Mini Ninjas09.10.2009, Jens Bischoff
Mini Ninjas

Im Test:

Mit Mini Ninjas (ab 2,04€ bei kaufen) überraschen die Hitman -Macher mit einem putzigen Action-Adventure, das man ihnen so vermutlich nie zugetraut hätte. Zwar wird auch hier gekämpft, geschlichen und gemordet, doch mit den Auftritten von Auftragskiller 47 hat der eher an Kung Fu Panda erinnernde Ausflug der Dänen in fernöstliche Zeichentrickgefilde sonst kaum etwas gemein. Doch wie gut wird man letztendlich von Hiro und seinen Clanbrüdern unterhalten?

Einer für alle, alle für einen

Um dem Treiben eines bösen Samurai-Kriegsherrn Einhalt zu gebieten, hat der alte Clanchef bereits fünf seiner besten Ninjas ausgesandt, doch keiner von ihnen ist je zurückgekehrt.

Das Video zeigt die Helden in Aktion. Multitalent Hiro macht einen Wechsel aber meist überflüssig.Nun liegt es am jüngsten, aber talentiertesten Clanmitglied Hiro, seine verschollenen Kameraden ausfindig zu machen und dem Land wieder Frieden zu schenken. Erzählerisch verausgabt haben sich die Entwickler jedenfalls nicht. Doch trotz 08/15-Handlung, stummer Protagonisten und später kaum noch vorhandener Story-Elemente will man wissen, was seinen Freunden passiert ist und was einem am Ende seiner Reise durch die insgesamt 17 Spielabschnitte erwartet.

Es dauert nicht lange, da trifft Hiro auch schon seinen ersten Kollegen. Der gefräßige Futo ist nämlich noch nicht weit gekommen und hat es sich im Obstgarten des Dorfes gemütlich gemacht. Mit seinem schweren Hammer ist er ein willkommener Wegbegleiter, der auch mit größeren Widersachern kurzen Prozess macht. Später treffen die beiden auf Suzume, die ihre Gegner mit Flötenklängen betört, während Shun das Heldengespann mit Pfeil und Bogen unterstützt. Der schnelle Tora macht hingegen einen auf Wolverine und Kunoichi verlässt sich voll und ganz auf ihren Speer. Doch auch wenn es ganz praktisch ist, Gegner schon aus der Ferne mit Pfeilsalven einzudecken oder gepanzerte Hauptmänner mit Hammerschlägen in die Knie zu zwingen, so richtig zwingend ist der Einsatz der wieder gefundenen Ninjabrüder und -schwestern nicht.

Multitalent Hiro ist einfach zu vielseitig und mächtig, um auf der Ersatzbank zu verschwinden; nur mit bestimmten Figuren zu bewältigende Hindernisse gibt es keine. Zudem ist Hiro der einzige, der Zauber wirken kann. Mittels Kuji-Magie deckt er seine Kontrahenten aber nicht nur mit Feuerbällen, Blitzgewittern oder Schneestürmen ein, sondern schlüpft auch in die Haut von nicht immer wehrlosen Tieren oder beschwört einen Busch, in dem er sich verstecken und wie Stealth-Kollege Solid Snake  mit seinem Pappkarton herum schleichen kann. 

Der charmante Cartoon-Look wirkt insgesamt rund und ansehnlich. Ein paar mehr Details hätten den Kulissen aber nicht geschadet und auch bei den Effekten und Sequenzen hätte man teils ruhig etwas tiefer in die technische Trickkiste greifen können.
So kann man einzelne Gegner schnell und lautlos zur Strecke bringen oder einfach unbehelligt an ihnen vorbei tippeln. Leider wird man dafür aber nicht belohnt. Ganz im Gegenteil: Wer Feinde verschont, bekommt keine Erfahrungspunkte oder Energieauffrischungen und überhaupt kommt man meist viel schneller ans Ziel, wenn man einen auf Rambo statt auf Ninja macht und alles lautstark niedermetzelt und erst dann in Ruhe die Gegend erkundet.

