FIFA 1804.10.2017, Jörg Luibl
FIFA 18

Im Test: Tempomaschinen

Electronic Arts baut das erfolgreichste Fußballspiel der Welt weiter aus: In FIFA 18 (ab 4,41€ bei kaufen) feiern DFB-Pokal sowie die dritte deutsche Liga ihre Premiere. Damit steigt die Anzahl der Teams auf mehr als 700 in über 30 Ligen. Nebenbei wird das filmisch inszenierte Profileben des Alex Hunter fortgesetzt, es gibt interaktive Transferverhandlungen in den Karrieremodi, Ultimate Team wird um Legenden erweitert und zum ersten Mal darf auch auf Switch gekickt werden. Uns interessiert vor allem, ob der Ball endlich wieder hitverdächtig rollt. Mehr dazu im Test!

Eine Frage der Physik

Nein, der Ball rollt nicht viel besser. Wie schon im letzten Jahr gibt es immer noch einige Defizite, die sich bei den teilweise unrealistisch hohen sowie harmlosen Flanken, aber auch bei abgefälschten Bällen sowie Torabschlüssen aus der Distanz zeigen. Wenn ich nach einem Ballgewinn über außen vorstürme und aus dem Halbfeld flanke, oder wenn ich zur Grundlinie durchbreche und flach passen will, ist das Ergebnis über die normalen Flanken selbst mit viel Platz und Zeit für die Hereingabe meist zu lasch. Es ist nicht so, dass man auf diese Art gar keine Tore über Kopfbälle oder aus kurzer Distanz erzielen kann, aber es fühlt sich einfach nicht gefährlich genug an. Erst wenn ich die Flanke mit der Schultertaste modifiziere, eine neue Mechanik, bekommt sie endlich mehr Schmackes. So entstehen heiklere Situationen, weil man die Bälle besser hinter die Abwehr ziehen kann -  aber selbst da fehlt mir oft die gefährliche Linie und weitere Varianz, was frühere und flachere Zuspiele betrifft.

Tempodribblings und spektakuläre Tore: FIFA 18 spielt sich flotter und arcadiger.
Hinzu kommt, dass die hohen Zuspiele in die Tiefe oder die Abschläge des Torwarts teilweise seltsam steile Flugbahnen zeigen, so dass der Ball ewig in der Luft zu segeln scheint; selbst über ein paar Meter sieht man unrealistische "Kerzen". Immer noch hört sich die Pille beim Vollspann aus der zweiten Reihe übrigens an wie ein Wasserball, immer noch rollt sie nach Pressschlägen oder bei Abprallern zu oft viel zu lange weiter, so als sei der Platz abschüssig. Und wenn selbst gewöhnliche Spieler eine mit voller Wucht geschlagene halbhohe Flanke butterweich annehmen können, als würde der Ball gleich am Fuß verschmelzen, sieht das seltsam aus. Auch im zweiten Jahr mit Frostbite herrscht in diesem wichtigen Bereich der Spielmechanik weitgehend Stillstand. Wann kriegt EA Sports die Ballphysik als Marktführer mal so hin, dass man beim Kicken wieder "Wow!" sagt? Man hat nicht das Gefühl, dass hier viel Entwicklungspotenzial investiert wird. Trotzdem fühlt sich FIFA 18 anders an - und zwar arcadiger. Das hat Vor- und Nachteile.

Eine Frage des Gefühls

Denn auch wenn das oben aufgrund der Flanken vielleicht so klang - es ist nicht so, dass in FIFA 18 Tempo oder Spektakel fehlen würden. Im Gegenteil: Das Mittelfeld kann man mit zwei, drei kurzen Ballzirkulationen überbrücken, dann flach in die Tiefe passen auf den schnellen Stürmer und ins Tor schlenzen! In keinem anderen FIFA der letzten drei Jahre konnte ich dieses

