BattleBlock Theater09.04.2013, Jan Wöbbeking
BattleBlock Theater

Im Test:

Endlich wieder gepflegtes Chaos vor der Xbox 360: Nach Castle Crashers und Alien Hominid wagt sich Entwickler Behemoth an ein Jump-n-Run mit starkem Mehrspieler-Fokus. In BattleBlock Theater (ab 14,39€ bei kaufen) hüpft und rätselt man kooperativ und zweidimensional durch bockschwere Cartoon-Levels.

Theatralische und akustische Folter

Techno-Katzen und ein Running-Man-Verschnitt auf der Bühne: Die Story klingt, als sei sie aus dem Fiebertraum eines Entwicklers entsprungen.
Techno-Katzen und ein Running-Man-Verschnitt auf der Bühne: Die Story klingt, als sei sie dem Fiebertraum eines Entwicklers entsprungen.
Ähnlich wie in Sonys The Puppeteer versetzt mich der Story-Modus direkt in ein Theater: Im Vordergrund sitzt ein schemenhaftes Publikum, dahinter hüpfe und rätsle ich auf der Bühne. Die Geschichte klingt wie ein Fiebertraum eines Indie-Entwicklers: Nachdem der namenlose Protagonist und sein Freund Hatty Hattington Schiffbruch erlitten, landen sie auf einer von sadistischen Katzen beherrschten Insel. Während ein Gedankenkontroll-Hut Hatty zur Kooperation bringt, werde ich dazu gezwungen, in einer makabren Bühnenshow um mein Leben zu hüpfen.

Die durchgeknallte Geschichte passt zwar zum trashigen Comic-Stil, wird aber von einem schrecklich nervtötenden Erzähler präsentiert. Nein, eine Anekdote um ein paar superbeste Freunde wird nicht komischer, wenn man zehnmal wiederholt, dass sie auch wirklich superbeste Freunde sind. Auch nicht, wenn man die Püppchen der superbesten Freunde energisch durch die Kulisse wedelt. Im ersten versteckten Level riss mein Geduldsfaden dann endgültig: Als der völlig enthusiastische Sprecher minutenlang kreischende Hühner imitierte, musste ich die Sprachausgabe deaktivieren. Auch die Musik lässt sich zur Not ausstellen; mit ein paar Ausnahmen ist sie allerdings prima gelungen. Passend zum wilden Design-Mix gibt es einen bunten Mashup aus Chiptunes, Blasmusik und Hiphop-Scratches.

Giana Sisters treffen die Super Smash Brothers

Vorsicht, explosiver Frosch: Die marschierenden Minen mit Stock und Hut lassen sich auch vom Spieler einsetzen.
Vorsicht, explosiver Frosch: Die marschierenden Minen mit Stock und Hut lassen sich auch vom Spieler einsetzen.
Sobald der nervige Sprecher eliminiert ist, kann der Spaß beginnen. Die Theater-Kulissen sehen zwar reichlich schlicht aus und wiederholen sich ständig, die inneren Werte überzeugen aber. Ich lasse mich von einer Plattform plumpsen, wechsle Millimeter über einem tödlichen Wasserbecken die Richtung, bugsiere mich mit einem Doppelsprung auf eine poröse Plattform, lasse mich von einem Lava-Stein in die Höhe katapultieren, greife die rettende Kletterstange und hangele mich gerade noch rechtzeitig an einem knisternden Elektrostrahl vorbei. Wer knackige Plattformer wie Super Meat Boy oder Rayman Origins mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Schade, dass auch der Analog-Stick nur digital abgefragt wird – nach kurzer Gewöhnung geht der Balanceakt trotzdem präzise von der Hand.

Eine weitere Stärke ist der ausgewogene Mix aus Rätseln und Hüpf-Passagen. Ähnlich wie in Fly’n haben die Entwickler beide Elemente so gut ausbalanciert, dass nur selten eines davon ermüdend wirkt. Lässt sich ein großer Teich nicht überwinden, schnappe ich mir z.B. einen versteckten Schalterblock, trage ihn auf eine Anhöhe und aktiviere eine Brücke. Jetzt muss ich nur noch schnell genug nach unten gelangen, bevor sie wieder verschwindet. Dann hüpfe ich noch über das groteske Geweih-Eichhörnchen und benutze meine Figur als Köder, um das gefräßige Monster auf einen zweiten Schalter zu locken. Bingo: Ein paar Kisten erscheinen in der Luft. Kommen mir aggressive Katzen in die Quere, boxe ich sie mit ein paar einfachen Schlägen aus dem Weg oder bekämpfe sie mit einem der freischaltbaren Extras wie Bumerangs, Handgranaten oder Feuerbällen.

Fast wie auf dem Schulhof

Defensive mal anders: Beim Basketball sollte ein Spieler gelegentlich den Werfer des anderen Teams in die Luft sprengen.
Defensive mal anders: Beim Basketball sollte ein Spieler gelegentlich den Werfer des anderen Teams in die Luft sprengen.
In BattleBlock Theater stecken zwar deutlich weniger frische Ideen und Gegnertypen als in Fly'N oder Giana Sisters: Twisted Dreams – trotzdem wurden die konventionellen Puzzles geschickt in die knackigen Sprungpassagen eingeflochten. Profis können sich außerdem am extraschweren Modus ohne Checkpoints versuchen oder sich auf die Suche nach Extra-Edelsteinen und Wollknäuels machen. Mit Ersteren werden spielbare Häftlinge (also neue Outfits) freigeschaltet; Letztere lassen sich gegen die erwähnten Extrawaffen eintauschen.

