Call of Duty 4: Modern Warfare18.11.2016, Michael Krosta

Im Test: Technisch modernisierte Kriegsführung

Es gab tatsächlich Zeiten, in denen Call of Duty bei uns mit einem Platin-Award ausgezeichnet wurde! Mit dem vierten Teil der Reihe lieferten Infinity Ward und Activision vor fast zehn Jahren einen fantastischen Shooter ab, der zu Recht als Meilenstein des Genres gilt. Wie viel von der damaligen Begeisterung bleibt beim Remaster von Call of Duty 4: Modern Warfare (ab 16,00€ bei kaufen) übrig?

K(l)eine Alterserscheinungen

Ziemlich viel. Und das verdankt man vor allem der Tatsache, dass sich viele Shooter-Kampagnen seitdem kaum weiter-, sondern gefühlt sogar eher zurückentwickelt haben. So wirkt die kleine Zeitreise trotz manch linearer Schlauchpassage und den nicht sonderlich cleveren Gegnern durchaus erfrischend, denn viele der Missionen sind auch nach heutigen Maßstäben immer noch erfreulich abwechslungsreich und cool designt. Die wuchtige und imposante Inszenierung á la Hollywood zieht sich bekanntlich wie ein roter Faden durch die Reihe, oft getragen und ausgelöst durch Skripts. Modern Warfare bildet da keine Ausnahme, ist in mancher Hinsicht sogar Vorreiter für diesen Trend gewesen. Doch während man in den Folgejahren darum bemüht war, eine so genannte „Over-the-top-Inszenierung“ anzustreben und sich dabei immer wieder mit völlig übertriebenen Situationen sowie intensiven Darstellungen zu übertreffen, wirken Original und Remaster in dieser Beziehung noch angenehm bodenständig, aber trotzdem packend.

Vor allem den Figuren steht die Schönheitsoperation gut zu Gesicht.
Bei der KI ist man ebenfalls überrascht, weil sie noch nicht zu sehr vom „Moorhuhn-Virus“ infiziert wurde und daher seltener ins offene Feuer rennt. Stattdessen verändern Feinde halbwegs clever ihre Positionen und verschanzen sich geschickt hinter Deckungen, aus denen sie immer wieder Granaten werfen. Da hat man später innerhalb der Serie deutlich schlimmere Schießbunden erlebt. Die Kameraden machen dagegen eine schlechtere Figur, verheddern sich teilweise bei Laufwegen oder verweigern den Dienst, obwohl der Gegner direkt vor ihnen steht. Daneben stört eine weitere Sache, die man damals vielleicht noch eher hingenommen hat, heute aber nicht mehr zeitgemäß wirkt: Die Angriffswellen der Klonsoldaten ziehen sich teilweise so zäh wie Kaugummi! Ständig naht Verstärkung und man fragt sich, ob dieser konstante Nachschub nicht irgendwann ein Ende hat. Die Erstürmung der TV-Station in der dritten Mission ist eines von vielen Beispielen, wo man es in dieser Hinsicht ähnlich übertrieben hat wie Naughty Dog bei seinem ersten Uncharted-Spiel. Sowas will man heute außerhalb eines Horde-Modus und vor allem im Rahmen einer Kampagne nicht mehr sehen...  

Aufwändige Restaurierung

Doch auch in die Modernisierung der Kulisse wurde offensichtlich viel Arbeit investiert.
Gilt das auch für die Grafik? Nein! Denn Raven Software hat sich ordentlich ins Zeug gelegt, um das Spiel aus der 360-/PS3-Generation visuell mächtig aufzumöbeln. Nicht nur den Figuren hat man eine aufwändige Schönheitsoperation verpasst; auch die Kulissen erstrahlen dank aufgepeppter Beleuchtung und mehr Details in einem ganz neuen Glanz, auch wenn man an manchen Stellen bei Texturen sowie Schatten noch das niedrig aufgelöste Erbe der Vorlage erkennt und die Kantenglättung ebenfalls manchmal zu wünschen übrig lässt. Trotzdem fällt der grafische Fortschritt im Vergleich zum Original immens aus! Schade, dass es im Gegensatz zu manch anderem Remaster hier keine Möglichkeit gibt, zwischen der ursprünglichen Grafik von damals und der modernisierten Variante umzuschalten, denn so würde man den Aufwand dieser Restaurierung angesichts des direkten Kontrastes vielleicht noch mehr zu schätzen wissen.