Einmal im Sprint, ist Aubameyang nicht mehr zu stoppen. Aber auch viele andere Stürmer ziehen schnell an den Verteidigern vorbei.
einfache Muster so oft wiederholen; sowohl gegen die KI auf Superstar-Niveau als auch gegen Kumpel oder vor allem online - die Mbappés, Lukakus und Aubameyangs sind, einmal im Sprint, kaum noch aufzuhalten, zumal die Offensivspieler ihre Laufwege besser suchen als letztes Jahr. Und es ist verdammt schwierig, die Defensive auf diese Antrittspower auszurichten, weil die taktischen Mittel ebenso begrenzt sind wie das defensive Verhalten der KI, die quasi immer eine Lücke lässt. Das ist ja auch nicht per se unrealistisch, aber in der Ausführung manchmal etwas zu simpel. Hinzu kommt, dass die Macht des Volleys und vor allem Schlenzers aus der zweiten Reihe zugenommen hat: Ich hab noch nie so viele Bälle per Direktabnahme im Strafraum oder aus achtzehn bis zwanzig Metern vom Strafraumeck in den Winkel gesetzt - oder Tore aus der Distanz geschluckt.

Auf dem Platz inszeniert FIFA 18 fast schon einen Arcade-Kick, dem die defensive Balance fehlt, wenn man mit allen aktivierten Hilfen loslegt - also in der Standardsteuerung, bei der nur die Flanken auf "Semi" stehen. Nur damit das klar ist: So spielen auch die "Profis" im eSport; die künftigen digitalen Olympioniken vom VfL Wolfsburg & Co zocken also nicht etwa auf "Manuell", wo Richtung und Knopfdruck in jeder Situation extrem viel Gefühl brauchen, damit man nicht auch mit dem FC Barcelona eine Fehlpassorgie feiert. Deshalb entsteht auf Standard ja ein temporeiches Hin und Her, das richtig Laune machen, aber auch ins Festival der simpel gestrickten Tore abrutschen kann. Zumal mir die individuellen Fähigkeiten der Spieler trotz der neuen Einteilung in kleine, mittlere und große Spieler sowohl in den angeblich komplett neuen "Frame-by-Frame-Animationen" als auch exklusiven Aktionen weiter zu kurz kommen. Denn es scheint fast egal, ob da im Mittelfeld ein Gündogan oder ein No-Name-Akteur den Takt angibt. Außerdem fühlen sich manche Übergänge von der Ballannahme zum Dribbling noch etwas schablonenhaft an. Immerhin bemerkt man gegen Ende einer Partie deutlicher die Müdigkeit, so dass auch einfache Pässe dann mal versacken, weil die Richtung nicht stimmt. Aber was macht FIFA 18 auf dem Platz besser als PES 2018? Und was ist wirklich neu?

Was ist wirklich neu?

 Spielmechanisch ist das mehrstufige Zweikampfverhalten wie schon letztes Jahr ausdrücklich zu loben, weil es nicht nur klasse aussieht, wenn man seinen Gegner abdrängt, am Trikot zieht oder rechtzeitig so einsteigt, dass man ihm den Ball abluchst - inklusive toll animierter Kollisionen! Man hat genug Manöver abseits des Pressings oder der Grätsche in Form des manuellen Abschirmens, des Eingreifens mitten im Lauf oder des extra harten Einsteigens. Hinzu kommt, dass man nicht nur aus dem defensiven Abschirmen heraus, sondern auch im vollen Tempo sehr elegant dribbeln kann - zwar mit den bekannten Manövern, aber deutlich effizienter und präziser als noch in FIFA 17, so dass sich regelrechte Slalomläufe mit Links-Rechts-Schwenks à la Dembélé abspulen lassen.

Bei den Ecken ist alles beim Alten; lediglich Elfer und Freistöße laufen etwas anders ab.
Ansonsten gibt es Neuerungen nur am Rande, wie etwa die schnellen Wechsel über R2. So kann man während des Spiels auf Knopfdruck vorher festgelegte Spieler tauschen, ohne ins Pausemenü gehen zu müssen - eine tolle Idee. Außerdem hat EA Sports die Elfmetermechanik so angepasst, dass sie jetzt etwas fehleranfälliger ist. Vor allem, wenn man den Ball hoch und damit sicher schießen will, verzieht man öfter über die Latte, weil es ein kleineres Zeitfenster für die Festlegung der Flugkurve gibt. Hinzu kommt eine neue Perspektive bei langen Freistößen, bei der man à la Ronaldo auch diverse Pfauenschritte nach hinten, links oder rechts vornehmen kann, um sich besser für Effet, Distanz & Co zu positionieren.

