Metal Gear Survive08.03.2018, Michael Krosta

Im Test: Bitterer Überlebensk(r)ampf

Nach dem Drama und Weggang von Hideo Kojima führt Konami die hauseigene Marke Metal Gear jetzt notgedrungen ohne ihren berühmten Erfinder weiter: Der Ableger Survive verabschiedet sich von der klassischen Tactical Espionage Action, sondern bietet stattdessen einen Überlebenskampf mit leichten Horror-Anleihen. Ob sich die Reise in die gefährliche Welt Dite lohnt und das Konzept eine Bereicherung für das Metal-Gear-Universum darstellt, klären wir im Test.

Großer Name, kleine Verbindungen

Es gibt den einen oder anderen Trick, wie man Metal Gear Survive (ab 8,94€ bei kaufen) angehen sollte, um den Überlebenskampf nicht umgehend als völligen und überflüssigen Quatsch abzuhaken. Zuallererst: Auch wenn der große Name auf der Verpackung prangt, findet man hier nicht mehr viel von dem, was die Serie einst ausgezeichnet hat. Zwar gibt es weiterhin die bewährte und hervorragende Stealth-Mechanik aus Phantom Pain, die beim unauffälligen Heranschleichen an die zombiehaften Wandelnden oder Ablenkungsmanöver genauso Erinnerungen an Kojimas Abschiedsspiel weckt wie die actionreichen Auseinandersetzungen mit Pfeil und Bogen, CQC und Wummen von der einfachen Pistole über die Shotgun bis hin zu ratternden Geschützstellungen. Doch im Fokus stehen hier Spielelemente, die klassische Survival-Abenteuer auszeichnen: Das Sammeln und Verarbeiten von Ressourcen, der Aufbau und die Verwaltung eines Basis-Lagers sowie der allgegenwärtige Kampf gegen Hunger, Durst und Verletzungen. In Metal Gear Solid 3: Snake Eater gab es zwar bereits ähnliche Ansätze, doch die Survival-Aspekte haben hier zusammen mit der Charakterentwicklung einen viel höheren Stellenwert. Kann man das akzeptieren und die künstlich hergestellte Verbindung zu Metal Gear ausblenden, findet man trotz manch fragwürdiger Design-Entscheidung und zähem Sammel-Grind tatsächlich den einen oder anderen gelungenen Ansatz und Spannungsmomente. Aber um es ganz klar zu sagen: Wer sich hier einen großen Blockbuster im Stil der großen Teile mit

Nur mit der richtigen Ausrüstung hat man eine Chance, die mitunter heftigen Gegnerwellen zu überstehen.
interessanten Figuren, einer epischen Geschichte oder aufregende Stealth-Action erhofft, sollte einen riesigen Bogen um Survive machen und kann von diesem Ableger nur enttäuscht werden.

Hirn aus

Der zweite Trick: Schaltet euer Gehirn aus! Nein, ernsthaft: Denkt besser einfach nicht darüber nach, was da so alles auf dem Bildschirm passiert und welche Dinge ihr in der Rolle des Captains mit eurem selbst erstellten Charakter vollbringt. Schon die abstruse Hintergrundgeschichte, die mit einem Wurmloch-Zwischenfall eine lächerliche Verknüpfung zu den Ereignissen von Metal Gear Solid: Groud Zeroes herstellt, sorgt für Kopfschütteln und wird allzu schnell als armseliger Versuch enttarnt, den Verweis auf Metal Gear zu rechtfertigen. Die Reihe war ja schon immer sehr speziell und mitunter etwas abgedreht – man erinnere sich nur an die Extraktionen mit dem Fulton-System, amüsante Pappaufsteller oder die Freude daran, Verdauungsprobleme zu zelebrieren. Aber hier schießt man den Vogel ab und übers Ziel hinaus. Zwar gelingt gegen Ende der umfangreichen Kampagne mit ihren 24 Kapiteln noch eine im Ansatz gelungene Verbindung zum großen Kanon und auch die lahme Geschichte hält noch Überraschungen bereit, aber es bleibt dabei: Survive hätte man nicht unbedingt in das Universum einbetten müssen, denn dafür ist der oberflächlich erzählte Storyzweig mit seinen langweiligen Figuren, schwach inszenierten Dialogen und schnarchlangweiligen Audiologs nicht relevant genug. Es müffelt also stark danach, als wollte Konami hier nur Fans der Reihe anlocken und in erster Linie die Marke ausschlachten.

