Resistance: Retribution20.03.2009, Jan Wöbbeking
Resistance: Retribution

Im Test:

Was kennzeichnet einen guten PSP-Shooter? Der Umstand, dass ich auch nach Feierabend meinen heiß geliebten HDTV versetze und mich im stillen Kämmerlein mit der PSP vergnüge. Schuld für meinen Seitensprung ist Resistance Retribution. Wer hätte gedacht, dass in einem PSP-Shooter derart spannende Online-Matches zustande kommen? Und dass man dafür zeitweise auf den zweiten Stick, 1080p und Co pfeift!

Fast so schön wie vor der Glotze

Auch die Kampagne fesselt an das kleine Gerät, denn die PSP-Experten von Sonys Studio Bend haben sich wahrlich ins Zeug gelegt. Schon die beiden Syphon-Filter-Teile boten erstaunlich unterhaltsame Agenten-Schleich-Action.

James Grayson behandelt Zahnfleischbluten auf die altmodische Art...
Jetzt haben die Entwickler sich dem Universum der Resistance-Shooter von der PS3 angenommen und eine mobile Episode entworfen.

Das Abenteuer spielt zwischen den beiden anderen Teilen und versetzt mich in die Rolle des Gesetzlosen James Grayson. Der kämpfte einst als Marine an der Seite der Briten gegen die außerirdischen Besatzer. Die mannigfaltigen Bestien haben Europa in einen Trümmerhaufen voller unheimlicher Türme und unterirdischer Anlagen verwandelt, in denen Ottonormalverbraucher wie du und ich in sabbernde Kampfmaschinen umgebaut werden. Nachdem er seinen eigenen Bruder erschießen musste, beging Grayson Fahnenflucht und startete einen persönlichen Rachefeldzug gegen die Umwandlungsanlagen. Doch der französische Widerstand Maquis konnte den Outlaw zur Kooperation im Kampf gegen den gemeinsamen Feind überreden. Das atemlose Dauergeballer aus der Schulterperspektive führt mich durch düstere Katakomben und technische Anlagen in Rotterdam, Bonn und anderen schaurig schönen Orten.

Kooperation wider Willen

Die Zusammenarbeit läuft zu Beginn alles andere als geschmiert: Wie bei jedem Versuch, die Shooter-Mechanik auf die PSP zu übertragen, kämpfe ich auch diesmal zunächst mehr mit den Knöpfen als mit den Fieslingen.

Mit Hilfe der Sekundärfunktion vom Scharfschützengewehr ballert ihr in Zeitlupe.
Doch schon nach wenigen Minuten Eingewöhnung fällt auf, wie clever Sony Bend das Handycap des fehlenden zweiten Sticks umgangen hat. Die Steuerung ist quasi eine Weiterentwicklung der Variante aus Syphon Filter: Dark Mirror; sogar das Optionsmenü wurde beinah komplett übernommen.

Ich greife auf eine gelungene Mischung aus Auto-Aim und manueller Navigation zurück. Bewege ich ein großes Rechteck über die Widersacher und betätige mit R den Abzug, schießen die meisten Waffen wie das Sturmgewehr oder das Laser-Pendant direkt auf das Ziel. Das Fadenkreuz wandert innerhalb des Kästchens mit den Gegnern mit, ohne dass sich die Kamera bewegt. Statt einer freien Tastenbelegung gibt es nur zwei alternative Standardbelegungen: Entweder bewege ich die Kamera mit dem Stick und laufe mit den Feuertasten oder umgekehrt. Glücklicherweise darf ich die Geschwindigkeit und Beschleunigung der Kamerabewegung selbst regulieren. Falls ihr harte Hunde seid und ohne Auto-Aim auskommt, könnt ihr es komplett abstellen.

           

Halbautomatik

Je länger man durch die clever designten Levels läuft, desto mehr fällt auf, wie gut das Steuerungskonzept zu den mit warzenbewehrten Angreifern passt:

In diesem Kampf gegen die fetten Gorillas seid ihr auf euch gestellt. Von Zeit zu Zeit begleitet euch ein Kämpfer des Widerstandes.
Manche Angreifer laufen schnell durch die Levels oder krabbeln und springen wie Spiderman von Wand zu Wand. Diese Exemplare lassen sich vorzüglich mit der automatischen Zielfunktion aus dem Weg schaffen. Die besten Chancen habe ich, wenn ich mich dabei hinter den zahlreichen Trümmerstücken verschanze. Mein Alter Ego geht dahinter automatisch in Deckung, so dass ich nur noch R drücken muss, um hinüber zu schielen und das Feuer zu eröffnen. Lasse ich die Taste los, schnellt er zurück in Sicherheit.

Das behutsame Vorgehen ist dringend notwendig. Anders als in den meisten Shootern lädt sich die Energie nicht von selbst, sondern nur durch Energiekapseln auf. Ein gelangweiltes Hindurchrauschen in Rekordzeit ist also nur auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad möglich - oder im speziellen Infected-Modus, doch dazu später mehr.