Und taktisch? Steht FIFA still. Dass man zig Formationen wählen und Verhalten für einzelne Spieler als auch das ganze Team für Aufbauspiel, Aggressivität & Co einstellen kann, kennt man alles schon. Aber all das wirkt sich nicht stark genug auf den Kick aus - vor allem nicht, was das Gegenpressing nach Ballverlust oder gezielte Spielverlagerungen betrifft. Zumal ich während einer Partie bis auf die allgemeine defensive oder offensive Ausrichtung keinerlei schnelle Eingriffe vornehmen kann; dazu muss man ins Menü. Dort  sollte man die kollektiven Regler von eins bis hundert für die manuellen Anweisungen mal durch klarere fußballtaktische Schablonen mit visuellen Beispielen ersetzen.

Der Status quo

Wenn man sich für einen Test vor allem auf die Änderungen und Neuerungen konzentriert, klingt das meist kritischer als es ist. Denn FIFA hat ja ein solides Niveau erreicht hat, weil vieles vom Flairpass über den Dropkick bis zum Kopfballaufsetzer

Der flache tödliche Pass in die Tiefe ist sehr häufig der Schlüssel zum Erfolg.
richtig gut aussieht - nur fühlt sich Pro Evolution Soccer 2018 hinsichtlich Spielaufbau und Ballphysik einfach besser an. Kurz zum Status quo für alle, die mal eine Pause gemacht haben: Die Fußballspiele von EA und Konami konnten uns auch letztes Jahr nicht in Awardeuphorie versetzen, aber sich immerhin leicht verbessern. Pro Evolution Soccer 2017 auf 82% und FIFA 17 auf 84%.  Auch wenn PES im Test sowie im direkten Fußballvergleich, den wir uns dieses Jahr aufgrund des noch deutlicheren Stillstandes sparen, knapp das Nachsehen hatte, blieb man im wichtigen spielmechanischen Bereich zehn Punkte vorne, zumal man auch taktisch sowie hinsichtlich der KI überlegen war.

Und da hat PES 2018 dieses Jahr nochmal etwas zugelegt, aber lediglich dezent und steht in anderen Bereichen still, so dass es erneut mit 82% bewertet wurde. Der PR-Slogan "The Pitch is Ours" von Konami hat im direkten Vergleich allerdings weiter seine Berechtigung. Wie gesagt: FIFA 18 muss sich nicht verstecken, zumal es das Spektakel etwas in den Vordergrund stellt. Die Unterschiede sind lange nicht mehr so klar wie anno dazumal, als PES 6 ein echtes Fußballspiel und FIFA ein interaktives Lizenzspiel war. Nur ist man spielmechanisch mal wieder unterlegen. Aber heutzutage besteht digitaler Sport auch aus anderen Bereichen als nur "Auf'm Platz": Präsentation, Karriere als Spieler und Trainer, Training mit fünfzehn neuen Skill-Übungen, Online-Features & Co.

Große Emotionen

Was EA Sports deutlich besser inszeniert als letztes Jahr: die Fans. Es ist schon klasse, wenn die Zuschauer bei Toren von der Tribüne an den Zaun stürmen, um ihren Stars zuzujubeln - so lebendig hat noch niemand die Euphorie in Stadien dargestellt. Hinzu kommen die Fans inklusive ihrer Fahnen und Trikots; es gibt darunter viele Charaktere, Frauen und Männer, von dick bis dünn. Und vor allem in der von FIFA am besten unterstützten Premier League erreicht die Inszenierung mit authentischen Einblendungen, tollen Kommentatoren und realistischen Stadien samt regionalen Merkmalen der Fanszene immer mehr TV-

Auch wenn FIFA 18 deutlich mehr Lizenzen hat, sehen die Profis nicht deutlich besser aus als in PES 2018.
Charakter, zumal auch die Profis der Top-Clubs aus Manchester, Chelsea, Arsenal & Co am besten aussehen und nur dort Trainer wie Mourinho, Klopp & Co an der Seitenlinie voll animiert auftreten - zumindest in einigen Zwischensequenzen.

