Technologie langsam darüber nachdenken, die Idee von lernfähigen Drivatare einzumotten und stattdessen lieber zur klassischen KI zurückzukehren. Nur so wird man dem Verhalten realer Rennpiloten wohl endlich wieder etwas näher zu kommen. Aber was will man auch anderes erwarten, wenn man sich das Verhalten der Vorbilder anschaut, die sich auf den Online-Pisten herum treiben?

Wie im Wilden Westen

Drei Rennen. Es hat tatsächlich nur drei Rennen gebraucht, bis sich all meine Befürchtungen hinsichtlich der katastrophalen Zustände bei den Online-Pisten bestätigt haben. Wo andere Hersteller mit einem Bewertungssystem zum Sportgeist es mittlerweile zumindest versuchen, die rempelwütigen Vollidioten und Spielverderber herauszusieben, lässt man sie hier weiter frei gewähren. Die Folge: Nahezu jedes Rennen endet in einem chaotischen Destruction Derby, in dem einfach nur abgedrängt, geschubst und sich gegenseitig abgeschossen wird! Jede Abkürzung, die unter realen Bedingungen umgehend eine Strafe nach sich ziehen würde, wird da mitgenommen, weil man absolut keine Konsequenzen befürchten muss. Der Mehrspielermodus von Forza 7 ist ein kompletter Totalschaden und hat nichts, aber rein gar nichts mit Motorsport zu tun. Wer online spannende, aber faire Rennen erleben möchte, der wird hier trotz der guten und erfreulich lagfreien Performance auf ganzer Linie enttäuscht. Da hilft es auch nicht, dass man den Störenfrieden über eine relativ versteckte Option eine negative Bewertung für ihr Verhalten verpassen kann: Der Frust ist da, das Rennerlebnis versaut! Nein, saubere Online-Rennen wird man unter den jetzigen

Der virtuelle Porsche 911 GT2 RS ist angesichts des zickigen Fahrverhaltens nicht unbedingt ein Aushängeschild für den Autobauer aus Zuffenhausen.
Umständen bei Forza wohl niemals erleben. Ob sich daran an dem Liga-Modus und dem Forzathon etwas ändern wird, wenn die Features demnächst nachgereicht werden? Ich bezweifle es, aber gebe die Hoffnung noch nicht ganz auf.

Einzig das Aufsetzen privater Lobbys oder lokale Duelle am geteilten Bildschirm können unter Umständen ein Trostpflaster sowie eine Alternative für den unterirdischen Online-Auftritt beim Matchmaking sein. Aber warum muss man erst zwingend einen Freund einladen, bevor man sich den Rahmenbedingungen für die private Veranstaltung widmen darf? Die Rennen am geteilten Bildschirm werden dagegen von einem blöden Bug vermiest, denn bei beiden Fahrzeugen fehlt der komplette Motorensound. Fällt so etwas im Team bzw. innerhalb der Qualitätssicherung denn niemandem auf? Zumindest am PC ist man fein raus: Dort wird die Splitscreen-Option erst gar nicht angeboten – warum auch immer.

Keine Regeln, keine Konsequenzen

Auch abseits der Online-Duelle macht sich das Fehlen eines Strafsystems oder Reglements negativ bemerkbar. Auch im Kampf gegen die KI lassen sich unfaire Abkürzungen mit Positionsgewinnen schamlos ausnutzen. Zwar wurde das Streckendesign in vielen Bereichen bereits angepasst und man versucht mit künstlichen Hindernissen, das Abkürzen zu verhindern. Trotzdem eröffnen sich immer noch mehr als genug Möglichkeiten, sich mit Fahrten abseits der Streckenbegrenzungen Vorteile zu verschaffen. So z.B. bei der berühmte Kurvenkombination Eau Rouge in Spa, durch die man quasi geradeaus fahren und dabei sogar ungestraft die Konkurrenten überholen darf. Wer sich aggressiv durch das Fahrerfeld poltert und rempelt oder den Vordermann sogar gezielt abschießt, hat ebenfalls nichts zu befürchten: Die Renn-Stewards glänzen entweder mit Abwesenheit oder sind auf beiden Augen blind.