Alien Kong

Wenn dicke Brocken wie die zehn Meter hohen Monstergorillas auf der Bildfläche erscheinen, ist es Zeit, die Strategie anzupassen und häufig die Deckung zu wechseln.

In versteckten Nischen findet ihr die in obligatorischen Shooter-Sammelgegenstände wie Tagebuchaufzeichnungen.
Dann sind die Sekundärfunktionen der Ballermänner an der Reihe: Ein manuell gezielter Schuss mit dem Raketenwerfer, dem Granatwerfer oder eine aufgeladene Energie-Frisbee beeindruckt die brusttrommelnden Monster mehr als eine bleihaltige Dusche mit den Standardwummen. Auch die lebensmüden »Boiler« mit ihren Riesengehirnen benötigen eine ganz eigene Angriffstaktik. Als äußerst nützlich erweist sich zudem das mobile Schild des »Bohrers«, das im hektischen Kugelhagel den Großteil der herumschwirrenden Projektile auffängt.

Weniger anspruchsvoll sind die ab und an eingestreuten Quicktime-Events. Auf die Nerven geht das rhytmische Tastengedrücke aber auch nicht. Immerhin könnt ihr dann - und auch in den Zwischensequenzen - die unheimlich aufwändig gestalteten Kulissen ein wenig näher betrachten. Resistance Retribution holt alles aus der Hardware heraus. Die Figuren sind äußerst hübsch beleuchtet und der kleine Kegel meiner Taschenlampe besitzt erstaunlich weiche Ränder. Was er erleuchtet, erinnert mit seinen verschwenderischen Details an Killzone 2. Die Kulissen wirken realistisch dreckig und die Texturen sind auch aus der Nähe erfreulich scharf. Feine Trümmerstücke wechseln sich mit unheimlich schimmernden Apparaturen ab.

             

Ab durch die Mitte

Obwohl die Levels sehr linear angelegt sind, hatte ich fast nie das Gefühl, in künstlichen Grenzen eingepfercht zu sein. Im Gegenteil: Das hübsche Design vermittelt den Eindruck einer glaubwürdigen und trotzdem unheimlich-surrealen Welt. Der dramatische Orchestersoundtrack fängt stets im richtigen Moment an, pompös herunzuposaunen.

Knifflig: Im Mech könnt ihr keine Deckung suchen und seid dem Kugelhagel beinahe schutzlos ausgeliefert.
Für weniger Stimmung sorgt die steife deutsche Synchronisation: Schaltet also am besten die Systemsprache auf Englisch um, damit ihr die deutlich bessere Originalvertonung genießen könnt. Aber Vorsicht: In den unterirdischen Katakomben gleitet auch schon einmal eine blasse Menschenleiche im Umwandlungsstadium durch das verzweigte Röhrensystem.

Auch ich muss von Zeit zu Zeit darin abtauchen. Oder ich nehme in einem großen Mech Platz und stampfe ähnlich wie in Killzone 2 durch Schützengräben. Letztere Sequenz gehört leider zu den frustigen Momenten des Spiels. Zumindest auf dem mittleren der drei Schwierigkeitsgrade ist es extrem nervig, sich die eine wuselnde Horde kleiner Gegner vom Hals zu halten und trotzdem einen dicken Turm zu zerlegen, um das Respawnen der Nervtöter zu stoppen. An anderen kniffligen Stellen des Spiels kam ich aber in der Regel relativ schnell weiter, nachdem ich meine Strategie an die Gegner angepasst hatte. Glücklicherweise sind auch die Checkpoints so fair verteilt, dass ich nicht all zu viel wiederholen musste. Ihr solltet die Konsole allerdings nicht ausstellen, denn sonst müsst ihr wieder am Anfang des aktuellen Kapitels starten.

Vorsicht, Ansteckungsgefahr!

Auf Besitzer des PS3-Spiels Resistance 2 warten einige besondere Schmakerl. Verbindet man die beiden Konsolen per USB-Kabel, lässt sich die Kampagne mit dem PS3-Controller zocken - inklusive angepasstem Schwierigkeitsgrad. Falls ihr das PSP-Modell 2000 oder 3000 besitzt, könnt ihr euch also auch mit zwei Analogsticks auf dem großen Fernseher durch die Alien-Horden ballern.

Ein weiters Extra ist der »Infiziert-Modus«: Nach dem Verbinden der Geräte »infiziert« man seine PSP und genießt einige Vorteile: Der Held Grayson besitzt nun vornehme Bildschirmbräune und heller leuchtende Pupillen als jeder Raver. Außerdem kann er mit seinen Kiemen unter Wasser atmen und seine Energie lädt sich automatisch wieder auf, wenn man Deckung sucht. Auch auf Story, Waffenarsenal und bislang unerreichbare Level-Areale hat der Modus Einfluss. Schade allerdings, dass man ohne Resistance 2 leer ausgeht. All zu sehr grämen solltet ihr euch aber nicht: Die Standard-Kampagne ist dank dem altmodischen Energiekapsel-System deutlich spannender, da sich dort jeder Fehler auf eure Gesundheit auswirkt.