Viel zu einfach

Die meisten Widersacher sind jedenfalls keine große Bedrohung und selbst mit Standardattacken schnell zur Strecke gebracht. Man kann zwar auch auf Wurfsterne, verschiedene Bomben und Spezialtränke zurückgreifen, aber halbwegs geübte Spieler kommen auch bestens ohne zurecht. Selbst der Einsatz von Angriffszaubern kostet meist nur unnötig Zeit und Energie. Einzig Hiros Spezialangriff, bei dem er die Zeit anhalten, mehrere Kontrahenten anvisieren und dann in einer automatischen Angriffssequenz nacheinander ausschalten kann, ist mitunter ganz praktisch. Zwar verfügen auch die anderen Helden über individuelle Spezialattacken, aber wie auch sonst können sie mit Hiros Flexibilität und Effektivität einfach nicht mithalten. Schade...         

Kein Wunder also, dass bei allen fünf Bossfights immer nur das kleine Multitalent ran darf und das obwohl die Kämpfe trotz gelungener Inszenierung letztendlich immer nur aus drei kurzen Quick-Time-Events bestehen, die, sobald man weiß, wie man sie initiiert, reine Formsache sind. Lediglich beim Endgegner sind reguläre Kampf- bzw. Zauberkünste gefragt. Der letzte Spielabschnitt ist ohnehin der einzige, der geübte Spieler überhaupt mal fordert. Denn egal, auf welcher der drei jederzeit änderbaren Stufen man spielt, man kommt nie in Bedrängnis.

Die bis auf den Endkampf hauptsächlich auf einfachen Quick-Time-Events basierenden Bossfights sind nett inszeniert.
Für Kinder und Anfänger ist das natürlich eine feine Sache, aber wenn man schon verschiedene Schwierigkeitsgrade anbietet, sollte doch zumindest der höchste auch für ein bisschen Herausforderung sorgen.  So besteht für fortgeschrittene Spieler eigentlich der einzige ernst zu nehmende Anreiz darin, keines der Sammelobjekte zu verpassen, was auch mit tierischer Witterungsunterstützung gar nicht immer so einfach ist, aber letztendlich nur mit entsprechenden Erfolgen (360) bzw. Trophäen (PS3) belohnt wird...

Verschenktes Potential

Ansonsten kann man eigentlich nur ein paar kurze Videos freischalten, die einen amüsanten Einblick in die Ausbildung der einzelnen Ninjas gewähren, aber im Spielverlauf ohnehin nicht verpasst werden können. Die Sammelreize ziehen in Form versteckter Statuen, Tierkäfige, Münzen und Trankzutaten zwar trotzdem, aber am Ende haben Profis dafür überhaupt keine Verwendung. Auch sonst wird viel Potential verschenkt: Warum kann man z. B. an Wänden entlang rennen, wenn man dieses Manöver im ganzen Spiel nur ein, zwei Mal sinnvoll einsetzen kann? Warum hat man die Angel-Möglichkeit so primitiv und öde gestaltet, dass sich selbst Kleinkinder gelangweilt abwenden? Auch die Charakterentwicklung läuft völlig automatisch ab. Wäre es nicht motivierender gewesen, selbst entscheiden zu dürfen, ob man bei einem Stufenanstieg mehr Lebenspunkte, Zauberenergie oder Zielerfassungen bei Spezialangriffen erhalten möchte?

Keine Frage, das System macht trotzdem Laune, aber es hätte einfach wie vieles andere auch wesentlich spannender implementiert werden können. Mir fehlten am Ende einfach triftige Gründe, warum man überhaupt andere Charaktere als Hiro einsetzen sollte, warum man sich die Mühe machen sollte, alle versteckten Gegenstände zu sammeln, warum man den Schwierigkeitsgrad ändern sollte, warum man von seinen Stealth-Fähigkeiten Gebrauch machen sollte usw. Selbst ungeübte Spieler haben genug Möglichkeiten, sich immer wieder zu heilen und über kurz oder lang jeden Gegner mit stupidem Tastenhämmern platt zu machen. 

