Rage HD02.12.2010, Paul Kautz
Rage HD

Im Test:

Rage? Das ist doch dieses neue große Ding von id Software - sollte das nicht erst 2011 erscheinen? Jau, stimmt alles auffallend, und dennoch ist es jetzt schon draußen. Und zwar auf den iGeräten von Apple. Verkehrte Welt, diese Welt?

Die schönste Wut

»Als Softwareentwickler sage ich es frei heraus: Von einem grafischen Standpunkt aus kann ich mit den gegenwärtigen iOS-Geräten alles vernichten, was auf Konsolen der letzten Generation möglich war« - nicht die Worte eines durchgeknallten Apple-Fanboys, sondern die wie immer auf den Punkt gebrachten Gedanken

Eine vergleichbare Szene in Rage...
von John Carmack, seines Zeichens oberster Programmiermeister der Spielebranche im Allgemeinen. Und wenn man sich Rage bzw. Rage HD so betrachtet, kommt man nicht umhin, ihm zumindest zum Teil zustimmen zu müssen. Klar, bei Spielen wie Black oder Riddick kommt man schon ins Grübeln, aber mit Halo 2 oder Timesplitters 3  wischt Rage locker den Boden auf.

Allerdings nur in der besseren der beiden Rage-Versionen - es gibt nämlich zwei, Rage und Rage HD. Erstere Fassung läuft auch auf iPod touch und iPhones ab der zweiten Generation, bietet dafür aber auch deutlich matschigere Texturen und weniger detaillierte Gegner. Die HD-Fassung ist explizit nur für iPod touch 4, iPhone 4 und iPad vorgesehen und bietet den vollen Grafikgenuss: Beeindruckend texturierte Levels, weich animierte, detailreiche Gegner, hohe Geschwindigkeit. Bereits Doom Resurrection (DR) zeigte deutlich, welche optische Pracht auf den so simpel scheinenden Apple-Geräten möglich ist - Rage HD geht nochmal zwei Schritte weiter und verweist auch Konkurrenten wie NOVA HD deutlich in die Schranken. Zumindest technisch.

Die schnelle Jagd nebenbei

Spielerisch folgt Rage HD den Spuren von DR: Das bedeutet, dass man es hier keinesfalls mit einem klassischen Ego-Shooter, sondern vielmehr mit einem Rail-Shooter zu tun hat. Alle Bewegungen der Spielfigur, alle Richtungsanweisungen erfolgen automatisch - man selbst steuert nur das Fadenkreuz. Das sollte man allerdings besser mit hoher Präzision tun, denn es gibt verdammt viel, auf das man zielen kann: Da wären zum einen die Mutanten, denen man 

...und in Rage HD. Abgesehen von der höheren möglichen Auflösung besticht die HD-Fassung vor allem mit weitaus mehr Details und schärferen Texturen. Spielerisch sind beide Fassungen identisch.
möglichst schnell das Lebenslicht ausknipsen sollte, bevor sie dazu kommen, mit Keulen, Messern oder gut gezielten Backsteinen das Gleiche mit dem Spieler zu tun. Zum anderen hängen überall kleine Zielscheiben herum, die man für etwas Extrageld treffen sollte - und natürlich gibt es monetäre Boni, Heilpäckchen sowie zusätzliche Munition. Das Ganze wird dadurch erschwert, dass man keinesfalls alle Zeit der Welt hat, um das im Bild liegende Zeug aufzuklauben: Wenn die Kamera wegschwenkt, sind auch die Boni futsch. Es wäre natürlich nett gewesen, wenn es eine Art Pause gäbe, die man nutzen könnte, um den Bildschirm abzugrasen, aber das würde dem schnellen, auf möglichst gute Highscores basierenden Spielprinzip widersprechen.