Globales Katz-und-Maus-Spiel

Mindestens genau so adrenalinhaltig laufen die Multiplayer-Matches ab. Es fühlt sich an wie ein hektisches Katz- und Mausspiel, wenn man im Ranglistenspiel mit aktivierter Zielhilfe durch die Gewölbe auf den fünf Maps schleicht. Statt 16 Personen wie in Socom: Fireteam Bravo 2 bekriegen sich hier nur bis zu acht Spieler.

Infiziert: Leider kommen nur Besitzer von Resistance 2 in den Genuss zusätzlicher Modi.
Als Entschädigung laufen die Matches in einer Hand voll Modi wie Deathmatches, Flaggeneroberung und dem Besetzen von Kontrollpunkten perfekt flüssig ab. Besonders spannend ist die Variante »Assimilation«. Die schneller sprintenden Spalter versuchen darin, die Widerstandkämpfer durch einen tödlichen Schuss auf ihre Seite zu ziehen. Hat euch jemand erwischt, müsst ihr damit rechnen, dass er sich triumphierend auf die Brust trommelt oder ein flottes Jubeltänzchen zu Techno-Beats auf's Parkett legt. Die Verhöhnungen und diverse Medaillen verdient man sich für bestimmte Leistungen im Online-Spiel.

Eröffnet man einen eigenen Server, stehen zwar nicht ganz so viele Optionen zur Verfügung wie in den PSP-Socoms, denn die Entwickler haben sich auf das Wesentliche beschränkt. Wird die Zielhilfe deaktiviert, darf man leider nur in unbewerteten Spielen gegeneinander antreten. Andererseits wartet Resistance Retribution mit Klan-Funktionen, Chat und einem kratzigen Voice-Chat auf. Das wichtigste Merkmal ist jedoch Folgendes: Die Schlachten auf den kleinen, aber feinen Maps machen einfach einen Mordsspaß. Natürlich lässt sich auch eine lokale PSP-LAN mit bis zu acht Geräten starten. Bei unseren Testspielen herrschte immer ordentlich Betrieb: Rund 300 bis 500 Spieler tummelten sich im Server-Browser.       

Fazit

Jawoll - jetzt ist es passiert! Resistance Retribution ist das Shooter-Highlight, auf das ich als PSP-Besitzer all die Jahre gewartet habe. Zugegeben - auch dieses Spiel kann das Problem der grundsätzlich etwas verkrampften Shooter-Steuerung auf dem Handheld nicht wegzaubern. Doch das erfahrene Syphon-Filter-Team hat eine Mischung aus Auto-Aim und manuellem Zielsystem geschaffen, das mir sogar noch besser gefällt als in den gelungenen PSP-Socoms. Die Kämpfe sind spannend inszeniert, die prächtigen postapokalyptischen Kulissen sehen einfach traumhaft aus und auch online steppt der Bär. Shooter-Herz, was willst du mehr? Ein paar Wermutstropfen gibt es leider doch: Dank des schwankenden Schwierigkeitsgrades muss man sich durch frustige Stellen wie den Mech-Level beißen. Startet man auf dem niedrigsten Schwierigkeitsstufe oder im Infiziert-Modus, kann es dagegen recht leicht werden. Und wenn ihr nicht im Besitz von Resistance 2 für die PS3 seid, müsst ihr auf all die netten Zusatzmodi verzichten. Sei's drum: Für mobile Action-Fans ist Resistance Retribution ein Pflichtkauf!

Pro

<P>
packende Shooter-Gefechte
sehr actionreich und trotzdem nicht monoton
gelungene Mischung aus manueller Steuerung und Auto-Aim
einfaches Deckungs-System
abwechslungsreich agierende, teils riesige Widersacher
interessantes und sinnvolles Waffenarsenal
bestimmte Wummen und Kampftechniken für einzelne Gegner nötig
detaillierte Charaktere und Hintergrundtexturen
phantasievolle Kulissen voller schmutziger Feinheiten
trotz linearem Weg nimmt man künstliche Grenzen kaum wahr
stimmungsvolle Beleuchtung
hübsche Wasserdarstellungen
schöne Details wie realistischer Taschenlampenkegel
trotz aller Pracht keinerlei Bildrateneinbrüche
dramatisch-dynamischer Orchester-Soundtrack
umfangreicher Online- und Multiplayer-Modus für bis zu 8 Spieler
stets flüssige und erstaunlich spaßige Internet-Partien
spannende Multiplayer-Modi wie Assimilation
Ranglisten und diverse Statistiken
Klan-Funktionen
Voice-Chat (allerdings mit sehr kratzigem Klang)
Auszeichnungen und lustige Verhöhnungen online freispielbar
faire verteilte Checkpoints</P>

Kontra

<P>
ein paar frustige Momente (auf Normal und Hard) durch schwankenden Schwierigkeitsgrad
Infiziert-Modus kann nur mit Resistance 2 (PS3) freigeschaltet werden</P>

Wertung

PSP

Ob im Kampf gegen Aliens oder Online-Gegner: Resistance Retribution bietet spannende Dauer-Action in traumhafter Kulisse!

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