Wer sich für die Bundesliga interessiert, muss da allerdings große Abstriche machen, was Wiedererkennungswerte sowohl bei den Fans als auch Profis angeht - vor allem, wenn man dem HSV, Frankfurt, Gladbach oder Köln nahe steht, kommen einem nicht wenige, teilweise immer noch zu wachsig wirkende und mit seltsamen Augen versehene, Profigesichter kaum bekannt vor; selbst so mancher Nationalspieler muss da Federn lassen. Und seitdem Konami exklusive Kooperationen eingeht, sehen nicht nur die Profis dort deutlich authentischer aus, was z.B. Liverpool oder Dortmund betrifft, es fehlen auch einige Stadien aus Italien oder wie etwa der Signal Iduna Park, der hier als "Waldstadion" nur nachempfunden wird. Ist angesichts der restlichen Lizenzmacht natürlich nicht tragisch.

Dritte Liga und DFB-Pokal

Und dafür feiern ja der DFB-Pokal sowie die 3. Liga ihre Premiere: Die offizielle Lizenz umfasst alle zwanzig Teams von

Aufstieg in die zweite Liga! Carl-Zeiss Jena hat es geschafft.
Sportfreunde Lotte über Rot-Weiss Erfurt bis Paderborn mit über 500 Spielern sowie den Heim- und Auswärtstrikots. Blöd nur, dass man im Karrieremodus als Drittligateam nicht auch am DFB-Pokal teilnimmt - ja, die Regeln sehen das so automatisch auch nicht vor, aber das sind doch gerade die Highlights für kleinere Clubs und da schlummert doch die ganze Dramaturgie von David gegen Goliath! Bei allem Lob für die Fankulisse muss man zudem festhalten: Es gibt immer mal wieder falsche Einblendungen und es fehlt die Dosierung auf Wettbewerbe sowie Ligen. Selbst in der dritten Liga ist immer volle Hütte mit gefühlter Pokalstimmung und kommentierten Weltklassetoren. Selbst Spiele in einem Vorbereitungsturnier zu Beginn einer normalen Saison werden abgefeiert wie Champions-League-Auftritte; da fehlt sowohl in der Trainer- als auch Spielerkarriere jegliche Balance der schrittweisen Euphorie.

Und auch wenn man die Regie sowie das Kommentatoren-Duo dafür loben muss, dass es die Modi zumindest unterschiedlich je nach Situation bespricht  - also auch Vorbereitungsturniere, dazu letzte Siege oder Niederlagen, Karrierestarts etc., und dass es im Gegensatz zur Konkurrenz bei PES zumindest mal Bezüge zu Derbys sowie Hintergrundinfos zur Clubhistorie gibt, ist das Beste immer noch, dass man Fuss und Buschmann stumm oder auf die englischen Kollegen stellen kann. Man nehme mal mit Aubameyang einen Ball an und warte auf "Buschis" seltsame Analyse zu seinem exzentrischen Lebenswandel...

Alex Hunter 2.0

Apropos Dramaturgie: Die nimmt bei Alex Hunter über sechs Kapitel nochmal Fahrt auf, denn zentrale Fragen wie Loyalität, Freundschaft, Leistungstiefs und auch der Transferwahnsinn stehen im Mittelpunkt, so dass man das Auf und Ab eines aufstrebenden Starts nacherleben kann. Letztes Jahr feierte diese filmisch inszenierte Karriere ihre Premiere, als Alex vom fußballverrückten Talent zum Profi avancierte. Und EA Sports bleibt am Ball, indem man nicht nur seine Frisur oder Tattoos, sondern sein Leben in entscheidenden Phasen verändern kann. Die Regie zeigt in einem Rückblick nochmal alle wichtigen Stationen und auch Konflikte, so dass man sich nach einem Jahr wieder gut in seine Situation hineinversetzen kann - was

Nicht nur Alex ist auf dem Platz spielbar, auch seine Schwester hat einiges drauf.
allerdings schade ist: die Karriere wird direkt fortgesetzt, ohne dass man dafür einen Spielstand bräuchte, so dass die Kontinuität künstlich aufgebrochen wird.

Man startet mit einem Club seiner Wahl in der Premier League, bringt als Profi also keinerlei fußballerisches Profil aus der Jugend bzw. dem Vorgänger mit - alles beginnt mit einem Streetball-Urlaubskick in Brasilien, danach geht es ins Trainingslager und zu einem ersten Turnier in die USA. Alex trifft alte Bekannte und auch seinen Rivalen Gareth. In Talkshows, Interviews sowie Dialogen kann man seinen Charakter meist über drei mögliche Antworten formen, wobei man sich jedoch nicht auf den Text konzentrieren muss, denn die Auswirkung hin zu einem coolen oder hitzigen Ergebnis ist sofort zu sehen. Zudem vermisst man an vielen Stellen auch subtile Einflussmöglichkeiten à la Life Is Strange, weil man Alex in einigen Situationen einfach anders spielen würde. Aber der Fokus der Regie lieget weiter auf dem aktiven Spielen, nicht wie bei Madden NFL18 eher auf den Entscheidungen - von denen wirken sich nur sehr wenige auf den Verlauf der Karriere aus, aber dann kann es starke Konsequenzen nach sich ziehen.

