The Elder Scrolls 5: Skyrim10.11.2011, Jörg Luibl
The Elder Scrolls 5: Skyrim

Im Test:

Den Tod vor Augen im hohen Norden: Als anonymer Gefangener rumpelt man zusammen mit drei Gefesselten auf einem Karren zu einem Tribunal, eskortiert von kaiserlichen Wachen. Gerade hat man noch etwas über eine Rebellion aufgeschnappt, da rollt auch schon der erste Kopf unter dem Beil des Henkers. Als man zum Richtblock gerufen wird, überschlagen sich die Ereignisse: Ein Drache kreischt, Flammen lodern und ein Abenteuer von epischem Ausmaß beginnt.

Flucht im Angesicht des Drachen

Kaum ist man dem Henker am Boden entkommen, sorgt ein anderer aus der Luft für Chaos: Ein fauchender Drache reißt Türme ein und speit Feuer, während Wachen, Einwohner und Gefangene in Panik fliehen. Was ist hier los? War das einfach nur Zufall oder etwa Schicksal? Der dramatische Einstieg lässt keine Zeit für Fragen. Man stolpert entweder in Egosicht oder Schulterperspektive über verkohlte Leichen und hat nicht mal eine Klinge in der Hand! Und wem soll man bloß folgen? Dem kaisertreuen Krieger in Rotbraun oder dem Rebellen in Blaugrau? Beide rufen nach mir…

Gefangenschaft verbindet und ich folge dem blonden Kämpen, der zum Widerstand der „Sturmmäntel“ gehört. Ob das später eine Auswirkung hat? Er weiht mich in die Steuerung und einige Hintergründe ein. Zusammen schlagen wir uns durch die Gemäuer der Garnison, steigen hinab in einen düsteren Kerker, bewaffnen uns, kämpfen gegen kaiserliche Wachen, knacken Schlösser, sammeln Vorräte, hetzen weiter durch eine verschlungene Höhle voller Spinnen und gelangen schließlich hinaus in die Wildnis – endlich, die Freiheit!

Heroisches Orchester und prächtige Landschaft

Hier draußen begrüßt sie einen, diese eindringliche, angenehm ruhig fließende Musik: Sie kann lieblich und episch zugleich sein, kann ebenso friedlich wie zwielichtig klingen – oder von schnellen Rhythmen getragen einen Kampf vorbereiten. Und damit beschreibt sie auch die wechselhafte Landschaft, die in frostigen Höhen mit ihren wütenden Schneewehen bei zwei Metern Sicht nahezu lebensfeindlich wirkt, während sie im Tal am Lagerfeuer bei Met und Wild fast romantisch anmutet. Diese Reihe hat schon immer akustische Zeichen gesetzt und Skyrim führt die hohe orchestrale Qualität fort.

Schöner rauer Norden: Das Wetter wechselt ständig in der Provinz Himmelsrand.
Schöner rauer Norden: Das Wetter wechselt ständig in der Provinz Himmelsrand.
Schon der wuchtig vorgetragene Männerchor im Hauptmenü passt mit seinem stolzen Ton wunderbar zur rauen Welt mit ihren Schwertbrüdern und Heldensagen. Bethesda hat sich auch hinsichtlich der Namengebung von skandinavischen Mythen inspirieren lassen – wie in der altnordischen Sage heißen die Untoten hier Draugr, die Fürsten sind Jarle, die Leibwache nennt sich Huskarl, es gibt Methallen, Skalden (die leider Barden heißen) und Trolle. Wer zum ersten Mal nach Weißlauf kommt und die Halle auf dem Gipfel thronen sieht, fühlt sich vielleicht unweigerlich an das umwallte Edoras aus dem Tolkien’schen Rohan erinnert. Wer Wikingerflair sucht, wird es hier bis hin zum gestrandeten Langboot und Motiven in der Holzschnitzerei finden.

Ein weiteres Markenzeichen der Elder Scrolls-Reihe  offenbart sich nach den ersten Schritten: Kaum hat man die Flucht hinter sich, liegt es in seiner ganzen Pracht vor einem, diese schroffe Land namens Himmelsrand - die uralte Heimat der Nord, deren neun Provinzen gerade in einem blutigen Bürgerkrieg versinken. Laut Karte befindet man sich mittendrin, tief im zentralen Jarltum Weißlauf, an deren Rändern acht weitere ausgegraute Wappen auf die Provinzen anderer Jarle deuten – von Markarth im Westen bis Rifton im Osten. Hat man deren Herrschersitze oder kleinere Orte wie Höhlen, Dörfer und Festungen einmal entdeckt, kann man später über einen Klick schnell dorthin reisen. Aber angesichts der wilden, unheimlich authentisch wirkenden Natur um einen herum, will man am liebsten alles zu Fuß erkunden, jeden Stein umdrehen und jede Pflanze mitnehmen.

Nordische Weite in Tamriel

Man ist in einer skandinavisch anmutenden Terra incognita auf sich allein gestellt und hat ein unbekanntes Reich mit all seinen Städten und Fraktionen, Katakomben und Kreaturen vor sich. Man startet quasi als unbefleckter Held auf einer unbeschriebenen Karte. Die politische Neugier hält sich angesichts der idyllischen Kulisse zunächst in Grenzen – auch wenn es technische Defizite en detail gibt: Schatten flackern insbesondere auf Konsolen unnatürlich und wenn man näher ran geht an Böden oder Wände, ernüchtert die Technik mit grob aufgelösten Texturen vor allem auf der Xbox 360 (siehe Bilder), wo sie im Vergleich zur PlayStation 3 (siehe Bilder) oder dem körnigen PC-Bild sichtbar an Schärfe verlieren. Das, obwohl wir nach Hinweis von Bethesda auf Microsofts Konsole sowohl von der Disc als auch von der Festplatte gespielt haben - Ersteres sollte angeblich zu ansehnlicheren Texturen führen, aber selbst diese waren schwächer als auf Sonys Konsole; vgl. auch dieses Video. Hinzu kommen aber auf allen Systemen Rollrasen und Pop-ups in der Distanz - wobei die Sichtweite auf dem PC höher ausfällt.

Aber all das verblasst zu peniblem Technikfetischismus angesichts des Panoramas: Noch nie sah eine Wildnis in einem Rollenspiel so gut aus! Freut euch auf Nachtwanderungen unter tanzendem Polarlicht, auf Nebel umwaberte Megalithen oder auf prächtige Festungen, die sich im Abendrot aus einem Berg heraus schälen.

Schon nach ersten Ausflügen hinaus zwischen Fels und Tanne, nach weiteren Blicken über die überwucherten Waldhänge oder auf den grauweiß gezackten Horizont mit seinen fernen Gipfeln, ist es wieder da: Dieses Kribbeln im Nacken, das Veteranen aus Morrowind und Oblivion kennen. Wie groß ist die Welt? Was verbirgt sich darin? Welche Abenteuer warten auf mich? Eine weite, unheimlich idyllisch und wild anmutende Landschaft wartet nur darauf, entdeckt zu werden: Einfach rein in diesen schummrigen Wald, rauf auf diesen verschneiten Berg oder dem laut rauschenden Fluss folgen? Norden, Westen, Süden, Osten? Alles kein Problem. Und trotz der Tatsache, dass es sich um eine Provinz handelt, gibt es genug landschaftliche sowie klimatische Abwechslung zwischen Tiefmooren, Wald, Hochland und Gebirge.

