Brothers in Arms: Hell's Highway17.10.2008, Jan Wöbbeking
Brothers in Arms: Hell's Highway

Im Test:

Der Höllentrip für Brothers in Arms-Fans ist vorbei. Nach gefühlten dreihundert Verschiebungen stehen endlich alle drei Fassungen der aktuellen Ausgabe Hell's Highway im Ladenregal. Ab sofort dürfen PC-Spieler und Besitzer der beiden Konsolen mit den starken Grafikmuskeln erneut in den zweiten Weltkrieg ziehen - und zwar mit der bewährten, serientypischen Mischung aus Ego-Shooter-Action und Taktik. Aber Vorsicht: In der deutschen Version wurde nicht nur die Gewaltdarstellung entschärft. Ihr dürft außerdem im Online-Part nur gegen Spieler antreten, die ebenfalls zur deutschen Version gegriffen haben.

Der Ton macht die Musik

Auch die Synchronisation sorgt für Ärger: Konsolenbesitzer stellen die Sprache im Systemmenü also am besten vor dem Spiel auf Englisch ein und PC-Besitzer wählen die entsprechende Option bei der Installation aus.

Die Charaktere wurden detailliert in Szene gesetzt. Schade allerdings, dass sich kaum Emotionen in den Gesichtern lesen lassen.
Die Originalsprecher betonen die Dialoge deutlich besser als ihre emotionslosen deutschen Kollegen, wodurch der Höllentrip durch feindliches Gebiet eine Menge an Atmosphäre gewinnt. Gearbox möchte euch schließlich möglichst "gefühlsecht" ins tobende Kriegsgeschehen hineinversetzen und erzählt die Geschichte immer wieder in kurzen Zwischensequenzen weiter.

Einen interessanten Plot oder tiefschürfende Dialoge solltet ihr nicht erwarten. Trotzdem sorgen die Gespräche der Soldaten während einer Verschnaufpause dafür, dass ihr die Charaktere und ihre Gedanken im Laufe des Spieles besser kennen lernt. Kurz danach findet ihr euch auf dem Schlachtfeld wieder - umzingelt von deutschen Einheiten. Ihr schlüpft in die Rolle von Gruppenführer Matthew Baker, der sich als Teil der größten Luftlandeinvasion der Alliierten durch die Niederlande kämpft. Durch das Sichern mehrerer Brücken soll ein Korridor geschaffen werden, um die deutschen Linien zu durchbrechen. Zu Beginn kämpft ihr euch durch mit Hecken gesäumte Felder, später führt euch die Mission durch Vorstadtgärten, zerstörte Gassen und Industriekomplexe.

Festsetzen und flankieren

Spielerisch hat sich nur wenig verändert: Nach wie vor lauft ihr aus der Ego-Perspektive durch die Kulissen, verschanzt euch mittels Tastendruck hinter einer Deckung und versucht, eure Widersacher durch eure Zielkünste und eine Prise Taktik zu überrumpeln. Je nach Mission scheucht ihr eine Hand voll anderer Soldaten herum. Das Feuerteam ist mit großkalibrigen Wummen ausgestattet und zwingt verschanzte Gegner im Nu dazu, die Köpfe einzuziehen. Hat sich der Sperrfeuer-Kreis über den feindlichen Köpfen komplett grau gefärbt, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, loszusprinten und die verdutzten Widersacher von der Seite aus ins Jenseits zu schicken.

Oder aber ihr schickt ein Angriffs-Team mit Hilfe der Befehlskreis genannten Zielmarkierung an die Stelle und lasst sie die Gegner flankieren. In manchen Missionen übernehmt ihr außerdem die Kontrolle über ein Bazooka-Team, welches feindliche Gefährte mit einem gewaltigen Knall zerbröselt -

Mit dem einfach zu bedienenden Befehlkreis bringt ihr eure Untergebenen in Position.
allerdings nur, wenn sich eure zickigen Untergebenen nicht weigern, den Befehl auszuführen. Zur Not marschiert ihr einfach höchstpersönlich zum Ziel und bringt eine Sprengladung an. Ab und zu zerstört ihr auf diese Weise auch Geschütze.

