Im Test: Strategisches Gemetzel im alten China
Kreieren und Taktieren
Wer noch keinen Empires-Ableger gespielt, aber bereits Gefallen am Ehrgeiz-Modus von Dynasty Warriors 8 gefunden hat, macht mit dem jüngsten Spross prinzipiell nichts falsch. Wer hingegen schon den Vorgänger im Regal stehen hat, sollte schon eine besondere Vorliebe für benutzerdefinierte Inhalte haben, um sich auch noch die aktuelle Variante zuzulegen. Ansonsten sind die Unterschiede nämlich, wie man es von Koei kennt, nicht allzu groß. Ein neues Gesicht (Xun Yu) hier, ein paar zusätzliche Aktionsmöglichkeiten da - das war's eigentlich schon.
Lediglich der Editor hat deutlich zugelegt und erlaubt nun noch detailliertere Charakterkreationen. Zudem lassen sich auch Gefolgsleute, Fahnen, Schlachtrösser und ganze Szenarien individuell gestalten.
Doch wie immer man das alte China zu Beginn aufteilt, Ziel bleibt stets die Einung des Landes und Ernennung des eigenen Anführers zum Kaiser. Dazu hat man maximal 50 Jahre Zeit, in denen man Monat für Monat versucht, das eigene Territorium gedeihen und wachsen zu lassen. Man erhebt Steuern, bildet Soldaten aus, ernennt Offiziere, erteilt Bauaufträge, treibt Handel, knüpft Allianzen und zieht natürlich auch in den Kampf, der dann in typischer Warriors-Manier bestritten wird.
Man kann aber auch Spenden verteilen, Feste feiern, Freundschaften knüpfen, Treue-Eide schwören, sich verlieben, heiraten, Kinder kriegen, zurücktreten und einen Nachfolger bestimmen. Feste Vorgaben gibt es keine, auch wenn man sich jedes Halbjahr neben generellen Gewichtungen auch persönliche Ziele setzen kann, deren Erfüllen am Ende der sechs Monate mit zusätzlichen Erfahrungspunkten belohnt wird. Selbst auf den Schlachtfeldern kann man sich optionale Ziele setzen, um schnellere Stufenanstiege zu erreichen.
Wildes Gemetzel
Der generelle Kampfablauf ist derselbe wie eh und je: Man metzelt meist im Alleingang Massen an erschreckend passiven Klonarmeen nieder, während man feindliche Lager einnimmt, Versorgungslinien kappt und Offiziere ausschaltet. Zumindest der Kampf gegen Letztere ist seit Einführung dreier Waffenaffinitäten nach dem Schere-Stein-Papier-Schema etwas spannender geworden. Zwar kann man sich durch schnelle Waffenwechsel meist problemlos an einzelne Kontrahenten anpassen, bei größeren Verbänden kann man jedoch schnell in Bedrängnis geraten, da die affinitätsbezogenen Schadensboni immens sind. Darüber hinaus können einen aber auch Kamera und Zielerfassung zu schaffen manchen oder ihrerseits zur Zweitwaffe greifende Gegner zu raschem Umdenken zwingen.
Fällt das feindliche Hauptquartier oder der gegnerische Oberbefehlshaber, ist die Schlacht meist vorbei. Bei Verteidigungskämpfen reicht es aber in der Regel auch, sich einfach über die Zeit zu retten. Aufladbare Musou- und Wutangriffe können das Blatt oft noch wenden. Mit KI-Anweisungen kann man zudem Einfluss auf das Verhalten seiner Mitstreiter nehmen. Oder man sichert sich die Hilfe eines zweiten Spielers, den man sowohl vor Ort als auch online rekrutieren kann. Zwischen PS3 und PS4 ist sogar Cross-Play und -Save möglich. Über das Leisten einfacher Schützenhilfe kommt der Koop-Modus aber nicht hinaus. Gleichberechtigte Partner oder konkurrierende Kaiseranwärter aus Fleisch und Blut bleiben nach wie vor Wunschdenken.
