Pinball FX302.10.2017, Mathias Oertel
Pinball FX3

Im Test: Fundament für die Flipper-Zukunft

Die Hochphase der Spielhallen-Flipper ist vorbei. Firmen wie Stern Pinball halten die Fahne zwar weiterhin hoch und produzieren nach wie vor die Kleingeld-Fresser. Doch mittlerweile muss man dank virtueller Kugeljagden über Rampen und Bumper nicht einmal mehr das Haus verlassen. Mit Pinball FX3 geht eine der namhaftesten Serien in eine neue Runde. Mehr dazu im Test.

Vereinheitlicht

Dass die Zen Studios mit Zen Pinball auf der einen und Pinball FX auf der anderen Seite die Community für ihre Flipperserien fragmentiert hat, ist bedauerlich. Doch dies war nicht nur durch unterschiedliche Ursprunsgssysteme oder anfänglich unterschiedliche Tischauswahl bedingt. Auch technisch und dort vor allem hinsichtlich der Kugelphysik hatten die FX-Flipper die berüchtigte Nase vorn. Doch ungeachtet der coolen Tischdesigns und der guten bis sehr guten Physik haben die Zen-Flipper die Fans gespalten. Puristen regten sich darüber auf, dass es diese Tische in der Realität niemals geben könnte, da mit vielen Elementen wie sich bewegenden Figuren oder Feuer sowie ähnlichen Effekten gespielt wurde. Auf der anderen Seite macht aber genau diese Mischung aus akkurater Physik, intelligenten Aufgaben und den unrealistischen Elementen den Reiz aus – und hat dazu geführt, dass viele Lizenzen wie z.B. The Walking Dead: The Telltale Game Series, Star Wars, South Park oder Marvel ihren Weg auf die Zen- bzw. FX-Flipper fanden.

Der Tisch Sorcerer's Lair wird mit der Plattform Pinball FX3 gratis mitgeliefert. 65 weitere Tische können kostenlos importiert werden, wenn man sie im Vorgänger erworben hat.
Mit Pinball FX3 wird alles vereinheitlicht. Zwar ist es auf Konsolen immer noch nicht möglich, sich mit Spielern auf dem Konkurrenz-System zu messen, doch immerhin kann man hier sowohl von der PlayStation 4 als auch von der Xbox One die Highscore- sowie Spielerlisten der PC-Flipperfans hinzuziehen. Zudem wird technisch über einen Kamm geschoren: Alle Versionen liegen jetzt absolut gleichauf, was visuelle und spielmechanische Qualität betrifft. Hinsichtlich der Physik und der Technik gibt es allerdings keinen allzu großen, aber dennoch angenehm spürbaren Fortschritt: Die Kugeln wirken jetzt noch etwas schwerer (abhängig vom Tisch), die Spiegelungen der Umgebung in den auf Hochglanz polierten Metallbällen wirken noch authentischer, die Lichteffekte wurden verbessert.

Alte Qualität, neuer Fokus

Diverse Flipper-Ebenen, unrealistische Elemente, spannende Aufgaben: Auch der Gratis-Tisch integriert alle Elemente, die man mit den Flippern von Zen assoziiert.
Egal, ob man jetzt den in der kostenlosen Basisversion verfübaren Tisch „Scorcerer’s Lair“ spielt, auf den importierbaren Tischen wie Portal, Star Wars Pinball, den Zen Classics oder mit den Marvel Superhelden flippert oder sich an dem nur auf Pinball FX3 verfügbaren neuen Dreierpack Universal Classics Pinball (zum Test) vergnügt: Fans der aufwändig gestalteten virtuellen Pinball-Maschinen kommen voll und ganz auf ihre Kosten, da sich auch der neueste Teil der Reihe seine gewohnt hohe Spielbarkeit bewahrt hat. Allerdings gibt es ein paar kleine Änderungen bei Basisfunktionen. Und damit meine ich nicht die Optimierungen oder Tweaks, die man für viele die FX3-Versionen der 65 übernehmbaren Tische eingebaut hat. Apropos: Der Import ist leider nur innerhalb der Systemgrenzen möglich, wobei Xbox One und Windows 10 per Xbox Play Anywhere zusammengezogen werden. Und einige Tische wie z.B. South Park, Ninja Gaiden oder Plants vs. Zombies haben den Sprung in die FX3-Ära nicht geschafft – vermutlich aus lizenzrechtlichen Gründen.

