Killzone 322.02.2011, Jörg Luibl
Killzone 3

Im Test:

Nazi-Symbolik, düsteres Artdesign, gnadenloser Krieg: Killzone sorgte bereits vor sieben Jahren auf der PlayStation 2 mit seinem markanten Stil für Neugier. Der Durchbruch gelang dem niederländischen Team vor zwei Jahren auf PlayStation 3, als man nicht nur Gears of War 2 technisch Paroli bieten, sondern auch atmosphärisch und spielerisch überzeugen konnte. Geht die Erfolgsgeschichte auf Helghan weiter?

Faschistoide Machtdemonstration

Was wäre die Welt des Bösen ohne Nazis? Was wäre vor allem die virtuelle Unterhaltung ohne diese zwölf verheerenden Jahre deutscher Geschichte? Sicher: Trotzdem würden Shooter mit totalitärer Symbolik um politisch inkorrekte Aufmerksamkeit buhlen; schließlich gab es von Italien über Russland bis Japan noch andere machtpolitische Untergänge. Aber nichts wurde so monumental inszeniert wie die Aufmärsche und Reden im Dritten Reich, nichts ist so im Gedächtnis geblieben wie die Hetzreden von Hitler bis Goebbels. Und auch davon hat sich Guerilla Games für seine faschistoide Science-Fiction-Welt inspirieren lassen.

Schon das wuchtige Intro deutet mit seinem völkischen Pathos, seinen Racheschwüren und der monumentalen Architektur den brutalen Konflikt der nächsten Stunden an. Ein Führer schwört seine Soldaten mit martialischer Rhetorik auf den Krieg gegen die Besatzer der ISA ein. Die anonyme Masse maskierter Helghast reicht stramm stehend bis zum Horizont - es müssen Zehntausende sein, platziert wie mit dem Lineal gezogene Legionen in einem Betonstadion für den Gröfaz XXL. Glückwunsch an die Entwickler, denn das martialische Büffet wird hier gekonnt angerichtet und über etwas mehr als eine Stunde mit Zwischensequenzen weiter garniert.

Konflikte auf beiden Seiten

Rico im vollen Lauf: Die Story schließt nahtlos an Killzone 2 an. Man beginnt quasi auf der Treppe vor dem Palast des ermordeten Tyrannen Scolar Visari, bevor es später in Polarlevel geht.
Ziel des Spielers ist es zunächst, die restlichen ISA-Truppen so schnell wie möglich aus dieser fanatischen Hölle zu evakuieren. Keine Munitionspanik: Man wird im Laufe der Kampagne nur etwas über 500 von ihnen nach allen Regeln der Deckungsaction ins Jenseits befördern müssen - inklusive Trophäe, versteht sich. Das Problem ist vielmehr, dass die Hauptstadt Phyrrus nach ihrer mutwilligen Vernichtung im Trümmerchaos versinkt und dass die Allianz der moralisch guten ISA-Befreier erstens numerisch unterlegen und zweitens zerstritten ist.

Im Vergleich zu Killzone 2 versucht Guerilla, die Dialoge und Story etwas besser zu inszenieren. Bei den Gesprächen gelingt das abseits der technisch ansehnlichen Mimik sogar auf schauspielerischer Ebene, denn trotz typischer Kommandosprache und Kriegsklischees wirken die Charaktere nicht mehr ganz so eindimensional - das liegt daran, dass ihre Gespräche authentischer wirken und es untereinander mehr Konflikte gibt. Die Stimmung in der Truppe ist sogar gefährlich aufgeheizt.

Die Protagonisten des Vorgängers, Rico und Sevchenko, müssen mit der Laune und den Befehlen ihres Vorgesetzten Narville leben - man flucht herum, schreit sich an und droht sich. Erstens hat Rico ohne Befehl den Diktator der Helghast umgebracht und zweitens will der idealistische Trotzkopf nicht fliehen, sondern bis zum Ende kämpfen, damit der außerirdische Feind nie wieder die Erde bedrohen kann. Und während die beiden als Speerspitze der flüchtenden Truppen in einigen Missionen ihr Leben an vorderster Front riskieren, streiten auch die Führer der Helghan im Hintergrund um die Macht.

                          

Goebbels trifft den Joker

In den ansehnlichen Zwischensequenzen trumpfen die Holländer zunächst mit einem neuen Bösewicht auf: In der Rolle des verschlagenen "Jorhan Stahl" trifft Goebbels quasi auf den Joker - eine schauspielerisch gelungene Mischung aus dem Propagandaminister der Nazis und Batmans Erzfeind, im Original gesprochen von Malcolm McDowell (Uhrwerk Orange, Caligula). Dieser skrupellose Industrielle ist für die futuristische Waffentechnik auf Helghan verantwortlich und sägt im Laufe der Story mit allen Mitteln an der Position des eigentlichen Nachfolgers, der an eine kahle Variante von Stalin erinnert.