Beim Bomber mit seinem markanten Pilzkopf ist der Name Programm: Der gut gepanzerte Gegner sprengt sich am Ziel in die Luft.
Neben der völlig durchgeknallten Geschichte erfordern aber auch zahlreiche Spielmechaniken, seinen Verstand in Urlaub zu schicken und besser nichts zu hinterfragen. Wie es sich für ein Survival-Abenteuer gehört, werden auch hier zahllose Ressourcen gesammelt und verarbeitet. Packt man sich seine Taschen zu voll, wird ab einer Traglast von 100 Prozent zunächst die Agilität eingeschränkt, da man ab diesem Zeitpunkt nicht mehr sprinten kann. Trotzdem kann man noch weiter zugreifen, denn erst bei 200 Prozent ist endgültig Schluss und die Bewegungsstarre setzt ein. So weit, so gut. Aber abgesehen davon, dass man selbst mit einem überfüllten Inventar noch locker-flockig über Barrieren hüpfen kann, schleppt man neben Waffen und Ausrüstung auch eine stattliche Anzahl an Barrikaden wie Zäune oder Sandsack-Paletten mit sich herum, mit denen man sowohl sich selbst als auch Objekte wie Wurmloch-Transporter oder Bohrer gegen die aggressive Meute schützen muss.  Selbst riesige Wachtürme oder MG- und Mörser-Stellungen sind auf Wunsch jederzeit griffbereit in der Hosentasche und lassen sich im Handumdrehen aufbauen. Zudem werden sämtliche Container, Schränke und Lager auf magische Weise regelmäßig wieder komplett mit den Ressourcen aufgefüllt, deren Standorte sich auf der Karte übrigens manuell markieren lassen. Doch nicht nur Ressourcen feiern ein Comeback, denn auch bereits erledigte Gegner tummeln sich bei einer späteren Rückkehr häufig wieder an den gleichen Stellen. Hält man sich für clever und kehrt nach dem Aufbau von Barrikaden am Transporter für Nachschub zur Basis zurück, wir man dagegen ein blaues Wunder erleben, denn die zuvor mühsam errichteten Schutzvorrichtungen sind bei der Rückkehr allesamt verschwunden. Das alles mag spielerisch für die angestrebte Umsetzung des Konzepts durchaus sinnvoll erscheinen, aber neben der Story und dem Szenario verabschiedet man sich auch bei den unglaubwürdigen Mechaniken endgültig von der Realität: Das ist reines Arcade-Survival in einem Fantasy-Szenario!

Anspruchsvoller Überlebenskampf

Das heißt aber nicht, dass der Überlebenskampf keinen Anspruch bietet. Vor allem im enorm zähen Einstieg kriecht man ständig auf dem Zahnfleisch, weil insbesondere Nahrung Mangelware ist und der Fund von verzehrbaren Tieren oder Pflanzen zu sehr vom Zufall abhängt. Zudem muss man zunächst verschmutztes Wasser aus Tümpeln herunterwürgen, was früher oder später zu einer Darminfektion führt, die man wie jeder andere Verletzung nur mit den entsprechenden Medikamenten kurieren kann. Daher sind die ersten Stunden vor allem von Frust geprägt, wenn man verzweifelt die wenigen Ressourcen zusammenkratzt und sich im tödlichen Nebel auf die gefährliche Suche nach Rezepten für den Bau von Waffen, Klamotten, Gebäuden sowie anderen Objekten begibt. Diese sind meist in Kisten versteckt, die man mit einem durchaus interessanten Minispiel lautlos öffnen sollte, um nicht die infizierte Meute anzulocken. Erst mit dem Ausbau der Basis dank entsprechender Baupläne und entspannt sich die prekäre Lage zunehmend: Sobald die gehaltenen Ziegen regelmäßig Fleisch und Milch liefern und die Trinkanlage sauberes Wasser produziert, fühlt man sich nach der anfänglichen Durststrecke fast schon wie im Schlaraffenland. Bei all dem Überfluss kann es tatsächlich passieren, das Lebensmittel verdirbt oder Fleisch vergammelt.

