Im Test:
Nicht ohne meinen Martini!
Man kann von der James-Bond-Reihe halten, was man will - aber kaum einer wird ernsthaft anzweifeln, dass sie zu den Wegbereitern des modernen Actionkinos gehört. Fünf Namen wurden im Laufe der Jahrzehnte durch die Serie unsterblich und untrennbar mit Martinis und Walther PPK - okay, eigentlich sechs, aber George Lazenby zählt innerhalb des Bondversums wohl eher zur Kategorie „Kuriosum“. Aber gut, zurück zur Gegenwart. Und da vertritt Daniel Craig einen neuen Bond-Typ: Wortkarg, weniger verflirtet, schnell mit Faust und Waffe, nachdenklicher. Und im Falle von 007 Legends auch omnipräsent.
Denn während man durch fünf klassische Bond-Filme aus allen Ären springt (eine sechste Episode, basierend auf dem aktuellen Film „Skyfall“, wird als kostenloser DLC nachgereicht), bleibt eines immer gleich - Daniel Craig ist James Bond. In Gesicht, Stimme (zumindest in der deutschen Fassung) und Zeitrahmen. Denn obwohl man in Fort Knox gegen Oddjob antritt und Blofeld durch die Alpen jagt, spielt alles immer in der heutigen Zeit. Das Ganze findet im Kopf als Erinnerung des im Vorspann angeschossenen James Bond statt - was den Designern in erster Linie eine Entschuldigung dafür gibt, moderne Gadgets wie die Superuhr, aktuelle Sportwagen oder das allgegenwärtige Smartphone einzubauen.
Der Tod kommt aus der Hüfte
Jedes Kapitel bietet wenige, dafür meist ziemlich lange Missionen, die auf Schlüsselszenen der Filme basieren - wie den Sturm auf Fort Knox (Goldfinger), die Ski-Verfolgungsjagd (Im Geheimdienst ihrer Majestät) oder das Rasen über den Eissee (Stirb an einem anderen Tag). Allerdings gibt es keine echte Verbindung zwischen den Streifen: Wenn einer abgehakt ist, wird einfach der nächste rangehebelt. Am Ende des fünften Films ist einfach Schluss, ein echtes Ende gibt es nicht - die Entwickler vertrauen offenbar sehr auf die Magie des DLC. All das in Kombination mit den größtenteils schlauchartigen, linearen Levels ergibt eine Kampagne von etwa fünf Stunden Dauer. Vielleicht sogar sechs, was der Verdienst der erschreckend langen Ladezeiten sowie der teilweise nervend weit auseinander platzierten Checkpunkten sein dürfte.
Nette Idee: Neben den drei gewohnten Schwierigkeitsgraden hat man auch die Möglichkeit, zum „modernen“ oder „klassischen“ Spieldesign zu greifen. Ersteres entspricht dem Zeitgeist, der vollautomatische Heilung aller Blessuren vorschreibt. Letzteres setzt ganz oldschool auf das Sammeln von Heilpäckchen und Panzerung.
Aufs Maul! Leberhaken! Und gleich noch einen!
Abseits des „Ich bin generisch! Sieh, wie uninspiriert ich bin!“ schreienden Shooter-Designs gibt es tatsächlich einige interessante Ideen. Oder zumindest interessant wirkende wie den Nahkampf: Immer wieder gerät man an einen Gegner (alle Bosse, aber auch einige Otto-Normal-Schurken), der die Waffen ruhen und die Fäuste sprechen lassen will. Resultat: Über die Analogsticks kann man den Feind verdreschen, immer dahin schlagend, wo er gerade nicht deckt - wer nicht sieht, wo das sein kann, wird mit überdeutlichen Eingabeaufforderungen darauf hingewiesen. Wie gesagt, die Idee ist nett. Die Ausführung allerdings derart einschläfernd träge, dass es keinen rationalen Grund dafür gibt, jemals auch nur ein Mal daneben zu hauen.
