Dead Space 228.01.2011, Michael Krosta
Dead Space 2

Im Test:

Mit Dead Space gelang Electronic Arts und Visceral Games im Jahr 2008 ein beeindruckender Einstand in den Survival Horror: Die Flucht vom riesigen Abbauschiff USG Ishimura hatte mit seiner beklemmenden Atmosphäre und den grotesken Kreaturen eine gewisse Ähnlichkeit zum Film-Klassiker Alien, doch blieb Protagonist Isaac Clarke als stummer Charakter leider viel zu blass. Jetzt wird der traumatisierte Mechaniker mit einem erneuten Nekromorph-Ausbruch konfrontiert, der auch seine Psyche an die Grenze treibt...

Gefesselt

Ein dunkler Korridor. Nur ab und zu flackert ein Licht in der Entfernung - und das mindestens genau so nervös wie ich es selbst bin. Ein Blick auf den Rücken meiner Rig offenbart mit einem roten Blinken den Schlamassel, in dem ich stecke: Mit nahezu aufgebrauchter Lebensenergie und einem schwer atmenden Isaac schleppe ich mich weiter den Gang entlang. Es ist still. Gespenstisch still. Nur ein leichtes Brummen ist zu vernehmen. Da! Was ist das? An einer Weggabelung etwa zehn Meter vor mir huscht irgendetwas schnell von links nach rechts. Nur eine Einbildung? Nein, denn aus den Lautsprechern höre ich ein abartiges Grunzen, das nichts Gutes verheißt. Tiefe Streicher setzen leise ein und treiben die Spannung mit ihrem bedrohlichen Tremolo auf die Spitze. Ich gehe langsam weiter, den Plasma-Cutter im Anschlag, denn ich bin auf alles gefasst... Wie oft wurde ich schon im Vorgänger das Opfer von gezielten Schockmomenten, wenn plötzlich eines der Monster von der Decke sprang oder ich unerwartet aus einem Luftschacht heraus attackiert wurde? Nein, dieses Mal passiert mir das nicht... Doch schon zwei Sekunden später zucke ich zusammen als wie aus dem Nichts ein feiner Dampf aus den seitlichen Rohrleitungen mit einem lauten Zischen entweicht. Mist, damit hatte ich nicht gerechnet. Und gerade, wo ich mich von diesem ersten Schock erholt habe, folgt schon der zweite in Form einer ganzen Horde an Monstern, die von allen Seiten heranstürmen und ein Isaac-Häppchen ergattern wollen. Jetzt kann mich nur noch ein Wunder, meine Waffenpower oder ein Heilpaket retten, das hoffentlich einer der zerteilten Feinde für mich übrig lässt...

Dichte Atmosphäre

Wie schon sein Vorgänger, zeichnet sich Dead Space 2 (ab 19,98€ bei kaufen) vor allem durch seine unglaublich dichte und oft auch beklemmende Atmosphäre aus. Alleine die packende Klangkulisse kann einen mit ihrer unglaublichen Dynamik, der düsteren Musik und mitreißenden Soundeffekten psychisch völlig fertig machen, wenn man sich mitten in der Nacht alleine vor den Bildschirm und eine gute 5.1-Anlage setzt, um Isaac auf seinem Weg durch die Raumstation The Sprawl zu begleiten. Drei Jahre sind seit den schrecklichen Geschehnissen auf der USG Ishimura vergangen, die der wortkarge Mechaniker als Einziger überlebt hat. Was in der Zwischenzeit passierte und wie er überhaupt auf die Station kommen konnte, ist am Anfang noch ein großes Mysterium, denn Isaac hat einen Filmriss und befindet sich offensichtlich in psychiatrischer Behandlung. Die scheint auch dringend nötig zu sein, denn schon im Intro wird deutlich, dass ihm die traumatischen Erlebnisse offensichtlich schwer zu schaffen machen: Isaac wird von Visionen seiner verstorbenen Freundin Nicole geplagt, die mit einem verstörenden Erscheinungsbild sogar zu ihm spricht und ihn im Laufe seines neuen Überlebenskampfs scheinbar immer mehr in den Wahnsinn stürzt. So wundert es kaum, dass man am Anfang der Flucht zunächst in einer Zwangsjacke unterwegs und damit den Kreaturen wehrlos ausgeliefert ist. Es bleibt also nichts anderes übrig, als im wahrsten Sinne des Worte um sein Leben zu rennen. Leider beschränkt sich diese Hilflosigkeit lediglich auf die ersten 20 Minuten im Spiel, denn schon bald hält der Mechaniker wieder sein liebstes Arbeits- und zugleich Tötungsgerät in den Händen - den Plasma-Cutter, der sich wie alle anderen Waffen, Anzüge und Stase-Module auch hier wieder mit der Hilfe von Energieknoten an der Werkbank aufrüsten lässt. Sehr schön: Gegen einen Geldbetrag lassen sich sämtliche Schaltkreise wieder rückgängig