Hunderte Orte und Geheimnisse

Im Angesicht der Frostspinne: Schon früh begegnet man größeren Kreaturen.
Im Angesicht der Frostspinne: Schon früh begegnet man größeren Kreaturen.
Es deutet sich zwar an, aber man ahnt an dieser Stelle noch nichts von den hundert Stecknadeln, die die Karte bald zieren werden, von den vielen Kilometern, die man zu Fuß, zu Pferd oder dem Wagen zurücklegen wird, mit einem scheinbar nimmervollen Rucksack an Quests – selbst nach fünfzig Stunden hat man nur an der Oberfläche gekratzt, sucht vielleicht immer noch nach den restlichen der fünfzehn daedrischen Artefakte, dem letzten Stein einer Sammlung in einem der fünfzig Dungeons oder versucht die Quests für die Krieger-, Diebes-, Magier- oder Meuchler-Gilde zu finalisieren, die wie eigene Erzählstränge unter der eigentlichen Story um den Bürgerkrieg sowie das Drachenerbe verlaufen und diese manchmal kreuzen.

Himmelsrand ist zwar nur ein Reich in der Fantayswelt von Tamriel, im Westen von Hochfels und Hammerfell, im Osten und Süden von Cyrdodiil und Morrowind umrahmt, während im Norden das schroffe Geistermeer zwischen Eisschollen dampft. Aber Bethesda lässt es wie ein nordisches Imperium wirken, in dem Urzeitwesen wie Mammuts oder Säbelzahntiger neben haushohen Riesen wandeln.

Offene Fantasywelt

Es gibt keine unsichtbaren Grenzen nach wenigen Metern, sondern freie Sicht und freie Wege – inklusive lebendiger Flora und Fauna bei fließendem Tag- und Nachtwechsel sowie stimmungsvollen Wettereinflüssen. Lobenswert ist auch, dass man ein Flucht- und Jagdverhalten der Tiere beobachten kann: Da verfolgen Wölfe schon mal einen Elch, Füchse jagen Hasen hinterher. Weniger lobenswert ist, dass Bethesda einem auch einzelne Wölfe ohne ihr Rudel unrealistisch auf den Hals hetzt. Trotzdem halten sie Illusion einer üppigen Natur lange aufrecht. Egal ob Blumen, Kräuter, Pilze oder Moose, egal ob  flatternde Schmetterlinge, flüchtende Hasen, Füchse oder Elche: Man kann alles pflücken, fangen, jagen und später in hunderte Tränke, Gifte und Rezepte verwandeln. Alles hat eine Wirkung, alles lässt sich verarbeiten.

Man kann dieses Sammelhandwerk, das mögliche Schmieden von Waffen oder Anfertigen von Rüstungen, das Giftmischen oder Verzaubern auch lassen, denn man bestimmt den Rhythmus, die Aktivität und die Route seines Abenteuers selbst – das ist die reizvolle Ausgangslage einer offenen Welt.

Komfort und Fluch: Der Kompass

Bei den Streifzügen durch die prächtige Landschaft wird man von wilden Tieren attackiert.
Bei den Streifzügen durch die prächtige Landschaft wird man von wilden Tieren attackiert - hier im Rudel.
Schade ist, dass man selbst unentdeckte Orte in der Nähe, wie etwa eine Höhle in einem Kilometer Entfernung, einen der Findlinge oder eine Mine, schon in der Kompassleiste als Symbol anzeigt; dort tauchen auch Gegner als rote Punkte auf, noch bevor man sie gesehen hat. Bethesda bietet Veteranen leider nicht die Option, diese Hilfen abzuschalten. Aber man kann sie mit der Zeit einigermaßen ignorieren, zumal man den Weg zum Ziel immer noch selbst zurücklegen muss. Außerdem kann man zur Not die HUD-Transparenz so einstellen, dass die Kompassleiste komplett verschwindet - allerdings zusammen mit allen anderen Anzeigen wie Richtung, Lebenspunkte, Ausdauer & Co.

Die ersten Ruinen, die sich aus einem Berg heraus schälen wie das Gerippe eines riesigen Ungeheuers, machen trotz grauem Symbol in der Kompassleiste neugierig. Ist das ein alter Tempel? Und liegt in seiner Nähe das erste Dorf namens Flusslauf, auf das der Rebell verwies? Wenn man ihm folgt und zuhört, erfährt man vielleicht mehr über das verfluchte Hügelgrab und seine Heimat. Eine der großen Stärken des Spiels ist diese passive Erzählweise: Es lohnt sich, den Charakteren zu lauschen oder ihnen zu folgen, denn man erfährt von ihnen nicht nur mehr über lokale Geschehnisse, sondern kann so weitere Quests aufschnappen. Manche bieten sogar Führungen durch kleine Museen oder Akademien an.

Die Qual der Völkerwahl

Die Charaktererstellung? Die hat Bethesda elegant in den Einstieg integriert, denn als einen die Wachen zum Richtblock riefen, musste man seine Herkunft und einen Namen angeben. Es gibt keine Klassen, aber man hat die Wahl zwischen knapp einem Dutzend Völker: Von den magiebegabten Bretonen über drei Elfenarten, die einheimischen Nord, die kampfstarken Rotwardoner und Orks bis hin zu den agilen Katzenkhajiit oder den echsenartigen Argoniern. Geschlecht und Aussehen ließen sich individuell bis hin zu Frisuren und Narben anpassen. Die Figuren sehen – bis auf die vergleichsweise hölzerne Mimik - klasse aus, jede Änderung an Ausrüstung & Co wird später dargestellt. Und jedes Volk besitzt eine einzigartige Fähigkeit wie etwa die Nachtsicht, den Kampfrausch oder die Tierfreundschaft, die einmal pro Tag nutzbar ist.

Wer eine Stufe aufsteigt, hat die Qual der Wahl zwischen dutzenden Fähigkeiten.
Wer eine Stufe aufsteigt, hat die Qual der Wahl zwischen dutzenden Fähigkeiten.
Alle beginnen mit leicht unterschiedlichen Punkteverteilungen in knapp zwanzig Fähigkeiten von der Schmiedekunst über das Führen einhändiger oder zweihändiger Waffen bis hin zu Redegewandtheit, Schleichen und diverse Zauberschulen. Die gewöhnlichen Talente starten meist mit 15 von 100 möglichen Punkten, die besonderen mit 20. Man entwickelt seinen Helden ohne Klassenkorsett nach jedem Aufstieg frei. Wie gehabt steigt man nicht nur über das Meistern von Kampf und Quests, sondern auch über den aktiven Einsatz auf: Wer sich längere Zeit schleichend fortbewegt oder am liebsten schwere Rüstungen trägt, wird diese Fähigkeiten automatisch verbessern und sich über Anzeigen wie „Schleichen auf 21 verbessert“ freuen.

Findlinge und Bücher

Recht früh wird man auf die ersten Findlinge treffen, von denen es über ein Dutzend gibt: Dort kann man z.B. die Symbole des Kriegers, des Diebes oder des Magiers aktivieren – je nach Wahl steigt man in den betreffenden Fähigkeiten schneller auf. Später kann man über diese Steine auch spezielle Zauber wie die Erweckung von Leichen aktivieren oder gezielt Gesundheit & Co unterstützen.

Neben der Praxis kann man sich auch über die Lektüre der 50 versteckten Skillbücher oder bei einem Trainer gegen Gold verbessern – Letztere gibt es in allen Fürstentümern in mehreren Qualifikationen. Da hat Bethesda allerdings einen Bug übersehen, den man schamlos ausnutzen kann: Denn man darf einen Gefährten mitnehmen und wenn dieser gleichzeitig ein Trainer ist, kann man sich von ihm ausbilden lassen und sich das Geld über den Tausch mit ihm gleich wieder einstecken – autsch! So kann man nicht nur gratis bis zur maximalen Stufe des Trainers (es gibt Adepten und Meister), sondern auch allgemein aufsteigen.

