Mario Tennis Open22.05.2012, Paul Kautz
Mario Tennis Open

Im Test:

All das Prinzessinnen-Retten wird auf Dauer doch langweilig, ein echter Klempner lechzt nach Abwechslung. Und dieser eine spezielle mit der blauroten Kluft, hat schon vor langer Zeit entdeckt, dass Sport genau die richtige Alternative zum Bowserhintern-Treten darstellt. Und so wird mal wieder der Tennisschläger geschwungen.

Die Farben der Gewalt

Nintendos Sport-Allzweckwaffe Camelot schlägt wieder zu. Und die Japaner dürften wissen, was sie machen, haben sie doch das bemützte Maskottchen schon über diverse Tennis- und Golfplätze gehetzt. Das Resultat ist angesichts der langen Reifezeit (immerhin gab es kein Mario Tennis auf dem DS) erstaunlich - allerdings nicht nur im positiven Sinne. Aber der Reihe nach:

Natürlich gibt es diverse Modi, um als Soloschläger der KI den Filz heiß zu machen - in erster Linie das »Turnier« sowie das »Match«. Ersteres schickt einen quer durchs Marioversum; man spielt auf gigantischen Pilzköpfen, auf einem Prinzessinnen-Court, einem Donkey-Kong-Dschungellevel oder einem feurigen Lavaplatz. Zwölf  Tennisprofis stehen zur Wahl, die üblichen Verdächtigen von Mario über Yoshi bis Bowser - alle haben leicht unterschiedliche Eigenschaften in Sachen Geschwindigkeit, Technik oder Kraft. Man darf auch mit seinem Mii spielen, der in allen Belangen guter Durchschnitt ist. Das Turnier ist ein guter Startpunkt, denn es ist über weite Teile kinderleicht: Die ersten

Wer möchte, kann das Spiel per Bewegungssteuerung kontrollieren. Dadurch wird es aber nochmals einfacher.
Wer möchte, kann das Spiel per Bewegungssteuerung kontrollieren. Dadurch wird es aber nochmals einfacher.
vier Cups gewinnt man im Schlaf, danach werden noch mal so viele freigeschaltet, die erst zum Ende hin anspruchsvoll werden. Der Grund dafür ist, dass die KI sehr vorhersehbar allergisch auf so genannte »Glücksschläge« reagiert. Das sind farblich codierte Schläge, die gezündet werden, sobald man sich in einem Farbkreis befindet und die dazu passende Taste drückt - woraufhin fiese Lobs oder ein mächtiger Topspin auf den Gegner hernieder prasselt. Hat man die Farbcodes einmal verinnerlicht (oder nutzt die riesengroßen entsprechenden Tasten auf dem Touchpad), sieht die KI ziemlich alt aus. Bowser z.B. ist aufgrund seiner Trägheit nahezu machtlos gegen Stopbälle.

Die große Tennis-Show

Und es ist noch nicht vorbei mit den Vereinfachungen: Standardmäßig wird Mario Tennis Open (ab 24,90€ bei kaufen) (MTO) über das Gyroskop des 3DS kontrolliert; man sieht seine Figur von hinten und bestimmt über die Bewegung des Handhelds lediglich die Schlagrichtung - der Spieler bewegt sich von selbst. In Kombination mit den auf dem Touchpad liegenden Glücksschlägen übergibt man das Spiel damit zum größten Teil in die Hände der Automatik, woraufhin es sich im Großen und Ganzen selbst spielt. Für absolute Noobs vielleicht sinnvoll, aber mir hat’s keinen Spaß gemacht.

Steht man in einem Farbkreis, kann man über Druck auf die entsprechende Taste deutlich stärkere Glücksschläge loslassen.
Steht man in einem Farbkreis, kann man über Druck auf die entsprechende Taste deutlich stärkere Glücksschläge loslassen.
Lösung: Gyroskop-Steuerung aus (dadurch wird man auch nicht mitten im Match ungewollt Kameramann, außerdem kann man dann den netten 3D-Effekt nutzen), Ballsteuerung über die Digibuttons. Die Perspektive rückt deutlich weiter hoch, jetzt sieht das Ganze nach einem anständigen Tennis-Spiel aus! Begleitet von bekannten, geremixten Stücken aus dem reichhaltigen Nintendo-Fundus sowie jeder Menge Gejuchze und Gequietsche der Spieler ergeben sich so schöne Ballwechsel. Abseits vom Turnier, welches einem die Gegner vorschreibt,  darf man sein Glück im normalen Match versuchen: Hier legt man Figur, Gegner, KI-Stärke, Platz sowie Platzregeln fest und brettert einfach drauflos. Man kann Singles oder auch zusammen mit der KI Doubles spielen, läuft im letzterem Falle aber Gefahr, sich immer wieder mal zurücklehnen zu dürfen - die Computer haben scheinbar Freude daran, sich über längere Zeit hinweg selbst den Ball zuzuspielen. Immerhin sieht es prima aus: Die bekannten Figuren bewegen sich flott über die hübsch designten Plätze, die Effekte sind nett, das Ganze sowohl in 2D als auch 3D jederzeit flüssig.

Filze den Goomba!