Der Plasma-Cutter ist immer noch Isaacs bester und verlässlichster Freund.
machen und neu verteilen. Alternativ setzt man mit der Kinese-Funktion einfach spitze Gegenstände wie Tischbeine als Verteidigung ein und rammt sie in die verformten Körper der Mutanten.

Taktische Zerstückelung

Die taktische Zerstückelung ist aber immer noch die erste Wahl im Umgang mit den Biestern, die Zuwachs bekommen haben: Neben alten Bekannten wie den Slashern, Leapern und den mottenartigen Infektoren treiben sich jetzt u.a. Schleim kotzende Puker, minenartige Exploder sowie die so genannten Packs auf der Station herum, die eine frappierende Ähnlichkeit zu den verdammten Babys aus Dantes Inferno aufweisen. Einer der interessantesten Neuzugänge ist der Stalker, der wie Veloceraptoren im Gruppenverband auf Beutejagd geht. So lugt einer von ihnen z.B. nur kurz hinter einer Kiste hervor und zieht so meine Aufmerksamkeit auf sich. Derweil bereiten sich seine Mitstreiter schon darauf vor, mich zu flankieren und von der Seite oder von hinten zu attackieren. Gegen Ende der 15 Kapitel umfassenden Kampagne trifft man außerdem auf den Hunter: Genau wie Nemesis in Resident Evil 3 ist auch dieser mächtige Gegner unkaputtbar. Stattdessen kann man ihn nur kurzzeitig außer Gefecht setzen, indem man ihm seine Gliedmaßen abtrennt. Doch wie der T-1000 setzt sich dieses Ding wieder zusammen oder lässt Kopf & Co einfach wieder nachwachsen, um anschließend die gnadenlose Jagd fortzusetzen. Langfristig hilft hier also nur Wegrennen, wobei sich auch die Stase-Funktion als wirksam erweist, mit der man nicht nur Gegenstände wie tödliche Stampfvorrichtungen, sondern auch Gegner für einen kurzen Moment regungslos machen kann.    

Köpfchen gefragt

Auch bei den eingestreuten Rätseln spielen Stase und vor allem die Kinese-Fähigkeit immer wieder eine Rolle. Obwohl sich im Laufe des Spiels einige Elemente wiederholen und der Anspruch relativ niedrig angesetzt ist, haben sich die Entwickler ein paar schöne Dinge einfallen lassen. Ein Beispiel: Irgendwann steht man vor einer verschlossenen Tür, weil man beim Scannen

