Destiny 220.07.2017, Benjamin Schmädig

Vorschau: Kleine Beta, großes Spiel?

Das kann man eigentlich niemandem erzählen... Es war kurz vor 19:00 Uhr. In wenigen Minuten würden wir zum ersten Mal Destiny 2 (ab 4,95€ bei kaufen) spielen. Gut, die Beta zumindest. Mein über die Grenzen dieser Galaxie berühmtes, weil unschlagbares Team stand also bereit, ich nippte an einem Glas Rotwein – und deinstalliere doch glatt das Spiel, anstatt es nur zu beenden. Ist leider genauso passiert. Was soll ich sagen? Vielleicht das: Als das Abenteuer dann endlich begann, hatten wir fast umgehend so viel Spaß wie mit dem Vorgänger!

Vier kleine Appetizer

Erwartet nicht zu viel: Die Beta enthält gerade mal eine Mission, einen Strike und auf jeweils einer Karte PvP-Gefechte im Modus Kontrolle bzw. dem neuen Countdown. Das ist an und für sich nicht mal wenig, allerdings hat man natürlich schnell alles mindestens einmal gesehen. Die offene Welt erkundet man noch nicht, anstatt einen Charakter zu erstellen wählt man aus drei vorgefertigten – ach, und Beute gibt es auch nur spärlich. Vor allem am Ende des Strikes und nach Partien im Schmelztiegel werden mal eine Waffe, mal eine Rüstung ausgeschüttet, richtig sammeln darf man allerdings noch nicht.

Ein Hüter (und Mio. Andere)

Vermutlich ist das auch gut so. Der echte Start erfolgt ja erst noch, obwohl die spielbare Mission nicht weniger als der komplette, etwa einstündige Einstieg ist. In dem überrennen die Kabale mal eben den Turm und greifen sogar den Reisenden an. Und falls das Spielbare bezeichnend für die Fortsetzung ist, dann werden die Missionen diesmal aufregender und abwechslungsreicher, als sie es im Vorgänger fast durchgehend waren. Entwicklungen geschehen mitten im Einsatz, bekannte Charaktere tauchen zwar nicht als Begleiter, aber gleich mehrfach auf und man wechselt sogar den Schauplatz.

Video: Der komplette Einstieg ist in der Beta spielbar.

Das ist nichts, was es bisher nicht gab, schon gar nicht mit Blick auf andere Shooter, die ihre geradlinige Geschichte nach wie vor packender erzählen, als es bei Destiny 2 den Anschein hat. Das Geschehen wirkt aber lebendiger als das Abklappern der Wegpunkte im ersten Teil – als würde Bungie dort weitermachen, wo die Entwickler mit der Erweiterung König der Besessenen einen Schritt nach vorn gemacht hatten.  Albern finde ich zwar nach wie vor, dass die Filmszenen einem immer noch vorgaukeln,  man wäre  der einzige Hüter weit und breit – und das nach diesem Trailer! Aber das freilich nur am Rande.

Kinetik, Energie und Power

Dafür fühlt es sich von der ersten Minute an komplett vertraut an. Kein Wunder: Die drei Klassen Jäger, Titan und Warlock unterscheiden sich in Sachen Steuerung und Fähigkeiten nur minimal von ihren Vorgängern. Ein bisschen ist das Fluch und Segen, denn nach immerhin drei Jahren hatte ich mir durchaus mehr Neuerungen erhofft. Wenn man etwa schon einen komplett neuen Helden spielen muss, warum dann nicht gleich einen aus drei gänzlich anderen Klassen?

Nein, Raumschiff-Design ist nach wie vor keine Stärke der Entwickler. Die Ladezeiten haben sie allerdings deutlich verkürzt.

So liegen die Unterschiede vor allem im Detail. Neu ist etwa eine größere Freiheit bei der Waffenwahl, denn in Destiny 2 können alle Waffentypen sowohl primäre als auch sekundäre Waffen sein. Man kann also gleichzeitig Scout- plus Impulsgewehr ausrüsten, was mir bedeutend mehr Spaß macht als das restriktive System des Vorgängers. Namentlich sind es deshalb auch keine Primär- und Sekundär-, sondern Kinetik- und Energiewaffen. Unter Energiewaffen werden dabei ausschließlich solche Gewehre und Pistolen einsortiert, die zusätzlichen Elementarschaden verursachen. Eine taktische Unterscheidung gibt es also durchaus.

Eine der neuen Waffen gefällt mir außerdem richtig gut: Das präzise SMG ist über kurze Distanzen z.B. eine tolle Ergänzung des Arsenals. Ebenfalls klasse ist der Granatwerfer. Der macht vermutlich keinen so großen Schaden wie die Raketenwerfer des Vorgängers, schluckt aber mehr Munition; man kann ihn also häufiger einsetzen. Und je häufiger Dinge explodieren, desto besser ist das ja grundsätzlich! Granatwerfer gehören dabei der dritten Kategorie an, die jetzt den seltsam klingenden Namen Powerwaffen trägt.

Kampfkünstler dank Arkusstärke

Weniger aufregend sind hingegen die langen Abklingzeiten der normalen Granaten. Mag sein, dass man die Cooldowns durch bestimmte Fähigkeiten oder Modifikationen beeinflussen kann. Für den Moment ist das aber eine ähnliche Ernüchterung wie das gefühlte Verkürzen der Entfernung, auf die man für einen Nahkampfschlag an einen Gegner herantreten muss. In diesen ersten Stunden ging dadurch erst mal ein wenig des gewohnten Schwungs verloren.

