South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe07.09.2017, Alice Wilczynski

Vorschau: Spaßige Rundentaktik ohne Maulkorb

Endlich konnte ich South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe (ab 11,94€ bei kaufen) in der finalen Version vier Stunden lang spielen. Keine Häppchen, keine Kommentare von Stand-Mitarbeitern. Nur ich, kindliche Superhelden und jede Menge derber Humor. Ob sich mein Eindruck auch nach längerem Anspielen festigen konnte, lest ihr in der Vorschau.

South Park wie ich es liebe

Associate Producer Kimberley Weigend überbrachte eine der besten Nachrichten des Jahres: South Park: Die Rektakuläre Zerreißprobe wird auch hierzulande komplett ungeschnitten erscheinen (wir berichteten). Durch die thematische Brisanz des Vorgängers Stab der Wahrheit, mussten Fans in Europa 2013 auf viele wichtige Szenen verzichten und sich stattdessen mit einer simplen Grafikeinblendung zufrieden geben. Doch diesmal soll alles besser werden: Nicht nur Sex und Fäkalhumor wird

Ungeschnitten und unverblümt: Diesmal sollen auch politische Themen angesprochen werden.

eine Rolle spielen, sondern auch Themen wie Political Correctness und die Geschlechter-Debatte. Auch Charaktere aus den

aktuellen Staffeln der TV-Serie sollen vorkommen und Schöpfer Trey Parker sowie Matt Stone waren erneut von Anfang an am Entwicklungsprozess beteiligt.

Verwunderlich fand ich beim Anspielen wie aktuell die Themen und Objekte sind: So nutzt man Fidget Spinner und spricht über Filme wie Wonder Woman, der erst im Juni anlief. Aufgrund der Snow-Drop-Engine sei es den Entwicklern möglich auch kurzfristig noch Elemente ins Spiel zu bringen. Eine Folge der TV-Serie entstehe in nur einer Woche, also sollte auch die Entwicklung des Spiels möglichst flexibel und somit aktuell sein. Die Rahmenbedingungen sind sehr positiv, wenn das Spiel nach den ganzen Verschiebungen dann im Oktober endlich für PC, PS4 und Xbox One erscheint.

Strategische Kämpfe verschmelzen mit kreativen Charakteren

Während dem Kampfsystem im Stab der Wahrheit leider zu schnell die Puste ausging, scheint die Runden-Taktik diesmal das Herzstück zu werden. Aber fangen wir zunächst mit den coolen Klassen an, die an berühmte Comic-Helden angelegt sind. Zu Beginn hat man die Wahl zwischen dem blitzschnellen „Speedster“ (The Flash), dem Nahkämpfer „Brawler“ (The Thing) und dem feurigen „Blaster“ (Cyclops). Im Spielverlauf erhält man mit Elementalist, Cyborg und Psychic nochmals drei Klassen-Optionen dazu und darf sein Skill-Set durch eine der fünf Klassen nochmals erweitern. Nicht nur sieht der Comic-Stil großartig

aus, man ist sofort im Superhelden-Thema drin und

Das strategische Kampfsystem und die Eigenarten der Charaktere motivieren diesmal enorm.

kann sich gar nicht entscheiden wie man sich spezialisieren will. Als Blaster verbannte ich Gegner vor allem mit Feuerbällen und Laserstrahlen aus der Entfernung. Durch Hinzunahme der Psychic-Klasse konnte ich die Verteidigung der Gegner zusätzlich schwächen, mich vor Angriffen schützen und auch mal das gesamte Schlachtfeld befeuern. Seine vier zur Verfügung stehenden Attacken kann man sich je nach Kampfsituation frei zusammenstellen und es macht unheimlich viel Spaß damit zu experimentieren. Man kann außerdem zwischen drei Schwierigkeitsgraden wählen.

Gerade bei den späteren anspruchsvolleren Gegnern muss man sich clever auf dem schachbrettartigen Spielfeld positionieren. Wählt man die richtige Stelle kann man mehrere Gegner auf einmal anfurzen, verglühen oder elektrisieren. Auch muss man stets die Pläne des Gegners im Auge behalten, denn manchmal starten sie harte Angriffe über einen Großteil des Spielfeldes, die allerdings im Vorfeld rot gekennzeichnet werden.

Qualität statt nerviger Quantität

 

Der größte Unterschied zu vielen anderen Rollenspielen ist die Kreativität im Gegnerdesign: Man kämpft nie gegen 0815-Kroppzeug, sondern stets gegen bizarre Charaktere. Jeder Feind hat individuelle Angriffsmuster, die zu seiner Person passen.

