Im Test: Nintendo goes Appstore
Ein Jump'n Run im Korsett
Was ist eigentlich ein "Runner"? Ein Jump'n Run, in dem man automatisch von links nach rechts rennt, während man zwischendurch auf Knopfdruck Hindernisse überwindet - und zwar so lange, bis man stirbt. Aus heutiger Sicht nicht mehr als eine kurzweilige Fingerübung in einem starren Korsett.
Es gab in den letzten Jahren eine regelrechte Flut an Spielen, die meist auf "Run" oder "Dash" hörten - meist billig designt und vollgestopft mit Mikrotransaktionen. Auch Ikonen wie Sonic oder Rayman haben sich bereits hier ausgetobt. Einige Titel wie Jetpack Joyride sowie vor allem Rayman Jungle Run haben immerhin demonstriert, wie unterhaltsam das Spiel gegen den schnellen Hüpftod sein kann.
Drei Störfaktoren vor dem ersten Sprung
Aber Marios iOS-Premiere nervt schon vor dem Start - und zwar dreifach: Erstens muss man tatsächlich dauerhaft online sein, obwohl die Spielmechanik das absolut nicht nötig hätte oder gar davon profitieren würde. Das führte schon beim Probe spielen zu Unterbrechungen in der Bahn und wird das mobile Datenvolumen dauerhaft belasten; man schätzt es zumindest zu Beginn auf 75 Megabyte pro Stunde. Warum macht man das? Nintendo rechtfertigt diese unsinnige Maßnahme damit, dass man so der möglichen Software-Piraterie zuvorkommen wolle.
Erst die Ernüchterung, dann der Anspruch
Nach dem Start macht man Bekanntschaft mit den Automatismen, die so gar nicht zur Tradition des Klempners passen wollen: Mario überspringt kleine Hindernisse, Abgründe und Gegner von alleine - man schaut nur zu. Erst wenn es um breitere Schluchten oder größere Figuren geht, muss man einmal irgendwo auf den Bildschirm drücken. Wenn man länger gedrückt hält, springt Mario auch höher und weiter. Das ist genauso simpel wie man es von diesem
...allerdings nicht gemeistert: Der motivierende Teufel liegt im stetig wachsenden Anspruch an die eigene Hand-Auge-Koordination, wenn man denn möglichst viel Gold und alle Extras wie die fünf rosa Münzen etc. einsammeln will. Dann muss man sein Timing perfektionieren, jeden Level mehrfach wiederholen - was allerdings ermüdend sein kann. Immerhin wird die Spielmechanik fordernder, denn das Einfache kann in bestimmten Situationen komplexere Wirkung zeigen: Wer rechtzeitig bei einem automatischen Sprung über einen Gegner, an einer Wand oder in der Luft zum Sprung ansetzt, löst zusätzliche Manöver wie Wandsprünge, Salti, Pilzwürfe oder Rückwärtsbewegungen aus. Letztere können helfen, dass man zunächst vergessene oder unerreichte Münzen ergattert, aber werden seltsam eingeschränkt, wenn sich Mario plötzlich wieder umdreht - spätestens hier nerven die Automatismen wieder gewaltig.
Was macht man mit diesen Tickets? Überflüssigen Schickschnack, damit die Endlosschleife aus Belohnungen nicht versiegt. Man bezahlt damit eine so genannte Toad-Rallye, in der man gegen Nintendo oder die Geister anderer Spieler antritt. Wenn man diesen Lauf durch bekannte Level mit mehr Münzen und "cooleren Aktionen", die quasi einen monetären Boost auslösen, gewinnt, kommen auch die während des Durchgangs jubelnden Toads mit nach Hause ins Hauptmenü. Das wiederum erhöht mit der Zeit den Rang des dortigen Schlosses, so dass man sein Königreich mit an die 100 Elementen gestalten kann. Für Münzen kann man Dekorationen wie Blumen, aber auch Häuser kaufen und an bestimmten Stellen platzieren - berührt man diese, kann man in Bonuslevels weitere Münzen und Tickets ergattern. Klingt nach Abwechslung, aber sowohl die Rallye selbst als auch die Häuser bieten nur extrem kurze Abschnitte, die nicht kreativ genug vom bekannten Prinzip abweichen. Da ist es schon motivierender zu sehen, ob Freunde einen bestimmten Level besser gemeistert haben.
Fazit
Viel Lärm um so ein simples Spiel: Es ist zwar politisch wegweisend, dass Super Mario Run das erste Spiel von Nintendo für iPhone & Co ist. Die Japaner werden mit dieser Öffnung für den Smartphone- und Tablet-Markt noch sehr viel Umsatz machen. Aber der Zwang zur Online-Verbindung nervt gewaltig, man kann nur hochkant spielen und die inhaltliche Qualität ist im Kontext dieser großartigen Tradition bescheiden. Innerhalb der "Runner" hinterlässt Mario eine solide bis gute Figur: Es macht kurzfristig durchaus Spaß von links nach rechts gegen den Tod zu hüpfen, zumal das Leveldesign abwechslungsreich ist und Perfektionisten trotz der ärgerlichen Automatismen aufgrund einiger akrobatischen Kombos gefordert werden - alle anderen sind in zwei bis drei Stunden durch. Aber selten hat mich ein Spiel von Nintendo so kalt gelassen, dass ich auf Extraschichten für mehr Münzen gar keine Lust hatte. Zum einen gibt es da draußen schon zig so genannte "Runner", zumal man mit Jetpack Joyride oder Rayman Jungle Run noch mehr Spaß haben kann. Zum anderen verbinde ich mit Mario natürlich seit Jahrzehnten mehr Qualität. Wer die Jump'n Runs des Klempners kennt, egal ob auf 3DS, Wii oder Wii U, wird sich beim Tippen auf den Bildschirm wie in einem Minispiel vorkommen. Und letztlich ist das auch nicht mehr, was man nach ein paar kostenlosen Probelevels für 9,99 Euro kaufen soll - innerhalb des AppStores übrigens eine hochpreisige Ansage. Ich liebe Jump'n Runs, ich mag Mario, aber nicht in dieser beschränkten Form.
Pro
Kontra
Wertung
iPad
Ich liebe Jump'n Runs, ich mag Mario, aber nicht in dieser beschränkten Form. Diese iOS-Premiere ist spielmechanisch solide, aber Online-Zwang, Automatismen sowie Umfang sorgen für Unmut.
iPhone
Ich liebe Jump'n Runs, ich mag Mario, aber nicht in dieser beschränkten Form. Diese iOS-Premiere ist spielmechanisch solide, aber Online-Zwang, Automatismen sowie Umfang sorgen für Unmut.
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