MegaMan 1118.09.2018, Mathias Oertel
MegaMan 11

Vorschau: Neue Kulisse, altes Anforderungsprofil

Seit über 30 Jahren bringt der in blauer Rüstung hüpfende Mega Man die Fans klassischer Plattform-Action mit einem ausgefeilten Leveldesign und traditionell hohem Schwierigkeitsgrad zur Verzweiflung. Mit Mega Man 11 ändert Capcom zwar den visuellen Stil und nähert sich damit in mehr als nur einem Aspekt an Mighty No. 9 an. Doch wie wir bei einem ausgedehnten Vorschau-Spiel erfahren konnten, hat sich ansonsten nicht viel geändert.

Geben und Nehmen

Vor zwei Jahren hat Keiji Inafune, einer der Co-Designer der ursprünglichen Mega-Man-Serie, zusammen mit Koji Imaeda sowie Kinshi Ikegami den Versuch unternommen, seiner Vergangenheit einen Besuch abzustatten. Das Ergebnis: Mighty No. 9. Während die Kernmechanik mit Hüpfen, Schießen (in erster Linie nur horizontal möglich) und knackigen Bossen stark an die Zeit erinnerte, in der er bei Capcom unter Vertrag stand, machte die Kulisse einen Schritt nach vorn und zeigte sich zeitgemäßer. Und das war etwas, das den bis dahin erschienenen Titeln der Mega-Man-Serie nicht vergönnt war. Selbst die in der PS3- bzw. Xbox-360-Ära veröffentlichten Teile 9 und 10 hielten an dem klassischen 8-Bit-Stil fest. Das wird sich mit Mega Man 11 ändern: Hier sind keine Minimalanimationen und Pixel-Hintergründe zu finden, sondern ähnlich wie in Mighty No. 9 ein vergleichsweise aufwändig modelliertes Protagonisten-Modell, das fein animiert vor farbenfrohen Hintergründen hüpft und ballert.

Auch wenn sich die Kulisse in Mega Man 11 endlich zeitgemäß zeigt, bleibt die Kernmechanik weitgehend unberührt.
Doch beim Rest zeigt man sich weiterhin fest in der Tradition verwurzelt. Mitunter scrollen die Abschnitte zwar, doch irgendwann kommt man wie früher immer an den Punkt, an dem der Bildschirm umgeschaltet wird. Man hält auch nach wie vor daran fest, die Gegner unter Umständen schon wieder auftauchen zu lassen, bevor man den Bildschirmwechsel komplett vollzogen hat. Sprich: Scheitert man z.B. bei einer komplexen vertikalen Sprungpassage und stürzt ab, ist es sehr wahrscheinlich, dass die auf dem Weg nach oben ausgeschalteten Gegner ebenfalls wieder als Gefahr warten, nachdem man auf dem harten Boden der Tatsachen angekommen ist. Und selbstverständlich kann Mega Man als Standard nur horizontal schießen. Seine Projektile in  die Diagonale oder gar stufenlos in 360 Grad abzufeuern, ist für den blauen Hüpfer auch zum 30-jährigen Jubiläum größtenteils verpönt.

Alt und neu

Damit nach den Sammlungen der bisherigen Mega-Man-Teile sowie der Ableger-Serie Mega Man X etwas Abwechslung in die Plattform-Action kommt, konzentriert sich das Team um Koji Oda als Director vorrangig um Tempo-Wechsel im Rahmen der sorgsam gestalteten Abschnitte. Mal wird man durch Umgebungsgefahren vollkommen unmerklich aufgefordert, schnell durch die Levels zu hüpfen und kann dabei auch den einen oder anderen Gegner ignorieren. Dann wiederum muss man vorsichtig agieren, seine Aktionen vorausschauend planen und die Wege der Gegner einkalkulieren. Dies sorgt dafür, dass man jedem Umschalten des Bildschirms mit Respekt begegnet, da man zumindest beim ersten Anlauf nie genau weiß, was einen erwartet und sich erst einmal auf die Anforderungen einstellen muss. Und dass man bei einigen Bereichen trotz

Um die Bosse besiegen zu können, sind Geduld und Geschick gefragt - und der Einsatz der neuen Double-Gear-Fähigkeiten wie z.B. das Verlangsamen der Umgebung.
Levelkenntnis mehrere Anläufe unternehmen muss, gehört ebenfalls zu den klassischen Charakteristika von Mega Man, die sich auch 30 Jahre nach seinem ersten Auftritt gehalten haben.

