Civilization Revolution07.09.2009, Jörg Luibl
Civilization Revolution

Im Test:

Sid Meiers jüngster Strategiespross ist auch auf dem iPhone erhältlich. Und das Team von 2K China wollte auch im Kleinen keine großen Abstriche machen: Es handelt sich nicht um ein buntes Zivilisationsminispiel, sondern um eine Umsetzung der rundenbasierten Eroberung, die auch auf Xbox 360, PS3 (Wertung: 80%) und DS (Wertung: 75%) für gute Unterhaltung gesorgt hat. Kann diese Version überzeugen?

Apfel Centauri

Alles, was Rang und Namen im Civ-Universum hat, ist auch auf dem iPhone spielbar - allerdings wurde die Diplomatie stark vereinfacht.
Napoleon, Bismarck, Kleopatra, Cäsar - herrlich, das ist ja wie im großen Original! Okay, man vermisst die deutsche Sprache, aber man blättert sich durch die Riege der historischen Prominenz und darf sich eine von sechzehn Nationen aussuchen, um mit ihr im freien Spiel oder diversen Szenarien die Welt zu erobern. Moment, das stimmt nicht ganz, denn neben dem militärischen ist auch ein kultureller, wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Sieg möglich - man muss den Rest der Welt also nicht unterjochen, man kann auch nach Alpha Centauri düsen und gewinnen.

Das Tolle an dieser iPhone-Strategie: Auf den ersten Blick wurde die komplette Spielmechanik des Vorbilds übernommen. Man sucht sich einen Platz für seine erste Stadt, kann diese eher auf Nahrung, Rohstoffernte oder Forschung ausrichten, danach zig Gebäude errichten und Technologien entwickeln, um die eigene Zivilisation voran zu bringen. Und wer sich einmal in diese Spirale des Aufbaus begibt, kommt nicht so schnell davon los - es folgt die zweite und dritte Stadt, das erste Weltwunder und ehe man sich versieht, ist der Aku leer. Nur Einsteiger müssen sich durchbeißen, denn so richtig anschaulich ist das Ganze angesichts der verwirrenden Menüs nicht und ein nützliches Tutorial fehlt.

Bunt, aber statisch

Ansonsten wurde die komplexe Spielmechanik übernommen. Kenner werden sich in diesem Menüdschungel allerdings eher zurechtfinden als Einsteiger.
Zwar sieht dieses Civilization durchaus gut aus, die Kämpfe werden sogar kurz animiert, aber auch auf dem iPhone kann es, wie schon auf dem DS, nicht an das witzige Schauspiel anknüpfen, das auf PS3 und 360 inszeniert wurde.  Es gibt keinerlei Bewegung auf der Karte, keine edlen Weltwundergrafiken, die Herrscher tauchen nur als statische Figuren ohne Mimik und Gestik auf, sie sprechen nur kurzes Kauderwelsch und so manches Menü wirkt nicht durchgestylt genug: Wenig Text in großen blauen Kästen - da war grafisch und akustisch mehr drin!

Auch die Diplomatie ist dabei, obwohl sie ähnlich wie auf dem DS deutlich kastriert wurde: Wer langfristig planen und Allianzen schmieden will, der wird angesichts der simplen 5-Runden-Verträge enttäuscht. Man kann lediglich andere Herrscher bezahlen, um mit ihnen ein kurzes Bündnis einzugehen. Dieses Civilization spielt sich daher auch wesentlich wechselhafter, unbeständiger und damit kampffreudiger als auf PS3 und 360. Und es ist natürlich weit weg von der Tiefe eines Civilization 4 auf dem PC. Hier geht es um die schnelle Fingereroberung, denn das Spiel wurde auf kurze Unterhaltung zugeschnitten.

Lediglich die Kämpfe werden animiert, ansonsten ist dieses Civ zwar bunt, aber auch statisch. Außerdem vermisst man auf der Karte informatives Feedback.
Trotzdem hat man vieles übernommen: Kommt es zum Kampf, gewinnen die Truppen Erfahrung und können mit Spezialfähigkeiten bestückt werden, um z.B. einen Bonus bei der Stadteroberungen zu bekommen; auch das Zusammenfassen von drei Einheiten zu einer Armee ist dabei. Die Gefechte sind ansehnlich, können aber nicht über einige seltsame Ergebnisse hinweg täuschen: Speerträger sollten keine Panzer zerstören und Bogenschützen keine Flugzeuge vom Himmel holen können.