Intelligente Kriegsführung

Von gelegentlichen Aussetzern abgesehen reagieren Freund und Feind aber recht intelligent: Seid ihr beim Flankieren unachtsam, eröffnen die Gegner das Feuer auf euch, bevor ihr die schützende Deckung erreicht habt. Setzt ihr die Deutschen unter Druck, huschen sie gerne auch von einer Mauer zur nächsten. Leider gilt das nicht für ihre Kameraden, die hinter einem Lattenzaun oder anderen zerstörbaren Holzgegenständen lauern. Ist die Deckung zerlegt, habt ihr meist freie Schussbahn.

Eure Untergebenen solltet ihr so oft wie möglich mit Hilfe des Befehlsringes an taktisch klugen Punkten platzieren. Gebt ihr ihnen einfach nur den Befehl, euch zu folgen, kann es passieren, dass sie in den offenen Feuerhagel laufen oder sich an der falschen Seite einer Deckung postieren. Das kommt zwar nur selten vor, trotzdem solltet ihr ihnen lieber höchstpersönlich den Weg weisen. Seid ihr euch unsicher, hilft ein Blick auf die zoombare Übersichtskarte des Terrains.

Actionreicher Geschichtsunterricht

Auf dem gleichen Bildschirm könnt ihr auch die Aufklärungsreports einsehen, welche ihr an bestimmten Stellen der Kampagne findet. Sie geben euch einen kleinen Einblick in die Hintergrundgeschichte der einzelnen Schlachten und der relativ originalgetreu nachgebauten Kulissen.

Unterschätze nie Mutter Natur: In der ersten Spielhälfte versperren euch oft hermetische Hecken den Weg zu den Gärten.
Nicht auf der Karte verzeichnet sind die im Terrain versteckten »Kilroy«-Comic-Zeichnungen, welche ihr als kleine Abwechslung zum ständigen Ballern und Flankieren suchen könnt.

Ab und zu trennt ihr euch außerdem von eurem Team und durchforstet in Rambo-Manier eine Kirche oder ein anderes Gebäude. Oder ihr nehmt in einem Firefly- oder Sherman-Panzer Platz und holzt gegnerische Geschütze in ihre Einzelteile - ein äußerst spaßiges Unterfangen. All die unterhaltsamen Auflockerungen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es dem Rest der Kampagne ein wenig an Abwechslung fehlt. Komplexe Manöver à la Socom: Tactical Strike gibt es hier nicht und auch die teils recht engen Levels sorgen dafür, dass ihr eure Angriffstaktik nicht all zu stark variieren könnt. Viel zu oft versperren euch undurchdringliche Hecken den Weg zu einem Hinterhof, der sich eigentlich prima für einen Umweg geeignet hätte. In der zweiten Spielhälfte erwarten euch glücklicherweise weitläufigere Areale mit alternativen Laufwegen.

Intelligente Kriegsführung

Das vom Krieg gezeichnete Eindhoven gehört nicht nur spielerisch, sondern auch grafisch zu den Highlights des Spiels: Besonders ansehnlich sind die von Licht durchfluteten und mit Trümmern übersäten Flure eines zerstörten Indutsriekomplexes gelungen. All zu nah solltet ihr allerdings nicht an die Oberflächen herantreten, denn dann entwickeln sich die Umgebungstexturen zu einem unscharfen Brei.

Deutlich detaillierter sind die Soldaten gestaltet: Ihre Augen glänzen in der Sonne und auf der Haut erkennt ihr feine Poren und Narben.

Spaßige Abwechslung: Zwischendurch rollt ihr mit einem Panzer über die Schienen.
Schade, dass die Gesichter nicht besser animiert wurden. Ab und zu heben sich zwar die Augenbrauen, davon abgesehen erinnert die Mimik der Pokerface-Soldaten aber an die Roboter aus einem alten Kraftwerk-Video.