Der klassenfreie Aufstieg

Zwar kann man mit den Bewohnern nicht immer komplexe Dialoge führen, aber sie reagieren überraschend natürlich.
Zwar kann man mit den Bewohnern nicht immer komplexe Dialoge führen, aber sie reagieren überraschend natürlich; auch die Frauenfiguren sind weit weg vom Babe-Kitsch.
Bei einem Stufenaufstieg wählt man zunächst manuell, ob man Gesundheit, Magie oder die Ausdauer verbessern möchte – Letztere ist u.a. wichtig für das Rennen, das Blocken oder schwere Angriffe. Danach darf man Punkte in Fähigkeiten investieren, die wie Sternbilder aufgebaut sind, die sich meist ab 30, dann weiter ab 40, 50 oder 60 Punkten in weitere Bereiche aufspalten. Wer das Schleichen öffnet und dort investiert, kann z.B. erkennen, dass man sich irgendwann zwischen der Lautstärkereduzierung oder hinterhältiger Attacke entscheiden kann, wobei Letztere wiederum Wege zu tödlichen Hieben und der Assassinenklinge öffnet; mehr Auswahl hat man bei den einhändigen Waffen, die zig Spezialisierungen vom Klingenmeister bis zum stumpfen Haudrauf erlauben; noch mehr Auswahl hat man bei den arkanen Schulen von Zerstörung über Illusion bis Wiederherstellung – viel Spaß beim Grübeln.

So motivierend das klassenfreie System auf lange Sicht ist, offenbart es zwischendurch kleine Tücken: Dass man von Beginn an alles kann, ist nicht das Problem – sowohl das Führen von zwei Klingen als auch das Verzaubern oder Schmieden muss nicht erst gelernt, sondern „nur“ gemeistert werden. Aber dass man einige Situationen auch ohne entsprechend entwickelte Fähigkeit bewältigen kann, wirkt manchmal etwas unglaubwürdig. Obwohl man bei der „Redekunst“ nur 15 von 100 Punkten besitzt und sogar noch ein Fremder ist, kann man eine Wache am Stadttor oder einen misstrauischen Charakter schon mal auf einen Klick rhetorisch überzeugen. Und obwohl man im „Schlösser knacken“ noch ein blutiger Anfänger mit 20 von 100 Punkten ist, kann man mit etwas mehr Dietrichverschleiß und Glück schon Expertenschlösser öffnen. Diese Situationen sind nicht die Regel – man scheitert sehr häufig sowohl in der Rhetorik als auch an Meistertruhen, wenn man dort kaum investiert hat. Es wäre aber besser gewesen, wenn man bei zu hohem Unterschied zwischen Fähigkeit und Anspruch einfach mal „Kein Erfolg möglich!“ oder „Talent reicht nicht aus!“ gehört hätte.

Offene Fragen und Ziele

Sehr hilfreich: Der zweihändige Kampf - links die Flammen, rechts die Klinge.
Sehr hilfreich: Der zweihändige Kampf - links die Flammen, rechts die Klinge.
Zu Beginn ist man natürlich über jeden Erfolg froh. Aber es beschäftigen einen nur folgende Fragen: War das Zufall, dass der Drache just in dem Moment auftauchte als man hingerichtet werden sollte? Warum kämpfen diese Sturmmäntel eigentlich gegen den Kaiser? Und hat es auch dieser abtrünnige Jarl lebend aus der Feuerhölle geschafft? Wenn ja, in welche Stadt ist er geflüchtet – hieß sie Windhelm? Folgt man dem Rat des blonden Helfers und schließt sich der Rebellion gegen den Kaiser an? Immerhin bietet er einem im nächsten Dorf seine Unterstützung an – man sei willkommen in seinem Haus.

Man kann die Ereignisse in Himmelsrand nicht übersehen, denn der Bürgerkrieg ist überall: Patrouillen ziehen mit Gefangenen durchs Land und ermahnen einen scharf, bloß weiter zu gehen (befreit man sie?), Krieger werden zusammen gezogen, der Handel stagniert und wenn man das Blaugrau der Rebellen trägt, wird einem der Missmut der Kaisertreuen offen ins Gesicht geflucht. Bethesda gelingt es sehr gut, die äußeren Umstände glaubhaft darzustellen. Das geht so weit, dass man mit etwas Neugier und Eigeninitiative in laufende Entwicklungen eingreifen kann: Denn es passieren an bestimmten Orten interessante Dinge, wenn man denn rechtzeitig dort ist – diese Aussicht auf Ereignisse, in die man hinein stolpert, ist sehr motivierend.

Mehr als nur Gerüchte?

Lust auf leise Schritte und Klingen aus dem Schatten? Auch Diebe und Meuchler kommen in eigenen Questreihen auf ihre Kosten.
Lust auf leise Schritte und Klingen aus dem Schatten? Auch Diebe und Meuchler kommen in eigenen Questreihen auf ihre Kosten

Viele Fragen tun sich nach Gesprächen oder dem einfachen Zuhören auf: Stimmt es, dass die Sturmmäntel rassistisch sind? Man kann dem nachgehen – inklusive spezieller Quests. Wenn man als Elf, Khajiit, Argonier oder Ork unterwegs ist, wird man auch tatsächlich beschimpft. Stimmt es, dass die Kaiserlichen die Nord und ihren Glauben an die elfischen Thalmor verkauft haben? Auch diese brisante Frage lässt sich beantworten und wird von einer Entführungsquest eingeleitet, die wiederum mit den verfeindeten Clans des Bürgerkriegs zusammen hängt – Bethesda versteht es meisterhaft, nicht nur Fäden zusammen zu führen, sondern auch mehrere zu verbinden.

Wer sich viel umhört und liest, wird sich immer ein eigenes Bild machen können, das manchmal differenzierter ausfällt als es scheint – Skyrim mag zunächst klar aufgeteilt und vielleicht sogar kitschig wirken, aber man wird des Öfteren von komplexeren Zusammenhängen überrascht. Im Laufe des Spiels kann man sich aber auch gezielt auf eine der beiden Seiten schlagen, kann dazu beitragen, dass Festungen für die kaisertreuen oder die rebellischen Nord erobert werden. Man kann sich auch neutral verhalten und politisch zurückhalten; so wie z.B. die Diebesgilde oder die Kriegergilde, die nur für die Ehre des Einzelnen auszieht.

Alleine als Drachenblut Oder soll man ganz alleine weitergehen, sein eigenes Ding durchziehen? Sich keinen Deut um die Rebellion scheren? Kein Problem: Man kann diesen Rebellen ignorieren, kann alleine den rauschenden Fluss überqueren und entdeckt in der Wildnis erste Lebenszeichen: Eine alte Frau lebt einsam in einer Hütte und hat scheinbar nichts zu verbergen. Aber warum liegt ein paar Meter weiter eine Leiche? Hat sie etwas damit zu tun? Die Notiz bei seiner Ausrüstung besagt, dass der tote Mann auf der Suche nach einem magischen Schwert war – fast unterschwellig entdeckt man so eine Quest, obwohl man vielleicht woanders hin wollte. Und das wird einem im Laufe des Abenteuers immer wieder passieren. Man überquert einen einsamen Bergkamm, entdeckt einen Grenzstein, dann eine Hausruine und in ihr ein Tagebuch. Was ist hier passiert? Bethesda versteht es, einen mit neuen Orten oder Hinweisen in der Landschaft auf weitere Ziele zu lenken. Man hat nicht das Gefühl „Gebiete zu säubern“, obwohl man in jeder der neun Provinzen theoretisch so viel für den Jarl erledigen kann, dass er einen zu seinem Thane befördert. Aber selbst danach, hat man noch lange nicht alles gesehen und bleibt neugierig.