Schaden als Lernmittel

Mal wieder typisch: Am Ring herrscht Regenwetter!
Das einzige Mittel, den Rambo-Mentalitäten zumindest halbwegs entgegenzuwirken, liegt im Schadensmodell: Dieses lässt sich von einer rein visuellen zu einer vollwertigen Variante steigern, bei der sich heftige Berührungen mit Begrenzungen, Fahrzeugen oder anderen Hindernissen nicht nur durch Kratzer und Beulen, sondern auch Auswirkungen auf die Fahrphysik bemerkbar machen. Leider hat sich im Vergleich zum Vorgänger nicht viel getan, denn die Crash-Folgen scheinen immer noch von einem Zufallsgenerator ausgelost zu werden und die Karosserie bleibt selbst nach harten Einschlägen meist in einem überraschend guten Zustand. Trotzdem dürfte das volle Schadensmodell seinen Beitrag leisten, dass auf der Piste etwas bedachter zu Werke geht. Blöd nur, dass das Schadensmodell in den meisten Online-Veranstaltungen entweder optional oder gleich deaktiviert ist. Damit bleibt ein gutes Mittel leider ungenutzt, um vielleicht wenigstens ein paar dieser Rowdy-Deppen zur Vernunft zu bringen. Was bringt es, wenn ich mit dem kompletten Schadensmodell fahre und alle anderen darauf verzichten? Richtig: Der Frust wird noch größer, weil nur die eigene Karre nach einer weiteren Kamikaze-Aktion zu Schrott gefahren wird.

Eine Frage der Einstellung

Kurios ist, dass sich Schadensmodell, Reifenverschleiß und Benzinverbrauch weiterhin nicht getrennt, sondern nur zusammen anpassen lassen – muss man nicht verstehen. Im Audiobereich gibt man dem Spieler jetzt dafür umso mehr Möglichkeiten, indem man die separate Anpassung der Lautstärke für gegnerische Fahrzeuge, Kollisionen, Strecke und Reifen erlaubt. Die Musik schaltet man am besten ganz aus: Zum einen kommen dadurch die überwiegend hervorragenden Motorklänge besser zur Geltung. Zum anderen ist der neue Musikstil mit Tendenz zu rockigen Arrangements gewöhnungsbedürftig. In der Cockpit-Ansicht hat man jetzt außerdem die Wahl zwischen drei Stufen, wie intensiv die Karosseriebewegungen dargestellt werden sollen. Vorsicht: In der Standard-Einstellung „Simulation“ kann es unter Umständen zu Beschwerden kommen. Ich bin

Alternativ zur detaillierten Cockpit-Ansicht gibt es jetzt auch eine Dash-Cam, die einen besseren Überblick ermöglicht. Die Bewegungen der Karosserie sollte man dagegen besser in den Optionen deaktivieren.
eigentlich relativ hart im Nehmen und auch ein DiRT Rally in VR kann ich gut vertragen. Hier habe ich mich dagegen durch das ganze Gewackel so unwohl gefühlt, dass ich gezielt nach einer Option zum Umstellen gesucht und sie zum Glück auch gefunden habe.

Mit der neuen Armaturenbrett-Ansicht (Dash-Cam) bietet man jetzt außerdem eine schöne Alternative zur klassischen Cockpit-Perspektive. Sie blendet das Lenkrad aus und rückt den Blick deutlich näher an die Windschutzscheibe heran, was eine bessere Sicht auf die Strecke und Umgebung ermöglicht. Noch besser wäre es allerdings gewesen, wenn man die Sitzposition und das Blickfeld komplett frei anpassen dürfte. Solche Optionen, die sich mittlerweile sogar bei Rennspielen auf Konsolen langsam als Standard etablieren, sucht man hier leider immer noch vergeblich. Abseits der Auswahl an Innen-Perspektiven, zu denen auch eine Motorhauben- und Stoßstangenkamera zählt, werden auch zwei Außenansichten geboten, in denen die kernigen Motorenklänge und Fehlzündungen besonders gut zur Geltung kommen. Ist man in einem Renn-Truck unterwegs, sollte man allerdings besser davon absehen, auf die nähere Außenkamera umzuschalten, da das große Gefährt komplett die Sicht nach vorne versperrt und man ebenso gut mit verschlossenen Augen sein Glück versuchen könnte.