Dabei könnten die taktischen Machtkämpfe dadurch umso vieles spannender werden, auch wenn man dafür die Schlachten noch weiter komprimieren oder notfalls asynchron austragen lassen müsste. Aber mit neuen Ansätzen und Ideen hat man es in der Reihe ja leider nicht so... Als Fan wäre man ja schon froh, wenigstens mal in eindrucksvoller Optik metzeln zu dürfen. Doch auch hier hat man es verpasst, mit den neuen Konsolen neue Türen aufzustoßen. Bis auf die höhere Auflösung sehen PS4- und Xbox-One-Schlachten kaum besser als ihr PS3-Pendant und sogar schlechter als in Warriors Orochi 3 Ultimate aus. Die Texturen sind mau, die Modellierungen klobig, die Bildrate holprig, die Animationen hölzern, die Sichtweite bescheiden, die Effekte altbacken -
Akustische Nahtoderfahrung
Aber schlimmer geht immer, was der Soundtrack mit seinen vor nichts Halt machenden Gitarrenepilepsien aus der Syntesizer-Hölle einmal mehr Ohrenbluten verursachend unter Beweis stellt. Die japanischen Ausrufe während der Schlachten hätten auf chinesisch natürlich besser gepasst. Viele hätten sich aber wohl eher eine englische Tonspur gewünscht, um nicht immer mit einem Auge auf die Untertitel schielen zu müssen. Deutsch gibt es wie schon im letzten Teil nicht einmal mehr in den reichlich altbacken wirkenden Menüs, über die man sich oft auch noch umständlich seine Informationen zusammensammeln muss.
Jede gehaltene Provinz versorgt einen Monat für Monat mit Rohstoffen, Steuergeldern und Rekruten, die sich durch das Anlegen von Marktplätzen, Minen und Trainingsgeländen noch steigern lassen, während der Bau von Waffenschmieden, Akademien und Läden auf den strikt begrenzten Flächen das persönliche Waffen-, Item- und Stratagem-Angebot erweitert. Letztere versorgen einen quasi mit besonderen Manövern, die sich auf dem Schlachtfeld aktivieren lassen und auch schon im Vorgänger zum Einsatz kamen.
Das Angebot wurde natürlich aufgestockt und erlaubt neben dem vorübergehenden Steigern verschiedener Kampfeigenschaften, Herbeirufen von Verbündeten oder Heilen von Wunden nun auch das Errichten militärischer Anlagen oder Vorbereiten von verheerenden Flächen- und Spezialangriffen. Letztere lassen sich auch kombinieren oder durch andere Einflüsse wie Wind und Wetter noch verstärken.
Neben klassischen Invasions- und Abwehrversuchen, bei denen beide Seiten alles, was sie haben, aufs Schlachtfeld werfen, gibt es auch wieder die Möglichkeit, schwächende Überfalle mit kleineren Truppenverbänden auszuführen, um später leichteres Spiel zu haben. Persönliche Auftrags- und Eventeinsätze können ebenfalls auf dem Programm stehen. Durch bestimmte Leistungen und Entscheidungen kann man sich zudem eine ganze Reihe von Titeln verdienen, die bestimmte Werte und Fähigkeiten steigern. PS3-Feldherren können sogar Charakterdaten aus dem Vorgänger importieren und zahlen trotz identischen Inhalts und kaum schwächerer Technik weniger als ihre PS4- und Xbox-One-Kollegen. Im März wird es mit der so genannten "Free Alliances Edition" aber auch noch eine Free-to-play-Variante geben.
Fazit
Ich freue mich tatsächlich immer noch auf jedes neue Warriors-Spiel, in der Hoffnung, unerwartete Kleinode à la Sugoroku (Samurai Warriors 2) zu entdecken oder wenigstens endlich Zeuge einer technischen Grundsanierung zu werden. Doch auch Dynasty Warriors 8: Empires hat nicht mehr zu bieten als aufgewärmte Standardkost aus dem Schnellkochtopf. Zwar schmeckt mir der etwas taktischere Empires-Mix der Serie nach wie vor noch am besten, aber im Prinzip hätte ich auch einfach einen der Vorgänger einlegen können und würde damit nichts verpassen. Gut, es gibt ein paar neue Aktions- und Editiermöglichkeiten, aber nichts Gravierendes. Technik, Präsentation und Lokalisierung sind einmal mehr hoffnungslos unter Par. Aufgrund der unverwüstlichen Grundfesten der fernöstlichen Massenschlachten, wird man als Fan zwar noch immer knapp ausreichend unterhalten, aber Grund zur Freude ist das wohl kaum. Dabei liegt allein im Mehrspielerangebot noch so viel Potential brach. Nutzt das doch endlich mal, Koei! Die Hoffnung lebt jedenfalls weiter, dass die Entwickler Versprechungen wie zuletzt hinsichtlich Dynasty Warriors 9 auch tatsächlich einmal einlösen und am Ende nicht doch wieder bequem ihre abgestandenen Vorjahressüppchen aufbrühen...
(Eine PC-Fassung stand uns zum Testzeitpunkt leider nicht zur Verfügung.)
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Spielerisch ideenloser und technisch ernüchternder Taktikaufguss aus der lahmenden Warriors-Melkmaschinerie.
PlayStation3
Ideenloser Taktikaufguss aus der lahmenden Warriors-Melkmaschinerie.
XboxOne
Spielerisch ideenloser und technisch ernüchternder Taktikaufguss aus der lahmenden Warriors-Melkmaschinerie.
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