N.O.V.A.22.01.2010, Jan Wöbbeking
N.O.V.A.

Im Test:

Der Master Chief besucht das iPhone: Bungie selbst entwickelt zwar keinen Shooter für Apples mobile Plattform, aber die Handyspiel-Spezis von Gameloft haben vor kurzem ihre eigene Interpretation des Halo-Universums in den App-Store gestellt. Schon kurz nach dem Start erlebe ich ein Déjà-vu nach dem anderen: Es gibt eine Cortana, zischende Schakale, Grunts und Brutes. Natürlich tragen sie andere Namen - doch die Ähnlichkeiten sind kaum zu verleugnen.

Zurück in die Vergangenheit

Wie einst der Master Chief erkundet auch sein Gameloft-Doppelgänger einen Dschungel und stapft an jeder Menge klobig-monumentalen, mit bunt leuchtenden Leiterbahnen durchzogenen Bauwerken vorbei. Ab und zu trällert sogar der bekannte Männerchor sein Liedchen.

In den größeren Arealen legt man sich mit rund einem Dutzend Gegnern an. Mit dem Blitzsymbol lassen sie sich betäuben, danach kommen Panzerfaust, Sturmgewehr und eine Laserwumme zum Einsatz.
Die erfreulichste Ähnlichkeit sind aber die Kämpfe. Entweder hatte das Team mehr Zeit, Inspiration oder es durfte schlicht und einfach auf einen größeren Geldtopf zugreifen. Was auch immer dafür verantwortlich war - es gibt um einiges ausgereiftere Schießereien als in den faden Shootern Terminator: Die Erlösung und Modern Combat: Sandstorm . Die Aliens schnellen diesmal nicht bloß wie Pappkameraden in einer alten Sega-Schießbude aus ihrer Deckung; stattdessen kommen sogar richtig dynamische Kämpfe zustande.

Der Ablauf der Action wirkt ganz allgemein nicht mehr so schrecklich linear: Mal muss ich einen Generatorenraum beschützen, ein anderes mal unter Zeitdruck durch einen Meteoritenschauer sprinten. Nachdem ich in dichtem Schneegestöber ein paar ausschwärmende Wachen aus der Nähe ausgeschaltet habe, muss ich ein besetztes Bergwerk einnehmen, welches am Ende einer verschneiten Talsole liegt. Rund ein Dutzend Gegner patroullieren in der Nähe der Festung. Also schleiche ich mich behutsam heran und schalte zunächst die zwei Aussichtsposten in den Türmen mit dem Scharfschützengewehr aus - oder versuche es zumindest. Nachdem ein Projektil die erste Wache zielgenau Schlafen gelegt hat, arbeitet sich die komplette Mannschaft am Boden in meine Richtung vor. Sobald ich die Deckung verlasse, nervt mich außerdem die Wache im zweiten Turm mit gnadenlos präzisen Treffern. Jetzt muss ich mich mit dem unangenehmsten Detail des Spiels herumschlagen: Der Bedienung des Zielfernrohrs. Das Umschalten, Zielen und Zurückschalten ist viel zu fummelig geraten und sorgt vor allem in hektischen Situationen für Ärger.

Fast wie mit der Maus

Der Rest der Steuerung funktioniert aber recht gut: Das Zielen per Finger klappt benahe so intuitiv wie mit der Maus. Außerdem lassen sich der virtuelle Schussknopf sowie sämtliche Bedienelemente nach eigenem Gusto verschieben. Trotzdem musste ich ständig daran denken, wie viel bequemer es doch wäre, den Abzug auf der Rückseite meines iPod Touch auslösen zu können.

Fette Bosse wie dieses entzückende Exemplar sind in der N.O.V.A.-Galaxie leider Mangelware.
Stattdessen muss man mit einem der beiden Daumen ständig auf den virtuellen Touchscreen-Schussknopf umgreifen. Nachdem ich den zweiten Turmschützen endlich erledigt habe und mich nicht mehr mit den Zielfernrohr herumschlagen muss, folgt der spaßige Teil des Angriffs. Jetzt sprinte ich von Deckung zu Deckung und auch die Gegner tun es mir gleich. Einer der fetten Brocken hat mich sich von hinten zu mir vorgearbeitet und reißt mich plötzlich mit einer seiner Pranken in die Luft. Wenn ich schnell reagiere, lässt sich seine Box-Attacke aber noch mit schnellen Pistolenschüssen in die Visage abwehren.