Das Ballon-System darf auch hier nicht fehlen.
Doch bis dahin ist es ein weiter und steiniger Weg, der viel Geduld und Durchhaltevermögen erfordert. Denn zu Beginn leidet man nicht nur unter den Mangelerscheinungen, sondern muss ich auch erst einmal an den vielen Stationen mit ihren verschachtelten Menüs zurechtfinden. Ärgerlich: Während für die Erstellung von Objekten wie Waffen, Munition oder Gebäuden die nötigen Ressourcen aufgeführt werden, steht man bei der Kochstelle vor dem ersten Rätsel. Um schmutziges Wasser abzukochen und in sauberes H2O zu verwandeln, benötigt man eine erweiterte Kochstelle mit Topf. Aber wo soll man das herbekommen? Die Entwickler lassen die Spieler hier ziemlich im Regen stehen, was man für die nötige Erweiterung eigentlich tun muss. Irgendwann wurde mir dann selbst klar, dass zum einen die gefundenen Rezepte und zum anderen der Fortschritt innerhalb der Kampagne eine Rolle spielen. Aber man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Man ist zwar in der Lage, aus irgendwelchem Schrott und gefundenen Materialien hochkomplexe Schusswaffen oder technische Gadgets herzustellen, aber ein verdammter Kochtopf lässt sich nirgends auftreiben. Es zeigt sich erneut, dass Logik nicht unbedingt zu den Stärken des Spiels zählt. Das wird auch dadurch unterstrichen, dass z.B. Lager-Kumpel Reeve zunächst keine Probleme mit Hunger und Durst zu haben scheint und seine Lebensenergie trotz einer schweren Infektion nicht abnimmt. Ärgerlich in diesem Zusammenhang: Für das nötige Heilmittel benötigt man eine erweiterte Medizinstation und ich hatte erneut keine Ahnung, wann und unter welchen Voraussetzungen ich sie überhaupt bauen darf. Als Folge dessen verbrachte der wertvolle Teamkamerad etliche Stunden auf der Krankenstation und ließ sich nicht länger im Basisbetrieb einsetzen. Dort kann man man gerettete Personen verschiedenen Abteilung zuweisen, um mit zunehmender Erfahrung und Hilfe z.B. die Wartezeit bis zur nächsten Ernte zu verkürzen. Von daher sollte man immer neuer Personal durch Rettungsmissionen rekrutieren, falls sich die Gelegenheit ergibt. Gleichzeitig empfiehlt es sich, immer die Augen nach neuen Rezepten offen zu halten und die Kochstelle aufzumotzen. Suppen eignen sich später z.B. als ideale Kombination, um Hunger und Durst gleichzeitig zu stillen, während geräuchterte Gerichte länger das Sättungsgefühl aufrecht halten. 

Schwache KI  

Erst zu spät werden neue Gegnertypen wie der agile Verfolger eingeführt.
Genau wie die Fauna mit ihren ewig gleichen Angriffsmustern oder gar KI-Aussetzern sind auch die Wandelnden nicht gerade Intelligenzbestien und haben mitunter auch Probleme mit der Wegfindung. Trotzdem besteht große Gefahr, wenn sie in Massen angreifen – eine Erfahrung, die man vor allem in den bockschweren Verteidigungsmissionen machen darf, bei denen man später sogar mehrere Wellen überstehen muss. Wer hier nicht bereits Rezepte für robustere Barrieren und stationäre Geschütze gefunden hat, ist aufgeschmissen! Diese Abschnitte bilden übrigens auch die Basis für den Koop-Modus, in dem sich bis zu vier Spieler in typischer Horde-Manier den wilden Angreifen entgegenstellen und ihr unaufhaltsames Voranschreiten ausbremsen dürfen. Im Gegensatz zur Kampagne hat man hier allerdings die Möglichkeit, zwischen den Wellen neuen Nachschub an Stationen herzustellen und sich bei Bedarf gegenseitig wiederzubeleben. Neben schnellen Partien werden auch tägliche Bergungsmissionen angeboten. Problem dabei: Der erforderliche Mindestrang wird oft so hoch angesetzt, dass man entweder nicht teilnehmen darf oder zu massiven Kuban-Investitionen für die Stufenaufstiege gezwungen wird. Was soll dieser Unsinn?