Die Menüs zeigen sich überarbeitet, die Ladezeiten wurden massiv verkürzt.
Mit dieser Ausgabe legen die Zen Studios einen neuen Fokus auf Flipper als Partyspiel. D.h., man kann nicht nur per Hotseat mit bis zu vier Spielern gegeneinander antreten und um Höchstpunktzahlen kämpfen. Neu sind z.B. die Turniere, die man ausrichten und bei denen man als „Veranstalter“ nicht nur den Tisch oder die Laufzeit, sondern auch den Modus auswählen kann. Normal ist ein klassisches „Dreikugel“-Spiel. Bei Survival hat man eine Minute Zeit, die geforderte Punktzahl zu erreichen. Schafft man dies, wird der nächste Meilenstein freigeschaltet, für den man wiederum eine Minute Zeit hat – usw. Man kann aber z.B. auch festlegen, dass man nur eine Kugel zur Verfügung hat oder man zeitlich eingeschränkt ist und zwar mit unendlichen Leben, aber nur fünf Minuten auskommen muss. Diese Variationen stehen einem auch als Solist zur Verfügung, so dass der Anreiz, sich auch nach Erreichen eines Highscores, den die Freunde kaum oder gar nicht erreichen werden, weiter mit den Tischen zu beschäftigen, deutlich höher ist als im Vorgänger.

Liga, Level und Lücken

Zusätzlich kann man sich auch in einem Ligasystem nach oben flippern, wobei in regelmäßigen Abständen ein bestimmter Prozentsatz der Top-Spieler in die nächsthöhere Liga aufsteigt – ähnlich des Systems, das Sportspiele wie FIFA verwenden. Bei den asynchronen Duellen, die die Tische vorschreiben, auf denen es zur Sache geht, wählt man einen Gegner, dessen Punktzahl man z.B. innerhalb von drei Minuten schlagen möchte, wobei die Höhe des zu schlagenden Scores beeinflusst, wie viele Ligapunkte man bekommt. Diese wiederum bestimmen die Platzierung und damit die Aufstiegschancen. Hier wie auch beim neuen Solo-Standardspielmodus kann man noch Punkteverstärker für z.B. Rampenkombos usw. und sogar so genannte „Wizard“-Fähigkeiten wie Zeitlupe für besonders akkurate Abschüsse aktivieren, um seine Punktzahlen zu steigern. Wer es altmodisch mag, kann in einem speziellen Modus diese für jeden Tisch individuell freischaltbaren Modifikatoren aber auch ignorieren – oder sie schlichtweg nicht einsetzen. Übergeordnet gibt es noch ein „Spielerlevel“, für das man über Kombos, Punktzahlen etc. auf jedem Tisch Erfahrungspunkte einsammelt, das aber keine zusätzlichen Features etc. freischaltet, sondern nur einen Anhaltspunkt darüber gibt, wie viel Zeit man mit Pinball FX3 verbracht hat.

Zu den neuen asynchronenen Wettbewerben gehört neben Turnieren auch ein Ligasystem, bei dem die Tische vorgeschrieben werden.
Sehr schön: Durch die mechanischen Ergänzungen werden bekannte und beliebte Vergleiche wie Standard-Highscorelisten oder die aus dem Vorgänger bekannten Super- und Wizardscores nicht ersetzt. Dafür sind jedoch ein paar andere Elemente herausgefallen, von denen die meisten nur selten genutzt wurden, die man aber dennoch vermisst. Der Splitscreen-Modus z.B. hat es als Feature nicht in Pinball FX3 geschafft und auch die Möglichkeit, sich im Operatoren-Menü zu betätigen und Eigenschaften der Tische wie Neigung etc. zu verändern, wurde gestrichen. Dafür ist es allerdings wie schon bei der PC-Version von Pinball FX2 möglich, diese Tische im so genannten Cabinet-Mode zu betreiben, wenn man sich zu Hause quasi einen echten Flipper gebaut und mit entsprechenden Displays ausgestattet hat. Mit derartiger Hardware dürfte der Hotseat-Modus, bei dem man nacheinander antritt, nochmals mehr Spaß machen, als dies ohnehin der Fall ist. Zwar hätte es nicht geschadet, wenn die Aufforderung für den nächsten Spieler als Einblendung über den gesamten Bildschirm gehen würde. Doch immerhin gibt nicht nur die Einblendung, sondern auch die Farbe der „Dot-Matrix“-Anzeige Aufschluss darüber, wer als nächstes die Flipperknöpfe betätigen muss.

Was bringt die Zukunft?