Wenn man den mutierten Biestern zu nahe kommt, kann man sich mit Button-Mashing von den initiierten "Zungenküssen" befreien.
nicht als die Person erkannt wird, die die Zugangsberechtigung besitzt. Was also tun? Man schaut sich ein wenig um und findet irgendwann eine schlimm zugerichtete Leiche, die in einem Bett liegt. Daneben ein Textlog, das ich mir selbstverständlich sofort durchlese. Hmm, der Name kommt mir bekannt vor. Ist das nicht der Typ, der eben beim Scannen verlangt wurde? Ich schnappe mir also per Kinese das, was vom Körper übrig ist und begebe mich zurück zur Tür. Zack, einen erfolgreichen Scan später öffnet sich die Pforte und es kann weiter gehen. Davon abgesehen muss man zwischendurch auch seine Elektronik-Fähigkeiten unter Beweis stellen und Türschlösser in einem kleinen Minispiel knacken, das an den Dietrich-Einsatz bei Splinter Cell erinnert. Man dreht also den linken Analogstick langsam bis zu dem Punkt, an dem sich der Kreis auf dem Bildschirm blau färbt und der Controller vibriert. Das gilt es drei Mal zu schaffen, bevor die Zeit abläuft - ansonsten bekommt man einen kleinen Schlag und muss wieder von vorne anfangen. Manche Türen sind allerdings durch eine Vorrichtung geschützt, die nur mit Hilfe eines Energieknotens überbrückt werden können. Hier muss man abwägen, denn zum einen sind diese relativ selten und zum anderen werden sie auch für die Aufrüstung von Waffen und dem Anzug benötigt. Allerdings findet sich in den dahinter liegenden Räumen meist eine so große Anzahl an nützlichem Equipment, dass sich das Opfern des Knotens in der Regel lohnt. Außerdem lassen sich zur Not auch im Shop weitere Knoten für das Geld kaufen, das entweder Feinde zurücklassen oder man in Schränken sowie Kisten findet.

Einkaufstour

Frische Munition oder kleine Heilpakete belasten das Konto deutlich weniger, sind aber auch ein Muss, wenn man nicht ein hilfloses Opfer der aggressiven Nekromorph-Horden werden will, die schon auf dem normalen der fünf Schwierigkeitsgrade ordentlich austeilen. Nach dem ersten Durchspielen wird sogar ein Hardcore-Modus freigeschaltet, der sich mit beschränkten Speichermöglichkeiten (genauer gesagt: drei!), fehlenden Checkpunkten und übermächtigen Gegnern nur an ausgefuchste Schnetzel-Meister richtet. Praktisch: Gegenstände und Ausrüstung, die man nicht benötigt, kann man in jedem Shop im Safe deponieren oder bei akutem Geldmangel auch einfach versilbern. Gerade bei Munition für eine Waffe, die man nicht besitzt, ist Letzteres eine sinnvolle Option. Mit die teuersten Anschaffungen sind neue Anzüge, die aber neben einer verbesserten Rüstung und mehr Platz im Inventar weitere Vorteile mit sich bringen. So liefert der Sicherheitsanzug z.B. einen Schadensbonus von fünf Prozent für das Impulsgewehr mit sich, während im Shop auf alle Gegenstände ein Rabatt von zehn Prozent gewährt wird, wenn man den klassischen CEC-Anzug trägt. Leider lassen sich die Boni nicht miteinander kombinieren, doch es bleiben zumindest sämtliche Anzug-Aufrüstungen erhalten, die man mittels Energieknoten vorgenommen hat.

War es beim Vorgänger noch schwer, aufgrund der unübersichtlichen Karte den nächstgelegenen Shop, Speicherpunkt oder eine Werkbank zu finden, greift man hier auf den erweiterten Navigator zurück: Der zeigt Isaac mit einem

Sie sind überall: Bei der Erkundung der Sprawl muss man immer auf der Hut sein.
Druck auf den Analogstick nicht nur den Weg zum nächsten Missionsziel, sondern dirigiert ihn jetzt auch wahlweise zu den eben genannten Orten - eine klasse und komfortable Lösung, mit der die Entwickler hier die umständliche Kartenfunktion ersetzt haben.

Vakuum der Freiheit

Auch den Spielablauf im luftleeren Raum hat man sich bei Visceral Games vorgeknöpft und das starre Schweben zwischen festgelegten Punkten im Vorgänger durch eine 360 Grad-Steuerung ersetzt, mit der man sich völlig frei bewegen kann. Da oben in diesem Fall ganz schnell zu unten werden kann und die Orientierung gewisse Probleme bereitet, kann man Isaac mit Hilfe des Triggers wieder in die richtige Haltung bringen. Zudem sind sämtliche Anzüge mit Düsen ausgestattet, die für einen ordentlichen Geschwindigkeitsschub sorgen. Der ist auch oft genug nötig, wenn die begrenzte Atemluft wieder mal zur Neige geht und man schnellstens zu einer Sauerstoff-Station gelangen muss. Die aus dem Vorgänger bekannten O2-Pakete, mit deren Hilfe man sich aus dem Inventar heraus mit frischer Luft versorgen konnte, gibt es hier nicht mehr.  