PC oder Konsole?

Trotz der ordentlichen Präsentation zauberte die Unreal Engine die Action auch in hoher Auflösung stets flüssig auf unseren PC-Bildschirm. Dank der flotten Bedienung mit der Maus lassen sich eure Kameraden am Rechenknecht am komfortabelsten durch die Gegend scheuchen. Auf der Konsole wird der Spielfluss durch die Controller-Steuerung ein wenig zäher.

Auch der Schwierigkeitsgrad steigt ein wenig an; und weil ihr einem Gegner nicht so fix die Kugel geben könnt wie mit dem Nager, ist auf Konsole ein Deut mehr Taktik gefragt. Auf dem PC solltet ihr dagegen mit dem härteren Schwierigkeitsgrad beginnen. Falls ihr wider Erwarten doch überfordert seid, könnt ihr die KI eurer Gegner jederzeit im Pause-Menü herunterschrauben. Dank der fair verteilten Checkpoints kommt aber ohnehin selten Frust auf.

Multiplattform-Gefecht

Bis auf kleine Abstriche bei der Detailfülle und eine etwas niedrigere Bildrate ähneln die Konsolenfassungen der PC-Version. Auf der PS3 müsst ihr außerdem ab und zu mit leichtem Ruckeln leben.

Während eure Kameraden die Deutschen mit Sperrfeuer einheizen, schleicht ihr euch über die Flanke heran.
Doch die kleinen Bildstocker fallen mit der Zeit kaum noch auf und können den Spielfluss nicht wirklich stören. Warauf sich PS3-Besitzer allerdings einstellen müssen, ist die zwangsweise Installation. Die ohnehin erträgliche Ladezeit wird im Vergleich zur Xbox 360-Version trotzdem nicht viel kürzer.

Habt ihr euch nach gut zehn Stunden durch die Kampagne gekämpft, könnt ihr euer Glück ein weiteres mal auf einem höheren Schwierigkeitsgrad versuchen. Harte Hunde wählen nach dem Durchzocken die "authentische" Stufe und beweisen ihr Können gegen noch verschlagenere Widersacher ohne Zielkreuz und andere technische Hilfen.

Von der Online-Welt abgeschnitten?

Oder aber ihr startet den äußerst spärlich geratenen Online-Modus. In der einzigen Variante für gesellige Spieler erobert ihr auf einer Hand voll kleiner bis mittelgroßer Karten zwei Flaggen oder verteidigt sie. Mal seid ihr in städtischen Trümmern unterwegs, ein anderes mal fahrt ihr auf einer offeneren Map mit dem Panzer zur Flagge hinter dem Leuchtturm. Leider dürfen sich nur Besitzer der deutschen Version miteinander verbinden. In den Konsolen-Fassungen sorgt dieser Umstand mitunter für gähnend leere Server-Browser.

Bei unseren ersten Online-Probespielen auf der PS3 dachten wir noch, es handele sich um einen technischen Fehler, aber zur Mittagszeit waren schlicht und ergreifend noch keine Spieler online.

Bis auf Ausnahmen wie der glänzende Stein wirken die Umgebungstexturen aus der Nähe reichlich unscharf.
Auch auf der Xbox 360 finden sich nur vereinzelt Gegner im Netz. Auf dem PC freut ihr euch zwar über eine ganze Reihe an offenen Spielen, allerdings werden dort auch die englischen Exemplare angezeigt. Ihr dürft euch also auf einen Server nach dem anderen klicken, bis ihr endlich ein deutsches Exemplar erwischt. Als wir endlich Mitspieler gefunden hatten, liefen die Partien immerhin problemlos und ohne Lags.

Ja, wo läuft es denn?

