Bomber Crew24.07.2018, Benjamin Schmädig

Im Test: Hektischer Kabinenalltag

Wer hätte gedacht, dass es in einem Flugzeug so hektisch zugehen könnte? Dass der Flieger von feindlichen Jägern attackiert wird, ist ja klar – also feuern die Männer und Frauen an den Geschützen aus vollen Rohren. Mindestens einer muss sich außerdem um den rechtzeitigen Abwurf der Bomben kümmern. Doch wie der Test zu Bomber Crew (ab 1,60€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) zeigt: Wenn die Luft erst mal so richtig brennt, ist das nicht einmal die Hälfte dessen, woran man denken muss!

Von London und zurück

Tatsächlich dreht sich Bomber Crew gar nicht so sehr um Taktik oder Strategie, wie die offizielle Beschreibung es formuliert, sondern vor allem um Zeitmanagement. Die erklärte Simulation ist es schon gar nicht. Vielmehr rekrutiert man im Handumdrehen und ohne ein Gehalt zahlen zu müssen einen Piloten, einen Mechaniker, einen Funker, einen Navigator sowie mehrere Schützen, verpasst ihnen Ausrüstung, rüstet das Flugzeug noch mit rollenspielartigen Bauteilen (bessere Geschütze, stärkere Verkleidung) auf, klickt auf „starten“ und schon ist man in der Luft.

Einmal unterwegs fordert man Informationen zu Gefahrenherden an, korrigiert hin und wieder den Kurs, steigt in große Höhe oder fordert den Piloten zum Sinkflug auf. Man bombardiert Bodenstationen sowie Schiffe, markiert feindliche Flieger als Ziele

Spätestens mit Verwundeten oder gar Feuer an Bord kommt schnell Panik auf.
für die Bordschützen und kehrt schließlich in die Nähe des Heimatflughafens nahe London zurück.

Spezialisten und Alleskönner

Das ist im Wesentlichen schon alles, insgesamt überschaubar und auf Dauer recht eintönig, da sich der Missionsverlauf praktisch nie ändert. Es artet allerdings deshalb schnell in Stress aus, weil man zusätzlich situationsbedingte Aktionen einleiten muss. Alle Soldaten verfügen nämlich über Spezialfähigkeiten, deren Anzahl von ihrer Erfahrungsstufe abhängig ist. Diese Fähigkeiten löst man manuell aus. Dann fliegt der Pilot ein Ausweichmanöver, um hartnäckigen Verfolgern zu entkommen, während der Mechaniker die Spritzufuhr so regelt, dass man länger in der Luft bleiben kann und damit mehr Zeit hat, die Mission auszuführen.

Hinzu kommen Notfälle wie brennende Triebwerke, eine zerschossene Hydraulik oder gar verletzte Kameraden, die man verarzten muss, bevor sie sterben. Einen verwundeten Piloten sollte man dabei ersetzen, damit das Flugzeug nicht abstürzt, aber nach seiner Heilung sofort wieder ans Steuer lassen. Denn nur die jeweiligen Spezialisten verfügen über die erwähnten Fähigkeiten.

Kreislauf mit frustrierenden Spitzen

Was für ein Stress! In brenzligen Situationen ist es verdammt schwer, angreifende Gegner, Missionsziele, Gefahren an Bord, den Zustand der eigenen Soldaten sowie die Abklingzeit ihrer Fähigkeiten, Treibstoffvorrat, eventuelle Bonusziele und mehr zu jonglieren. Binnen weniger Sekunden muss man wichtige Entscheidungen treffen, die entsprechenden Aktion auslösen sowie kommende Ereignisse schon vorausplanen. Und das wird manchmal dermaßen schnell so viel, dass man die Kontrolle und daraufhin das Flugzeug verliert.

Die Besatzung verfügt dann je nach Ausrüstung über bestimmte Überlebenschancen und das Flugzeug wird mitsamt seiner Erweiterungen einfach ersetzt. Das Erfahrungslevel neuer Rekruten ist aber auf einer niedrigeren Stufe als das ihrer getöteten Vorgänger und auch Ausrüstung muss man teilweise neu kaufen. Also spult man vielleicht eine Hand voll einfacher Missionen als Trainingseinsätze ab, bevor man sich erneut an der einen schweren versucht. Dieses abrupte Zurücksetzen sowie der langwierige Aufbau über meist profane „Trainingssitzungen“, ist ein unangenehm zäher Kreislauf.

Was könnt ihr noch?

Grundsätzlich macht das Verbessern der Soldaten dabei Spaß. Die lernen nämlich nicht nur immer weitere Fähigkeiten; mitunter entscheidet man sich auch für sekundäre Jobs. So wird der für den Abwurf zuständige First Sergeant etwa auch zum Schützen, Sanitäter oder Mechaniker.