Es macht immer wieder Spaß, die skandinavisch anmutende Landschaft zu erkunden.
Es macht immer wieder Spaß, die skandinavisch anmutende Landschaft zu erkunden - man entdeckt ständig neue Kreaturen oder Katakomben.
Da wären auch profane Reize, wie die vielen Gegenstände, die irgendwann in einem total überfüllten Inventar zum Stöbern einladen. Waffen und Rüstung haben je drei Statistiken: Schaden bzw. Schutz, Gewicht und Wert. Wer zu viel mit sich herum trägt, wird irgendwann langsamer oder gar bewegungsunfähig; aber keine Bange, man kann alles bequem bei Händlern verkaufen – so lange, bis ihr Goldlimit erreicht ist. Sehr schön ist, dass man alles im Inventar näher anschauen kann. Egal ob Schwert, Ring oder Trank: Jedes Objekt lässt sich im Vollbild drehen und zoomen; das kann bei wichtigen Artefakten sogar zu Hinweisen führen. Außerdem sorgen die Seelensteine für Experimentierfreude: Man kann z.B. ein magisches Schwert mit Frostschaden entzaubern, so dass man den arkanen Effekt erlernt und auf eine andere Waffe wie etwa eine Axt anwenden darf – aber erst, wenn man einen gefüllten Seelenstein besitzt. Wie und wann das geht, dürft ihr selbst heraus finden. Aber es gibt auch abseits der Quests verdammt viel zu tun; man wühlt sich fasziniert durch eine enorme Vielfalt, bevor man irgendwann endlich sein eigenes Haus kauft, einrichtet und dort alles horten kann – inklusive Waffenständer, Bücherregal und besonderer Plätze für Trophäen.

Und all diese Kleinigkeiten und Nebensächlichkeiten unterhalten trotz der Tatsache, dass da im wahrsten Sinne des Wortes ein großes Ganzes wie ein unheilvolles Feuer über einem schwebt: Die Drachen. Diese uralten Wesen, die eigentlich auch bei den Nord als ausgestorben galten, aber die wieder da sind; und zwar sehr plötzlich, wie man im Einstieg erkennt. Es lässt sich darüber streiten, ob Bethesda sie nicht viel zu früh auf die Welt los lässt. Wenn man der Hauptstory nur ein wenig folgt und dem Jarl von Weißlauf hilft, wird man sein besonderes Schicksal nach einem ersten Gefecht gegen die fliegenden Kreaturen erkennen – es werden viele weitere unterschiedlicher Art und Stärke folgen, die manchmal plötzlich über Städten fauchen oder in ihren Horten irgendwo in der Wildnis lauern. Man kann sie manchmal bei ihrem majestätischen Flug beobachten, auf dem sie weite Kreise ziehen und auch schon mal auf der Stelle akrobatisch zu tanzen scheinen. Sie attackieren sowohl aus der Luft mit Feuer als auch am Boden kriechend.

Kampf gegen Riesenechsen

Im Angesicht des Drachen: Zu Beginn kann man sie noch relativ leicht besiegen.
Im Angesicht des Drachen: Zu Beginn kann man sie noch relativ leicht besiegen.
Zu Beginn wirken die Gefechte gegen die Riesenechsen allerdings recht leicht, zumal man sie noch zusammen mit Wachen attackiert. Man befürchtet nach ihrem schnellen Ableben schon, dass Bethesda diese Urwesen zu billig verheizt. Aber die Kämpfe gegen sie werden mit der Zeit immer anspruchsvoller, man wird je nach Art und eigenem Können immer mehr gefordert, vor allem wenn man ihnen alleine gegenüber tritt – es gibt unter den scheinbar rein aggressiven Wesen übrigens auch eine Überraschung. Wer mehr über dieses Erbe erfahren will, steigt im Laufe des Abenteuers auf einen Gipfel, um den Orden der Graubärte zu befragen; eine überaus stimmungsvolle Reise über 7000 Stufen, die mit ihrem fließenden Klimawechsel und meditativen Ruhepausen beeindruckt, bevor einem ein Eistroll die Zähne zeigt.

Oben angelangt erfährt man: Man ist selbst ein Drachenblut und kann nicht nur die Seele gestorbener Drachen aufnehmen, sondern auch ihre Sprache einsetzen, um Magie zu wirken. Diese so genannten Schreie, die jeweils aus bis zu drei Worten bestehen können, lassen sich wie eine Spezialfähigkeit einsetzen – an die zwanzig kann man erlernen. Zunächst hat man nur das einfache Brüllen zur Verfügung, das Feinde etwas zurückwirft. Man kann später Feinde mit seinem Schrei vereisen und neben zerstörerischen kommen auch interessante passive Fähigkeiten hinzu, wie etwa die Befriedung aller Tiere im Umkreis oder der Wirbelwind, der einen in null Komma nichts wie ein Blitz kurze Strecken überwinden lässt – auch Abgründe, was man in Dungeons nutzen kann.

Höhlen und Katakomben

Apropos: Die knapp fünfzig Höhlen, Grabstätten und Katakomben von Skyrim sind nach all den sterilen Endloslabyrinthen anderer Spiele ein atmosphärischer Genuss. Wenn zwischen Särgen leichter Nebel wabert oder Erde verräterisch von der Decke rieselt, kommt umgehend Stimmung auf. Nicht nur, dass sie sich architektonisch und hinsichtlich der Struktur markant unterscheiden, dass sie oftmals kleine Geheimnisse wie etwa versteckte Bereiche unter Wasser oder nur über Sprünge zugängliche Areale anbieten: Vor allem bieten sie spielerisch viel Abwechslung. Man trifft nicht nur auf Feinde, sondern auch auf diverse Fallen, die mal über Bodenplatten ausgelöst oder nur über Hebel angehalten werden können – Giftpfeile, scharfe Beile, nadelbespickte Türen, hölzerne Rammen.

Aber sie werden je nach Art aggressiver und deutlich stärker.
Aber sie werden je nach Art aggressiver und deutlich stärker.
Hinzu kommen Symbolrätsel, die für ihre Lösung mal einen Blick ins Inventar voraussetzen, wo man nah an Artefakte heran zoomen und diese drehen muss, um z.B. eine richtige Kombination über Gravuren zu erkennen. Mal muss man auch die Wände genau beobachten, um die Reihenfolge von Fisch, Vogel oder Wolf richtig zu treffen. Das sind alles keine großen Kopfnüsse, aber dass man nach hektischen Kämpfen immer wieder mal in Ruhe rätseln und nach dessen Lösung vor malmenden Toren gebannt innehalten darf, sorgt für Unterhaltung. Auch wenn die einfachen Draugr und Banditen vielleicht etwas zu oft auftauchen, kann man sich in den Dungeons am Ende auch auf mächtigere Untote oder versiertere Anführer freuen, die auch mal Teleportations-Zauber einsetzen oder gegen bestimmte Angriffe immun sind und somit nicht so einfach zu besiegen sind. Hier kommt es auch darauf an, wie man seinen Charakter entwickelt und spezialisiert hat, ob man viel einstecken und austeilen oder eher aus der Distanz effektiv ist.

Das Spiel belohnt nicht nur magisch interessierte Charaktere mit cleveren Schutz-, Verwandlungs- und Illusionszaubern, sondern auch schleichende Naturen mit einem Bonus auf hinterhältige Attacken; egal ob per Klinge oder Bogen. Je nach Rüstungstyp und Fähigkeit im leisen Vorgehen wird man früher oder später entdeckt – wer es lautlos in den Rücken eines Gegners schafft, hat enorme Vorteile. Wer sich auf die große Questreihe der Diebesgilde einlässt, darf sich auf viele interessante Charaktere und Herausforderungen freuen, die den Einbruch, das Schlösser knacken und den Taschendiebstahl fordern, ohne dass man die Opfer töten darf. Auch hier inszeniert Bethesda eine interessante Ausgangslage: Die Gilde ist nur noch ein Häufchen Elend und gilt als Abschaum – man kann ihr allerdings über viele gefährliche Aufträge zu altem Glanz verhelfen. Erst wenn man für die Dunkle Bruderschaft unterwegs ist, wird auch das subtile Meucheln honoriert. Auch diese Questreihe bietet spannende Unterhaltung.