Fazit

Forza Motorsport überzeugt auch bei seinem siebten Auftritt mit bewährten Qualitäten: Abgesehen von ein paar störrischen Modellen bin ich von der Fahrphysik immer noch sehr angetan und was Technik, Fuhrpark, Streckenauswahl sowie das Gesamtpaket mit Design-Editor, umfangreicher Karriere, Tuning- und Setup-Optionen angeht, fahren Turn 10 und Microsoft weiterhin ganz vorne mit. In anderen Bereichen herrscht dagegen ein erschreckender Stillstand: Komplette Rennwochenenden inklusive Qualifikation und ordentlich inszenierte Boxenstopps mit taktischen Optionen sucht man hier genauso vergeblich wie ein visuell beeindruckendes Schadensmodell oder ein Strafsystem. Letzteres wäre vor allem bei den frustrierenden Ausflügen auf die Online-Pisten bitter nötig, in denen rücksichtslose Vollidioten nahezu jedes Rennen in ein Destruction Derby verwandeln, ohne dabei Konsequenzen befürchten zu müssen. Forza braucht dringend ein System nach dem Vorbild von iRacing oder GT Sport, das faire Fahrer beim Matchmaking zusammenbringt und gleichzeitig die Chaoten aussortiert. Doch auch die lernfähige KI rund um die Drivatare lässt zunehmend zu wünschen übrig und weist immer weniger Gemeinsamkeiten mit dem Verhalten realer Rennfahrer auf. Durch die Veränderungen an der Spiel-Ökonomie ist mir die Karriere außerdem viel zu stark auf den Kauf von Preiskisten und den darin enthaltenen Mods ausgerichtet. Schade, denn eigentlich punktet der Forza Driver's Cup mit viel Abwechslung und motiviert mich deutlich mehr als z.B. das langweilige Gegenstück aus Project Cars 2. Technisch fährt man der Konkurrenz auf der Xbox One ohnehin auf und davon: Forza ist auf der Konsole grafisch das beeindruckendste Rennspiel und auch beim Umfang kann ihm niemand das Wasser reichen. Dabei fehlen sogar noch Inhalte wie das Auktionshaus, der Liga-Modus und Forzathon-Wettbewerbe. Daher wird man trotz des beeindruckenden Pakets zusammen mit den Einschnitten beim Rivalen- sowie ForzaVista-Modus das Gefühl nicht los, dass das Spiel etwas übereilt veröffentlicht wurde. Warum hat man nicht einfach bis zum Start der Xbox One X im November gewartet? Wie gesagt: Die Serie hat immer noch ihre unbestreitbaren Qualitäten, stellt in manchen Bereichen sogar weiterhin die Referenz dar und macht beim Blick auf Features wie Wettersystem sogar noch Fortschritte. Unterm Strich werden andere Rennsimulationen der Bezeichnung Motorsport aber mittlerweile deutlich mehr gerecht als Forza, das durch seinen Stillstand in manchen und mitunter zentralen Bereichen zunehmend den Anschluss verpasst. Für einen Award reicht es so nicht mehr.