Der Einzelspieler-Part kann also überzeugen, doch mit ein paar Freunden oder Xbox Live dreht BattleBlock Theater erst richtig auf. Das komplette Abenteuer kann on- oder offline mit einem befreundeten oder fremden Koop-Partner angegangen werden. Hier ist erfreulich viel Kooperation nötig: Ich schleudere meinen Partner über einen Abgrund, er legt einen Schalter um, ich folge durch ein freigelegtes Portal, er zieht mich über die Klippe und so weiter. Das Salz in der Suppe sind natürlich kleine Seitenhiebe, mit denen man den Partner hinterrücks ins Wasser schmeißt oder auf andere Weise sabotiert. Da er ruck-zuck wiederbelebt wird, ist das Malheur gar nicht so tragisch.

Blitzschnell und sauber

Koop oder Wettstreit: Wer möchte, kann auch mit Fremden um die Zeit rennen.
Koop oder Wettstreit: Wer möchte, kann auch mit Fremden um die Bestzeit rennen.
Wer sein Gegenüber absichtlich pfählen, in Brand setzen oder sonstwie ärgern will, sollte sich in die Kampfmodi für bis zu vier Spieler stürzen. Acht Varianten auf kleinen Karten stehen zur Wahl, manche sind wie King of the Hill an Ego-Shooter angelehnt. Bei „Muckle“ bringt man seien Gegner schlicht und einfach um. Je öfter, desto besser – je fieser, desto mehr Punkte gibt es. In Soul verdient man Punkte, indem man sich die Seele des Gegners unter den Nagel reißt und hält. In weiteren Varianten färbt man Plattformen ein, wirft einen Basketball an tödlichen Fallen vorbei in den Korb, schnappt sich das Gold oder ein rechteckiges Pferd. Egal, für welchen Modus man sich entscheidet – es geht stets rasend schnell zur Sache. Im Bruchteil von Sekunden zischen Fäuste und Granaten durchs Bild, Brücken verschwinden und Körperteile purzeln durch das Level. Die Gewalt wirkt allerdings ähnlich überzeichnet wie in einem Cartoon.

Umso erstaunlicher, dass trotz der Rasanz so gut wie keine Lags auftreten – falls doch, werden sie erstaunlich gut kaschiert. Zwischendurch geht das Grüppchen zur Entspannung gemeinsam shoppen: Im Knastladen gibt es allerlei Extras und Verkleidungen. Wer möchte, kann auch ein Tauschgeschäft mit anderen Spielern eingehen, z.B. um früher an Extras wie den Bumerang zu kommen. In der Spielersuche hat man die Wahl aus einer schnellen

Die Blöcke sehen schlicht aus, ermöglichen im Gegenzug aber auch schnelle Ergebnisse beim Eigenbau im Editor.
Die Blöcke sehen schlicht aus, ermöglichen im Gegenzug aber auch schnelle Ergebnisse beim Eigenbau im Editor.
Spielvermittlung sowie dem Erstellen oder Beitreten von festgelegten Modi – je nach Vorliebe in freien oder Ranglisten-Partien. Spannend sind auch die Wettrennen gegen einen menschlichen Online-Gegner: Man marschiert zusammen zu den gewünschten Levels und rennt nacheinander um die Bestzeit.

Plattform-Wahnsinn Marke Eigenbau

Einfach, aber effektiv ist auch der Level-Editor: Durch die beschränkte Zahl an Block- und Gegnertypen ist bei weitem nicht so viel möglich wie in LittleBigPlanet 2 – im Gegenzug ist aber viel schneller ein vorzeigbares Ergebnis fertig. Hat man ein paar Levels aneinander gekettet, werden sie hochgeladen und können bewertet werden. Wer genügend Mitspieler findet, kann auch mit anderen Online-Spielern durch nutzergenerierte Mehrspieler-Levels flitzen.

Fazit

Was für ein Chaos: Battleblock Theater beweist, wie viel Spaß ein Plattformer macht, wenn man seine Freunde auch online verkloppen kann. Oder sie mit einer Handgranate sprengt, in einem Tümpel versenkt, sie in Stacheln schubst oder in Flammen setzt. Ob kooperativ oder gegeneinander: Wer genügend Mitspieler gefunden hat, kann online eine Menge Spaß haben. Auch der kleine, aber feine Level-Editor ist eine sinnvolle Ergänzung. Im Alleingang fällt allerdings auf, dass die schlichten Theater-Kulissen und wenigen Gegner auf Dauer zu wenig Abwechslung bieten – vor allem im Vergleich zu einem kreativen Highlight wie Fly’n. Wer darüber hinwegsieht, bekommt auch hier einen sehr gut ausbalancierten Mix aus Rätseln und knackigen Sprungpassagen – plus den erstaunlich üppigen Mehrspieler-Modus. Auch der schrecklich überdrehte (und zum Glück deaktivierbare) Erzähler konnte mir die Laune nicht verderben. Wer gerne kooperativ hüpft, prügelt und knobelt, sollte unbedingt zugreifen!

Pro

sehr motivierende Sprungpassagen
ausgewogener Mix aus Hüpfen und Rätseln
lustiges Mehrspieler-Chaos mit vielen Modi
Online-Koop und -Wettstreit
sauberer Netzcode trotz blitzschnellem Spielablauf
lustiger Musik-Mashup
bockschwere Profi-Variante
einfacher aber effektiver Level-Editor
Levels und Extras online tauschen

Kontra

Mangel an Abwechslung und Bosskämpfen im Story-Modus
monotone Theater-Kulissen
nur wenige Block
und Gegner-Typen
unglaublich nervtötender Erzähler (deaktivierbar)

Wertung

360

Chaotisch, durchgeknallt und voller lustiger Online-Modi: BattleBlock Theater ist ein Traum für gesellige Plattform-Fans.

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