Nine Parchments22.12.2017, Jan Wöbbeking

Im Test: Kooperatives Blitzgewitter

Die Trine-Entwickler wagen sich erneut an einen magischen Koop-Titel: In Nine Parchments (ab 19,99€ bei kaufen) metzeln sich bis zu vier Partner online oder lokal durch Monsterhorden, die mit gegensätzlichen Elementarkräften gegrillt werden. Ob der auch für Switch erhältliche Titel echtes Party-Material geworden ist, untersuchen wir im Test.

Energiehagel in der Steppe

Verdammtes Eiswildschwein! Alleine werden die Biester nicht allzu gefährlich. Sobald man jedoch unvorsichtig auf eine große Lichtung tappst und von einem der frostigen Keiler mit einer plötzlichen Rammattacke betäubt wird, treten schnell Raptoren mit ihren Riesenläufern nach - und die magischen Projektile anderer Kreaturen geben einem sekundenschnell den Rest. Vor allem wenn man alleine in Nine Parchments unterwegs ist, sollte man immer wachsam bleiben und rechtzeitig lodernde Feuerfindlinge oder Todesprojektile mit Zeitschaden vorauswerfen, um nicht wehrlos im blitzenden Gegnerpulk zu landen. Der Schwierigkeitsgrad wurde zwar an die Zahl der Spieler angepasst. Wer bereits in unterschiedlich großen Gruppen unterwegs war, merkt aber schnell, dass man es deutlich einfacher wird, wenn man mehrere Mitstreiter dabei hat.

Es wird bunt...

Zu viert haben wir Bosse oft im ersten Anlauf überrannt, an denen wir als Duo deutlich länger zu knabbern hatten. Alleine wird es also besonders später mühsam, wenn die sich häufig wiederholenden Monster einen gewissen Abnutzungsfaktor ins Spiel bringen. Im Fokus steht hier aber ohnehin der kooperative Mehrspieler-Modus. Lokal oder online darf man mit bis zu vier Teilnehmern loslegen. Das Spielgefühl erinnert sofort an einen Zweistick-Shooter mit eher gemächlichem Tempo, der mit Rollenspiel-Elementen angereichert wurde.

Energiehagel in der Steppe

Nachdem die neun Pergamente der Magierschule gestohlen wurden, gehen vier Schüler der Sache auf den Grund und können sich in der Steppe gegen allerlei angriffslustiges Getier beweisen. Selbst für einen derart actionlastigen Titel wirkt die Story reichlich karg und auch die Kulisse bewegt sich technisch nur im Genre-Mittelfeld. Auf den ersten Blick wirken die Naturschauplätze durchaus idyllisch. Sobald sich in den offenen, steppenartigen Flächen die Versatzstücke allerdings zum zehnten Mal wiederholen, wird es doch ziemlich eintönig und austauschbar. Besonders nervig ist dabei, dass die Ränder der Arenen nicht deutlich genug abgegrenzt wurden. So kommt es durchaus vor, dass man ab und zu versehentlich von einer Kante rutscht, die man erst nach dem Unglück als solche identifiziert.

Vorsicht: Reflektierende Panzerung!

Im Kampf dreht sich alles um Elementarkräfte wie Feuer, Eis, Blitz oder Tod, welche man gezielt gegen die Tiere einsetzen muss, die von einem „magischen Unfall“ in rasende Bestien verwandelt wurden. Dabei sollte man die Aggressoren geschickt umkreisen und sie mit dem zweiten Stick anpeilen, um die passenden Energieprojektile zu entfesseln. Ein knisternder Energieblitz oder der Eisstrahl bremsen die Viecher in hektischen Situationen ein wenig aus. Steht man den mit Schilden ausgerüsteten „Unholden“ oder „Mangler“-Giganten gegenüber, sollte man tunlichst aufpassen, sie nicht frontal zu attackieren, weil der reflektierte Schuss einem schnell zum Verhängnis wird. Sinnvoller ist es z.B., ihnen zur Eröffnung eine Art magische Granate mit Zeitschadenfeld entgegen zu schleudern und sich dann mit dem praktischen, stets verfügbaren Teleporter hinter sie zu beamen, um ihren ungeschützten Rücken zu beackern. Im Team lassen sich außerdem die Strahlen kreuzen, so dass sie zu fetten leuchtenden Todbringern verschmelzen – ein etwas kniffliger, aber sehr cooler und wirkungsvoller Trick.