Und auch die eigentlichen Einsätze sind trotz ihrer Gleichförmigkeit durchaus unterhaltsam, denn immer, wenn Abläufe reibungslos funktionieren, ist das eine gelungene Belohnung für richtige Entscheidungen zur rechten Zeit. Teilt man Personal und Zeit gut ein, hat man sogar Freiraum für optionale Missionen – meist das Fotografieren markierter Anlagen – und erhält dadurch weitere Erfahrungspunkte und mehr Geld.

Sowohl den Bomber als auch die Crew kann man mit der vorhandenen Ausrüstung gestalten.

Mehrfaches Umschalten statt einfacher Übersicht

Ärgerlich ist nur, dass sämtliche Ereignisse ausschließlich über Sprechblasen angekündigt werden. Gerade wenn vieles gleichzeitig passiert, verliert man schon allein deshalb den Überblick. Abgesehen davon ist die Steuerung am PC kaum der Weisheit letzter Schluss, da man nicht jederzeit sichtbare Menüfelder anklickt, sondern meist in bestimmte Ansichten schalten muss, um dort erst Aktionen auszuführen. Das schadet der Übersicht.

Für die vor kurzem erst erschienenen Konsolen-Umsetzungen gilt das umso mehr, da man mit dem Gamepad noch weniger direkte Kontrolle über die Vorgänge hat und man über vier Umschalt-Tasten ständig in verschiedene Ansichten bzw. Befehlsmodi wechselt. Die relativ niedrigen Bildraten auf Xbox One und ganz besonders auf Nintendo Switch erschweren die Handhabung zudem.

Sinnvollerweise wird auf den Konsolen der Ablauf bei verschiedenen Handgriffen dafür stark verlangsamt, wodurch man insgesamt ähnlich viel (mittelprächtige) Kontrolle über das Geschehen hat wie mit Maus und Tastatur. Das ist also eine durchaus clevere Lösung – und spätestens dann hilfreich, wenn man im Survival-Modus gegen immer stärkere Wellen an Gegnern kämpft. Der kann mit Spielzeiten von bis zu über einer Stunde zwar viel zu lange dauern, ist ansonsten aber eine durchaus gelungene Ergänzung der Kampagne, weil man die Luftschlacht üben kann, ohne Crew und Cruiser zu riskieren.

Fazit

Das Frustrierende sind die abrupten Wechsel vom immer gleichen und oft langweiligen Aufbau der Crew zu schnell eskalierenden Problemminuten, an deren Ende mal wieder ein Absturz steht. Die eigentliche Schwierigkeit ist dabei nicht mal das Problem, sondern die überladene, unübersichtliche Steuerung sowie der fehlende Überblick, was ein Versagen frustrierender macht als die herbe Herausforderung an sich. Daran ist Bomber Crew nie das Spiel, das es sein könnte. Dabei hätte es ein richtig gutes sein können! An und für sich ist das Verteilen von Aufgaben nämlich, immer mit dem richtigen Zeitpunkt für die richtigen Aktionen im Blick, sehr motivierend. Es ist ausgesprochen befriedigend, funktionierende Abläufe zu beobachten und eine gut geölte Maschine durch Schwierigkeiten zu dirigieren – umso mehr, je weiter entwickelt und damit effektiver die Crew ist. Wer von deren langatmigem Training und gelegentlichem Frust nicht abgeschreckt wird, könnte sich daher durchaus als fliegender Kommandant versuchen.

Pro

motivierendes Dirigieren einer Flugzeug-Besatzung
durchdacht angepasste Steuerung auf Konsolen
Wellen-Modus als Ausgleich zur Kampagne
globaler Fortschritt verhindert allzu großen Frust...
mehrere Spielstände auf allen Systemen

Kontra

überladene, unübersichtliche Steuerung
Missionen sind sich sehr ähnlich und oft viel zu leicht
Problemsituationen eskalieren schnell und enden in Absturz
... trotzdem trainiert man häufig neue Crew
keine Sprachausgabe: sämtliche Informationen nur in Textform, weshalb Informationen untergehen
trotz sehr einfacher Grafik relativ niedrige Bildrate auf Xbox One und vor allem auf Nintendo Switch

Wertung

PC

Unterhaltsames Verwalten einer Flugzeug-Besatzung, das unter einer unhandlichen Steuerung, langen Leerlauf-Phasen und einem häufig abrupten Ansteigen des Schwierigkeitsgrades leidet.

Switch

Auch auf der technisch schwächsten Konsole sollte das Spiel in Anbetracht der einfachen Grafik mit einer besseren Bildrate laufen, die so leider auch die Steuerung beeinflusst.

XboxOne

Inhaltlich identisch, hinterlässt die niedrige Bildrate in Anbetracht der zweckmäßigen Grafik einen negativen Eindruck.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Ein DLC-Paket mit einer zusätzlichen Kampagne und alternativen Gegner-Wellen wird direkt im Spiel angeboten. Es gibt außerdem ein DLC-Paket mit zusätzlichen Flugzeug-Lackierungen und einen Season-Pass.
  • Man kann die Spielzeit über Käufe nicht verkürzen, kein Pay-to-Shortcut.
  • Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
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