Man wird serientypisch häufig scheitern, noch bevor man überhaupt den ersten Zwischenboss gesehen hat – von den Endgegnern ganz zu schweigen. Allerdings kann man sich sicher sein, dass es an den eigenen Fähigkeiten bzw. mangelnder Geduld oder temporär fehlender Hand-/Auge-Koordination liegt - Sprungverhalten und Kollisionsabfrage sind per se hoch akkurat. Um aber auch unerfahrenere Spieler mit ins Boot zu holen, wird es nicht nur angepasste Schwierigkeitsgrade geben, bei denen man großzügigere Kontrollpunkte und verletzlichere Gegner vorfindet. Man wird Kräfte von besiegten Bossen übernehmen und sie einsetzen können. Und man darf sich mit dem neuen sich selbsttätig aufladenden „Double Gear System“ leichte Vorteile verschaffen. Mit dem „Speed Gear“ kann man z.B. die Zeit verlangsamen, um knifflige Plattform-Sequenzen leichter bewältigen zu können oder Bossen effektiver zusetzen zu können. Vor allem, wenn man gleichzeitig das „Power Gear“ aktiviert, mit dem man deutlich mehr Schaden anrichtet oder sich das „Double Gear“ bei kritischem Gesundheitszustand von Mega Man als Zünglein an der Waagschale herausstellt. In jedem Fall sollte man zum einen nicht vergessen, diese erweiterten Angriffsoptionen zu nutzen, wie es mir im Rahmen der für die Vorschau zur Verfügung stehenden Abschnitte passiert ist. Und zum anderen muss man stets im Hinterkopf behalten, dass man sich den Einsatz gut einteilen sollte, da die Gear-Energie recht knapp ist, während die nötige Aufladezeit zusätzlich an den Nerven zehrt.

Ausblick

Acht Jahre nach seinem letzten in jeder Hinsicht klassischen Auftritt kehrt Mega Man zurück, um sein 30-jähriges Jubiläum zu feiern. Und abseits von der Kulisse wird sich der blaue Hüpfer von genau der Seite zeigen, die seit seiner Premiere für Hassliebe bei Fans von Plattform-Action sorgt. Zwar darf man mit der Wahl des Schwierigkeitsgrades mittlerweile festlegen, wie viele Kontrollpunkte in den abwechslungsreichen Abschnitten zur Verfügung stehen. Doch mit dem traditionell hohen Anforderungsprofil, das nicht nur Level-Kenntnis, sondern auch gute Reaktionen sowie Hand-Auge-Koordination erfordert, führt Mega Man 11 die Spieler bis ans Limit. Dabei bleibt das Leveldesign jedoch immer fair und wird sowohl von der direkten Steuerung und der akkuraten Kollisionsabfrage als auch dem neuen so genannten „Double-Gear“-System unterstützt, dass es Mega Man temporär ermöglichen wird, seinen Schaden zu erhöhen oder die Umgebung zu verlangsamen. Dass die Abschnitte sich zum ersten Mal im Rahmen der Hauptserie vom Pixeldesign verabschieden und ähnlich wie Mighty No. 9 vor zwei Jahren mit einem handgezeichneten sowie farbenfrohen 2,5D-Design die Tür in die Gegenwart öffnen, nehme ich dabei ebenfalls erfreut zur Kenntnis. Mega Man 11 zeigt sich zwar visuell einsteigerfreundlicher, doch im Kern bietet Capcom immer noch das gleiche Erlebnis, bei dem Frust und Erfolg mitunter nur einen Pixel außereinander liegen.

Einschätzung: gut

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