Zone of the Enders: The 2nd Runner - Mars12.09.2018, Mathias Oertel
Zone of the Enders: The 2nd Runner - Mars

Im Test: Zeitlos coole Action

Gut 15 Jahre ist es her, dass Hideo Kojima für Konami mit Zone of the Enders 2nd Runner einen Standard für japanische Mech-Action setzte, der für viele bis heute unerreicht bleibt. Ursprünglich veröffentlicht auf PS2, wurde eine Generation später eine HD-Sammlung veröffentlicht, die allerdings auch nur wenige kennen dürften. Doch jetzt bekommen alle, die bislang noch nicht das Vergnügen hatten, in die stylischen Anime-Mechs zu steigen, eine neue Chance. Und Zone of the Enders The 2nd Runner – Mars lädt optional sogar zum Kampf in VR ein. Wir sind für den Test erneut ins Cockpit gestiegen.

Hideo wer?

Ok, Konami. Lasst uns ein ernstes Wörtchen reden. Ich kann verstehen, dass nach der mehr oder weniger zu einer Schlammschlacht ausgearteten Trennung von Hideo Kojima die Emotionen hochkochten. Immerhin hat er euch über Jahrzehnte hinweg die Treue gehalten (was in der Branche nicht selbstverständlich ist) und war mit Titeln wie Metal Gear Solid höchst aktiv sowie passiv mit der Entwicklung der Fox-Grafikengine oder als Produzent der Castlevania-Spiele von Mercury Steam maßgeblich an eurem Erfolg der letzten Jahre beteiligt. Serien wie Boktai oder Zone of the Enders mögen vielleicht kommerziell nicht so erfolgreich gewesen sein. Doch ähnlich wie Mirror‘s Edge bei Electronic Arts oder zahlreiche kleine Projekte bei Ubisoft haben sie geholfen, die Bandbreite von Konami zu erweitern, während sie von Fans und Kritik gleichermaßen gefeiert wurden. Und jetzt ist er euch bei der mit Mars untertitelten Neuauflage nicht einmal eine Erwähnung wert? Das ist kein feiner Zug – und das, obwohl bei der PS2-Premiere auf dem Cover noch großartig mit „Produced by Hideo Kojima“ samt seiner Unterschrift geworben wurde

Die Action hat in den letzten 15 Jahren nur wenig ihrer Faszination eingebüßt.
Dessen ungeachtet dürfte vom allerersten Moment an nicht nur Spielern der „alten“ Version oder der 2013 erschienenen HD-Kollektion (PS3, 360, Vita) klar sein, wie cool die Fortsetzung zu Zone of the Enders ist, das seinerzeit eher als das merkwürdige Mecha-Actionspiel mit der beiliegenden Metal-Gear-Solid-Demodisc Bekanntheit erlangte. Und das ist nicht der sauberen Umsetzung von Cygames zu verdanken, sondern in erster Linie dem Genie von Kojima-San zuzuschreiben, der auch bei der ausufernden Mecha-Action mit ihren nicht minder ausufernden Anime-Sequenzen an den Stärken festhält, die sich durch nahezu alle seine Projekte ziehen, wie z.B. ein Gespür für eine dramatische Inszenierung, die sich gelegentlich auch überraschend schonungslos zeigt. Dass es dabei immer wieder etwas wirr werden kann, gehört ebenfalls zu Kojima-San, was er hier allerdings durch gelungene Tempowechsel innerhalb der Geschichte und vor allem bei der Action ausgleichen kann. Doch worum geht es eigentlich bei Zone of the Enders 2?

Vorkenntnisse erwünscht, aber nicht nötig

Obwohl Zone of the Enders einige Fragen offenließ, die von The 2nd Runner beantwortet wurden, muss man den Klassiker nicht kennen. Die spannende, schonungslose sowie ab und enorm absurde Geschichte funktioniert auch so. Als einzige Vorkenntnis sollte man wissen, dass die United Nations Space Force (UNSF) in einen langjährigen multiplanetaren Kampf mit der anti-terristrischen Militärorganisation BAHRAM verstrickt ist – und dass dieser Kampf in erster Linie von riesigen Mechs und ihren Piloten ausgetragen wird. Durch einen wirklich dummen Zufall gerät der Minenarbeiter Dingo Egret in die Schusslinie und bevor sein Arbeitsmech zerstört wird, kann er sich in ein anderes Stahl-Ungetüm retten – den so genannten

Das Artdesign ist zeitlos gut und profitiert von der 4K-Darstellung.
Jehuty, ein potenter Mech, den BAHRAM unbedingt in die Finger bekommen möchte. Einige Wirren später ist Dingo lebensnotwendig mit Jehuty verbunden und muss den Kampf aufnehmen.