Wer ein kostenloses Konto beim Online-Dienst Gameloft Live (welch origineller Name) erstellt, kann sich mit bis zu drei Gegnern einfache Internet-Deathmatches liefern. Die Gefechte leiden allerdings stark unter Lags und den ständig vom Server fliegenden Gegnern. Wer sich derlei Probleme ersparen möchte, darf bis zu drei weitere iPod-Besitzer lokal herausfordern. Doch auch dann muss man sich mit schrecklich fantasielos gestalteten Arenen abgeben: Auf der leer wirkenden Schnee-Karte haben die Entwickler z.B. einfach eine Hand voll dicker Pfeiler, Türme und Gerüste an den Boden geklatscht. Die unförmigen Hindernisse eignen sich nur schlecht dafür, behutsam von Deckung zu Deckung zu huschen.      

Fazit

Endlich konzentriert Gameloft sich aufs Wesentliche: Statt nur mit eindrucksvollen Kulissen zu protzen wie in Terminator: Salvation oder Modern Combat: Sandstorm haben die Entwickler diesmal endlich auch an spannende Gefechte gedacht. Ähnlich wie im Vorbild Halo stehen dynamische Zwei- und Massenkämpfe im Mittelpunkt. N.O.V.A. ist keine virtuelle Schießbude mit stupiden Blecheimern und Pappkameraden, welche das Wort Deckung bestenfalls mit der Begattung von Kühen in Verbindung bringen. Die grunzenden Außerirdischen erweisen sich im Gefecht als erstaunlich fleißig, wechseln die Position und verfolgen den Helden. Auch am Umfang und der Abwechslung wurde geschraubt: Die rund vier Stunden lange Kampagne kann so manche Flugreise versüßen. Mit ausgewachsenen PSP-Hits wie Resistance Retribution kann man nicht konkurrieren - dazu wirkt der Spielablauf zu altbacken und die Präsentation der Geschichte um die Spartan-Kopie zu spartanisch. Auch der Online-Modus stinkt gegen jeden mir bekannten mobilen Shooter gewaltig ab: Fade Maps, starke Lags und Verbindungsproblemen sorgen dafür, dass online kein Spaß aufkommt. All zu stark fällt das aber nicht ins Gewicht, denn allein die unterhaltsame Kampagne und die äußerst hübschen SciFi-Kulissen machen N.O.V.A. zum bislang besten Ego-Shooter für das iPhone und den iPod Touch. Wer kein aktuelles Modell besitzt, sollte sich den Kauf allerdings überlegen. Auf älteren Geräten läuft das Spiel zwar auch noch akzeptabel, allerdings muss man dort mit einer deutlich niedrigeren Bildrate leben.

Pro

<P>
spannende, dynamische Kämpfe
ansehnliche Science-Fiction-Welten
überall blinkt und blitzt es futuristisch
viel Abwechslung
intuitives Zielen mit dem Touchscreen
virtuelle Knöpfe frei platzierbar
stimmungsvolle Beleuchtung
beeindruckend hübsche Nebelschwaden</P>

Kontra

<P>
fummelige Sniper-Steuerung
etwas zu einfach
höchster Schwierigkeitsgrad zu Beginn nicht verfügbar
nur wenige Bosskämpfe
Alien-Sprachfetzen wiederholen sich ständig
Stimmen bleiben immer gleich laut
dreist bei Halo geklaut
schrecklich fantasielose Multiplayer-Maps
starke Lags und Verbindungsprobleme
auf älteren Geräten deutlich niedrigere, aber gerade noch erträgliche Bildrate</P>

Wertung

iPhone

Dynamische Kämpfe, beeindruckende Kulissen und viel Abwechslung machen N.O.V.A. zum bislang besten iPhone-Shooter.

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