So sieht Erfolg aus: Aber Alex Hunter muss einige Tiefschläge auf dem Weg zur Spitze verkraften.
Sein fußballerisches Profil darf man von Beginn an neu formen: Das beginnt mit der Wahl der Position vom Verteidiger bis zum Stürmer und geht weiter über die Freischaltung von technischen und taktischen Fähigkeiten, so dass man seine Athletik oder Schusstechnik, seine  Dribblings oder Kopfballstärke verfeinern kann - alles ähnlich wie in einem Rollenspiel über Erfahrungspunkte und mit ausreichend Feedback sowie Statistiken versehen. Sehr schön ist, dass man sich seinen Weg zum Schlüsselspieler erarbeiten muss, dass man nebenbei viel über die Biografie der eigenen Familie erfährt und irgendwann quasi die Wahl hat, einem von drei leicht kriselnden Spitzenvereinen zu helfen.

Dabei wird man - unrealistischer Weise - sogar zu Transfers gefragt, so dass man sich den künftigen Sturmpartner quasi aussuchen kann: Lewandowski soll gehen, dafür Griezmann kommen? Ist möglich. So entsteht eine motivierende Mischung aus Training, Spiel und Story. Ersteres wurde deutlich aufgewertet, denn man tritt auch mal direkt gegen seinen prominenten Konkurrenten bei Übungen an. Für Abwechslung sorgt zudem ein Charakterwechsel, denn man darf auch mal mit Kumpel Danny als auch Alex' Schwester Fußball spielen.

Karriere ohne Regie

Als Spieler oder Trainer kann man auch eine normale Karriere starten, wobei Erstere qualitativ einfach so deutlich hinter jener von Alex rangiert, dass sich eigentlich nur der Managerjob als echte Alternative anbietet. Dort kann man entweder einen Spitzenclub oder auch einen Drittligisten übernehmen, wobei sich die kurz-, mittel- und langfristigen Ziele natürlich stark unterscheiden - der Vorstand beim BVB will zweistellige Millionenumsätze, Finalteilnahmen und möglichst die Meisterschaft, bei Carl Zeiss Jena kann neben dem Aufstieg eine starke Jugendförderung im Fokus stehen, bei der man z.B. zwanzig Spiele mit vier selbst gescouteten oder aus der eigenen Jugend integrierten Nachwuchshoffnungen absolvieren muss. Schade ist übrigens, dass das Budget nach einem Aufstieg aus der dritten Liga wieder zurückgesetzt wird: So kann man sich quasi nichts ersparen und die finanzielle Strategie wird für echte Managernaturen konterkariert.

Was muss ein echter Torjäger können? Abschließen!
Neu sind für alle Beteiligten die interaktiven Transferverhandlungen, bei denen sich Trainer und andere Manager oder Berater quasi auf der Couch treffen und kleine Multiple-Choice-Dialog führen. Das sieht zu Beginn noch ganz lebendig aus, wird aber immer auf dieselbe dröge Art inszeniert, bei der man auch kaum in die Tiefe gehen kann; letztlich wählt man nur ein ohnehin klares Thema wie den Transfer aus und schraubt dann an Zahlen, bevor das Gegenüber eher kalt oder zustimmend reagiert. Deshalb nutzt man auf lange Sicht den optionalen Automatismus - man kann alles auch delegieren.