Pro

überwiegend hervorragendes Fahrgefühl...
sehr gute Controller- und Lenkrad-Steuerung
ansprechende und umfangreiche Streckenauswahl
riesiger Fuhrpark mit attraktiven Modellen
aufwändig modellierte Boliden und Cockpits
motivierende und abwechslungsreiche Karriere
dynamisches Wettersystem mit planbaren Skripts
gewaltige Auswahl an Tuning-Upgrades
umfangreiche Setup-Optionen
optionale Fahrhilfen und Rückspulfunktion
(optionaler) Reifenverschleiß und Benzinverbrauch
Schadensmodell mit visuellen und mechanischen Auswirkungen
satte Motorenklänge
gute Auswahl an Kameransichten (inkl. Cockpit & neuer Dash-Cam)
motivierender Aufbau einer Fahrzeugsammlung
überwiegend flüssige Darstellung
wunderschöne und detailverliebte Kulisse mit großartigen Wetter- und Lichteffekten
Länge von Karriere-Rennen darf variiert werden
Tag- und Nachtrennen
Erkundung aller Fahrzeuge in ForzaVista
Rivalenmodus für asynchrone Duelle beim Zeitfahren
optionale Mod-Mechanik lädt zum Experimentieren ein
umfangreicher Design-Editor mit zahlreichen Vorlagen und Mustern
Designs aus anderen Forza-Spielen (ab FM5) lassen sich importieren
optionale Echtzeit-Telemetrie
erweiterte Force-Feedback-Einstellungen
Autos lassen sich wieder gegen Credits verkaufen
meist faires Ökosystem (in Kombination mit ForzaHub)
überwiegend lagfreie Online-Rennen
Bestenlisten mit vielen Details und Filtern
Fotomodus
nette Boni für Serien-Veteranen
tolle Community-Funktionen
eingestreute O-Töne echter Rennfahrer oder Ingenieure
speicherbare Wiederholungen
Rennen am geteilten Bildschirm möglich (Xbox One)

Kontra

...aber viele Fahrzeuge tendieren einen Tick zu stark zum Übersteuern
unaufmerksame Rempel-KI (Drivatare)
kein Straf
oder Flaggensystem gegen Abkürzungen und Rammattacken
kein klassisches Rennwochenende inkl. Qualifying möglich
KI-Zeiten passen sich den Leistungen des Spielers an
zu großer Fokus auf völlig deplatzierte, nervige und überteuerte Preiskisten (Loot Boxes)
chaotische und komplett spaßbefreite Online-Rennen
keine animierte Boxen-Crew
Wetteroptionen und verschiedene Tageszeiten nur auf ausgewählten Strecken
inkonsequentes und visuell enttäuschendes Schadensmodell
Sitzposition und Blickfeld lässt sich nicht frei anpassen
mitunter starkes Kantenflimmern
fehlende Werkseinstellung bei Fahrhilfen je nach Rennserie
Reifenverschleiß und Benzin spielen in der Praxis kaum keine Rolle
Credits-Boni nur noch bei Verwendung von Mods, nicht mehr für reduzierte Fahrhilfen
fehlende Splitscreen-Option (PC)
lange Ladezeiten
keine Erstellung von eigenen Meisterschaften möglich
keine Autoclubs
keine freie Tastenbelegung, daher Einschränkungen mit Lenkrad
enorm eingeschränkte Strecken
und Klassenauswahl im Rivalen-Modus
Force Feedback lässt Details vermissen
leichte Bildraten-Einbußen bei Regen
schwacher Soundtrack
Reifenverschleiß, Benzinverbrauch und Schadensmodell lassen sich nur zusammen einstellen
keine Strategieoptionen / Vorlagen bei Boxenstopps
abgespecktes ForzaVista (keine Hintergrundinfos mehr zu Marken und Fahrzeugen)
Features wie Ligen, Forzathon und Aktionshaus werden erst nachgereicht
nahe Außenkamera bei Trucks komplett unbrauchbar
kein Server-Browser (online), nur Matchmaking
Erstellung einer privaten Lobby erst nach Freund-Einladung möglich
Sound-Bug in Splitscreen-Rennen
Mauszeiger wird nicht ausgeblendet (PC)

Wertung

XboxOne

Forza vermittelt immer noch ein traumhaftes Fahrgefühl und begeistert mit Umfang und Technik. Die starke Einbindung von Preiskisten und Mods zerstört zusammen mit der schlechten KI und dem fehlenden Strafsystem aber den Motorsport-Anspruch.

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