Wirre Menüs und Designentscheidungen

In guten Momenten entfaltet der Mix aus solchen Abwägungen und schnellen Reaktionen einen schönen Spielfluss. Oft dämpfen aber Schwachpunkte wie sich zu oft wiederholende Gegnergrüppchen oder die nicht ideale Balance den Spaß am Metzeln. Vor allem Einzelspieler können das Problem ein wenig entschärfen, indem sie den Schwierigkeitsgrad entsprechend anpassen oder die Fähigkeitenpunkte ihres Helden sinnvoll verteilen. Mit Letzteren kann man an diversen Statuswerten schrauben, um z.B. bestimmte Elementarschäden zu vergrößern oder die Chance auf kritische Treffer zu erhöhen. Auch fette Bosse lassen sich ab und zu blicken: Bunt verschnörkelte Riesenkrebse und andere Giganten sind eine ganze Ecke hübscher geraten als die auf Dauer austauschbaren mutierten Standard-Tiere. Äußerst nützlich ist es zudem, mit verschiedenen Stäben zu experimentieren, die man am Rande der Kulisse aufklaubt.

Zu viert wird es deutlich einfacher.

Mit ihrer Hilfe lädt man etwa bei einem Teleport wichtige Lebensenergie auf, während man sich aus einer brenzligen Situation rettet - oder man beschleunigt die Regeneration verschiedener Mana-Leisten. Auch eine ganze Reihe dekorativer Hüte und alternativer Attacken kann man freischalten. Letztere lassen sich nach eigener Vorliebe auf dem Auswahlrad platzieren, um beim Umschalten keine lebensrettenden Zehntelsekunden zu verschwenden.

Du schon wieder…

Vorher muss man sich aber erst einmal in den schrecklich unübersichtlichen Menüs zurechtfinden. Obwohl es gar nicht so viel zu sammeln und freizuschalten gibt, ist die Menüführung mit ihren seltsamen Textfeldüberlagerungen unnötig verwirrend geraten. Noch seltsamer wirkt die Entscheidung, auf dem Weg durch die Levels nur einen Fortschritt zur Zeit zu erlauben. Wer z.B. alleine schon die Hälfte der Areale gemeistert hat und dann in eine neue Multiplayer-Runde mit Freunden startet, löscht damit seinen Speicherpunkt und muss beim nächsten Solo-Spiel wieder von vorne loslegen. Erfahrungspunkte, freigeschaltete Figuren und gesammelten Extras bleiben zwar erhalten – trotzdem handelt es sich um eine nervige und unverständliche Entscheidung.

Schade auch, dass es so lange dauert, zusätzliche Charaktere freizuschalten. In den ersten Stunden hatte unser Vierer-Team nur zwei Figuren-Designs zur Auswahl, was nicht gerade die Übersicht förderte. Die fürs Freischalten nötigen Quests bieten aber immerhin eine schöne Herausforderung, zumal die Attacken der Neulinge eine ganz eigene Angriffsstrategie erfordern. Wer sich z.B. für den schon greisen Sitzenbleiber „Marvek der Glühende“ entscheidet, kann erahnen, warum er so viele Semester dranhängen musste: Eine schlecht gezielter Feuerstoß mit seinem „Flammenwerfer“ und schon zerfällt der Partner zu Kohle. Auch der Umgebungsschaden seiner explosiven Feuerkugel erweist sich in der Action als kraftvoll, aber riskant.

Partner oder Feind?

Nicht gerade abwechslungsreich: Viele der Kulissen wirken austauschbar.

