Im Test:
Goldene Erinnerungen
Auf den ersten Blick macht dieses Deus Ex eine stimmungsvolle Figur: Das Artdesign folgt dem stilbildenden goldenen Glanz, die Kulisse lockt mit diffusem Licht und futuristischen Arealen. Zusammen mit den dezenten Klängen entsteht eine ebenso zwielichtige wie edle Atmosphäre, die fast nahtlos an das Erlebnis auf PC, PS3 und 360 anzuknüpfen scheint. Wenn Protagonist Ben Saxon das erste Mal auftritt, bekommt das Erlebnis auf iPad allerdings einen ersten Dämpfer. Hinsichtlich Mimik, Gestik und vor allem Charisma bleibt der britische Ex-Elitekämpfer weit hinter Adam Jensen aus Human Revolution zurück - er erinnert eher an einen gewöhnlichen Helden der 80er.
Worum geht es? Zusammen mit einer Begleiterin wird er von Agenten einer monopolistischen Firma gejagt, für die sie kürzlich noch selbst aktiv waren. Deshalb könnten sie brisantes Insider-Wissen über den Handel mit Medikamenten ausplaudern, die als einzige die teilweise fatalen Nebenwirkungen von Augmentierungen eindämmen. Natürlich geht es wie im großen Vorbild um diese künstlichen Erweiterungen des Menschen und ihre gesundheitlichen, sozialen sowie politischen Folgen. Zwar gewinnt Ben im Laufe seiner Flucht über den halben Erdball noch ein wenig Charakter und Zerrissenheit, Dialoge und Zwischensequenzen wirken jedoch zu holzschnittartig.
Neugier und Ernüchterungen
Wie spielt sich dieses Deus Ex? Was ist mit Stealth und Action? Die Steuerung überrascht im Einstieg positiv, denn man kann sich präzise über den linken Daumen vor oder zurück bewegen, geduckt oder aufrecht, während man mit dem rechten den Blickwinkel bzw. das Fadenkreuz der Waffe bewegt – das funktioniert erstaunlich gut. Wer es indirekter mag, kann auch auf den Boden, die Deckung oder einen Gegner tippen, um dann dorthin zu huschen bzw. diesen ins Visier zu nehmen; in den Optionen lassen sich zudem Doppel- und Einfachtipper einstellen. Sobald ein schneller Wechsel der Deckung möglich ist, kann man auf einen Button klicken – diese Bewegung ist taktisch sehr hilfreich und sieht elegant aus.
Mehr Hektik als flüssige Action
Der Schleichweg ist schon eher zu empfehlen, denn hier hat man mehr Ruhe, kann besser planen und geduckt von Säule zu Säule huschen. Außerdem erscheinen die Buttons für einen lauten oder leisen Kill recht früh, so dass man nicht ganz nah an den Feind ran muss. Aus der Deckung heraus kann man zudem sehr gut manuelles Zielen für Kopfschüsse oder Granaten nutzen. Aber das Leveldesign ist weitaus simpler gestrickt, was Architektur und Struktur angeht – sprich: Man findet als Schleicher nicht genug alternative Routen und wird meist an enger Leine zum Ziel geleitet. Es gibt immerhin auch mal Hacking vor verschlossenen Türen, das wesentlich einfacher ist als im Original, sowie Notizen, die der Geschichte einige private Facetten hinzufügen. Außerdem kann man Schädel, Haut, Rumpf, Arme, Augen und Beine mit aktiven und passiven Augmentierungen wie dem getarnten Lauf, dem lautlosen Laufen oder dem Blick durch Wände aufrüsten. Man wird also auf dem iPad mit der subtilen Vorgehensweise besser unterhalten als mit der mangelhaften Action.
Faule Kompromisse und ärgerliche Bugs
Hinzu kommen ärgerlich Fehler in der Steuerung und Visualisierung: Tippt man auf einen Punkt im Gelände, damit Ben automatisch dorthin geht, kann es passieren, dass er eine abstrus lange und für die Wachen einsehbare Route wählt, anstatt direkt um ein Hindernis zu huschen – natürlich wird er dann entdeckt. Außerdem bleibt er manchmal komplett in massiven Gegenständen wie Kisten hocken, die dann mit dem Körper verschmelzen; hier hapert es an der Kollisionsabfrage.
Auch die Einbindung der In-App-Purchases ist kontraproduktiv: Nicht über Händler, sondern direkt während der Einsätze kann man über Echtgeld effizientere Waffen, Minen und Granaten kaufen (3000 Credits gibt es für 0,89 Cent). Man muss das zwar nicht, um erfolgreich zu sein, aber warum lässt man diesen Bruch in der Fiktion überhaupt zu?
Fazit
Auf dem iPad spielt sich dieses Deus Ex wie ein hübscher, aber fauler Kompromiss. Das ist ein vorzeigbares, zwischendurch unterhaltsames Abenteuer, das auf den ersten Blick an die Stimmung aus Human Revolution erinnert. Aber obwohl die Story parallel zu dessen Ereignissen spielt und man Entscheidungen treffen darf, kann die Regie keine Sogwirkung entfachen – zwischen diesem Spiel mit Ben Saxon und jenem mit Adam Jensen in der Hauptrolle liegen qualitativ Welten. Zwar ist die Steuerung in ruhigen Situationen überraschend präzise, aber in der Hitze des Gefechts verliert man schnell die Übersicht und wird von stellenweise miserabler KI enttäuscht. Besser als die mangelhafte Action funktioniert das Schleichen, denn hier kann man einige spannende Momente erleben. Trotzdem wird auch beim subtilen Vorgehen im Vergleich zum Original zu häufig klar, dass man hinsichtlich Figurenverhalten, Missionsdesign und Regie ein Deus Ex zweiter Klasse vor sich hat. Warum muss man ein immersives Echtzeiterlebnis überhaupt auf Tablets oder gar Mobiltelefonen anbieten, wenn man weiß, dass man letztlich so viele Abstriche in Kauf nehmen muss? Hier hätten sich eher PS Vita oder 3DS angeboten! Auf dem iPad hätte ein rundenbasiertes Abenteuer mit Stealthfokus zu einem konsequenteren Ergebnis geführt.
Pro
Kontra
Wertung
iPad
Auf dem iPad spielt sich dieses Deus Ex wie ein hübscher, aber fauler Kompromiss - hektische Action trifft auf nur stellenweise unterhaltsames Schleichen.
iPhone
Auf dem iPhone ist Deus Ex auch sehr ansehnlich, aber auf dem kleinen Schirm häufen sich die Fehltipper.
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