Natürliche und unnatürliche Begegnungen

Alchemietische und arkane Zaubertische laden zum Experimentieren ein.
Alchemie- und Zaubertische laden zum Experimentieren ein: Man kann seine eigenen Gifte mischen und magische Waffen herstellen.
Nicht alles wirkt natürlich. Gerade ist man z.B. von einem Jarl zum Thane ernannt worden, wird geehrt und mit einer magischen Waffe sowie persönlichen Leibwache  ausgerüstet, da fordert einen eine Händlerin in der Stadt auf, dass man ein bisschen Holz hacken solle – hier kann es bei automatisierten Kommentaren einige Widersprüche geben. Und manche alltägliche Situation an weniger relevanten Schauplätzen werden recht plump inszeniert: Warum kann ich den Jäger unten am Fluss nicht gezielt fragen, was es in der Gegend zu beachten gibt? Es öffnet sich nicht mal ein Dialogfenster, man wird direkt mit dem Tauschhandel abgespeist. Auch die alte Frau ganz zu Anfang lässt sich wie viele interessante Charaktere später nicht gezielt in ein Gespräch verwickeln – manchmal muss man erst bestimmte Ereignisse auslösen, damit weitere Unterhaltungen möglich sind. Im Gegensatz zur gehobenen Dialogkultur bei Dragon Age, die komplexere Gesprächsverläufe mit verzweigten Argumentationen abbildet, wirken gerade viele erste Begegnungen spröde. Manchmal sprechen Leute sofort offen über ihre Probleme oder Einzelheiten, die man als ortsfremder Besucher eigentlich noch gar nicht einordnen könnte.

Aber es gibt andererseits auch viele Situationen an relevanten Schauplätzen, die unheimlich natürlich wirken und die hervorragend inszeniert werden: Wer sich der Magiergilde anschließt, darf sich vom ersten Kontakt über die Führung bis hin zur Darstellung der inneren Konflikte und vor allem der gemeinsamen Ausgrabung auf eine wunderbare Questreihe freuen. Man bekommt quasi einen älteren Tutor, der einen zusammen mit anderen Novizen wie ein tattriger Lehrer durch uralte Katakomben führt – immer vorsichtig mahnend. Man lernt hier nicht nur den sinnvollen Einsatz der Magie, die auf subtile Art scheinbar schwierige Rätsel lösen kann, sondern wird von Regie sehr gut unterhalten. Hier wirkt Skyrim plötzlich offener und auch in der Dialogführung interessanter als Dragon Age.

Immersion, Netz aus Quests

Wie viele Spiele sind schon daran gescheitert, eine offene Welt mit innerer Glaubwürdigkeit und spannendem Inhalt zu füllen? Nicht nur im Einstieg der ersten Stunden, sondern über zwanzig, dreißig, fünfzig oder mehr als hundert Stunden? Gerade die Fantasy der letzten Jahre konnte nicht so begeistern wie man das angesichts der Tradition des Genres und der neuen Möglichkeiten erwarten könnte – viele Waffen, Monster, Talente, Erfahrung und Aufstiege können alle. Aber Abwechslung, Immersion und Abenteuer über einen langen Zeitraum können nur wenige. Skyrim gehört dazu. Bethesda spannt ein regelrechtes Netz aus Aufträgen. Man versinkt in einem Meer aus Hinweisen und Aufgaben.

Die Städte sind wesentlich lebendiger als in Oblivion: Alle Bewohner gehen ihrem Tagwerk nach.
Die Städte sind wesentlich lebendiger als in Oblivion: Alle Bewohner gehen ihrem Tagwerk nach.
Aber was ist mit magischen Momenten? Skyrim hat sie. Auch im Alltag: Ich gehe an einer Wache vorbei, will eigentlich zu den Ställen und sie fragt mich im Vorbeigehen, ob ich schon von dieser seltsamen Kreatur gehört hätte, die man in den… ich kriege den Rest nicht deutlich genug mit, drehe also um und höre genauer zu: ...die man in den westlichen Hügeln entdeckt hat? Es gibt nicht mal einen Dialog, aber das Schöne ist, dass meine Karte umgehend aktualisiert wird und dass ich fast beiläufig neugierig gemacht werde. Auch wenn Skyrim hinsichtlich der Dialoge erstens nicht so verschachtelt und zweitens nicht so ausgefeilt ist wie ein Dragon Age, wirkt es auch über diese passiven Situationen sehr lebendig.

Wer mit offenen Ohren durch die Städte wandert, wird einiges über die Hintergründe erfahren und damit auch so manche Quest erhalten. Natürlich kann das manchmal auch etwas plump wirken, wenn Leute einfach so auf offener Straße über teilweise heikle Dinge wie die Anrufung der Assassinen schwätzen, aber in vielen Szenen sorgen genau diese vom Spieler nicht aktiv eingeleiteten Gespräche für das Gefühl einer aktiven Gesellschaft. Dazu gehört natürlich auch der geregelte Tagesablauf: Geschäfte machen um acht auf, Männer und Frauen trotten zur Arbeit, Kinder spielen und abends gehen (fast) alle zu Bett.

Leben in den Städten

Auch die Katzenwesen stromern als gewiefte Händler durch Himmelsrand.
Auch die Katzenwesen stromern als gewiefte Händler durch Himmelsrand.
Mal abgesehen davon, dass die Städte aufgrund dieser interaktiven Umgebung zwar nicht gerade voll, aber doch sehr lebendig wirken, hat Bethesda auch erfolgreich an der Regie gefeilt: Es passiert einfach mehr – in und um Siedlungen herum. Es gibt wesentlich mehr Begegnungen und Ereignisse als noch in Oblivion. Egal ob eine Patrouille hier, ein singender Wanderer da oder ein laufender Kampf gegen einen Riesen dort – eilt man hinzu und hilft? Und man kann sicher sein, dass man beim Betreten einer neuen Stadt umgehend mit der aktuellen Lage vertraut gemacht wird – nicht mit dem Holzhammer einer Filmszene, sondern mit einer alltäglichen Situation. Dort geht es dann allerdings direkt um Kernprobleme: Es kann sein, dass man einen Streit mit anhört, in dem es um Rassismus in der Stadt geht; es kann sein, dass man das Geläster über die Korruption des Fürsten mitkriegt oder dass Wachen über einen gesichteten Drachen diskutieren.

Sehr schön ist auch, dass sich Ereignisse herum sprechen, an denen man beteiligt war: Kaum hat man der Magiergilde bei einer Ausgrabung geholfen, fragen sich die misstrauischen Nord in einer benachbarten Stadt, was die Zauberer da überhaupt zu suchen hatten. Und es gibt manchmal noch direktere Konsequenzen, wenn es Zeugen gibt oder sich Dinge rumsprechen: Ich helfe einem Clan gegen den anderen, indem ich sensibles Material beschaffe und werde einen Tag später auf offener Straße von Schlägern überfallen – die Notiz verrät mir, dass sie beauftragt wurden. Ich benutze aus Versehen (!) einen Drachenschrei in der Magiergilde, weil ich mich mit der Sprinttaste vertue, und ein paar Minuten später hält mich ein Kurier auf, der mir eine Notiz übergibt; darin geht es darum, dass meine „Machtdemonstration“ nicht unbeobachtet blieb und ich mich bitte an einem bestimmten Ort einfinden soll – sehr schön.

Kopfgeld und Kerker

Die Findlinge ermöglichen die temporäre Verbesserung einer Fähigkeit oder ganz neue Zauber.
Die Findlinge ermöglichen die temporäre Verbesserung einer Fähigkeit oder ganz neue Zauber.
Einerseits macht Skyrim vieles vorbildlich, wenn es um Verbrechen in der Spielwelt geht: Man häuft zum einen für jede üble Tat mehr Kopfgeld an – vom kleinen Diebstahl mit ein paar dutzend Goldstücken bis hin zum Mord in den Tausenden. Treibt man es damit in einem Fürstentum zu weit, wird man umgehend von den Wachen gejagt.  Im Namen ihres Jarls stellen sie einen mit gezückten Waffen zur Rede und geben einem drei Möglichkeiten: Das Kopfgeld zahlen und mögliches Diebesgut konfiszieren lassen, sich ergeben und bei Abzügen von Erfahrungspunkten in den Kerker bringen oder es auf einen Kampf ankommen lassen.