Die Neuauflage sieht nicht nur klasse aus, sondern läuft auch rund: Die Darstellung ist mit 60 Bilder pro Sekunde durchweg flüssig, wovon auch die präzise Steuerung profitiert. Dazu kracht, rattert und donnert es aus allen fünf Surround-Kanälen, während auch der Subwoofer dank der großartigen sowie atmosphärischen Soundabmischung viel zu tun bekommt. Der gelungene Soundtrack, der teilweise Erinnerungen an die pompösen Action-Werke von Hans Zimmer weckt, runder das überzeugende Audiopaket zusammen mit den guten Sprechern ab. Dazu gibt es noch ein nettes Gimmick für PS4-Besitzer: Das Geräusch beim Magazinwechsel ertönt auch durch den Lautsprecher des DualShock-Controllers.

Klassische Mehrspielergefechte

An der Multiplayer-Front geht es ebenfalls zurück in die Vergangenheit: Wo man heute oft mit Ausrüstung, Anpassungen, Perks & Co regelrecht zugeschüttet wird und sich mit Jetpacks sowie Wandläufen höchst agil auf den Karten bewegt, wartet hier wieder simple, aber klassische Action ohne viel Schnickschnack – schön! Hier hat man das Gefühl, dass die individuellen Fähigkeiten wieder stärker von Bedeutung sind als eine mächtige Ausrüstung. Allerdings sind bisher lediglich zehn der ursprünglich 16 Karten des Originals enthalten. Den Rest will Activision mit kostenlosen Updates nachliefern.

Ärgerliche Koppelung

Im Mehrspielermodus schaltet man mit der Zeit neue Ausrüstung frei.
Es könnte alles so schön sein, doch mit einer Entscheidung hat sich Activision zurecht viel Unmut der Fans zugezogen, auch wenn sie rein wirtschaftlich sicher Sinn ergibt: Call of Duty: Modern Warfare Remastered bekommt man derzeit nur als Käufer der teuren Legacy Edition von Call of Duty: Infinite Warfare. Und nicht nur das, denn um zu verhindern, dass sich Käufer die jüngste Fortsetzung nur für die Neuauflage im Handel zulegen und sie anschließend weiterverkaufen, muss sich die Disk als eine Art „Versicherung“ auch beim Zocken des aufpolierten Originals jederzeit im Laufwerk befinden. Bleibt zu hoffen, dass man irgendwann ein Einsehen hat und dieses erfreulich gelungene Remaster auch separat zum Kauf anbietet. Angesichts der bislang eher enttäuschenden Verkaufszahlen von Infinite Warfare könnten die Verantwortlichen dahinter vielleicht auch früher oder später einen wirtschaftlichen Sinn entdecken.

Fazit

Glückwunsch an Raven Software! Das Studio hat sich für die Neuauflage von Call of Duty 4: Modern Warfare richtig ins Zeug gelegt und den Platin-Shooter aus dem Jahr 2007 aufwändig für die aktuellen Systeme modernisiert. Die Kampagne ist auch nach fast zehn Jahren immer noch unterhaltsam und trotz dem übermäßigen Einsatz von Skripten sowie übertriebenen Gegnerwellen selbst nach heutigen Maßstäben weiterhin großartig inszeniert. Hier können sich selbst aktuelle Vertreter in manchen Hinsicht noch eine dicke Scheibe vom damaligen Werk von Infinity Ward abschneiden. Der Mehrspielermodus wirkt dagegen vor allem deshalb wieder erfrischend, weil er sich auf das Wesentliche konzentriert: Flotte Gefechte auf weitläufigen Karten ohne viel Schnickschnack. So bleibt der größte Kritikpunkt die Veröffentlichungspolitik, die an der überzeugenden Qualität des Shooter-Veteranen und dessen liebevoller Restaurierung aber nichts ändert.

Einschätzung: sehr gut

[Da Call of Duty: Modern Warfare Remastered nicht einzeln verkauft, sondern nur im Verbund mit Call of Duty: Infinite Warfare in einer Kollektion angeboten wird, entfällt die klassische Wertung samt Pro & Kontra und es erfolgt nur eine Einschätzung mit Schulnote, Anm. d. Red.]  

Wertung

PlayStation4

Raven Software liefert eine gelungene und aufwändige Restaurierung von Call of Duty 4: Modern Warfare ab, die man sich leider teuer erkaufen muss.

XboxOne

Raven Software liefert eine gelungene und aufwändige Restaurierung von Call of Duty 4: Modern Warfare ab, die man sich leider teuer erkaufen muss.

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