Beklemmender Abstieg in die Ruinen

Bis zu vier Spieler dürfen sich im Koop-Modus gemeinsam den Gegnerwellen stellen.
Die Erkundungen der düsteren Ruinen haben es ebenfalls in sich, denn aufgrund der engen und mitunter labyrinthartig angelegten Gänge sind die möglichen Fluchtwege eingeschränkt und die Kämpfe entsprechend intensiver. Die Gegnervielfalt lässt aber über weite Strecken zu wünschen übrig: Zwar wird man neben den normalen Wandelnden später auch mit Variationen wie dem Bomber, dem agilen Verfolger und sogar gut gepanzerten Mörsern konfrontiert, doch zusammen mit fies getarnten Pflanzen-Viehchern wird ein Großteil erst mit dem Erreichen des zweiten Gebiets eingeführt – und damit viel zu spät. Bosskämpfe, immerhin eines der Markenzeichen innerhalb der Reihe, lassen ebenfalls lange auf sich warten und sind darüber hinaus nicht sonderlich gut designt. Tatsächlich dienen sie mitunter nur dazu, um die Heimatbasis zu verwüsten und mit dem anschließenden Wiederaufbau eine weitere Runde des nervigen Grinds einzuläuten. Gleiches gilt für die wenigen Missionen, in denen die Meute die Mother Base attackiert und von allen Seiten angreift. 

Schamlose Wiederverwertung

Während man sich zu Beginn noch wie in einem alternativen Afghanistan fühlt, orientiert man sich bei der zweiten Karte übrigens deutlich an Afrika aus The Phantom Pain und hat sogar Abschnitte wie das Anwesen im Dschungel oder die Silbermine nahezu 1:1 recycelt. Überhaupt stößt die mitunter dreiste Zweitverwertung übel auf, die sich selbst beim Soundtrack bemerkbar macht. Man hat zu häufig das Gefühl, dass die Welt nur halbherzig und ohne großen Mehraufwand aus Versatzstücken von Phantom Pain zusammengeschustert wurde, dabei grafisch mit groben Schatten, einer geringen Zeichentiefe und deutlichem Kantenflimmern aber schlechter aussieht als das als der Asset-Spender. Interessant ist, dass sich die Spielwelt auch abseits der Tageszyklen und des dynamischen Wettersystems verändert. So versiegen z.B. manche Quellen und statt des schmutzigen Wassers findet man nur noch unbrauchbaren Matsch vor. Gleichzeitig meiden auch die zuvor dort angesiedelten Tiere die Stellen, weil es für sie keine Flüssigkeit mehr gibt. Eigentlich ein nettes Detail. Noch cooler hätte ich es aber gefunden, wenn die Quellen aufgrund längerer Dürreperioden austrocknen, sich dann bei einem Regenschauer aber wieder füllen würden. Damit hätten die Wetterkapriolen tatsächliche Auswirkungen auf die Spielwelt gehabt und wären nicht bloß ein visuelles Gimmick.

Das erste Gebiet weckt Erinnerungen an Afghanistan, das zweite an Afrika.
Ein weiteres Déjà-vu erlebt man beim Missionsdesign, das sich mit seinen ständigen Besorgungsaufträgen, Bergungen von Personen oder den Verteidigungsabschnitten ähnlich redundant im Kreis dreht wie The Phantom Pain. Für Abwechslung sorgen lediglich die eingestreuten und brachialen Action-Momente mit dem Walker Gear und die bereits erwähnten Erkundungen der verwinkelten Ruinen.

Nebelwanderung

Die Abstecher in den giftigen Nebel bieten ebenfalls situative Spannungsmomente, wenn der Sauerstoff langsam zur Neige geht und man sich gerade noch mit den letzten Atemzügen zum nächstgelegenen Wurmloch-Transporter schleppen kann. Zwar kann man seinen Vorrat an Atemluft mit Hilfe der mysteriösen Kuban-Energie jederzeit wieder auffüllen, doch wird der fällige Betrag mit jeder weiteren Verwendung teurer. In diesem Zusammenhang habe ich übrigens den wichtigen Hinweis vermisst, dass man die exorbitante Kostenexplosion für zusätzlichen Sauerstoff durch die Reparatur der Sauerstoffmaske wieder rückgängig machen kann. Der KI-Pod aus dem Hauptquartier nervt zwar ständig mit Anmerkungen, sobald Hunger und Durst zunehmen oder der Sauerstoff zur Neige geht. Aber die wirklich wichtigen Hinweise gehen irgendwie unter oder verstecken sich im Ladebildschirm sowie irgendwo innerhalb der völlig überfrachteten Tutorial-Sektion.