Andauernd trifft man bekannte Charaktere aus der Serie oder Stars.

So kämpft man gegen pädophile Priester, die sich Analperlen aus dem Hintern ziehen und sich damit quer über das Spielfeld kasteien. Fiese Sechstklässler pinkeln in Ballons, die einen zum Erbrechen bringen, wenn man nicht rechtzeitig ausweicht. Und nicht zu vergessen die von Hooters inspirierten „Raisin Girls“, die mich mit ihren Küssen eine Weile ausknocken.

Man freut sich wirklich über jede zufällige Konfrontation: Wer wird diesmal aufs Korn genommen und wie muss ich mich diesmal positionieren, um möglichst viel Schaden zu machen? 

Besonders viel Spaß macht das natürlich im Team: Vor jeden Kampf kann man wählen, welche drei Sidekicks mitkämpfen sollen. Während „Human Kite“ Kyle als Heiler fungiert, plättet „Mosquito“ Gegner, indem er quer über das Spielfeld fliegt oder tausende Stechmücken hervorzaubert. Nicht zu verachten sind Jimmys Schleich-Fähigkeiten und Craigs Schutzschild. Vor allem im Team wird das Spiel noch strategischer:

Die Kämpfe sind diesmal das Herzstück des Spiels: Jeder Gegner hat individuelle Eigenarten.

Während offensive Brawler den Feind mit Faustschlägen beharken, frieren Elementalists Gegner ein oder heilen das Team mit Delfinen. Während der eine drei Gegner auf einmal zurückstößt, kann der andere quer über das Feld reisen und ihnen den Garaus machen. Das allein ist schon unheimlich aufregend und wird durch die blöden Sprüche und kreativen Attacken noch mehr aufgewertet.

 

Aller Rollenspiel-Anfang ist träge

 

Wie beim Vorgänger scheint die Geschichte des Spiels eher Nebensache zu sein. „The Coon“ Cartman trommelt seine Jungs zusammen, um ein Superhelden-Franchise im Stil der Marvel-Filme aufzubauen und die Welt vor Katzenräubern und Kotangriffen zu retten. In der geheimen Basis kriegt der eigene Charakter „Douchebag“ dann noch eine traumatische Hintergrundgeschichte verpasst und die Reise beginnt. Es dauert eine Weile bis man die wirklich coolen Aufträge annehmen darf und unter anderem auf Filmstars trifft, die einem als Mitarbeiter eines mexikanischen Taco-Ladens das Crafting-System erklären. Zu Beginn besteht die einzige Aufgabe darin, genügend Selfies mit Anwohnern zu machen, um die eigene Beliebtheit auf „Coonstagram“ zu steigern. Was zuerst noch ganz spaßig ist, wird schnell zur langweiligen Routine.

Zu Beginn gibt es nur wenige spannende Fundstücke. Vor allem Crafting-Materialien können zu spät sinnvoll eingesetzt werden.

Auch das Sammeln von Crafting-Materialien, in den eher langweilig gestalteten Wohnhäusern der Kinder, weiß erst im späteren Spielverlauf zu gefallen. Denn zu Beginn fehlen einem die richtigen Rezepte und Zutaten, die man später in Geschäften erwerben kann. Dann kann man anhand neuer Fähigkeiten auch andere Wege und Sammelgegenstände wie japanische Yaoi-Kunst finden. Wie in fast jedem Rollenspiel dauert es bis alle Elemente wie die Schnellreise freigeschaltet sind und alle Mitglieder rekrutiert sind. Sobald sich die Spielwelt nach der Einführungsphase öffnete und man South Park frei erkunden konnte, gab es keinen Moment, der mich nicht gut unterhielt. Den etwas trägen Einstieg hat man spätestens nach dem Besuch bei Mr.Mackey, der einen befragt, ob man Transgender oder Cisgender; weiblich, männlich oder „other“ ist, längst vergessen.

Ausblick

Endlich durfte ich mich frei in der Welt von South Park: Die Rektakuläre Zerreißprobe bewegen und mich von der Qualität des Kampfsystems und den coolen Charakteren und Fähigkeiten ausführlich überzeugen. Die Voraussetzungen für einen noch besseren Nachfolger sind gegeben: Das Spiel erscheint ungeschnitten in Deutschland und neben Fäkalhumor werden, wie in der Serie, auch politische Phänomene aufs Korn genommen. Vor allem der tolle Mix aus lustigen Sprüchen und strategischer Runden-Taktik macht das Rollenspiel zu etwas Besonderem. Ich kann es kaum erwarten, im Oktober endlich loszufurzen.

Einschätzung: Sehr gut / Fit for Hit

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