Auf jedem Tisch gibt es Herausforderungen und optionale Modifikatoren, die man abhängig von der Leistung noch aufwerten kann.
Da Zen Studios bereits angekündigt hat, dass man Pinball FX3 als „Plattform“ weiterentwickeln sowie mit neuen Inhalten unterstützen möchte (ähnlich hat Harmonix seinerzeit auch bei Rock Band 4 argumentiert), ist nicht ausgeschlossen, dass entfernte Features wieder integriert werden, wenn der Wunsch danach entsprechend groß ist. Und etwas sollten sich die Entwickler definitiv auf die „To-do“-Liste setzen: Synchrones Online-Spiel. Gerade die Spiele gegen die Uhr würden sich dafür anbieten. Und so nett es ist, im asynchronen Vergleich am Gegner vorbeizuziehen – die (An-)Spannung, bei einem Live-Duell den Punkteanzeiger des Kontrahenten vor einem zu sehen, könnte den aufgewerteten Mehrspieler-Modi eine zusätzliche Dimension hinzufügen. Zudem gibt es vor allem auf Xbox One atmosphärische Störungen durch vor allem einen Bug, der bei uns in etwa drei Prozent der Spielstarts und der damit verbundenen Anmeldung bei den Zen-Servern auftauchte. Denn es konnte in diesen seltenen Fällen vorkommen, dass vorangegangene Spielesessions schlichtweg nicht akzeptiert wurden und sowohl der Spielfortschritt auf den einzelnen Tischen als auch der Spielerlevel genullt wurden. Highscores etc. hingegen blieben dabei in einigen Fällen bestehen. Das Problem ist Zen bekannt, ein Patch liegt bereits zur Zertifizierung vor und soll schnellstmöglich aufgespielt werden. Insofern kann man gespannt sein, mit welchen Tischen man in Zukunft überraschen möchte. In den offiziellen Foren sprechen sich die Fans für Umsetzugen z.B. zu Game of Thrones, Indiana Jones, aber auch Flippern zu Ubisoft-Spielen aus.

Fazit

Die Zen Studios machen einem den Umstieg leicht: Die Basis von Pinball FX3 mitsamt dem Tisch Sorcerer’s Lair ist gratis. Und 65 Tische aus Zen Pinball 2 bzw. Pinball FX2 können ebenfalls umsonst importiert werden – wenngleich der Import nicht über Systemgrenzen hinweg möglich und etwas umständlich ist. Der Flipper-Spaß hängt allerdings nach wie vor in erster Linie davon ab, ob man sich mit dem Gedanken anfreunden kann, dass bei den Zen-Tischen eigentlich nur die Physik realistisch ist. Der Rest lockt mit einer gelungenen Mischung aus unrealistischen Elementen und solchen, die man auch in einem echten Flippertisch finden würde, zu Highscore-Jagden, die schnell mehr Zeit vereinnahmen als man ursprünglich geplant hat. Die neuen asynchronen Mehrspieler-Modi wie Turniere und ein interessantes Ligensystem wissen ebenfalls zu gefallen und dürften Spielzeit wie Langzeitmotivation steigern. Die freischaltbaren Modifikatoren und „Wizard“-Fähigkeiten kann man ebenso ignorieren wie den übergeordneten Spielerlevel, der unter dem Strich nur ein Indikator für die aufgewendete Spielzeit ist. Schade ist zwar, dass Features wie Splitscreen-Spiel oder auch die Operator-Optionen der Schere zum Opfer gefallen ist. Dennoch hat Pinball FX3 den nächsten Schritt in seiner Evolution erfolgreich bewältigt.

Pro

kostenlos (inkl. Tisch "Sorcerers Lair")
diverse ältere Tische wurden mechanisch getweakt und optimiert
blitzsaubere Steuerung
realistisch wirkende Physik
übergeordnetes Spielerlevel samt kosmetischer Freischaltungen
eigene (asynchrone) Turniere erstellbar
Herausforderungen pro Tisch
optional Punktemodifikatoren und "Wizard"-Kräfte
übersichtliche Hilfen für jeden Tisch
bereits in Zen Pinball 2 bzw. Pinball FX2 gekaufte Tische kostenlos importierbar
spannende Mischung aus echten und unrealistischen Tisch-Elemente
acht Kameraperspektiven pro Tisch

Kontra

nicht alle Zen-2
bzw. FX2-Tische haben den Sprung in Pinball FX 3 geschafft
kein Operator-Menü mehr
kein Splitscreen-Modus mehr
keine synchronen Online-Duelle
Import mitunter umständlich
nur ein Tisch mitgeliefert

Wertung

PlayStation4

Die Zen Studios haben eine überzeugende sowie ausbaufähige Flipper-Plattform abgeliefert, die mit glaubwürdiger Physik, einem Mix aus realistischen und unrealistischen Elementen sowie interessanten neuen Mehrspieler- und Solo-Inhalten punktet.

XboxOne

Die Zen Studios haben eine überzeugende sowie ausbaufähige Flipper-Plattform abgeliefert, die mit glaubwürdiger Physik, einem Mix aus realistischen und unrealistischen Elementen sowie interessanten neuen Mehrspieler- und Solo-Inhalten punktet.

PC

Die Zen Studios haben eine überzeugende sowie ausbaufähige Flipper-Plattform abgeliefert, die mit glaubwürdiger Physik, einem Mix aus realistischen und unrealistischen Elementen sowie interessanten neuen Mehrspieler- und Solo-Inhalten punktet.

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