Ansonsten kann man nur der Bestrafung entgehen, wenn man alle Zeugen eines Verbrechens eliminiert: Wer eine Patrouille angreift, sollte also auf Flüchtende achten. Wer in ein Haus einbricht, zu viel Lärm macht und nicht in den Kerker will, muss alle Bewohner töten. Noch eine gute Designentscheidung: Wer es sich mit den Gesetzen verscherzt, muss nur in dem entsprechenden Fürstentum mit Verfolgung rechnen – einmal über die Landesgrenze und schon hat man wieder eine weiße Weste. Man kann natürlich auch aus dem Gefängnis fliehen.

Die gezückte Waffe

Kampf gegen Untote: Leider kann man Feinde nicht fixieren.
Kampf gegen Untote: Leider kann man Feinde nicht fixieren, so dass die Übersicht manchmal verloren geht.

Schade ist, dass weder die Bewohner mit Angst noch die Wachen mit aktiven Zurechtweisungen auf gezückte Waffen reagieren – und das, obwohl sich das Land gerade im Bürgerkrieg befindet, obwohl es Morde und Drohungen gibt und obwohl die Nichtspielercharaktere sogar gezückte Waffen oder Zauber erkennen und gezielt ansprechen: „Ihr scheint eine Vorliebe für Stahlschwerter zu haben“ oder „Passt mit dem Feuer auf!“ kann man im Vorbeigehen hören – sehr gut! Aber warum darf man trotzdem beidhändig bewaffnet bis zum Jarl vordringen? Man kann auf den Tisch springen und mit der Klinge vor seiner Nase wedeln.

So viele Jahre nach Gothic, das mit diesem Figurenverhalten heute wahrlich nicht mehr einzigartig ist, ist das auch deshalb ärgerlich, weil Skyrim auf anderer Ebene genau dieses Gefühl der schwelenden Konflikte und des Misstrauens vermittelt: Wenn man das erste Mal in die Halle des Jarls Balgruuf kommt, wird man von seiner dunkelelfischen Leibwächterin mit gezückter Waffe aufgefordert, sofort stehen zu bleiben. Wenn man sich einer fremden Patrouille nähert, wird man  aufgefordert, sich um seinen eigenen Kram zu kümmern. Wenn man ungefragt einen Keller betritt, wird man attackiert. Es gibt viele Situationen, in denen all das angenehm authentisch wirkt.

Aber Bethesda lässt in anderen die Konsequenz vermissen, denn schon ein Fürstentum weiter kann man als Fremder einfach so, ohne dass man von der anwesenden Leibwache aufgehalten wird, zu einem ganz besonderen, weil in Gefahr befindlichen Jarl gehen: Zum flüchtigen Anführer der Rebellen. Warum lassen mich seine Wachen so nah ran? Hier wäre es besser gewesen, wenn man beim ersten Zücken der Waffe von seinem Huskarl zurechtgewiesen würde. Es geht hier um Nuancen, die manchmal im Figurenverhalten fehlen. Schön ist, dass Leute einen ermahnen, wenn man zu rüpelhaft durch ihr Haus poltert oder dass sie einen beobachten und sogar die Treppe mit hinauf gehen, wenn man sich als Langfinger absetzen will – und sobald man sich dann im Schleichmodus befindet, gibt es einen misstrauischen Kommentar.

Gratis oder Diebstahl?

Eisgeister im Anmarsch: Frostige Schemen mit mächtig Schaden.
Eisgeister im Anmarsch: Frostige Schemen mit mächtig Schaden.

All das ist lobenswert, aber bei den Eigentumsverhältnissen ist Bethesda manchmal schwammig: Eigentlich kann man nicht einfach irgendwo rein und stehlen. Aber manchmal kann man Geschäfte plötzlich einfach so leer räumen; das ist nicht immer und nicht überall möglich, aber es stört das Gesamtbild. Denn Diebstahl wird in Himmelsrand umgehend bestraft und alle fremden Gegenstände  werden deutlich sichtbar rot markiert – man muss Hehler finden, um gestohlene Ware abzusetzen; sehr gut! Aber sobald man mal eine Quest für jemanden erledigt hat, werden viele ehemals rot markierte auf einmal weiß dargestellt und sind quasi gratis. Wenn das bei kleinen Dingen wie Lebensmitteln so wäre, wäre das okay und akzeptabel. Aber manchmal hat man gar keine Quest erledigt und kann sich Dinge nehmen. Dabei ist also nicht immer ein logisches System zu erkennen, was man warum nehmen darf. Innerhalb einer Auslage mit zwölf Zutaten wechselt die Anzeige plötzlich zu Diebstahl. Warum?

Das geht so weit, dass man selbst ärmeren oder gerade erst kennen gelernten Leuten auch das Gold vom Tisch fischen kann. Oder dass man einer Alchemistin fast alle seltenen Zutaten sowie Seelensteine und Felle aus ihrem Laden nehmen kann, ohne dass es sie stört. Sprachen nicht gerade noch alle Bewohner von den harten Zeiten und dem schwierigen Handel? Und bei einem der besten Schmiede Winterlaufs, einem misstrauischen alten Kauz, darf man sich auch ohne Quest direkt die herum liegenden Waffen nehmen und sie ihm (!) danach verkaufen – so kann man manchmal die Lücken der Spielwelt ausnutzen. Es wäre glaubwürdiger gewesen, wenn Bethesda konsequenter zwischen Besitz und Geschenken unterschieden hätte und wenn es bei befreundeten Händlern vielleicht einen Preisnachlass, aber keine Selbstbedienung gegeben hätte.

Spannung im Kampf?

Wer als argonische Echse spielt, wird anders behandelt als ein menschlicher Nord.
Wer als argonische Echse spielt, wird anders behandelt als ein menschlicher Nord. Jedes Volk hat eine Spezialfähigkeit.

Sobald es in ein Gefecht geht, hat man die Qual der Wahl: Will man schon bei Sichtkontakt zum Bogen oder Zauber greifen, um auf Distanz zu attackieren? Theoretisch kann man in der linken Hand einen Flammenzauber und in der rechten sein Schwert führen, um beidhändig loszulegen. Welche Waffe macht mehr Schaden? Das wird einem sehr komfortabel über die neue Menüstruktur angezeigt. Man kann im Inventar seine Favoriten markieren, egal ob Klinge, Trank oder Zauber, die dann auf Knopfdruck über das Digikreuz erreichbar sind. Leider lassen sich Waffen oder Magie auf Konsole nicht flüssig in Echtzeit wechseln – man muss immer erst pausieren. Nur auf dem PC gibt es Kurzwahltasten, so dass man auf einen Druck wechseln kann.

Auf den ersten Blick wirken die Kämpfe durchaus interessant, wenn man feindliche Hiebe mit dem Schild blockt und dann selbst zuschlägt. Oder wenn man den Feind über einen Schildstoß kurz ins Taumeln bringt. Hinzu kommt die Unterscheidung von leichtem und schwerem Schlag, wobei Letzterer den Feind zurückwerfen kann. Schön ist, dass all das auch Ausdauer verschlingt, so dass man nicht endlos drauflos hauen kann.

Tanz der Klingen

Aber mehr ist taktisch nicht möglich: Es gibt weder eine gezielte Parade inklusive Konter noch große Unterschiede zwischen den Waffen. Zwar schlägt man mit dem Schwert spürbar schneller zu als mit dem Hammer, aber ansonsten fühlt sich jede Klinge gleich an. Außerdem kann man bei gehobenem Schild nicht darüber hinweg schlagen oder daneben zustoßen. Und man merkt den Animationen im Kampf zwar einen Waffenwechsel von leichter Klinge zu schwerem Hammer an, aber es fühlt sich bei weitem nicht so unterschiedlich an wie etwa in Dark Souls.