Sowohl im Turnier als auch im Match spielt man frische Ausrüstung frei, die man im Clubhaus seinem Mii überstreifen darf: Hemden, Schuhe, Schweißbänder, ganze Kostüme oder Schläger warten auf ihre Freischaltung. Die Ausrüstung beeinflusst u.a. die Schlagkraft und Geschwindigkeit des Mii - das aber so subtil, dass einem die Unterschiede kaum auffallen dürften. Ich habe irgendwann aufgehört, auf die unübersichtlichen Kuchendiagramme zu schielen, welche meine Werte repräsentieren sollten und habe die Klamotten nach ihrem Aussehen gekauft: Yoshi-Anzug, Boo-Schuhe, Mario-Schweißbänder und Steinblock-Schläger, schon war ich der Dressman auf dem Platz. Man darf übrigens nur den eigenen Mii ausstaffieren, die Marioversum-Figuren bleiben unverändert.

All diese schönen Sachen kosten Klimpergeld - woher nehmen? Bevor jemand sein Taschengeld mit dem Tennisschläger nachts im Park verdient, greift man lieber zu den vier Minigames: »Ringeschießen« ist genau, was der Name verspricht, nur dass es hier umso mehr Geld gibt, wenn man mehrere dieser Ringe gleichzeitig erwischt. Der »Galaktische Ballwechsel« stürzt einen ins Match gegen einen niedlichen Luma aus Super Mario Galaxy, auf dessen wechselfreudigen Parcours man möglichst viele

Mit der Zeit schaltet man mehr und mehr Klamotten und Schläger frei, mit denen man seinen Mii ausstaffieren darf.
Mit der Zeit schaltet man mehr und mehr Klamotten und Schläger frei, mit denen man seinen Mii ausstaffieren darf.
Ballwechsel hinbekommen muss. Das Highlight ist für mich »Super Mario Tennis«. Denn hier spielt man den NES-Klassiker »Super Mario Bros.« nach - nur mit einem Tennisball statt Mario. Die Welten scrollen von allein, mit dem Filzball erledigt man Gegner, sammelt Münzen, betritt Bonusräume und erwischt die Levelendfahne mit einem hohen Lob möglichst weit oben. Sehr witzig und gut spielbar. Das genaue Gegenteil davon ist das letzte Minispiel: »Tinten-Piranha-Training« ist genau so uninteressant wie es klingt.

Bleibt noch der Mehrspielermodus. Das Beste an ihm ist die Stabilität: In dem knappen Dutzend Online-Partien, die ich jetzt hinter mir habe, hatte ich mit vielen harten Gegnern zu  kämpfen, aber dankbarerweise nicht mit Lags oder ungewollten Abbrüchen. Besiegt man sein Gegenüber, erhält man zur Belohnung eine Goldmünze mit dem Konterfei seines Miis. Allerdings sind im offenen Spiel (also gegen die Welt) leider keine direkten Rückmatches möglich - bei Partien gegen Freunde ist das natürlich etwas anderes. Sehr ärgerlich: Es gibt keine Möglichkeit, nach Gyroskop- und Nicht-Gyroskop-Spielern zu filtern, was für Letztere natürlich unfair ist. Außerdem beschränken sich die Online-Partien auf das absolut Nötigste. Etwas mehr Auswahl hat man, wenn man sich auf die heimischen vier Wände beschränkt: Hier darf man Singles und Doubles spielen, außerdem Ringeschießen und Super Mario Tennis - was besonders putzig ist, da man sich auf beiden Seiten der »Leinwand« bespielt. Sehr nett: Für das gesamte Erlebnis wird nur ein Modul für alle Spieler benötigt.

Fazit

Keine Items, keine Figuren-spezifischen Powershots, keine Rollenspielelemente - Camelot entfernt sich auf dem 3DS deutlich von dem Wahnsinn, der die GBA- und GameCube-Ausflüge des sportlichen Klempers geprägt hat. Das ist auf der einen Seite gut, konzentriert man sich dadurch doch mehr auf den tatsächlichen Sport als auf wildes Gimmick-Gekloppe. Auf der anderen Seite hinterlässt das eine zum Teil bedrückende Leere, die man besonders als Solo-Spieler spürt: Die erste Hälfte des Turniers ist selbst für ungeübte Spieler ein Klacks, die zweite fordert erst zum Schluss – und danach kann man sich lediglich in den wenigen, wenn auch unterhaltsamen Minispielen zusätzliche Münzen zum Kauf von Klamotten verdienen. Deren Auswirkungen auf den Spielverlauf kann man allerdings nicht zuletzt aufgrund der nahezu unbrauchbaren Kuchendiagramme vernachlässigen. Auch im guten sowie lagfreien Mehrspielermodus merkt man schnell, dass sich die Entwickler auf das Nötigste beschränkt haben. Außerdem gibt es keine Möglichkeit, die Partien nach Gyroskop- und Nicht-Gyroskop-Spielern zu filtern - Erstere haben einen deutlichen Vorteil. So bleibt ein kurzfristig unterhaltsames, aber oberflächliches Filzgebolze für Tennis-Frischlinge, die Spaß am Freischalten haben. Verglichen mit dem sieben Jahre alten Mario Tennis: Power Tour ist das eine Enttäuschung.

Wertung

3DS

Locker-leichtes und unterhaltsames, aber auch oberflächliches und in vielerlei Hinsicht stark vereinfachtes Tennis-Vergnügen.

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