Es gibt zwei Steuerungsvarianten: Nummer Eins wäre ähnlich der aus DR - man steuert das Fadenkreuz durch das Kippen des Geräts. Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied: Schwebte in DR das Zielkreuz frei über das Spielfeld, bleibt es hier immer zentriert; das macht einen nochmals abhängiger von den Bewegungen der Automatik. Variante Zwei wäre eine Art virtueller Analogstick, mit dem man das Kreuz direkt steuert - aber das funktioniert nicht gut, außerdem muss man immer wieder den Finger vom »Stick« nehmen, wenn man etwa einem Wurfgeschoss per Knopfdruck ausweichen möchte.

Allein unter Mutanten

Die Story spielte bislang in jedem id-Shooter bestenfalls die achte Geige, in Rage HD ist das nicht anders. Das hiesige Geschehen trägt den Untertitel »Mutant Bash TV«, und ist im Grunde die Rage-Variante von Running Man: Der Spieler ist Teil einer bizarren TV-Show, in der es darum geht, möglichst schnell möglichst viele Mutanten zu erledigen.  Begleitet von den Kommentaren des feisten 

Rage:

Größe: 537 MB

Getestete Version: 1.01

Preis (Stand: 2.12.2010): 79 Cent

Rage HD:

Größe: 744 MB

Getestete Version: 1.01

Preis (Stand: 2.12.2010): 1,59 EuroShowmasters J. K. Stiles rennt man durch die Levels und knallt alles ab - so einfach ist das. Gerade mal drei (nacheinander freigeschaltete) Levels stehen zur Verfügung, jeder etwa zehn Minuten lang. In diesem kurzen Schießbuden hat man drei Waffen zur Verfügung: eine Pistole, ein Schrotgewehr und ein MG - mit denen heizt man gerade mal einer Hand voll unterschiedlicher Gegner ein.

Auf dem ersten beiden der vier Schwierigkeitsgrade ist das noch kein Problem, auf den letzten beiden muss man nicht nur seine Ziele priorisieren und punktgenau ausweichen, sondern vor allem auch das von Gears of War geborgte aktive Nachladen nutzen: Trifft man beim Munitionswechsel ein kleines Fenster, gibt der nächste Schuss doppelten Schaden. Es gibt viele Möglichkeiten, den Multiplikator möglichst nach oben zu treiben, aber die Frage ist gegenwärtig - wozu? Es gibt keine Möglichkeit eines Highscore-Vergleichs, eine Nutzung von Apples eigenem Game Center-System ist zumindest gegenwärtig nicht enthalten. Auch einen wie auch immer gearteten Online-Modus (Koop würde sich z.B. anbieten) gibt es nicht.  

Fazit

Rage ist vieles: Laut, schnell, technisch höchst beeindruckend, sehr id-typisch. Aber eines ist es nicht: Ein richtiges Spiel. Das liegt in erster Linie daran, dass es sich wie ein Appetithappen anfühlt - gerade mal drei Level, drei Waffen, drei Gegnertypen; das Ganze ist in gut einer halben Stunde durchgespielt. Nun könnte man sagen: Ja prima, das perfekte Spiel für die schnelle Highscorejagd zwischendurch. Und unter diesem Gesichtspunkt funktioniert es auch prächtig: Mit jedem Durchgang wird man schneller, wird der Blattschuss präziser, kennt man die Position der Boni, lädt man im richtigen Moment nach. Was aber ein Highscoreshooter mehr als alles andere braucht, ist eine Vergleichsmöglichkeit mit den Punktzahlen anderer Leute - und genau die hat Rage nicht. John Carmack hat bereits ein Update angekündigt, in dem es Online-Ranglisten geben wird. Aber wer weiß, wann das kommen wird? Bis dahin ist Rage sowohl in der normalen, aber gerade in der HD-Fassung in erster Linie eine brillante Techdemo und ein netter Teaser für das eigentliche Spiel, das irgendwann 2011 erscheinen soll. Doom Resurrection  bietet da weitaus mehr Inhalt.

Pro

brillante Grafik
einfache Steuerung
pausenlose Action
gute Soundkulisse

Kontra

supersimples Spielprinzip
gewöhnungsbedürftiges Rails-Konzept
mickriger Umfang
keinerlei Online-Funktionen
lange Ladezeiten

Wertung

iPhone

Als Techdemo der Hammer - als Spiel nur Durchschnitt.

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