Mit Pfeil und Bogen wird die Jagd nach Nahrung einfacher.
Ohne die Kuban-Energie läuft fast gar nichts in der fremden Welt. Man findet sie u.a. in zerstörbaren Kristallen oder erntet sie aus den toten Körpern von Gegnern. Selbst zur Herstellung von Objekten und Munition muss man neben den nötigen Ressourcen immer auch einen Teil seines Kuban-Kontos anzapfen. Die höchsten Beträge sind allerdings für die Klassenaufstiege fällig, mit denen man sowohl Stärke, Ausdauer und Vitalkraft verbessert, sondern auch spezielle Fähigkeiten wie Kombos oder schnelle Ausweichschritte erlernen kann. Doch auch manche Gebäudetypen erfordern vor allem gegen Ende eine gezielte und teilweise sehr zeitaufwändige Aufstockung der Kuban-Reserven.  

Folge dem Licht

Da die Standardort-Markierungen in vernebelten Arealen nur eingeschränkt funktionieren, muss man sich weitgehend selbst in der dichten Suppe orientieren, sich markante Punkte einprägen oder Flaggen platzieren, die aber Angriffen der Wandelnden zum Opfer fallen können. Zudem bieten die Leuchtsignale an den Wurmloch-Transportern wertvolle Orientierungshilfen und auch die teilweise extrem gut versteckten Container sind mit Lichtern ausgestattet. Es übt durchaus einen gewissen Reiz aus, die Welt unter diesem Nebelschleier zu erkunden und neben weiteren Transportern auch Siedlungen sowie Lager zu entdecken, die häufig zahlreiche Ressourcen beherbergen. Trotz des mitunter hohen Aufwands sollte man neben der erhöhten Mobilität alleine deshalb möglichst viele der Wurmloch-Transporter aktivieren, weil man sich später bei einer Rückkehr ziemlich einfach wieder die Taschen vollstopfen kann. Zudem ist das Nebel-Areal auf beiden Karten recht weitläufig und wird nur von wenigen Frischluft-Oasen unterbrochen. Findet man nicht zufällig eines der seltenen und extrem schnell abgenutzten Vehikel, kann man sich nur relativ langsam durch die Brühe bewegen, da auch die Ausdauer beim Laufen rapide nachlässt. Doch man sollte nicht nur den Lichtern im Nebel folgen: Immer wieder reißt der Himmel auf und spuckt zufallsgenerierte Ressourcen aus kleinen Wurmlöchern, die damit nichts anderes darstellen als eine Abwandlung der typischen Beutekisten. Ehrfurcht sollte man dagegen dem Herrn des Staubs entgegenbringen, einer riesigen Kreatur, die schließlich auch in der finalen Konfrontation eine Rolle spielen wird.   

Unverschämte Mikrotransaktionen         

Die Basis lässt sich stetig ausbauen und wird später sogar erweitert.
Es scheint so, als hätte man bei den Überresten von Kojima Production die kreative Energie wniger ins Missionsdesign, sondern viel lieber in die Implementierung von Mikrotransaktionen investiert. Es ist gleichzeitig erstaunlich wie unverschämt, was sich Konami hier alles mit den SV Coins bezahlen lässt: Angefangen bei kosmetischen Inhalten wie speziellen Gesten für den Mehrspieler-Modus bittet man u.a. auch für weitere Charakter-Spielstände, den Ausbau des Lagers, weitere Loadout-Plätze und sogar zusätzliche Erkundungs-Teams zur Kasse. Wer seine Truppe auf den Besorgungs-Trips schützen will, kann ich außerdem eine Art Söldner als Unterstützung dazu kaufen – nur gegen Echtgeld versteht sich! Aber hey, das ist doch sicher einen Zehner wert, oder?! Ist die Kampagne gemeistert, ist das Spiel damit noch nicht vorbei und es stehen weitere Bohrungen an, deren Tempo man mit einer kleinen Geld- bzw. Coin-Spende ebenfalls beschleunigen darf.

