Im Test:
Bissiger Abstieg
Ron Gilberts Höhle ist nicht einfach nur ein dunkles Erdloch, sie ist eine geradezu gigantische Institution mit unterirdischem Vergnügungspark, Raketenstartrampe, Zeitreiseterminal und eigenem Souvenirshop. Je nachdem, wer um Einlass begehrt, öffnen sich verschiedene Wege und Areale, in denen sich die dunklen Seiten und Begierden der jeweiligen Besucher manifestieren. Und all das wird einem am Ende als hoffentlich lückenlos gesammelter Comic-Strip nochmals vor Augen gehalten. Ja, es gibt sogar unterschiedliche Enden. Aber das Beste ist: Die Höhle kann sprechen! Und nicht nur das. Sie hat sogar Humor. Trockenen, zynischen, mitunter makaberen Humor.
Doch wer soll sich in die Tiefe wagen? Wie schon in Maniac Mansion ist man nicht allein unterwegs. Sieben bzw. acht furchtlose Kandidaten stehen bereit: Ein gepanzerter Ritter, ein buddhistischer Mönch, eine abenteuerlustige Archäologin, eine begnadete Wissenschaftlerin, eine aus der Zukunft stammende Zeitreisende, ein unzertrennliches Geschwisterpaar sowie ein zurückgebliebener Hinterwäldler.
Jeder von ihnen besitzt spezielle Talente oder Utensilien wie einen Wurfhaken, ein reflektierendes Schutzschild oder telekinetische Kräfte, um Gefahren und Hindernissen zu trotzen. Doch nur drei können gleichzeitig eintreten. Um alle Prüflinge ans Ziel zu geleiten, sind also mindestens drei Höhlenexpeditionen nötig, wobei zwei Kandidaten doppelt ran müssen. Eigentlich etwas unglücklich, da sich dadurch auch die entsprechenden Wege und Areale wiederholen. Sechs oder neun Spielcharaktere wären auf jeden Fall eleganter gewesen...
Erste Abnutzungserscheinungen
Bedauerlich ist auch, dass es abseits der persönlichen Schauplätze wie dem Schloss für den Ritter, dem Tempel für den Mönch oder den Katakomben für die Abenteurerin nur wenige charakterspezifische Interaktionsmöglichkeiten gibt. Auch der Teamwork-Aspekt ist im Gegensatz zu einem Lost Vikings nicht besonders ausgeprägt.
Die meiste Zeit übernimmt einer das Kommando, während die anderen ab und zu assistieren und sonst Däumchen drehen, was besonders dann negativ auffällt, wenn man ein, zwei Freunde zu einer lokalen Koop-Tour eingeladen hat. Mangels Splitscreen-Funktion ist die Arbeitsteilung aber sowieso nur sehr eingeschränkt möglich, während Online-Teams leider gar nicht erst erlaubt sind...
Alles im Griff
Trotzdem ist der allgemeine Schwierigkeitsgrad eher harmlos, alles bleibt plausibel, manchmal gibt es sogar mehrere Lösungen - an den Haaren herbeigezogene hingegen keine. Verzweifelte Such- und Kombinationsmarathons fallen ebenfalls flach, da Objekte und Interaktionsmöglichkeiten leicht erkennbar sind und es kein klassisches Inventar gibt. Stattdessen kann jede Figur immer nur einen Gegenstand mit sich führen und einsetzen.
Überhaupt ist die eher an ein Trine als an ein Monkey Island erinnernde Steuerung sehr handlich und intuitiv: Es gibt eine Taste zum Springen, eine um Dinge aufzuheben bzw. fallen zu lassen, eine um etwas zu benutzen und eine zum Auslösen der persönlichen Spezialfähigkeit. So können die Zwillinge etwa holografische Doppelgänger erzeugen, die Wissenschaftlerin sich in Computer-Terminals hacken, die Zeitreisende sich durch Wände und Türen teleportieren und das marode Hirn des Hinterwäldlers kommt unglaublich lang ohne Sauerstoff aus, was sich vor allem beim Tauchen auszahlt.
Licht und Schatten
Das passiert zwar nicht sehr oft, kann aber extrem nerven, wenn man z. B. ein Hindernis verschiebt, es aber nicht als verschoben erkannt wird und man sich dadurch bei der Lösung eines Rätsels fälschlicherweise auf dem Holzweg wähnt. Einmal bin ich deswegen schier verzweifelt, hatte schon einen fatalen Bug befürchtet und die vollautomatische Speicherfunktion ohne Rückkehrmöglichkeit verflucht. Die automatische Wiedervereinigung der Gruppe beim Erreichen eines Checkpoints, fand ich hingegen sehr praktisch - vor allem bei Soloeinsätzen.
Fazit
Fans von Ron Gilbert werden sich freuen, dass der Maniac Mansion- und Monkey Island-Schöpfer sein Höhlenprojekt nach über zwanzigjährigem Dornröschenschlaf endlich verwirklicht hat. The Cave trägt eindeutig seine Handschrift. Egal ob Charaktere, Rätsel oder Humor - es weht ein unverkennbar vertrauter Wind durch die herrlich abgedrehte Unterwelt. Wo gibt es sonst sprechende Höhlen, unterirdische Jahrmärkte oder von Affen bemannte Atomraketen? Allerdings hat die schräge Expedition auch ein paar unschöne Schattenseiten wie das insgesamt wenig charakterspezifische Rätsel- sowie im Hinblick auf die sieben- bzw. achtköpfige Heldenriege wiederholungsanfällige Leveldesign. Auch dass die mit individuellen Talenten gesegneten Figuren völlig wortlos von Schauplatz zu Schauplatz ziehen, trotz Koop-Funktion nur selten echtes Teamwork gefragt ist und die Kollisionsabfrage so ihre Tücken hat, nagt am Spielspaß. Trotzdem werden Adventure-Fans richtig gut unterhalten, weshalb sie sich den süffisanten Höhlentrip trotz ärgerlicher Schönheitsfehler nicht entgehen lassen sollten.
Wertungs-Update zu PS3, PC und Wii U:
Mittlerweile haben wir auch die PS3-, PC- und Wii U-Höhlen betreten. Nennenswerte Unterschiede gab es aber kaum. PS3- und Xbox-Fassungen gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Auf PC hat man auch mit Maus und Tastatur alles gut im Griff, kann aber auch jederzeit auf die noch handlichere Controller-Steuerung zurückgreifen, die für weitere Mitspieler sowieso Pflicht ist. Und auf Wii U kann man sogar zwischen Pro Controller-, Remote & Nunchuk- sowie Tablet-Steuerung wählen, was ebenfalls gleichermaßen gut funktioniert. Die letzte Option wird aber leider kaum ausgenutzt und lediglich als Alternative beim Figurenwechsel angeboten. Spielen ohne TV ist leider nicht möglich, dafür muss man immer wieder unschöne Ruckler ertragen, während PC-Spieler unverständlicherweise tiefer in die Tasche greifen müssen.
Pro
Kontra
Wertung
360
Sehr charmanter und herrlich verrückter Höhlentrip mit Schönheitsfehlern.
Wii_U
Trotz Rucklern und schwacher Tablet-Nutzung macht auch der Wii U-Trip Laune.
PC
Auch mit Maus und Tastatur eine herrliche Rätselreise, deren Aufpreis jedoch verwundert.
PlayStation3
Auf der PS3 bekommt man exakt dieselbe Höhlentour serviert wie auf der Xbox.
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