Auch der Jäger kann seine Ausweichrolle nicht mehr jederzeit ausführen, sondern muss stets ein paar Sekunden lang warten, bis sie wieder zur Verfügung steht. Was zunächst ärgerlich klingt, ist allerdings die Grundlage für eine großartige Erweiterung seiner Fähigkeiten: Stellt man den Charakter nämlich so ein, dass eine Ausweichrolle in der Nähe eines Gegners den starken Nahkampfschlag komplett auflädt, beseitigt der Jäger vor allem kleine Gegner sehr schnell. Wählt man als Fokus Arkusakrobat,

Mit ihrer Super fegen Jäger mit dem Fokus Arkusakrobat durch Gegnermengen und fügen Bossen erheblichen Schaden zu.
lädt sich mit jedem durch einen Fausthieb besiegten Feind außerdem die Ausweichrolle komplett auf – und schon wühlt man sich also elegant durch Gegnerhorden, was verdammt unterhaltsam ist!

Dantes Destiny

Arkusakrobat ist dabei ebenso neu wie Dämmerklinge der Warlocks, die beim Auslösen der dazugehörigen Super ein Schwert ziehen, mit dem sie vor allem aus der Luft heraus gewaltigen Schaden anrichten – entweder indem sie Geschosse abfeuern oder einen Schlag auf den Boden ausführen, der aus Actionspielen der Marke Devil May Cry stammen könnte. Die Super der Arkus-Jäger gleicht den Schwertern des Vorgängers, allerdings handelt es sich um einen Kampfstab, mit dem man mächtige Hiebe aus unmittelbarer Nähe austeilt.

Passive Fähigkeiten ergänzen natürlich je nach Fokus und Auswahl verschiedene Spielweisen, wobei sowohl der zweite Fokus des Warlocks (Leere-Läufer) als auch der des Jägers (Revolverheld) dem jeweiligen Vorgänger gleichen. Ähnliches gilt für Stürmer und Sentinel des Titanen, wobei dessen hauptsächlich defensiver Super-Schild um einen offensiven ergänzt wird, den er auf Gegner wirft.

Höher hinaus?

Neu ist außerdem, dass Warlocks mit erstaunlich kurzer Abklingzeit einen Kreis einrichten, in dem sämtliche Hüter je nach Einstellung geheilt werden oder zusätzlichen Schaden anrichten. Titanen stellen hingegen eine Schutzwand auf, die entweder übermannshoch deckt oder so niedrig ist, dass man kniend dahinter Deckung findet, im Stehen aber drüber weg schießen kann.

Video: Der neue Modus im Schmelztiegel erweitert die taktische Vielfalt der PvP-Gefechte.

Manches davon gefällt mir noch nicht. In Destiny hatte ich immerhin einen Warlock gespielt, der mit seinem Schwert viel Kleinvieh weggehauen hat – jetzt nimmt das Schwert schon den Platz der Super ein und der einzige Ersatz ist eine dritte herkömmliche Waffe. Noch habe ich das Potential der einzelnen Figuren aber natürlich nur angerissen und dass sowohl Hüter als auch Gegner verstärkt aus der Luft attackieren, ist eine tolle Änderung! Von daher bin ich gespannt, wie sich die Charaktere anfühlen, wenn man sich einmal an sie gewöhnt hat.

Gleichzeitig verzögert

Eine sinnvolle Ergänzung ist außerdem der Modus Countdown im Schmelztiegel. Dieser fügt den PvP-Gefechten eine taktische Note hinzu, die mir in Destiny auch nach Einführung von Elimination und Rift zu kurz kam. Dabei handelt es sich um eine Variante des Counter-Strike-Prinzips: Während Team eins einen Sprengkörper bei Punkt A oder B platzieren soll, muss Team zwei genau das verhindern. Jeweils vier Kämpfer treten so pro Team an, wobei gefallene Hüter nicht aus eigener Kraft wiedereinsteigen dürfen. Sie können allerdings von ihren Mitstreitern wiederbelebt werden, was eine gelungene Variation des vertrauten Konzepts ist.

Ärgerlich ist hingegen, dass Gegner oft noch immer eine gefühlte Sekunde nach einem Treffer erst offiziell Schaden nehmen und aus dem gleichen Grund ständig beide Kontrahenten eines Nahkampfduells zu Boden gehen. Wie gesagt: Es fühlt sich eben alles sofort vertraut an.

Ausblick

Freut euch drauf! Teil zwei ist dem ersten Anschein nach zwar nur ein behutsam erweitertes Destiny, aber Letzteres war ja immerhin mehr als genug, um manchen Spieler Dutzende Stunden, mich Hunderte und einige gar Tausende Stunden an den Bildschirm zu fesseln. Mir gefallen vor allem die größere Freiheit bei der Wahl der Waffen, der neue Fokus des besonders im Nahkampf tödlichen Jägers und die Tatsache, dass Bungie das Kämpfen um eine starke vertikale Komponente zu erweitern scheint. Die in der Beta vorhandene Mission sowie der Strike waren zudem ereignisreich, angenehm fordernd und die Ladezeiten fielen wesentlich kürzer aus als zuletzt. Natürlich stehen hinter dem Zusammenspiel der Charaktere noch riesige Fragezeichen, noch größere sogar hinter dem in der Beta nicht möglichen Modifizieren der Ausrüstung. Auch das Sammeln der Beute fehlte, also einer der wichtigsten Aspekte des Abenteuers – von der offenen Welt ganz zu schweigen. Mit anderen Worten: Dass Destiny 2 ein bedeutend verbesserter Nachfolger wird, muss es in knapp zwei Monaten beweisen.

Einschätzung: gut

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