Mehr Abwechslung

Über die Story möchte ich hier nicht viel verraten. Es sei nur so viel gesagt: Wie schon im Vorgänger gibt es einige überraschende Wendungen und auch die fanatischen Anhänger der Unitologen-Sekte haben wie erwartet wieder ihre Finger im Spiel. Schön ist, dass es vermehrt Dialoge zwischen Isaac und anderen Überlebenden gibt und der Mechaniker nicht nur öfters spricht, sondern auch sein Gesicht zeigt, anstatt sich nur stumm in seinem Anzug zu verkriechen. Trotzdem wirkt er mir manchmal noch zu teilnahmslos und ignorant gegenüber dem, was um ihn herum geschieht. Wenn sich z.B. in der Anfangsphase ein Überlebender vor ihm die Kehle aufschlitzt, steht er einfach so da anstatt ihn aufzuhalten oder zumindest irgendeine Reaktion zu zeigen. Trotzdem ist dieser Isaac 2.0 offener und vor allem auch menschlicher als sein blasses Pendant im ersten Teil, auch wenn zumindest die deutsche Synchronstimme im ersten Moment etwas gewöhnungsbedürftig ist. Trotzdem leisten die Sprecher insgesamt sowohl im englischen Original als auch in der deutschen Übersetzung einen guten Job. Auch in Sachen Abwechslung haben die Entwickler ordentlich zugelegt und tragen den Horror u.a. in einen Minenkomplex,

Die taktische Zerstückelung ist immer noch das zentrale Spielelement.
eine Kirche der Unitologen, ein Vergnügungsviertel im Vegas-Stil und sogar zurück auf die Ishimura. Besonders verstörend ist der Besuch einer blutverschmierten Kinderstätte, in der die Schatten der Mobiles zu markerschütternden Babyschreien im Flackerlicht tanzen. Spätestens hier läuft einem ein kalter Schauer über den Rücken.

Bewährte Qualitäten

Inhaltlich hat Dead Space 2 viele Gemeinsamkeiten mit seinem Vorgänger: Die meiste Zeit erkundet man die Sprawl per pedes und schnetzelt sich mit dem Plasma-Cutter, dem Ripper, einem Flammenwerfer oder Neuzugängen wie der neuen Javelin Gun durch die Mutanten-Schar, von denen die meisten schon im ersten Dead Space ihr Unwesen trieben. Die wenigen neuen Gegner-Variationen sind zwar cool, doch zusammen mit der Recycling-Fraktion hat man sich relativ schnell an ihnen satt gesehen. Was Dead Space 2 gut getan hätte, sind Bosskämpfe, die leider viel zu selten den mit der Zeit etwas monotonen Spielablauf beleben. Trotzdem schaffen es die Leveldesigner meist im richtigen Moment, das gewohnte Prinzip aus Erkundung und Action zumindest für eine kurze Zeit aufzubrechen, indem man z.B. Rätsel einstreut, eine aufregende Tram-Fahrt inszeniert oder Isaac eine rasante Flugsequenz im Weltraum beschert. Ein Problem, mit dem bereits Dead Space zu kämpfen hatte, macht auch dem Nachfolger zu schaffen: Treiben einen die Schockmomente in den ersten Stunden noch an den Rand eines Herzinfarkts, nutzen sich die Stilmittel nach und nach ab und wiederholen sich sogar häufig. Später erlebt man zwar noch die eine oder andere Zuck-Attacke, doch ist man nach einigen Stunden recht konditioniert und begegnet dem erzwungenen Schrecken mit einer gewissen Coolness. Die immer stärkere Bewaffnung (und Stase) sowie der Mangel an XXL-Gegnern tragen ebenfalls

Von der Hölle in den Weltraum: Das Pack hat eine frappierende Ähnlichkeit zu den ungetauften Babys aus Dante's Inferno.
dazu bei, dass man immer mehr Angst verliert. Gegen Ende wird sie angesichts der Gegnermassen und dem damit verbundenen Munitionsmangel eher von der typischen Umzingelungs-Panik abgelöst, die man bereits aus Resident Evil 5 kennt und liebt.