Doch egal ob Jehuty-Veteranen, Neu- oder Wiedereinsteiger: Die Steuerung des Mechs, der wie alle dieser pilotierten Metallhülsen phallische Züge hat, ist an der Oberfläche einfach und profitiert dabei auch von der Anpassung der Angrffsoption in Relation zur Entfernung der Gegner. Sprich: Es gibt eigentlich nur eine Angriffstaste, die je nach Distanz zum anvisierten bzw. nächsten Gegner entweder Projektile verschießt oder einen Nahkampfangriff vollstreckt. Später kommen noch u.a. Spezialwaffen, zielsuchende Massengeschosse, die Option, seinen Gegner (oder Umgebungsteile) zu greifen und diese als Keule oder Wurfgeschoss zu benutzen sowie einiges mehr hinzu. Ganz zu schweigen von einem Sprint, der auch das Ausweichen zur Seite ermöglicht. Und das braucht man auch dringend. Denn die meist als Arenakämpfe inszenierten Auseinandersetzungen, die mehr oder zumeist minder ausufernden Gebietserforschungen folgen, fordern einem alles ab. Vor allem, wenn Bosse mitmischen. Dass die Kamera insbesondere in engen Räumen immer noch genauso hektisch zickt wie damals, ist wie vor 15 Jahren kein Spaßkiller, hätte aber im Rahmen der Modernisierung angefasst werden müssen.

Zeitloser Action-Spaß

Mit seiner bis auf ganz wenige Ausnahmen sowohl hinsichtlich der Gegner-Zusammenstellung als auch der Länge der Gefechte sehr gut auf den Punkt gebrachten Action ist Zone of the Enders The 2nd Runner auch als MARS-Version trotz der kleinen Mankos immer noch eines der besten Mech-Spiele, das man bekommen kann. Dass der Titel so gut gealtert ist, liegt zum einen am futuristisch-kalten Artdesign, das in den letzten 15 Jahren nichts seiner Faszination eingebüßt hat und mit Auflösungen bis 4K sowie angepassten Texturen immer noch verdammt schick aussieht. Die gezeichneten Anime-Zwischensequenzen können zwar mit ihrer niedrigen Auflösung nicht mithalten, sehen aber immer noch gut aus. Allerdings hätte es nicht geschadet, für diese Edition der Vollständigkeit halber auch die japanische Sprachspur anzubieten anstatt nur die englische zur Verfügung zu stellen.

The 2nd Runner bietet coole Action und schick inszenierte Zwischensequenzen. Die Story kann allerdings manchmal verwirren.
Eine Warnung muss ich aber geben: Wer mit Hideo Kojimas Erzählstil nichts anfangen kann, der sich immer wieder in ausufernden Zwischensequenzen äußert (Metal-Gear-Spieler wissen davon ein Lied zu singen und lieben oder hassen es) und stattdessen lieber den „Überspringen“-Knopf drückt, verpasst einiges. Er gewinnt aber Zeit. Die gut zehn bis zwölf Stunden, die Zone of the Enders The 2nd Runner beim ersten Durchlauf beansprucht, werden gut und gerne halbiert. Und auch hier zeigt sich, wie kurzsichtig Konami war, auch nur auf die entfernteste Erwähnung von Hideo Kojima in der Neuauflage zu verzichten. Wer sich ein bisschen mit Spielehistorie beschäftigt, wird den Erzählstil schnell dem exzentrischen Entwickler-Genie zuschreiben können.

Halbherziger VR-Jehuty

Mit dem VR-Modus, der einen mit einer simplen, aber enorm effektiven „Lichtgeschwindigkeits“-Umgebung begrüßt, hat sich Konami ebenfalls keinen Gefallen getan. Prinzipiell ist das Mittendrin-Gefühl zwar richtig gut, wenn man im Cockpit des Jehuty sitzt und die Gegner aufs Korn nimmt - insbesondere auch dank der neuen  Surround-Tonabmischung. Doch die Perspektive ist auf Dauer nur als „nett“ einzuschätzen, da u.a. die Wucht der Nahkämpfe nicht so akkurat vermittelt wird, wie es in VR möglich wäre. Andere Spiele wie Robo Recall haben hier bereits vorgelegt und liegen auch hinsichtlich der Orientierung vorne, die bei Zone of the Enders gerne mal verloren geht. Zudem darf man nicht mit dem Kopf die Ziele für die Suchraketen auswählen, wie es beispielsweise von Eve: Valkyrie vorgemacht wurde. Doch was mich trotz eigentlich hoher VR-Affinität sowie

Die Action-Seqeuenzen verlieren in VR trotz eines ordentlichen Mittendrin-Gefühls stark an Übersicht. Cygames hat es zudem nicht geschafft, die Wucht der Gefechte angemessen zu vermitteln.
entsprechender Magenstabilität immer wieder davon abhielt, mich hinter der Brille ins Jehuty-Cockpit zu setzen, war die inkonsequente sowie immer wieder holprige Umsetzung.