Man kann auch in Seen tauchen und dort Geheimnisse finden.
Man kann auch in Seen tauchen und dort Geheimnisse finden.
Neu sind die Tötungsmanöver, die man bei stark verwundeten Feinden oder aus der Deckung heraus ab und zu einleiten kann, bevor es eine brachiale Szene gibt, in der sich eine Klinge durch die Rüstung des Gegners frisst – ich empfehle Uthgerd die Unbeugsame als Begleiterin, denn sie rammt ihre Klinge von unten nach oben durch Banditen. Hört sich brutal an, ist es auch, aber das wirkte nicht immer so fließend und wuchtig wie man sich das wünschen würde.

Je nachdem, wie man seine Kampftalente entwickelt, ist immerhin etwa mehr Variation möglich: Man kann sowohl weitere ein- als auch zweihändige Hiebe einstudieren. Der Bogenschütze lernt erst später, wie man näher heran zoomt und beim Zielen sogar die Zeit verlangsamt. Trotzdem sind die Kämpfe zu hektisch. Es ist nicht möglich, den Feind so zu fixieren, dass man bei fester Kamera um ihn herum tänzelt. So kommt es mitunter zu recht chaotischen Gefechten mit einigen Luftlöchern oder wilden Schlagfolgen, die man mit Maus und Tastatur etwas besser vermeiden kann als mit dem Gamepad. Sehr ärgerlich ist die fehlende Präzision, wenn man seinen eigenen Gefährten oder etwaige Verbündete aus Versehen mit einem Schwerthieb trifft – die verstehen das manchmal umgehend falsch. Man vermisst nicht nur die Komplexität, sondern auch die situative Spannung in den unterhaltsamen, aber letztlich zu oberflächlichen Kampf.

Tapfere Gefährten

Die Wachen achten auf Langfinger: wer das Gesetz bricht, muss mit den Folgen leben.
Die Wachen achten auf Langfinger: Wer das Gesetz bricht, muss mit den Folgen leben.
Einigermaßen erfahrene Spieler sollten also auf der normalen Stufe kaum Probleme in den gewöhnlichen Gefechten haben, zumal jedes Volk die enorm wirkungsvolle Flammenhand von Beginn an beherrscht. Und man kann jederzeit pausieren, so dass man kurz vor dem Ableben nochmal zwei, drei Heil- oder Zaubertränke einschmeißen kann, um sich quasi mitten im Schlag des Feindes so zu stärken, dass man am Ende gewinnt. Die KI der Feinde ist nicht so clever, dass sie sich ebenfalls zwischendurch heilen würde.

Man kann den Schwierigkeitsgrad auch mitten im Kampf in fünf Stufen anpassen: Wer irgendwo nicht durch eine Festung kommt, weil die Feinde zu hart zuschlagen, schaltet sie einfach auf ganz leicht. Leider wird diese komfortable Anpassung nicht in irgendeiner Form bestraft bzw. bei höherem Anspruch belohnt – man bekommt immer dieselbe Erfahrung und Beute. Die Feinde befinden sich beim Betreten eines Gebietes in etwa auf einer Stufe mit dem eigenen Helden: Wer sich als niedrigstufiger Charakter zu den Graubärten begibt, wird beim Aufstieg vielleicht Wölfen begegnen; wer schon mehr Erfahrung hat, vielleicht noch einer Frostspinne und andere gar den gefährlichen Säbelzahntigern. Aber wenn man einmal ein Gebiet betreten hat, bleiben die Feinde auch auf diesem Niveau – sie leveln nicht weiter mit, wenn man sich vielleicht zu unterlegen fühlt und später wieder kommt. Man merkt auch relativ schnell, wenn man für eine Region noch zu schwach auf der Brust ist.

Mehr als ein Hack'n Slay

Die Dungeons überzeugen mit Fallen und Rätseln.
Die Dungeons überzeugen mit Fallen und Rätseln.
Unterm Strich ist Skyrim anspruchvoller als ein gewöhnliches Hack`n Slay: Gegen größere Trolle, Riesen oder versierte Magier wird es brenzliger. Hier muss man cleverer agieren und manchmal alles an Tränken einsetzen, um zu gewinnen. Da ist man froh, wenn man einen kämpfenden Begleiter an der Seite hat (übrigens: man kann zwar nicht aus dem Sattel heraus zuschlagen, aber das eigene Pferd kämpt nach dem Absitzen tapfer mit!): Im Laufe des Abenteuers kann man entweder Gefährten über Quests zum Mitkommen überreden oder sich Söldner kaufen. Die Auswahl ist groß und reicht von reinen Kämpfern über Schützen bis hin zu Magiern und Dieben – vor allem die starken Frauenfiguren fallen hier positiv auf: Es gibt nicht nur dümmliche Babes, sondern harte Ladys. Und die Gefährten verhalten sich überraschend intelligent: Sie zücken die Waffe parallel mit dem eigenen Helden, sie gehen umgehend in den Schleichmodus, wenn man ihn aktiviert oder schießen aus der Distanz.

Außerdem kann man mit ihnen Gegenstände tauschen und ihnen rudimentäre Befehle geben, damit sie irgendwo in Deckung gehen, ein Schloss knacken oder einen Hebel bedienen. Nur zwei Dinge stören: Zum einen versperren sie einem zu oft den Weg, so dass man in engen Korridoren nicht an ihnen vorbei kommt. Zum anderen kann man sich zwar über bestimmte Dinge mit ihnen unterhalten, aber Bethesda nutzt nicht die Chance für tiefere Dialoge oder eine persönlichere Interaktion. Man erfährt schon einiges. Aber warum kann man sich mit ihnen nicht gezielter über ihre Herkunft unterhalten und schrittweise Vertrauen aufbauen, um personalisierte Quests zu erhalten? Da war Dragon Age komplexer und interessanter.

Horizontale und vertikale Verzahnung

Man kann Schläge gezielt blocken, aber keine Konter einleiten.
Man kann Schläge gezielt blocken, aber keine Konter einleiten.

Bis zu dieser Stelle wurden viele Kritikpunkte aufgelistet. Bis zu dieser Stelle gäbe es auch genug Gründe, die Wertung niedriger anzusetzen. Es gibt aber trotz allem einen großen, unheimlich wertvollen Unterschied zwischen offenen Welten à la Two Worlds II, Risen oder Arcania und dieser Welt von Bethesda: Skyrim atmet Geschichte. Dieses Spiel ist nicht nur horizontal offen, was die Weite des Landes und die freie Charakterentwicklung angeht, es ist gleichzeitig vertikal verankert in seiner eigenen Mythologie und interaktiven Spielstruktur.

Was heißt das? Das heißt zum einen, dass diese Fantasywelt eine über Jahre gewachsene und glaubwürdigere als viele andere ist. Ihr Putz offenbart keine schnell konstruierte Plastik, wenn man mal etwas unter der Oberfläche kratzt, sondern Knochen – alte Gebeine, die schon etwas länger eine Welt tragen. The Witcher gelang das aufgrund der literarischen Fundamente des polnischen Schriftstellers Andrzej Sapkowski. Skyrim gelingt das aufgrund seiner Vorgänger mit der langen Historie von Kriegen und Katastrophen, von Kaisertum, Unabhängigkeitsbestreben und Geheimorden, von Leid und Vertreibung. Worte wie „Morrowind“, „Dunmer“, „Septim“, „Thalmor“ oder „Oblivion“ haben eine Bedeutung gewonnen, weil sie umgehend Bilder erzeugen.

