Fortschritt durch Technik – dieses Mal wirklich?
Einsicht ist bekanntlich der erste Schritt zur Besserung. Bei Milestone hat es etwas länger bis zu diesem Moment gedauert. Aber mittlerweile hat man offenbar auch in Italien realisiert, dass man mit der eigenen Technologie schlichtweg nicht konkurrenzfähig ist, sondern konstant hinterher fährt. Schon zu PS3- und 360-Zeiten wirkte die Technik immer angestaubt und auch bei den bisherigen Veröffentlichungen auf den aktuellen Plattformen hatte man ständig das Gefühl, Titel aus der vorangegangenen Generation vor sich zu haben. Damit soll jetzt Schluss sein: Statt sich weiter vergeblich abzumühen, setzt man ab sofort als Lizenznehmer der Unreal Engine 4 auf die moderne Technologie von Epic. Gleichzeitig hat man aber auch ein paar Modifikationen vorgenommen, um sie den eigenen Bedürfnissen bzw. den Anforderungen von Rennspielen anzupassen.
Die Echtzeit-Verformungen der Oberfläche sind nicht nur sichtbar, sondern auch spürbar.
Der Fortschritt springt sofort ins Auge: Endlich überzeugen die Pisten, Maschinen und Stadien durch einen modernen grafischen Anstrich! Vor allem ist es bemerkenswert, dass die Echtzeit-Deformierung der Oberfläche nicht nur gut aussieht und mit jeder Runde zunimmt, sondern die Auswirkungen auf die Fahrphysik jetzt endlich deutlich spürbar werden. Das ist schon unter trockenen Bedingungen der Fall, doch sobald das dynamische Wettersystem die staubigen Piste durch Regen zu einer weichen Matschgrube verwandelt, merkt man die Veränderungen der Fahrbahn und den Einfluss auf das Verhalten der Bikes sogar noch stärker. Okay, das hat das damalige Sega Racing Studio im Jahr 2007 mit dem Reboot von Sega Rally ebenfalls schon recht überzeugend hinbekommen. Aber es ist schön zu sehen, dass Milestone jetzt endlich ebenfalls dort angekommen ist. Allerdings sei angemerkt, dass man bisher nur die PC-Version gezeigt hat. Ob man auf den Konsolen eine ähnlich gute visuelle Qualität und hohe Bildrate erwarten darf, ist angesichts der bisherigen Historie des Studios fraglich.
Harte Zweikämpfe
Mit dem Umstieg auf Unreal will Milestone jede Menge Staub aufwirbeln.
Das Fahren fühlt sich ähnlich an wie im Vorgänger. Man hat die MotoCross-Maschinen also generell ganz gut im Griff, optimiert mit gut getimten Scrubs die Flugbahn nach Sprüngen, vermisst hin und wieder aber eine gewisse Präzision. Die KI-Fahrer gehen bei Positionskämpfen gewohnt kontaktfreudig und hart zur Sache, wirken insgesamt aber weniger rabiat als im Vorgänger. Man wird also weniger abgeschossen und von der Piste gedrängt als früher. Allerdings spürt man erneut einen gewissen Gummibandeffekt, kann sich also kaum vom Feld absetzen und holt nach einem Fehler relativ flott wieder auf. Inkonsequent wirken immer noch die Rücksetzpunkte nach dem Verlassen der Strecke: Mal wird man umgehend zurückgesetzt, mal kann man einfach abseits weiterfahren und sich selbst wieder zurückbegeben.
Hohe Sprünge sehen zwar cool aus, kosten aber auch viel Zeit. Deshalb sollte man sie Flugkurve mit einem Scrub möglichst flach halten.
Im Rahmen der Demo durften wir leider nur Einzelrennen auf der italienischen Strecke Pietramurata bei Regen und Sonnenschein absolvieren. Das fertige Spiel wird selbstverständlich alle 18 Kurse des Rennkalenders von 2016 sowie alle offiziellen Teams und Fahrer enthalten. Neben der Meisterschaft wird man auch eine Karriere mit einem eigenen Piloten in Angriff nehmen und sich von der MX2-Klasse in Top-Teams der insgesamt 40 Hersteller hoch arbeiten können. Darüber hinaus wird auch wieder der Modus MotoCross of Nations mit seinen fünf Strecken enthalten sein, während man online in Einzelrennen oder einer kompletten Meisterschaft an den Start gehen darf. Mit über 300 Teilen sollen auch wieder mehr als genug Möglichkeiten geboten werden, die Maschinen und Fahrer individuell anzupassen. Erstmals sollen auch zehn Modelle von 2-Stroke-Bikes mit 125cc und 250cc den Weg in den Fuhrpark finden. Dabei sollen die Motorräder nicht nur gut aussehen, sondern auch gut klingen: Dafür hat man sich bei Milestone für eine Audio-Technologie namens Granular Synthesis (Granularsynthese) entschieden, bei der die Tonaufnahmen der Motoren in kleine Einzelteile aufgeteilt und dann passend zur Drehzahl der Motoren entsprechend in mehreren Schichten wieder zusammengesetzt werden. Das Ergebnis haut zwar nicht völlig vom Hocker, kann sich aber auf jeden Fall besser hören lassen als im Vorgänger oder den zuletzt veröffentlichten Milestone-Titeln.