Im Test:
Intergalaktische Lebensabschnittspartner
Schon der Einstieg lässt es mächtig krachen: Bereits wenige Minuten nach dem in die Handlung eingebundenen Steuerungs-Tutorial nehmen mich ein paar fette Mechs in die Zange. Die angriffslustigen Metallriesen stehen unter dem Kommando der Volteriten: Der einstige Feind aus dem All hat sich sieben Jahre nach dem ersten Abenteuer mit einem Teil der Menschheit angefreundet,
nur um sie kurze Zeit später mit fiesen Telekinese-Tricks zu einem intergalaktischen Bürgerkrieg aufzuhetzen. Ihnen entgegen stellt sich die klassische Ein-Mann-Armee, mein Alter Ego mit dem exotischen Namen Kal Wardin, welcher dem Master Chief nicht nur optisch ähnelt, sondern auch ein ähnlich durchschlagendes Waffenarsenal bei sich trägt. Zwischen den erfreulich langen zwölf Levels wird die Weltraum-Saga mit Ingame-Grafik weiter erzählt; praktisch spielt die platte Geschichte im Dauergeballer aber kaum eine Rolle. Das Schild von Protagonist Kal Wardin regeneriert sich erstaunlich schnell (SD-Version).
Spielerisch gibt sich der Titel zunächst ähnlich altbacken wie die Präsentation der Geschichte: Sind die schweißtreibenden Gefechte gegen die ersten Kampfrobbis vorbei, geht es ohne Umschweife ab ans Shooter-Fließband: »Kill that bastaaaard!« röhrt ein Soldat und rennt ebenso strohdumm wie entschlossen in den Kugelhagel meines Sturmgewehrs. Auch seine rund fünftausend Klone sind nicht cleverer. »Kill that bastard!« knarzt es wieder und wieder aus dem Lautsprecher. Noch mehr als die künstliche Dummheit der Gegner nervt mich der Geiz der Sounddesigner: Gibt es wirklich Menschen, denen ein derart oft wiederholtes Sprachsample nicht auf die Nerven geht? Noch trister wird es, wenn ich das Kanonenfutter nicht per pedes, sondern mit einem bewaffneten Jeep, Motorrad oder Mech aus dem Weg räume. Die Sequenzen sind so öde aufgebaut, dass sie Erinnerungen an längst überwundene Railshooter-Passagen aus alten Gameloft-Titeln wie Terminator: Die Erlösung wachrufen. Außerdem verbieten die Entwickler mir wieder einmal, von Beginn an den hohen Schwierigkeitsgrad auszuwählen. Stattdessen werde ich mangels Herausforderung erst einmal zur Langeweile verdonnert.
Warum nicht gleich so?
Wer die maue erste Spielhälfte durchhält, wird allerdings fürstlich dafür belohnt: Nachdem ich Wüste, Strand und diverse andere auf Planetenoberflächen angesiedelten Szenarien hinter mich gebracht habe, geht es ab ins All. Und siehe da: Sobald die Raumstationen in schmucken Neonfarben glühen, wird erstaunlicherweise alles besser. Plötzlich komme ich richtig ins Schwitzen, wenn vor meiner Nase dicke Alien-Brocken flink zur Seite ausweichen und mich gnadenlos mit Plasmastrahlern und Prankenhieben ärgern. Mit Hilfe neuer Wummen wie einer Panzerfaust, einer mächtigen Laserkanone oder einem Scharfschützengewehr biete ich ihnen fleißig Paroli.
Neben diverser frisch erfundener Totmacher gibt es im Shop auch Extras zu kaufen, welche mir z.B. gesteigerte Gesundheit und größere Magazine verschaffen. Auch die praktischen Spezialfähigkeiten lassen sich hier aufmotzen. Besonders der Betäubungs-Schock sowie die begrenzte Zeitlupe sind in hektischen Situationen Gold wert. Als ich eine Funkstation inmitten blau glitzernder Glätscher bewache, erweist sich die Bullet Time als besonders nützlich. Zunächst platziere ich ein paar automatische Geschütze an den Zugangswegen. Sobald sie gefallen sind, gilt es, so schnell wie möglich Schadensbegrenzung zu betreiben: Gerade noch habe ich blitzschnell ein paar Angreifer am westlichen Geschütz mit der automatischen Schrotflinte erlegt, da höre ich schon das Laserfeuer hinter mir zischen. Zwei dicke Aliens haben sich erstaunlich schnell hinter meinem Rücken an die Station vorgearbeitet. In letzter Sekunde wechsle ich zum Sturmgewehr, springe über die Kante der Plattform, lenke ihre Aufmerksamkeit mit einer Salve auf mich und erledige sie schließlich mit dem Laser. Zu Beginn des Spiels haben mich diese Beschützermissionen noch genervt, doch später avancieren sie zu einem echten Highlight. Auch auf den Raumstationen macht es Spaß, elegant hinter der Deckung zwischen einem Rudel blitzschneller Volterit-Schädelzerschmetterer hindurch zu flitzen und ihnen Saures zu geben, bevor sie ihre tödlichen Scheiben auf mich werfen können. Mit entsprechendem Extra wird bei niedriger Ernergie sogar eine automatische Bullet Time wie in Vanquish aktiviert. Kein Herz für Tiere: Der durchgehende Laserstrahl ist eine der mächtigsten Waffen im Spiel (HD-Version).