Horror- oder Actionspiel?

Ist Dead Space 2 damit actionlastiger geworden als sein Vorgänger? Würde man nur das letzte Viertel betrachten, in der es die Entwickler teilweise etwas übertreiben, würde man sofort zustimmen. Hier hinterlässt die Flucht von der Sprawl den Eindruck einer stupiden Metzelorgie. Doch als Ganzes betrachtet versprüht der Titel neben den blutigen Auseinandersetzungen und trotz des streng linearen Missionsdesigns das gleiche Maß an Spannung und Gruselatmosphäre, das schon den ersten Teil ausgezeichnet hat. Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass die Steuerung etwas reaktionsfreudiger geworden ist und damit mehr an einen klassischen Shooter erinnert. Vor allem das Tempo der Kinese und der Fußstampfer ist deutlich höher als beim Ishimura-Einsatz, kommt aber dem Spielverlauf zugute, der sich insgesamt flüssiger anfühlt. Auch das Button-Mashing kommt vermehrt zum Einsatz, um sich aus brenzligen Situationen zu befreien. Was allerdings nervt, ist folgende Mechanik: Um einem besiegten Gegner sein Extra wie frische Munition, Geld oder Heilpakete zu entlocken, muss man entweder ein weiteres Mal mit einem Stampfer auf ihn eintreten oder auf die bereits toten Überreste feuern - eine völlig überflüssige Aktion! Eine Klasse für sich ist immer noch das intelligente HUD-System, das auf klassische Munitions- und Lebensanzeigen verzichtet und stattdessen alle relevanten Informationen an der Figur selbst (bzw. dem RIG-Anzug), der Waffe oder per Projektion als Bild im Bild unterbringt. Wurden im Vorgänger die einzelnen Abschnitte noch durch Ladezeiten unterbrochen, gehen die Kapitel hier direkt ineinander über, auch wenn man dadurch eher langweilige Kriechereien durch Luftschächte als Überbrückung in Kauf nehmen muss, die aber immer noch unterhaltsamer sind als Ladepausen...   

Left 4 Dead Space

Eine ganz neue Dead Space-Erfahrung bietet der Mehrspielermodus, der hier seine Premiere feiert. Im Vorfeld hat man sich zurecht die Frage gestellt: Braucht ein Titel wie Dead Space tatsächlich auch noch Multiplayer? Wie überflüssig ein solches Feature sein kann, zeigten schon prominente Vertreter wie Bioshock 2. Doch es ist eine Sache, einen 08/15-Mehrspielermodus lieblos in ein Spiel zu klatschen, weil man der Meinung ist, ihn unbedingt drin haben zu müssen. Und es ist eine andere Sache, wenn man sich Gedanken macht, wie man ein solches Vorhaben sinnvoll umsetzen kann. Bei Visceral Games hat man sich zum Glück Gedanken gemacht. Anstatt einfach nur Mutanten und Menschen in einem Deathmatch-Gemetzel aufeinander zu hetzen, orientiert man sich hier viel mehr an Valves Koop-Hit Left 4 Dead und lässt ein Vierer-Team aus Menschen auf leider nur fünf Karten gegen eine Nekromorph-Truppe antreten. Dabei ist es die Aufgabe der Menschen, auf jeder Karte unterschiedliche Missionen zu erfüllen: Da müssen z.B. Teile gesucht und zu einer Verteidigungsmaschine zusammengebaut werden, es gilt bestimmte Punkte einzunehmen oder eine Datendisk sicher zu einem Computer zu transportieren, um ein Programm zu starten. Als ob das angesichts der Angriffe des Mutanten-Teams nicht schon schwierig genug wäre, läuft auch noch ein Zeitlimit gnadenlos ab, das erst dann wieder verlängert wird, wenn die Menschen eine Teilmission meistern. Bereits während Präsentationen haben die Entwickler darauf hingewiesen, dass sie den Modus bewusst so ausbalanciert haben, dass die Menschen nur dann gewinnen können, wenn sie zusammen arbeiten und sich gegenseitig absichern.