Wenn man sich in den engen Ruinen unauffällig an Gegnern vorbeischleichen will, ist zumindest ein Ansatz des Stealth-Flairs spürbar, das die Serie ausgezeichnet hat.
Schließlich gibt es auch noch einen käuflichen Premium-Pass für Boost-Funktionen, die für einen begrenzten Zeitraum nicht nur die Ernte im Lager verdoppelt, sondern auch die zweifache Menge bei Nahrungsfunden und der wichtigen Kuban-Energie gutschreibt. So lässt es sich gleich deutlich entspannter (über)leben und auch die teuren Rangaufstiege für das Freischalten neuer Fähigkeiten werden schneller erreicht. Gerade in der enorm zähen Anfangsphase mit seiner künstlichen Ressourcen-Knappheit wird man regelrecht dazu verführt, sich mit dem Boost unter die Arme greifen zu lassen. Doch auch im späteren Verlauf wird man durch den enorm gestreckten Grind immer wieder dazu verleitet, die Qual mit dem Kauf der Premium-Pässe zu verkürzen. Es ist einfach nur widerlich, was Konami hier veranstaltet, um die Spieler finanziell zu melken. Da ist es auch kein Trost, dass für jeden Log-in eine kleine Menge an SV-Coins auf dem Konto gutgeschrieben wird. Denn trotz dieser Almosen müsste man sich teilweise wochenlang gedulden, um sich manche Inhalte leisten zu können. Oder sind die Coin-Häppchen für das Einloggen vielleicht sogar nur ein Versuch, den unsinnigen Onlinezwang zu rechtfertigen? Das Speichersystem erweist sich ebenfalls als Ärgernis, denn der Spielstand wird nur bei der Ankunft in einem der beiden Hauptlager gesichert. Stirbt man und hat keine der seltenen Wiederbelebungspillen zur Hand, muss man entweder den letzten Speicherpunkt laden und im schlimmsten Fall lange Abschnitte erneut meistern oder kann sich mit der Rückkehr ins Lager erneut zur Stelle seines Ablebens begeben, um die Überreste der mitgeführten Ressourcen einzusammeln. Aber egal wofür man sich entscheidet: Wutanfälle sind bei diesem furchtbaren Speichersystem garantiert!

Fazit

Als riesiger Fan von Metal Gear blutet mir das Herz bei dem, was Konami mit diesem Ableger fabriziert hat. Im Kern steckt zwar immer noch die großartige Schleichmechanik von The Phantom Pain, aber ansonsten bietet dieser Überlebenskrampf nicht mehr viel von den Qualitäten, welche die Reihe einmal ausgezeichnet hat. Der ewige Teufelskreis aus nerviger Sammelorgie und Herstellung ist ermüdend, die anstrengende Suche nach Nahrung vor allem in der Anfangsphase extrem zäh. Man wird das Gefühl nicht los, als wolle Konami die Spieler mit dieser oft künstlich gestreckten Grind-Orgie gleich zu Beginn zum Kauf der unfassbar dreisten Miktrotranskationen drängen, denn mit einem Premium Boost lebt es sich gleich viel leichter. Aber zusätzlich auch noch Geld zu verlangen für Dinge wie weitere Spielstände, zusätzliche Erkundungsteams, Loadout-Plätze oder den Ausbau des Lagers, ist einfach nur unter aller Kanone! Es wird mehr als deutlich, dass das Spiel explizit um diese widerlichen Free-to-play-Mechaniken herum designt wurde. Sag mal Konami, geht’s eigentlich noch? Das ist einfach nur unverschämte Abzocke! Vor allem in Anbetracht dessen, dass Metal Gear Survive offenbar recht günstig produziert wurde und über weite Strecken wie eine lieblose Zweitverwertung von Vorlagen aus The Phantom Pain wirkt. Sieht man über die bescheuerte Story sowie die kaum vorhandene Verbindung zum Metal-Gear-Universum hinweg und kann die eigensinnigen Regeln jenseits der Realität akzeptieren, bekommt man zumindest im Ansatz situative Spannungsmomente und Arcade-Survival mit einer halbwegs motivierenden Weiterentwicklung geboten. Das eintönige Missionsdesign würde aber selbst ohne Mikrotransaktionen, die öden Dialoge und den furchtbaren Sammelwahn dafür sorgen, dass man irgendwann die Lust am Weiterspielen verliert und der Weg zum großen Finale zur Qual wird, die auch mit vereinzelten Abstechern in den Koop-Modus nicht gelindert werden kann. Metal Gear Survive ist kein Hoffnungsschimmer, dass die Marke unter Konami auch ohne Hideo Kojima überleben wird. Es ist ein Todesstoß, der vor allem darauf abzielt, noch einmal richtig mit dem großen Namen abzukassieren.