Hinzu kommen einige Widersprüche in der Interaktion mit Spielern: Obwohl ein Sokratis mir als Trainer extra per E-Mail schreibt, dass er dankbar für seinen Stammplatz und mein Vertrauen ist, wird er in der Spielerliste noch wochenlang als "unglücklich" markiert. Und obwohl ein Kagawa dort als "sehr glücklich" gelistet wird und regelmäßig spielt, ist er beim ersten Angebot aus Gladbach sofort weg - ohne, dass ich irgendwie reagieren kann. Es ist natürlich richtig, dass ein Profi bei einer Ausstiegsklausel eben weggekauft werden kann, aber laut Karriere kann ich ihn halten, wenn er eben "glücklich" ist, also auf seiner Position viel spielt. Außerdem ist es unrealistisch, dass man bei einem derartigen Angebot keinerlei Gespräch mit dem Profi darüber führen oder ihm zumindest bessere Konditionen anbieten - hier ist also noch viel Luft nach oben. Unterm Strich hat EA Sports den Bereich der Transfers allerdings bereichert, zumal man bis ins Detail von anvisierter Spielerrolle bis hin zu Freigabeklauseln oder Einsatzboni verhandeln kann und erfolgreiche Abschlüsse in den News präsentiert werden.

Ultimate Team und Switch

In der Karriere kann man das fußballerische Profil über freischaltbare Fähigkeiten anpassen.
Auch für den beliebtesten und umsatzstärksten Spielmodus Ultimate Team hat EA Sports ein paar Neuerungen in petto, darunter Live-Übertragungen mit Profis, Tages- und Wochenziele für die Karriere, neue Herausforderungen für Einzelspieler samt Bestenlisten - natürlich alles je nach Schwierigkeit mit anderen Belohnungen versehen. Wer sein eigenes Team auch etwas fußballhistorisch aufbauen will, kann künftig auch drei Varianten von Legenden engagieren: So kann man z.B. auf einen Maradona oder Pelé mit den Fähigkeiten zu bestimmten Zeiten seiner Karriere zurückgreifen.

Aktualisierung vom 10. Oktober 2017: Mittlerweile konnten wir auch auf Switch spielen - hier unser Test und das Fazit:

Dieses Spiel müsste eher "FIFA 17 light" heißen. Es musste für Switch stark abspecken, nicht nur weil die Power der modernen Frostbite-Engine fehlt. Dass man grafisch nicht dieselbe Qualität erwarten konnte wie auf den potenteren Systemen war klar - vor allem die Zuschauer, der Rasen sowie die Gesichter enttäuschen, wohingegen die Animationen durchaus ansehnlich sind und man alle Finessen vom Schlenzer bis zur Abschirmung des Balles sowie alle Finten einsetzen kann. Und man muss dieser Version zugute halten, dass sie sowohl in 1080p am Fernseher als auch in 720p auf dem kleinen Bildschirm sauber läuft. Aber wie kann man im Jahr 2017 nur auf Online-Freundschaftsspiele verzichten, die gerade für diese Zielgruppe der wichtigste, weil zwangloseste Modus sind? Man kann lediglich Saisons mit Zufallsmatches über das Internet austragen. Stattdessen gibt es den speziellen lokalen Modus "Anstoß" mit den beiden Joy-Controllern - und der ist ein spielmechanisch kastrierter Graus, den ich selbst als Gestrandeter am Bahnhof nur zehn Minuten ertragen würde. Gut, dass er nur eine Option für unterwegs ist und man sonst alles mit voll belegtem Gamepad spielen kann! Aber selbst dann fühlt man sich nicht nur in vielen inhaltlichen Bereichen, sondern auch vom Spielgefühl her zurückversetzt in die Zeit von FIFA 17 - den Stars fehlt der neue Antritt, dazu die klar abgestufte Körperlichkeit und den Schüssen der Zunder. Es gibt weder die filmisch inszenierte Karriere "The Journey" noch Pro Clubs. Und selbst Ultimate Team sowie der Karriere als Manager oder Spieler fehlen alle wesentlichen Neuerungen dieses Jahres. Vergleicht man dieses Spiel mit FIFA 18 auf PC, PS4 und One ist es ein Downgrade zum Vollpreis.