Wird eine Zwischensequenz eingespielt oder ruft man das Pause-Menü auf, wird in die zweidimensionale „Movie“-Darstellung umgeschaltet. Obwohl man sich hier sicherlich auch mit etwas Mühe eine andere Lösung hätte einfallen lassen können, indem man z.B. innerhalb des 3D-Cockpits eine Art „Hologramm-Leinwand“ hochfährt, auf der die Sequenz gezeigt wird, kann ich das noch verschmerzen. Doch wer sich in den allgemeinen PSVR-Einstellungen für die kleine Bildschirmgröße bei Darstellung von Nicht-VR-Inhalten entschieden hat, findet sich in einem Dilemma wieder. Die Cockpit-Kämpfe sind authentisches VR, die Zwischensequenzen zweidimensional in der mittleren Bildschirmgröße und das Pause-Menü, bei dem zumindest die Karte nach einer 3D-Darstellung schreit, wird im Zweifelsfall nur klein dargestellt. Dass zudem nach den Kämpfen auch gelegentlich die Bewegung auf dem flachen Bildschirm stattfindet und ich mich nicht mehr umschauen darf, stört. Auch die prinzipiell aktivierte Zielerfassung, die man erst manuell abschalten muss, wenn man sich wie im normalen Modus umschauen möchte, anstatt stur den vorgegebenen Wegpunkten zu folgen, ist auf Dauer ein Dorn im Auge. Und damit wirkt VR in The 2nd Runner halbherzig eingesetzt - oder aber, als ob das Team mit der VR-Integration und den sich anbietenden Möglichkeiten zunehmend überfordert war. Sicher: Es funktioniert. Aber es stellt keinen Mehrwert dar.

Fazit

Es ist unglaublich, dass ein 15 Jahre altes Spiel immer noch so viel Spaß macht. Doch Zone of the Enders The 2nd Runner ist ein Paradebeispiel für Hideo Kojimas Entwicklungs-Genie – auch wenn sich Konami nach der Streitscheidung von ihm beharrlich weigert, seinen Namen im Zusammenhang mit ZOE zu nennen. Auf die VR-Ergänzung in dieser Form hätte man allerdings verzichten können. Das Mittendrin-Gefühl in den hektischen sowie häufig vor Effekten strotzenden Kämpfen ist zwar gelungen. Doch unter dem Strich bleibt es etwas unübersichtlich, während das ständige Umschalten zwischen dreidimensionalem Cockpit in den Auseinandersetzungen sowie 2D bei Zwischensequenzen und Pausemenü für verwirrende Kopfschmerzen sorgen kann. Ohne VR und in schickem 4K spielt die schnelle Mech-Action jedoch ihre ganzen Stärken aus und sorgt mit ihren hier jederzeit hervorragend kontrollierbaren Gefechten für einen rasanten Anstieg des Adrenalins. Schade ist allerdings, dass die Filmsequenzen in ihrer niedrigen Auflösung belassen wurden, während man nach wie vor darauf verzichtet hat, die japanische Sprachausgabe als zweite Tonspur neben Englisch anzubieten und auch die gelegentlich hektische Kameraführung weiterhin Bestand hat. Dennoch: Im ohnehin in den letzten Jahren stark ausgedünnten Bereich der Mecha-Action nimmt Zone of the Enders The 2nd Runner Mars immer noch eine Ausnahmestellung ein.

Pro

zeitlos gute Comic-Kulisse
schicke Anime-Zwischensequenzen
akkurate Kontrolle
grandiose unkomplizierte Action mit Tiefgang
hervorragende Soundkulisse
zahlreiche Boni freizuspielen
schönes Mittendrin-Gefühl im Cockpit mit VR-Brille
beeindrucker Surround-Sound

Kontra

keine japanische Tonspur
Zwischensequenzen niedrig aufgelöst
mitunter hektische Kamera
in dieser Form eher halbherziger VR-Modus
keine Erwähnung von Hideo Kojima

Wertung

VirtualReality

Das Mittendrin-Gefühl der VR-Action ist gelungen, doch die virtuelle Realität wird abseits dessen inkonsequent genutzt.

PlayStationVR

Das Mittendrin-Gefühl der VR-Action ist gelungen, doch die virtuelle Realität wird abseits dessen inkonsequent genutzt.

PlayStation4

The 2nd Runner liefert den eindrucksvollen Beweis ab, dass auch ein 15 Jahre altes Spiel verdammt cool sein kann. Hideo Kojimas Mecha-Action gehört immer noch zum Besten in diesem Bereich.

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