Leider ist sehr schnell absehbar, wie sich das Machtspiel zwischen den beiden nach dem Tod des Diktators Scolar Visari entwickelt. Und leider bleibt der Einblick hinter die Kulissen der Helghastgesellschaft erneut sehr oberflächlich. Man weiß jetzt immerhin, dass sich ihre politische Altherrenführung frisurentechnisch eher vom ergrauten Seitenscheitel über den kaiserlichen Backenbart bis hin zum knappen Adolf-Schnäuzer an altdeutschen Vorbildern orientiert. Und der schmächtige, aber überaus clevere Jorhan Stahl vereint alle Eigenschaften eines idealen Bösewichts - bis hin zu größenwahnsinnigen Zielen.

Explosiver Blitzkrieg

Auf dem Weg zur Waffenfabrik "Stahl Arms" läuft Killzone 3 (ab 11,99€ bei kaufen) technisch zur Höchstform auf.
Das Spiel unter dem politischem Wahnsinn ist eher ein explosiver Blitzkrieg von knapp sechs Stunden als ein actionreiches Epos: Man kämpft ohne Pause zwischen fotorealistischen Rauchsäulen unter pfeifendem MG-Beschuss, zwischen dröhnenden Panzerketten und zerfetzten Betonresten - und immer wieder tauchen die rot glühenden Augen der fanatischen Sturmtruppen aus Nebelbänken auf, schwer atmend wie Darth Vader, aggressiv wie Killermaschinen. Kenner werden schnell feststellen, dass sich das Figuren- bzw. Schießverhalten nochmal verbessert hat. Selbst wenn es dicht an der meist fragilen Deckung auch mal eine schwächere Textur gibt, hat man dort nur wenig Zeit für einen Blick über das Vorfeld.

Das Spiel brilliert vor allem in der Luft und der Distanz, denn der Wind peitscht Wimpel und Fahnen, weht Staub und Schnee auf, lässt Funken und Qualm fliegen. Schon im Einstieg läuft man quasi inkognito in Helghastuniform durch die Waffenfabrik "Stahl Arms", an blinkenden Terminals und schwebenden Wachrobotern vorbei, während hinter riesigen Glaspanoramen zwischendurch Schiffe landen. Ähnlich wie im berühmten Bergdorf von Uncharted 2 schaut man sich hier einfach nur um, staunt über die weite Sicht in die Schneelandschaft, das spiegelnde Glas der riesigen Anlage, die eigenen Fußspuren (im Splitscreen seltsamerweise nur bei einem) und all die experimentellen Apparaturen.

Täglich grüßt das Polartier

Vor allem die eigenen Flüge mit und gegen Feinde mit Jetpack machen Laune.
Dass man später tatsächlich nochmal (fast) dieselbe Route laufen muss, bevor man dort alles in Schutt und Asche legen kann, schmeckt etwas zu kopierfreundlich. Aber selbst wenn man nicht ganz die Brillanz des Himalaya-Abenteuers von Naughty Dog erreicht, deuten schon diese ersten Schritte an, dass es diesmal weitaus mehr zu sehen gibt als graue Hausruinen und Betonschlachtfelder. Und wenn man im späteren Verlauf in das Gebirge zurückkehrt, läuft die Engine so richtig auf Hochtouren.

Soldaten mit virtuellem Wasserfetisch sollten schon mal die Fotoarchive frei machen und nah ran zoomen: Das nicht ganz zugefrorene Meer sieht einfach grandios aus, sorgt für eine fantastische, grau schwappende Brandung. Man fliegt in dieser Winterlandschaft in einer Jetpack-Rüstung von Eisscholle zu Eisscholle, während man gezielte Temposchübe setzen kann und plötzlich auftauchende Feinde in der Luft abwehren muss - Lost Planet 2 wirkt dagegen wie Schnee von gestern.

Die Schlachtfeldatmosphäre ist aber nicht nur aufgrund des feinen Partikelregens oder der markanten Beleuchtung so greifbar, sondern auch, weil es akustisch je nach Kaliber mal satt, zischend oder scheppernd aus den Waffen kracht, während gleichzeitig von überall Befehlsfetzen gepaart mit Todesschreien herein rauschen. Egal ob beengter Häuserkampf in Treppenfluren, Vormarsch mit Panzern auf breiter Straße oder von Flammenwerfern begleitete Hetzjagd durch Schützengräben - hier werden alle Facetten eines unreflektierten Kriegsspiels im martialischen Stakkato ausgewalzt: Gut gegen Böse, immer wieder Kimme und Korn, Munition und Granaten satt.