Fazit

FIFA 18 ist ein gutes Fußballspiel, das ein temporeiches Spektakel mit vielen Dribblings und Torszenen inszeniert. Allerdings weht dieses Jahr so viel Arcade-Flair wie noch nie, denn manchmal braucht es nur zwei, drei Pässe und es fallen dann recht simpel eingeleitete Tore, bei denen die uneinholbaren Stürmer steil gehen und einnetzen. Außerdem habe ich noch nie so viele Tore aus der Distanz erzielt! Das macht ebenso Laune wie im Slalom durch die Abwehr zu laufen, aber hinsichtlich der situativen Taktik und vor allem des Spielaufbaus ist man der dieses Jahr noch reiferen Konkurrenz von Konami klar unterlegen. Und wann nimmt sich EA Sports als finanziell haushoch überlegener Marktführer mal ernsthaft der in vielen Bereichen schwachen Ballphysik an? Abseits des Rasens präsentiert man wieder volles Programm, wobei der Fokus klar auf der englischen Premier League liegt und Bundesliga-Fans viele Abstriche hinsichtlich Wiedererkennungswert in Kauf nehmen müssen. Die Fans in den Stadien wirken mit ihrem Jubel am Zaun so lebendig wie nie, die filmische Karriere von Alex Hunter wird überzeugend fortgesetzt und es gibt in nahezu allen Spielmodi kleine Zusätze, zumal man online keine Wünsche offen lässt. Hinzu kommen dritte Liga und DFB-Pokal, auch wenn es für Trainer trotz neuer Transfers noch einige Inkonsequenzen gibt. Dieses Jahr verzichten wir allerdings auf den Fußballvergleich, denn in ihren schwachen Bereichen stehen beide Sportspiele still, so dass wir uns bis auf Feinheiten nur wiederholen könnten. FIFA 18 und PES 2018 erreichen im dritten Jahr in Folge keinen Award, machen nur noch kleine Schritte. Vielleicht wäre es mal Zeit für einen dritten Wettbewerber?

[Zum Zeitpunkt des Tests lag uns noch keine Version für Switch vor. Anm. d. Red.]

Pro

ansehnlicher Fußball mit Spektakel
Tempo-Dribblings sorgen für Slalomläufe...
Flanken über R2 schärfer machen...
tolle Fanreaktionen mit Jubel am Zaun
filmische Karriere The Journey gut fortgesetzt
erstmals dritte Liga und DFB-Pokal
neue interaktive Transfers, mehr Transferdetails
auch Trainer wie Klopp, Mourinho & Co sichtbar
normaler Karrieremodus als Spieler oder Manager
erweiterter Ultimate-Team-Modus
deutsche Kommentare, englische wählbar
sehr gute Torwart-KI, tolle Glanzparaden
Schiedsrichter im Ganzen solide
Platzabnutzung, Freistoßspray, Torlinientechnik
neue Elfmeter und Freistoßmechanik
viele kreative neue Skill-Spiele mit Freunde-Vergleich
MatchDay mit vereinsbezogenen Fußballnews
klasse Stadien-Inszenierung & Auswahl
eigenen Club gründen, 11 gegen 11 spielen
sehr gute Online-Technik/Modi, auch kooperativ
virtuelle Bundesliga, aktuelle Werte und Nachrichten
zig offizielle Lizenzen, über 700 Teams in 30 Ligen

Kontra

Ballphysik weiter mit Defiziten (langes Kullern etc.)
...und einfache Tore für etwas zu viel Arcade-Flair
...normale Flanken viel zu harmlos
extrem schnelle Stürmer kaum zu stoppen
keine Spielstand-Kontinuität in The Journey
Defensiv-KI zu anfällig für Pässe in Schnittstelle
viele einfache Tore aus der Distanz
abseits der Premier League viele unrealistische Gesichter
Inkonsequenzen im Karriere-Modus (Transfers)
kein Kombo-/Dribbelanzeige in der Arena möglich
No-Touch-Finten nicht in Ruhe situativ trainierbar
wenig neue Fangesänge, keine Ultras/Vorsänger
Ruckler während der Skill-Spiele in Wartephasen
schwache Ballakustik beim Vollspann
magerer Editor, kein Mod-Support

Wertung

XboxOne

FIFA 18 ist ein gutes Fußballspiel, das ein temporeiches Spektakel mit vielen Dribblings und Torszenen inszeniert. Allerdings hapert es an Ballphysik, Taktik und Spielaufbau.

PC

FIFA 18 ist ein gutes Fußballspiel, das ein temporeiches Spektakel mit vielen Dribblings und Torszenen inszeniert. Allerdings hapert es an Ballphysik, Taktik und Spielaufbau.

PlayStation4

FIFA 18 ist ein gutes Fußballspiel, das ein temporeiches Spektakel mit vielen Dribblings und Torszenen inszeniert. Allerdings hapert es an Ballphysik, Taktik und Spielaufbau.

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