Für noch mehr Verwirrung sorgt die Anleitung: Im deutschen Heftchen der PC-Version fehlen manche der Ports, die für das Spiel freigegeben werden müssen. Der Ubisoft-Support empfiehlt, die Ports 6500, 2790, 27900 und 7777 zu öffnen. Ihr braucht übrigens keinen Keycode für die Installation, obwohl noch ein entsprechendes Feld auf der Anleitung zu sehen ist. Im Handbuch der Xbox 360-Version ist außerdem von einem Erfolg für die Teilnahme in den Gearbox-Foren die Rede. Da das Achievement der in der finalen Version gestrichen wurde, könnt ihr euch die Anmelde-Prozedur sparen.

Fazit

Schon wieder der Zweite Weltkrieg. Kann das Thema überhaupt noch fesseln? Ja, es kann. Hell's Highway bietet zwar nicht all zu viel Neues, trotzdem sorgt die bewährte Mischung aus Taktik und Shooter-Action für eine unterhaltsame Kampagne. Das Spiel ist kein Grafikbrett wie Crysis oder wie Epics indizierter 360-Vorzeige-Shooter, setzt den Krieg aber detailgetreu und stimmungsvoll in Szene. Eure Kameraden und Feinde verhalten sich, von ein paar Aussetzern abgesehen, glaubwürdig und auch die zahlreichen kurzen Zwischensequenzen sorgen dafür, dass ihr im Laufe des Abenteuers mehr und mehr im Spiel versinkt. Sofern ihr der englischen Sprache mächtig seid, solltet ihr unbedingt die Originalsynchro auswählen, denn das schlecht betonte deutsche Gestammel zerstört die Atmosphäre. Trotz ein paar Auflockerungen wie der Fahrt in einem Panzer werden die ewigen Flankenkämpfe auf Dauer allerdings ein wenig monoton. Außerdem habe ich mir ständig gewünscht, dass mich die Entwickler mehr von der Leine lassen und ich wie in einem Socom- oder Rainbow-Six-Titel freier entscheiden kann, welchen Weg ich einschlage. Viel zu häufig versperren euch hermetisch gepanzerte Hecken den Weg in einen Garten, der sich laut Übersichtskarte prima als Schleichweg eignen würde. In der zweiten Hälfte des Spiels besteht der Highway zur Hölle glücklicherweise aus etwas weitläufigeren Levels, wodurch die Gefechte variantenreicher ausfallen. Der mickrige Online-Modus taugt allerdings nur als Pausensnack. Käufer der deutschen Fassung müssen außerdem damit leben, dass sie nicht auf internationalen Servern mitspielen dürfen. Wenn euch der Online-Modus am Allerwertesten vorbeigeht, erwartet euch aber ein unterhaltsamer Weltkriegs-Trip, der allerdings atmosphärisch nicht so sehr mitreißen kann wie ein Call of Duty 4 und nicht die Abwechslung bietet wie manch andere taktische Kriegssimulation.

Pro

<P>
bewährte Mischung aus Action und Taktik
abwechslungsreiche Szenarien
realistisch nachempfundene Landschaften
spaßige Sniper-, Panzer- und Einzelgänger-Einlagen
atmosphärische Inszenierung
professionelle englische Synchronisation
aufmerksame Gegner entdecken unvorsichtige Spieler
Feinde wechseln oft die Deckung
detaillierte Charaktere und Gesichter
fair verteilte Checkpoints</P>

Kontra

<P>
zu wenig Abwechslung
auf Dauer monotone Hinterhofkämpfe
in schmalen Levels kaum taktische Alternativen
maue deutsche Synchronisation tötet die Atmosphäre
aufgesetzt wirkendes Online-Spiel
nur ein Multiplayer-Modus
deutsche Version nicht international kompatibel
grafisch unspektakuläre Mehrspielerkarten
verwirrende Fehlinformationen in der Anleitung
flackernde Schattenränder</P>

Wertung

360

Atmosphärisch dichte, aber auf Dauer etwas monotone Mischung aus Weltkriegs-Action und Taktik.

PlayStation3

Atmosphärisch dichte, aber auf Dauer etwas monotone Mischung aus Weltkriegs-Action und Taktik.

PC

Die PC-Fassung des Taktik-Shooters hat dank flotter Steuerung und etwas detailreicherer Grafik die Nase vorn.

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