Der auflockernde Fang des Riesenkarpfens macht Laune, ansonsten ist das simple Angeln völlig spannungsfrei.
Außer vielleicht im letzten Abschnitt, wo manche Stellen Anfängern erstmals Frust bereiten können und das teils nicht zu knapp, weil man plötzlich mit Situationen konfrontiert wird, auf die man vom Spiel bis dahin nicht vorbereitet wurde.

Immerhin hat man dank handlicher Steuerung jederzeit alles im Griff. Über ein Spiel pausierendes Schnellmenü kann man sich die wichtigsten Zauber und Gegenstände individuell zusammenstellen und selbst bei der Zielbestimmung von Zaubern und Spezialangriffen wird das Kampfgeschehen nahezu eingefroren. Hin und wieder ärgert man sich vielleicht mal über unsichtbare Barrieren, seltene Soundaussetzer sowie Einbrüche bei der Bildrate oder die nicht immer frei justierbare Kamera, aber technisch präsentieren sich die Mini Ninjas insgesamt sehr solide und auch der Cartoon-Look weiß trotz manchmal übertriebener Schlichtheit zu gefallen. Die dynamische Soundkulisse sorgt mit ihren fernöstlichen Klängen und japanisch fluchenden Gegnern für Stimmung und auch die seltene, aber professionelle deutsche Sprachausgabe gibt sich keine Blöße. PS3-Spieler können sogar ein paar Bewegungskontrollen via SIXAXIS aktivieren - die sind aber kaum der Rede wert und spätestens auf der Lawinenrutschbahn schaltet man sowieso schnell wieder auf die wesentlich präzisere und direktere Stick-Steuerung um...     

Fazit

Das Abenteuer der Mini Ninjas um Protagonist Hiro ist definitiv nicht schlecht. Der Zeichentrick-Look weiß zu gefallen, das Erkunden der Spielabschnitte ist überraschend motivierend und die Kämpfe gehen locker von der Hand. Es macht einfach Spaß mit dem stummen, aber sympathischen Ninja-Sextett durch aufgebracht fluchende Samurai-Gruppen zu pflügen, mit befreiten Tieren auf Schatzsuche zu gehen, verborgene Tempel ausfindig zu machen, um neue Zauber zu lernen oder in Zeitlupe verheerende Magie- und Spezialangriffe zu wirken. Allerdings richtet sich der Titel deutlich an jüngere und ungeübte Spieler, Profis werden selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad kaum gefordert. Zudem kann man das ganze Spiel im Zweifelsfall auch nur mit Multitalent Hiro bewältigen. Zwar ergibt der ein oder andere Figurenwechsel durchaus Sinn, wirklich nötig ist der Rollentausch aber nie. So führen die meisten Gefährten eher ein Statistendasein als dass sie wie vollwertige Mitstreiter wirken. Den Einsatz von Stealth-Fähigkeiten, Spezialwaffen und Tränken kann man weitestgehend ignorieren. Selbst die Bossfights sind bis auf den Endgegner quasi nichts weiter als simple Quick-Time-Events. Insgesamt wird man zwar ein, zwei Tage gut und charmant unterhalten, aber letztlich kaum gefordert. Kids und Gelegenheitsspieler werden aber sicher ihren Spaß haben.

Pro

einfache Handhabung
charmanter Cartoon-Look
sechs spielbare Charaktere
atmosphärische Soundkulisse
motivierende Sammel- & RPG-Elemente

Kontra

mäßige Story
& Stealth-Einbindung
kaum spielerische Herausforderungen
weitestgehend bedeutungslose Figurenunterschiede

Wertung

360

Charmantes Action-Adventure mit harmlosem Schwierigkeitsgrad und netten Sammelreizen.

PlayStation3

Action-Adventure für junge Jäger und Sammler mit glücklicherweise deaktivierbarer SIXAXIS-Einbindung.

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