Integration der Geschichte

Das alleine würde als bloße Erinnerung von Veteranen natürlich noch keinen großen Wert für das Spielerlebnis von Skyrim haben: Aber die Integration der Geschichte in die Spielwelt lässt sie so lebendig, lässt ihre Mythen auch für Einsteiger so greifbar und interessant werden. Bethesda macht die Spuren der Vorzeit nicht nur in der Landschaft sichtbar, in alten Festungen, Ruinen oder eben profanen Mammutknochen, sondern auch in den Biographien der Leute, in Gesetzen wie dem Religionsverbot und Artefakten und vor allem in all den Büchern, die man finden kann. Viele Spiele nutzen derart eingestreute Informationen, um etwas von den Hintergründen zu erzählen. Aber es ist unglaublich, was man hier in welcher Fülle über die Welt, ihre Völker, Intrigen und Herrscher, ihre Pflanzen, Kreaturen und Legenden erfahren kann. Wer sich auf diese Fantasy einlässt, wird mit Tiefe belohnt – Spiele wie Risen oder Two Worlds ermöglichen diese Art der Immersion erst gar nicht, weil sie zu flach konstruiert sind.

Manchmal hilft je nach Feind eine andere Waffe.
Manchmal hilft je nach Feind eine andere Waffe - hier wäre Feuer angebracht.

Viel wichtiger als viel Information ist: Bethesda schließt den Kreis von der vertikalen historischen Tiefe mit all ihren Herrschern, Verträgen und Intrigen hin zur horizontalen Weite. Das sind nicht zwei getrennt voneinander gefüllte Bereiche: Man beugt sich über eine taktische Karte, klickt auf eine Fahne und eine Festung wird kartiert. Sobald man etwas über eine Sage liest, in der es um einen interessanten Ort geht, wird dieser auf der Karte vermerkt und man bekommt umgehend Lust, in dem betreffenden Buch zu lesen – nicht einfach eine schnöde Questbeschreibung, sondern vielleicht eine akademische Abhandlung oder ein Tagbuch oder einen Lexikoneintrag! Das geht so weit, dass man selbst belanglose Ausführungen über das Liebesleben finden oder sich über den absolut hanebüchenen mystischen Beweis aus der Feder eines Legasthenikers amüsieren darf. Genau so gibt man Rollenspielwelten mehr als Level und Waffenboni, sondern Seele! Ab und zu hat die Lektüre auch praktischen Wert: Sobald man etwas über einen Dieb liest, der über seine Karriere berichtet, wird umgehend die Fähigkeit des Taschendiebstahls verbessert. So entsteht ein harmonischer Kreislauf aus Vergangenheit und Gegenwart, aus Fakten und spielerischem Nutzen.

Die deutsche Lokalisierung

Ein Rollenspiel lebt auch vom Klang der Stimmen und wie oben beschrieben auch vom geschriebenen Wort. Und Bethesda hat endlich mehr Herzblut in die deutsche Version investiert: Im Gegensatz zum enttäuschenden The Elder Scrolls IV: Oblivion, wo sogar Zauber und Quests falsche Namen und damit zur Verwirrung trugen, überzeugt diesmal sowohl die Übersetzung der Texte als auch die professionelle Sprachausgabe. Neben Wolfgang Jürgen (deutsche Stimme von Dennis Quaid) und Bernd Vollbrecht (Brad Pitt) kommen u.a. Marion von Stengel (Angelina Jolie) und Joseline Gassen (Bette Midler) zu Wort – und diese Klasse zahlt sich aus.

Zwar merkt man einigen Sprechern ab und zu an, dass sie mehrere Rollen einspielen und einige weniger wichtige Charaktere nicht so stark akzentuieren konnten. Aber nicht nur die politischen Protagonisten der Story wie etwa die kernigen Jarle, auch die vielen starken Frauen wie die beschwörend flüsterende Priesterin von Azura, die ruppige Kriegerin Uthgerd und so manche Nebenrollen können sich hören lassen – inklusive markantem Akzent wie etwa bei den Katzenwesen. Sehr schön ist zudem, dass man neben prominenten erwachsenen Schauspielern auch Kinder zu Wort kommen ließ; wenn man mit ihnen spielt oder ihnen zuschaut, hört sich das angenehm natürlich an.

Auch die vielen Texte wurden gewissenhaft übersetzt – und Skyrim bietet viele Schriftstücke von der kleinen Notiz bis zum mehrseitigen Lexikoneintrag. All das liest sich gut, zumal man die Ortsnamen der Spielwelt ohne große Ausrutscher eingedeutscht hat: Statt „Skyrim“ heißt die Provinz der Nord „Himmelsrand“; statt „Whiterun“ heißt die erste größere Stadt „Weißlauf“. Man kann darüber streiten, ob das den etymologischen Aufwand wert war, zumal die Ortsschilder innerhalb der Spielwelt immer noch die englische Schreibweise anzeigen, aber es wirkt an keiner Stelle künstlich aufgesetzt.

Fazit

Dieses Rollenspiel hat viele kleine Fehler – technisch, inhaltlich, spielerisch. Aber sie verblassen alle angesichts der unheimlichen Sogkraft, die einen immer tiefer in die Wirren und Geheimnisse dieses nordischen Reiches führt. Bethesda hat sich gegenüber Fallout 3 nochmal gesteigert und inszeniert nicht nur ein episches Abenteuer in offener Welt, das mir die freie Wahl der Route, Karriere und Fraktion lässt. Das können viele, auch wenn keines in den letzten Jahren in so einer prächtigen Landschaft, keines mit so stimmungsvollen Dungeons und keines mit so einem unglaublich dichten Netz aus sehr guten Quests inszeniert wurde. Zusätzlich zu dieser horizontalen Vielfalt und Freiheit kommt eine tiefere Ebene, denn dieses Rollenspiel wird erst dadurch so faszinierend, dass es fest verankert ist in seiner eigenen Geschichte und seinen Legenden. Wer hier ein Buch öffnet, wird nicht nur die nächste Ruine oder Höhle, sondern dazu etwas über ein Schicksal und vielleicht sogar mehr über die brisanten politischen Zusammenhänge erfahren. Wer hier unter der Oberfläche kratzt, wird keine schnell konstruierte Fantasyplastik, sondern gewachsene Knochen finden – alte Gebeine, die schon länger eine Welt tragen. Als Drachenblut hat man verdammt viel Zeit und vor allem Spaß, ihre Rätsel zu entschlüsseln.

Pro

interessante Story & episches Flair
absolut freie Charakterentwicklung
enorme Spielzeit (100 Stunden plus x)
sehr gut verzahnte, ständig aktualisierte Quests
prächtige Landschaft mit vielen Geheimnissen...
Bestrafung für Verbrechen, aber...
einen Gefährten mitnehmen & befehlen... 
Pferd reiten...
glaubwürdige Reaktionen auf Völker
Tag&Nacht- sowie Klimawechsel
stimmungsvolle Dungeons mit Fallen & Rätseln
zig nützliche (!) Lexika, Bücher, Notizen
Kochen, Alchemie, Schmieden, Verzauberung
unendlich viele Waffen und Zauber
Schreie neues übersinnliches Element
eigenes Haus, Heirat & Geschäft möglich
hervorragende Musikuntermalung
sehr gute deutsche Lokalisierung
fünf Schwierigkeitsgrade, jederzeit speicherbar
alle Hilfanzeigen abschaltbar (HUD-Transparenz)

Kontra

simples & hektisches Kampfsystem
erste Drachen zu leicht zu besiegen
einige spröde & unlogische Gesprächssituationen
Gefährten-Trainer lassen sich ausnutzen
...aber technischen Schwächen im Detail
...inkonsequente Eigentumsverhältnisse
...aber nur oberflächliche Dialoge möglich
...aber kein Kampf vom Sattel aus
Texturprobleme auf Xbox 360
Hinweise auf Radarleiste nicht optional

Wertung

360

Auch wenn die Texturen hier im Detail schwächer sind: Dieses Abenteuer sollte sich kein Rollenspieler entgehen lassen!

PlayStation3

Episch, prächtig und unheimlich fesselnd: Das ideale Rollenspiel für lange Winterabende!

PC

Etwas ansehnlicher als auf den Konsolen, ansonsten das identische epische Erlebnis!

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Kommentare

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johndoe945852

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Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 12 Jahren