Die schnelle Fingereroberung

Insgesamt steuert sich das Spiel relativ einfach mit dem Finger: Man tippt eine Einheit an und es öffnen sich um sie herum kreisförmige Optionen wie die Bewegung oder das Verschanzen. Auch das Mikromanagement der Städte wurde über leicht zugängliche Menüs gut gelöst. Allerdings dürften sich Civ-Veteranen sehr viel schneller damit anfreunden als Einsteiger, die etwas überfordert werden - für sie ist es kaum ersichtlich, was wirklich effizient ist. Zumal man die Übersicht auf einen Fingerdruck vermisst: Man kann zwar mit zwei Fingern heraus zoomen, aber eine vereinfachte, direkt erreichbare politische Karte wäre sinnvoller gewesen, denn aus der Ferne sind die Rohstofficons nicht mehr zu erkennen und selbst Nationennamen fehlen.

Der ganz weite Zoom ist leider ebenso unspektakulär wie nichtssagend: Es fehlen konkrete Informationen wie z.B. die Nationennamen oder die Rohstoffplätze.
Zudem gibt es drei Komfortprobleme: Zum einen das fummelige Bewegen von Einheiten, die über eine kleine sichtbare Strecke marschieren können - so muss man sie ständig nachziehen. Zwar gibt es eine manuelle Streckenplanung, aber auch da muss ich erst heraus zoomen oder scrollen, um eine Region zu überbrücken und vertippe mich schon mal - das nervt. Warum gibt es keine einfache Gehe-zur-nächsten-Stadt-Funktion?

Last but not least mangelt es an Informationen auf der Karte: Obwohl das Spiel einige vorbildliche Statistiken anbietet und vor allem anschauliche Zivilisationsvergleiche, wird mir tatsächlich nicht verraten, zu welcher Nation die Stadt oder Einheit gehört, wenn ich mit dem Finger darauf tippe! Natürlich kann man sich als Kenner zusammen reimen, dass Theben wohl zu Ägypten gehört, aber spätestens wenn es ein halbes Dutzend Städte gibt und Truppen vor den eigenen Toren stehen, will ich sofort wissen, wer das ist. Das größte Manko angesichts sporadischer Abstürze ist das Fehlen einer automatischen Speicherfunktion. Immerhin kam es in unserer Fassung nur einmal im finalen Stadium dazu und man wird zwischendurch immer wieder von den Beratern auf das manuelle Speichern hingewiesen; man hat übrigens mehrere Plätze dafür zur Verfügung.

    

Fazit

Schade, da war mehr drin! Auf den ersten Blick ist 2K China der ganz große Wurf gelungen, denn man kann die zeitfressende Magie von Civilization auch auf dem iPod entfachen - es gibt keine kastrierte, sondern angenehm komplexe Strategie mit vier Siegvarianten. Okay, sie ist nicht gerade klasse animiert, aber sie hat durchaus kunterbunten Charme und fesselt Runde für Runde. Doch auf den zweiten Blick zeigen sich einige inhaltliche Macken, die diese Variante klar schwächer dastehen lassen als jene für PS3, 360 und auch DS: Das Bewegen der Einheiten ist zu fummelig, die Diplomatie ist auf einfache 5-Runden-Verträge beschränkt, manche Kämpfe laufen unrealistisch ab, es fehlt an Feedback auf der Karte und es gibt sporadische Abstürze bei fehlender automatischer Speicherung. Immerhin hat 2K nach einem seltsamen Schwanken zwischen 3,99 Euro und 7,99 Euro jetzt endlich einen angemessenen Preis gefunden. Und wer diese 2,39 Euro investiert, wird trotz der kleinen Macken solide unterhalten. Für die schnelle Fingereroberung in der U-Bahn oder der Mittagspause ist das Spiel durchaus zu empfehlen.

Pro

vier Siegvarianten
freies Spiel & Szenarien
inkl. Wunder, Straßen, Forschung
gutes militärische Upgrade-System
Einheiten gewinnen Erfahrung & Armeebildung
fünf Schwierigkeitsgrade
Zwei-Finger-Zoomfunktion
jederzeit speicherbar
16 Völker spielbar

Kontra

bunte, aber statische Präsentation
zäher Einheitentransport
einige unlogische Kämpfe
nur 5-Runden-Diplomatie
keine Nationeninfos über Einheiten & Städten
keine animierten Herrscher
kein automatisches Speichern
unübersichtlich für Einsteiger, kein Tutorial
kleinere Karten als auf 360/PS3
sporadische Abstürze

Wertung

iPhone

Die Welt mal eben mit zwei Fingern erobern? Feldherren ohne viel Zeit können zutippen...

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