Brettspiel-Test: Rosenkönig (Legetaktik)

von Jörg Luibl



Rosenkönig (Brettspiel) von KOSMOS
Rosenkönig
Publisher: KOSMOS
Release:
01.12.2011
01.12.2011
kein Termin
Spielinfo Bilder  
Keine Lust auf hundert Seiten Regelwerk, zweihundert ausgestanzte Plättchen und vierstündige Marathonabenteuer? Kein Problem: Es gibt auch kleine Spiele, die ohne viel Einarbeitung für großen Spaß am Tisch sorgen. Dirk Henn (Metro, Palast von Alhambra, Shogun) hat 1999 eines der besten Taktikspiele für zwei Personen entworfen: Eine dornige Fehde um territoriale Macht.

Krieg auf der Insel

Bei Kosmos erschien 1999 "Rosenkönig" für zwei Personen - mittlerweile gibt es mehrere Editionen zwischen 13 und 20 Euro.
Lancaster und York? Das sind doch...richtig: Die zwei verfeindeten Häuser, die in den Rosenkriegen des 15. Jahrhunderts um die Macht in England kämpften. Und genau darum geht es in diesem kurzweiligen Taktikspiel: Man führt entweder die weiße Rose Yorks oder die rote Rose Lancasters in den Krieg. Jeder Spieler setzt abwechselnd einen der 52 doppelseitig bedruckten Steine auf die edel illustrierte Karte, die zwischen mythologischen Holzschnitzereien einen Teil der britischen Insel zeigt - es geht um die Herrschaft über 88 Gebiete zwischen neun mal neun Feldern.

Das Besondere und der wesentliche Unterschied zu reinen Strategieklassikern: Man darf erstens nicht frei überall hin setzen, sondern zieht Zugkarten, und kann zweitens über je vier Heldenkarten feindliche Steine durch eigene ersetzen. Das sorgt zum einen für einen gewissen Glücksfaktor, zum anderen aber auch für erhöhte Spannung, da sich die Lage über einen geschickten Angriff plötzlich ändern kann - es kommt zu einem taktischen Hin und Her, zu einem Besetzen und Rauben, das die wechselhaften Rosenkriege sehr schön symbolisiert.

Die Macht der Gebiete

Der Spieler der roten Rose hat in der Mitte ein Gebiet  mit einem Wert von vier mal vier  sowie zwei einzelne Gebiete - das macht: 18 Punkte.
Die Qualität des Spiels ergibt sich aber erst durch das territoriale Prinzip: Am Ende werden nicht einfach alle Steine gezählt, sondern die zusammen hängenden Gebiete - was entfernt an Go erinnert: Während ein einzelner Stein am Ende auch nur einen Punkt ergibt, sorgen zusammen liegende Steine für einen großen Punktebonus. Sprich: Alle Steine einer Farbe, die sich waagerecht oder senkrecht berühren, werden mit sich selbst multipliziert - aus zweien werden vier Punkte, aus sechsen werden 36 Punkte, aus einem Gebiet von 25 gar 625 Punkte.

Und genau hier werden die Heldenkarten zu wertvollen Jokern: Denn wenn man sie einsetzt, kann man gegnerische Steine umdrehen, so dass sie die eigene Farbe zeigen. So kann man mit einem Zug aus einem zusammen hängenden Gebiet des Gegners einen Flickenteppich machen und ihm wertvolle Punkte rauben. Ob er danach mit einem Helden zurückschlägt? Falls er noch einen hat! Denn es gibt ja nur vier davon und die sollte man clever, möglichst gegen Ende des Spiels einsetzen, bevor die Punkte aller Gebiete für die Ermittlung des Siegers addiert werden.

Cleveres Rauben und Besetzen

Man zieht immer vom letzten Stein aus (gelbe Krone) in eine Richtung, die von der Machtkarte mit dem Schwert vorgegeben wird.
Aber Vorsicht: Man darf seine Steine ja nicht einfach beliebig setzen oder austauschen, denn Züge werden über blaue Machtkarten vorgegeben. Wer einen Stein platzieren will, muss die entsprechende Karte ausspielen, die genau anzeigt, in welche der acht Richtungen vom letzten gesetzten Stein aus man sich wie weit bewegen darf - sehr ansehnlich illustriert durch Schwerter auf einer Art Kompass sowie eine Krone mit der Reichweite als römischer Ziffer. Es kann aber schon zu spät sein für einen eigenen Stein, weil England vielleicht schon voller weißer und roter Rosen ist und es keine freien Gebiete mehr gibt!