Nicht nur während der Zeitlupe flutscht die Steuerung ähnlich gut wie in den Vorgängern: Bei der voreingestellten Variante bewege ich meine Figur mit dem links angezeigten Stick. Die Kamerabewegung mit dem rechten Daumen funktioniert wieder prima und erinnert an die klassische Maus-Steuerung vom PC, obwohl deren Präzision natürlich nicht ganz erreicht wird. Ein wenig nachhelfen kann ich allerdings mit dem Empfindlichkeitsregler. Leider lassen sich diesmal nur noch einige Knöpfe verschieben. Zum Nachladen muss ich neuerdings umständlich umgreifen,
was vor allem auf dem iPad nervt. Die HD-Version für Apples Tablet und das Retina-Display des iPhone 4 unterscheiden sich übrigens inhaltlich nicht voneinander: Die höher aufgelöste Fassung glänzt lediglich mit feineren Texturen, läuft im Gegenzug aber nicht ganz so flüssig wie die Standard-Version auf einem iPod touch 3GS. Da die Bildrate aber auch auf dem iPad meist konstant bleibt, fällt das auf Dauer kaum ins Gewicht. Die etwas kantigen Charaktere können zwar bei weitem nicht mit den unheimlich detailreichen Schwertkriegern aus Infinity Blade konkurrieren, doch die weiten Panoramen und leuchtende Raumstationen sorgen für ein stimmungsvolles Ambiente. Der Multiplayer leidet zwar noch unter gelegentlichen Fehlern, läuft aber viel runder als ältere Gameloft-Titel (HD-Version).
Netzgemetzel
In Online-Matches dürfen erneut Besitzer sämtlicher Versionen gegeneinander antreten. Der Umfang fällt durchaus üppig aus: Bis zu zehn Spieler bekriegen sich in fünf Modi wie Flaggeneroberung, Team-Deathmatch und einem Fangenspiel auf zehn Karten. Die neuen Areale sind bei weitem nicht so leer und öde aufgebaut wie im Vorgänger, könnten aber trotzdem noch etwas mehr charakteristische Besonderheiten bieten. Auch die Stabilität hat sich verbessert: Insgesamt gibt es zwar immer noch zu viele Verbindungsfehler, aber meist laufen die Matches flüssig und ohne Probleme ab. Schön auch, dass sich diverse Waffen und Gadgets freispielen und individuell ausrüsten lassen - allerdings sollten die Entwickler noch ein wenig an der Balance schrauben: Wenn ich nach einem starken Match von Rang 9 auf 16 aufsteige, geht das entschieden zu flott. Außerdem wirkt die Alienkanone mit dem durchgehenden Energiestrahl viel zu übermächtig.
Fazit
Obwohl N.O.V.A. 2 als Shooter beworben wird, ist es streng genommen ein Geduldsspiel: Nur wer sich ein paar Stunden lang durch die zu leichten ersten Levels arbeitet und massenhaft debile Klonkrieger aus dem Weg mäht, wird später mit dynamischen Gefechten im Weltall belohnt. Es ist wie ein plötzlicher, harter Schnitt im Gamedesign – als hätten zwei unterschiedliche Teams am Spiel gesessen. Denn sobald der Bildschirm von Neonfarben erleuchtet wird, konzentriert sich das Abenteuer auf die Stärken, welche auch im Vorbild Halo am meisten Spaß bereiten: Dynamische Kämpfe gegen dicke Brocken. Dank sinnvoller Neuerungen wie der Bullet-Time oder den Basis-Verteidigungen gestalten sich die Scharmützel dann sogar noch spannender als im Vorgänger. Sogar der Soundtrack wandelt sich von undynamisch heruntergeleierten Stücken zu spannungsgeladenen Synthie-Klängen. Die Spielzeit fällt dank zwölf langer Levels beinahe so üppig aus wie bei einem vollwertigen Konsolen-Shooter - der Preis für den Umfang sind all die öden Abschnitte, welche sich vor dem ersten Durchspielen nicht einmal durch einen höheren Schwierigkeitsgrad aufpeppen lassen. Ginge es nach mir, hätte Gameloft die Kampagne überhaupt nicht strecken müssen - schließlich kann man sich danach noch ein Weilchen im recht ordentlichen Online-Modus austoben.
Pro
Kontra
Wertung
iPhone
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen: Nach ödem Fließbandgeballer glänzt N.O.V.A. 2 erst in der zweiten Spielhälfte mit packenden Gefechten!
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