In Nine Parchments können unvorsichtige Kollegen allgemein so zu einer echten Gefahr werden  – eine schöner Nebeneffekt, der beinahe so viel Vorsicht voraussetzt wie in Helldivers.  Wer möchte, kann beim Aufsetzen eines Spiels das „Friendly Fire“ deaktivieren – oder den Schaden zur Strafe auf den tölpelhaften Verursacher umlenken. Weniger schön ist, dass der Online-Modus bei uns unter kleinen Lags und manchmal auch Verbindungsabbrüchen litt. Meist blieb es aber noch gut spielbar.  Lokal können Zuschauer jederzeit angenehm schnell ein- und aussteigen. Einmal vertauschte ein Fehler allerdings unsere Figuren. Inhaltlich gibt es keine großen Unterschiede zwischen den Fassungen: Auf dem PC bekommt man die sauberste Kulisse mit etwas mehr Wasser- und Partikeleffekten. Zudem kann man mit der alternativen Maussteuerung ein wenig genauer zielen.

Auf der PS4 Pro konnten wir davon abgesehen aber kaum Unterschiede ausmachen. Switch-Spieler müssen mit (flüssigen) 30 Bildern pro Sekunde auskommen, was in den ersten Minuten etwas anstrengender für die Augen ist – nach kurzer Gewöhnung fällt es aber gar nicht mehr auf. Außerdem wurden Details und Effekte hier ein wenig zurückgefahren, was das Gesamtbild auf Nintendos Konsole etwas krümeliger aussehen lässt. Auch dieser Unterschied bleibt aber marginal. Besorgt euch am besten mehrere Pro-Controller oder steckt die Joycons mit dem Adapter zu vollwertigen Controllern zusammen: In der hektischen Action ist es schließlich wichtig, jederzeit in unterschiedliche Richtungen laufen und zielen zu können!

Fazit

Mit Nine Parchments kann Frozenbyte zwar nicht an die Glanzzeiten des zauberhaften Trine anknüpfen – für ein paar turbulente Koop-Runden eignet sich die neue Koop-Action aber allemal. Manche Facetten wie die sehr unterschiedlichen Zaubersprüche oder das Kreuzen der magischen Energiestrahlen wirken gelungen, werden aber von Mankos wie repetitiven Kämpfen, verwirrenden Menüs und seltsamen Design-Entscheidungen beim Fortschritt ausgebremst. Auch die Skalierung auf unterschiedlich große Gruppen oder Einzelspieler ist den Entwicklern nicht wirklich gelungen, was sich dank mehrerer Schwierigkeitsgrade aber ein wenig ausgleichen lässt. Allgemein wirkt hier alles ein wenig lustlos und eher nach Standard-Kost als im seinerzeit technisch starken Trine oder dem humorvollen Magicka.

Pro

coole Elementarkräfte
kniffliges aber kraftvolles Verschmelzen fetter Energiestrahlen
gemütlich-geselliger Lokal-Koop mit einfachem Ein- und Ausstieg
spätere Bosse und große Gegner fordern geschickten Einsatz der Elemente

Kontra

auf Dauer etwas monoton
verwirrende Menüs und Fähigkeitenbäume
langsamer Fortschritt und nicht allzu viel Sammelkram
seltsame Einschränkungen des Speicherstands, mit denen sich versehentlich Teile des Fortschritts löschen lassen

Wertung

PlayStation4

Kurzfristig unterhaltsames Koop-Gemetzel mit Rollenspiel-Einschlag, das aber unter Wiederholungen und einigen seltsamen Design-Entscheidungen leidet.

PC

Kurzfristig unterhaltsames Koop-Gemetzel mit Rollenspiel-Einschlag, das aber unter Wiederholungen und einigen seltsamen Design-Entscheidungen leidet.

Switch

Kurzfristig unterhaltsames Koop-Gemetzel mit Rollenspiel-Einschlag, das aber unter Wiederholungen und einigen seltsamen Design-Entscheidungen leidet.

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