Zweites Fazit von Jörg Luibl:

Pachinko ist in Japan ein sehr populärer Geldspielautomat. Man kauft Kugeln, schießt damit um sich und muss Glück haben, dass sie in bestimmte Löcher fallen, die wiederum mehr Kugeln, andere Routen oder Gewinne auslösen. Im Hintergrund werkelt ein nicht greifbarer Computer mit ebenso willkürlicher wie unlogischer Regie, der manchmal sogar dämliche Geschichten rund um beliebte Maskottchen erzählt. Man sollte bei den langen Sitzungen genug essen und trinken, um nicht im hypnotiserten Kollektiv dahin zu siechen. Weil Geldgewinne in Japan verboten sind, schleppen die wenigen Sieger ihre Sachpreise in Buden, wo sie hinter Sichtschutz in Yen umgewandelt werden - so mancher Süchtige bringt sogar eigene Zäune mit. Falls euch Tokio zu weit ist, könnt ihr auch Metal Gear Survive kaufen. Nur ist das wie Pachinko mit Permafrust: Hier gewinnt nämlich gar keiner. Und der größte spielkulturelle Verlierer dieses unverschämten Gewinnmaximierungsdesigns ist eine der wichtigsten Spielwelten aller Zeiten. Konami demontiert sich.

Pro

gelungene Schleichmechanik
zahlreiche Ressourcen und herstellbare Objekte
motivierender Basis-Aufbau
Waffen und Equipment nutzt sich ab
situative Spannungsmomente
ansprechendes Waffenarsenal
durchaus reizvolle Erkundung der Spielwelt
Ressourcen lassen sich manuell auf Karte markieren
zwei große Gebiete
sehr umfangreiche Kampagne
artenreiche Flora und Fauna

Kontra

unverschämte Einbindung von Mikrotransaktionen
zähe und künstlich gestreckte Grind-Orgie
abstruse Story mit blassen Figuren und mäßigen Dialogen
kaum Bezüge zum Metal-Gear-Universum
ödes und repetitives Missionsdesign
ätzendes Speichersystem
mitunter frustrierende Nahrungssuche
komplizierte Aufteilung von Crafting-Stationen
nur wenige und einfallslos designte Bosskämpfe
über weite Strecken mangelnde Gegnervielfalt
sehr viel halbherziges Recycling aus The Phantom Pain
extrem unrealistische Spielmechaniken
mitunter künstliche Rang-Hürden bei täglichen Bergungsmissionen (Online-Koop)
z.T. sehr hoher, unfairer Schwierigkeitsgrad
Onlinezwang (auch für Kampagne)
technische Schwächen (Kanten, grobe Schatten, Zeichentiefe)
schnarchlangweilige Audiologs
penetrante und nervige Kommentare des KI-Pods

Wertung

PlayStation4

Metal Gear Survive bietet einen monotonen Arcade-Überlebenskampf, der zwar interessante Ansätze bietet, neben viel Recycling und zähem Grind auch von dreisten Mikrotransaktionen überschattet wird.

XboxOne

Metal Gear Survive bietet einen monotonen Arcade-Überlebenskampf, der zwar interessante Ansätze bietet, neben viel Recycling und zähem Grind auch von dreisten Mikrotransaktionen überschattet wird.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Käufe beeinflussen das Spieldesign stark.
  • Der Shop ist penetranter Bestandteil der Menüs oder Benutzerführung.
  • Man wird durch Grind animiert die Spielzeit über Käufe verkürzen, Pay-to-Shortcut.
  • Es kann Bezahlschranken geben, so dass man weitere Inhalte, Figuren oder Gebiete freikaufen muss.
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