Ich bin ein Nekromorph

Auf der anderen Seite ist es herrlich, selbst als Nekromorph auf Menschenjagd zu gehen. Vor dem Respawn sucht man sich einfach seine bevorzugte Klasse wie Spitter, Puker, Pack & Co aus und wählt anschließend einen Luftschacht, bei dem man wieder ins Spiel einsteigen müsste. Da die Silhouetten der Menschen auch durch Wände hindurch sichtbar sind, hat man relativ leichtes Spiel, den potenziellen Opfern aufzulauern. Mehr noch: Man kann quasi auch ihren Gesundheitszustand erkennen und durch ein markant rot eingefärbtes Herz schnell das schwächste Glied in der Kette identifizieren. Auch die Gegenstände, die es zu bewachen oder erobern gilt, werden mit einem Richtungs-Icon markiert, so dass man in den verzweigten Gängen die Orientierung behält. Für Kills, Assists und das Erfüllen von Missionszielen wird man mit Punkten belohnt, die in ein Rangsystem und die Bestenliste einfließen. Zwar gibt es nicht Belohnungen am laufenden Band wie etwa bei den Call of Duty-Titeln, doch schaltet man beim Aufstieg stärkere Mutanten-Angriffe, Waffen und auch Anzüge frei. Ja, eine gewisse Skepsis hinsichtlich des Mehrspielermodus war angebracht. Um so erstaunter bin ich, wie gut er sich in die Serie einbettet und wie viel Spaß es macht, mich abwechselnd als Mensch und Nekromorph in die unterhaltsamen Gefechte zu stürzen. Schade ist nur die geringe Anzahl an Karten und die Tatsache, dass es weder ein öffentliches Lobbysystem noch LAN-Unterstützung gibt. Zumindest kann man aber im Vorfeld Freunde in eine Liste packen, mit denen man dann gemeinsam einer Session zugeteilt wird. Besitzer der deutschen USK-Version müssen nach aktuellem Stand zumindest im Mehrspielermodus mit einem Einschnitt leben: Das Friendly Fire, mit dem man auch Mitstreiter im Eifer des Gefechts verletzten kann, ist in dieser Fassung deaktiviert. Muss man nicht verstehen, ist aber halt so& Leider konnten wir noch nicht testen, ob mit diesem Einschnitt überhaupt internationale Partien möglich sind. Es spricht vieles dafür, als müssen Besitzer der USK-Version unter sich bleiben.

  

Fazit

Düster, verstörend, brillant: Vor allem in den ersten Stunden zieht Visceral Games alle Register und serviert mit gezielten Schockeffekten, blutiger Action und einer beklemmenden Atmosphäre einen packenden SciFi-Horror erster Klasse. Alleine die grandiose Soundkulisse kann anfällige Spieler bei der nächtlichen Erkundung der Sprawl mit ihrer markerschütternden Dynamik schon in den Wahnsinn treiben - die kraftvolle 5.1-Abmischung ist im wahrsten Sinne des Wortes beängstigend! Doch auch das geniale Spiel mit Licht und Schatten, subtile Elemente wie kleine Bewegungen im Hintergrund sowie Isaacs Psycho-Attacken sorgen in den abwechslungsreichen Kulissen für dieses gewisse Kribbeln im Bauch - das unwohle Gefühl zu wissen, dass jeden Moment etwas Furchtbares passiert. Leider nutzen sich die Spannungs- und Schockmomente mit der Zeit und dem stärkeren Waffenarsenal ab, wiederholen sich und werden vorhersehbar. Außerdem mutiert die Flucht gegen Ende zur reinen Metzelorgie, obwohl man es bis dahin schafft, eine gute Mischung aus Action, Spannung, Rätseln und Geschicklichkeitseinlagen zu bieten. Trotzdem hätten mehr Bosskämpfe nicht geschadet und auch aus Isaacs Psycho-Anfällen hätte man spielerisch mehr rausholen können - man denke nur an Eternal Darkness. Trotzdem kommt der Protagonist, der hier endlich öfter sein Gesicht zeigt und auch spricht, sehr viel besser als Figur rüber als bei seinem stummen Erstauftritt. Das innovative HUD-System weiß hier genau so zu gefallen wie beim Vorgänger. Das gilt auch für die Kinese- und Stase-Fähigkeiten sowie einen Großteil der Bewaffnung. Durch das massive Recycling hat man allerdings oft das Gefühl, nicht so viel Neues geboten zu bekommen. Ein paar neue Nekromorphs, freie 360 Grad-Steuerung im Vakuum, ein optimiertes Navigationssystem und Waffenzuwachs sind eigentlich das Mindeste, was man von einer Fortsetzung erwarten kann. Was die Spielzeit angeht, ist man etwa auf gleicher Höhe, denn sowohl die Flucht von der Ishimura als auch von der Sprawl hielt mich jeweils ca. 12-14 Stunden in Atem. Die größte Überraschung liefert der Mehrspielermodus: Nicht, weil er enthalten ist - das macht ja mittlerweile jeder. Sondern deshalb, weil er gut funktioniert und nach bester Left 4 Dead-Tradition unglaublich viel Spaß bereitet. Wer sowohl eine PS3 als auch eine Xbox 360 (oder einen PC) zu Hause hat, sollte übrigens zur limitierten Fassung für die Sony-Konsole greifen: Technisch liegen alle Versionen etwa auf dem gleichen Niveau, doch bekommen nur PS3-Besitzer das hervorragende Dead Space: Extraction in einer grafisch aufgepeppten HD-Version und mit noch präziserer Move-Steuerung als wuchtigen Bonus dazu.