Sehr wichtig für die Motivation ist, dass das Glücksmoment bei der Steinplatzierung keine Überhand nimmt, denn man hat immer die Wahl aus fünf vor einem liegenden Machtkarten, die natürlich ganz unterschiedliche Richtungen und Weiten anzeigen - man zieht aus einem Stapel immer wieder frische nach. So bleibt genug Raum für die eigene Strategie, man kann zwischen den Möglichkeiten abwägen, zumal man eine der vier mächtigen Heldenkarten nur in Kombination mit einer Machtkarte spielen darf. Sprich: Wer einen gegnerischen Stein in einen eigenen verwandeln will, muss ihn über eine Karte erreichen!

Fazit

Wir spielen den Rosenkrieg jetzt schon seit Jahren. Kosmos hat in seiner Reihe "Spiele für zwei" schon sehr viel veröffentlicht, aber das ist definitiv eines der Highlights. Es macht immer wieder Spaß, weil man in fünfzehn bis zwanzig Minuten taktische Spannung mit einem kleinen Glücksfaktor erlebt. Dieses kurzweilige Spiel von Dirk Henn ist zeitlos gut, weil es die territoriale Eroberung sehr dynamisch inszeniert: Man platziert nicht einfach stoisch seine Steine, sondern kann clever zwischen Gebietserweiterung und plötzlichem Raub wechseln. So kommt es zu einem spannenden Hin und Her mit taktischem Finale auf einer edlen Spielkarte. Die verbissene Fehde zwischen Lancaster und York wird hier für eine halbe Stunde lebendig.


Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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Kommentare

Jörg Luibl schrieb am
Jep, es gibt noch viele gute Brettspiele. Dungeon Lords und Battlestar Galactica müssen sich noch beweisen, habe ich aber im Visier; Pandemie ist als eingängigstes Spiel mit kooperativer Philosophie auch schon auf der Liste. Bloß - da sind noch ein Dutzend andere...
meistergigi schrieb am
Danke für den Bericht :)
Wir sind inzwischen schon soweit das wir uns fast alle Spiele die hier getestet werden kaufen :)
Runewar Test würd ich auch kuhl finden.
LawrenceXXX schrieb am
Jörg, herzlichen Dank für den Test. Und ich, da ich selbst gern Brettspiele spiele, feue mich besonders über die Vorstellungen. Es gibt aber aus meiner Sicht einfach viel zu viele gute Spiele, die noch getestet werden sollten. Ad-hoc fallen mir folgende ein:
- Dungeon Lords (der "Bruder" von Galaxy Trucker)
- Puerto Rico (ein paar vergleichbare Mechanismen wie Agricola, ich finde es sogar einen Tick besser)
- Funkenschlag (hässliches Material, schönes Spiel)
- ggf. Twilight Struggle ("amerikanische" Spielmechanismen, aber interessant)
- Caylus (Super Strategiespiel, leider ein bisschen lang)
- Acquire (sehr alt, aber immer noch klasse und in Deutschland nicht übermäßig bekannt)
- Battlestar Galactica (verblüffend umfangreiches Spielmaterial und auch als Spiel sehr gut)
- Pandemie (interessantes kooperatives Spiel)
- Race for the Galaxy (mühsamer Einstieg, danach machts Spaß)
und und und
Ich bin gespannt auf die in Zukunft von dir getesteten Spiele
Jörg Luibl schrieb am
Kahuna ist auch klasse; das fehlt aber noch in meiner Sammlung. Ich hatte es mal ausgeliehen und richtig Spaß damit.
M_Coaster schrieb am
Ich mag als 2 Spieler Spiel auch Kahuna :) Da habe ich mir beim spielen auch schon nen Ast abgefreut! Oder in die Tischknte gebissen :)
schrieb am