Interessanter ist da schon das Smartphone. Klar, heute läuft kaum noch einer ohne die Mischung aus Telefon, Handheld, Kamera, Musikplayer und Saftpresse durch die Gegend. Aber Herr Bonds Xperia-Phone (die Werbung könnte kaum weniger subtil sein) legt dann doch noch mal eine Kohle drauf - denn mit ihm kann man Computer hacken und nach Fingerabdrücken oder Nervengas scannen.
Wirklich interessant ist eigentlich nur das Erfahrungspunkte-System: Jeder Kill, ob mit Waffe oder Bonds energischem Karate-Finger, arbeitet auf zusätzliche Erfahrungspunkte hin, genau wie das Erledigen von Nebenmissionen sowie Dinge wie eine gute Trefferquote - die Gesamtliste ist jederzeit einsehbar. Die errungenen Punkte darf man nun in Waffen-, Ausrüstungs- oder Bond-Verbesserungen investieren - und auf einmal haben die Knarren Rotpunktvisiere oder dickere Magazine, James heilt sich schneller oder verträgt mehr Treffer. Beim besten Willen keine neue Idee, aber eine nach wie vor motivierende.
Die Rückkehr des Bond-Zombies
Neben der Kampagne darf man sich die Zeit mit dem Meistern der „Herausforderungen“ vertreiben: Zehn an der Zahl, die nach und nach freigeschaltet werden. Und jedem Spieler von Goldeneye 007: Reloaded bekannt vorkommen dürften, denn das gleiche Konzept hieß dort einfach „MI6 Ops“. Darüber hinaus gibt es natürlich noch den Online-Modus: Vier Spieler dürfen lokal im Splitscreen loslegen, dreimal so viele online gegeneinander das Goldauge schwingen.
Spätestens bei der Kulisse ist allerdings Schluss mit lustig: Mann, ist 007 Legends hässlich! Grobe, detailarme Levels, die immer wieder unvermittelt von Ruckel-Attacken überfallen werden, angereichert mit fiesem Tearing und in alle Richtungen flimmernden Kanten. Gefüllt mit abwechslungsarmen, emotionslosen Figuren, deren Gesichter aussehen, als hätte Oddjob ein paar Stunden lang draufgesessen. Das Beste an der Grafik ist noch das putzige Ragdoll-System, das gelegentlich für unterhaltsame Todesposen sorgt. Oh, und das Hauptmenü ist gut gelungen - von geschmeidiger Musik begleitet wird sanft über klassische Bond-Bösewichter herum geschwenkt. Apropos Musik: Der Soundtrack kann wirklich was, im Gegensatz zur betonungsfreien deutschen Sprachausgabe.
Fazit
Wird es jemals wieder ein richtig gutes Bond-Abenteuer geben? GoldenEye Reloaded war okay, Blood Stone und Ein Quantum Trost nicht übel - aber richtig aus den Socken hauen kann der Herr Superagent schon seit vielen Jahren nicht mehr. Das ändert sich auch mit 007 Legends nicht, ganz im Gegenteil - denn damit werden neue Qualitätstiefen ausgelotet, die man sowohl der Marke als auch dem Entwickler Eurocom nicht zugetraut hätte. Alles an 007 Legends wirkt schludrig, gehetzt und unfertig: Angefangen bei der jämmerlichen Grafik über die nutzlose Schleichmechanik, die träge Ballersteuerung und die einschläfernden Faustkämpfe bis hin zum nicht vorhandenen, auf den Skyfall-DLC bauenden Ende, das deutlich macht, unter welchem Zeitdruck die Designer standen. Eine verdammte Schande, denn das vorhandene Potenzial blitzt immer wieder durch: Ich mag den kreativen Handlungsansatz, das motivierende EP-System und das freie Aufrüsten, auch der Mehrspielermodus ist zumindest nicht furchtbar. Aber Potenzial allein macht noch kein gutes Spiel - und davon ist diese lahme Bond-Suppe so weit entfernt wie Blofeld vom Mister Universe.
Pro
Kontra
Wertung
360
Dumpfes, ideenloses, generisches Action-Blabla, in dem nichts richtig funktioniert - das hat James Bond nicht verdient!
PlayStation3
Dumpfes, ideenloses, generisches Action-Blabla, in dem nichts richtig funktioniert - das hat James Bond nicht verdient!
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.