Testgrundlage waren die deutsch- (PC) und englischsprachigen (360 & PS3) PEGI-Version.

UPDATE:

Mittlerweile haben wir einen Blick auf die deutsche Fassung werfen können: Die Kampagne entspricht dem Original und wie angekündigt wurden lediglich am Mehrspielermodus Änderungen vorgenommen - hier gibt es kein Friendly Fire mehr. Dies führt leider dazu, dass deutsche Spieler von internationalen Sessions ausgeschlossen werden und quasi nur untereinander antreten dürfen. Da man unter diesen Voraussetzungen kaum Lobbys findet und auch der Spielablauf unter der Einschränkung leidet, würde ich bei der USK-Fassung ein bis zwei Prozent von der Gesamtwertung abziehen. Mehr Infos zur deutschen Version gibt es hier.

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Pro

beklemmende Atmosphäre
fiese Schockmomente...
coole neue Gegnertypen…
abwechslungsreiche Schauplätze
intensive Klangkulisse
eingängige, reaktionsfreudigere Steuerung
nette Rätselelemente
grandiose Lichteffekte
verstörendes Gegnerdesign
ordentlicher Umfang (13
Stunden)
verbesserter Navigator
gute Sprecher
faire Speicherpunkte
erweitertes Waffenarsenal
Stase- und Kinese-Fähigkeiten
unterhaltsamer Mehrspielermodus
bewährtes Aufrüstungs-System
hervorragende Inszenierung…
taktisches Auseinandernehmen der Gegner
Anzeigen (Gesundheit etc.) perfekt eingebunden
gelungenes Inventar-Management
durchweg flüssige Darstellung
überraschende Storywendungen
motivierendes Rangsystem (Mehrspielermodus)

Kontra

sehr lineares Missionsdesign
...die sich mit der Zeit abnutzen und wiederholen
…von denen es aber zu wenige gibt
kaum Bosskämpfe / XXL-Gegner
sehr viel Recycling aus dem Vorgänger
nervige Stampf-Mechanik für Extras
nur fünf Mehrspieler-Karten
kein System-Link / LAN-Modus
Isaac manchmal zu teilnahmslos
Psyche kaum ein spielerisches Element

Wertung

360

Dead Space 2 ist ein Spiel gewordener SciFi-Alptraum mit einer beängstigenden Klangkulisse, blutiger Action und Nerven zerfetzenden Schockmomenten.

PlayStation3

Dank Dead Space: Extraction als Bonus ist die PS3-Version für Multi-Plattform-besitzer die erste Wahl!

PC

Dead Space 2 ist ein Spiel gewordener SciFi-Alptraum mit einer beängstigenden Klangkulisse, blutiger Action und Nerven zerfetzenden Schockmomenten.

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