        

Das glorreiche Kriegsspiel

Genau so jubeln wir seit Jahren über den polygongeilen Waffenporno, der in Killzone 3 zum durchgestylten Edelfetisch mutiert. Im direkten Vergleich mit Uncharted 2 erreicht man zwar nur hier und da eine ähnliche Qualität und unterliegt, wenn es in exotischere Gefilde mit mehr Flora und Fauna geht. Aber es ist trotz kleiner Bildrateneinbrüche und einiger weniger mitreißenden Abschnitte ein spektakulär animiertes Artwork des Krieges. Es sind gerade die Kleinigkeiten, die hier bestechen - vom perforierten Stoff bis hin zum sanften Faltenwarf der Uniformen. Und natürlich sorgen die Trefferzonen je nach Einschusswinkel für andere Einschlagzuckungen, so dass selbst das einfache Vollpumpen mit Blei zum projektilgeilen Spannen animiert.

Nur mit dem Unterschied, dass dieser dritte Teil nicht mehr den gewaltigen Sprung des Vorgängers macht, was Technik und Inhalt angeht - was man ihm nicht vorwerfen kann, zumal er besser aussieht als alles andere, was derzeit an Action über den Bildschirm flimmert. Und wer will bzw. Stereoskopie-Unterstützung in seinem Fernseher hat, kann das Ganze auch mit 3D-Effekt spielen; der sorgt nochmal für einen räumlichen Reiz, wenn man glühende Jetpackdüsen plötzlich hinter sich sieht, ist aber nicht wertungsrelevant oder gar wichtig für das Spielerlebnis. Da geht es eher um innere Werte.

Alles beim martialischen Alten

Es gibt zig Geschützturmszenen - man kann selbst schweres Gerät abmontieren und herum tragen.
Bis auf die neuen Manöver im Nahkampf, die je nach Situation für brutale Messerstiche, Genickbrüche oder Augenattacken sorgen, eine etwas direktere Deckungsmechanik (man bleibt nach L2-Druck hinter einer Mauer, kann sich dann mit dem Stick zur Seite lehnen) sowie die aufladbaren Granaten, hat sich kaum etwas an der Spielmechanik geändert - mit Letzterer kann man die Detonation quasi hinaus zögern, um auch heran stürmende Feinde direkt zu treffen. Zu Beginn nutzt man die brutalen Tötungen noch aus morbider Neugier. Und im überraschenden Dschungelabschnitt kommt tatsächlich ein Hauch von Stealth-Action auf, wenn man sich durch exotische Lianengewächse drückt, im Tiefgras auf Feinde lauert oder Pflanzen mit Schall gedämpfter Waffe aus der Distanz beschießt, damit ihr giftiger Blütenstaub eine Patrouille lautlos ins Jenseits befördert - man kann sogar selbst von aggressiven Blumen attackiert werden.

In diesem Abschnitt kommt es zu einem guten Rhythmuswechsel, der abseits explosiver Action für etwas taktischere Unterhaltung sorgt, die allerdings jeder Wald- und Wiesen-Shooter mittlerweile anbietet. Schon hier und auch später nutzen sich die Tötungsmanöver allerdings ab, zumal man sie selbst gegen die Kapereinheiten der Helghast zu einfach einleiten kann, wenn sie einen frontal attackieren - damit verlieren diese cool designten, vom Spiel als gefährliche Killermaschinen inszenierten Soldaten mit ihrem ausfahrbaren Messer umgehend an Spannungspotenzial: Sie wirken wie Jäger, aber sie

Außerdem ist man sowohl in Panzern als auch Exoskeletten wie ein Mech unterwegs.
verhalten sich wie Moorhühner, die man mit einem Druck auf L1 viel zu leicht ausschaltet; manchmal sogar zwei hintereinander.

So abwechslungsreich der Spielrhythmus ist, vermisst man dennoch mehr Spannung und Herausforderung - dieser dritte Teil ist deutlich einfacher als der Vorgänger. Jeder, der Killzone 2 kennt, sollte unbedingt auf dem dritten und nicht auf dem zweiten (normal) der vier Schwierigkeitsgrade starten. Überhaupt hält sich die Zahl der wirklich interessanten Gegnertypen in Grenzen, es gibt auch bis auf einen gigantischen, über 200 Meter großen Metallturmkoloss namens MAWLR kaum Bosskampfsituationen gegen Offiziere oder Ähnliches, sondern lediglich ein paar Gefechte gegen die aus Teil 2 bekannten Riesen-MG-Soldaten mit ihrem verwundbaren Tank auf dem Rücken sowie ein Gefecht mit einem fliegenden ATAC. Außerdem werden einem die effektivsten Waffen für die nächste Situation quasi immer auf dem Präsentierteller neben der Munitionskiste serviert - sobald man einen Raketenwerfer, Scharfschützengewehr oder Ähnliches im Regal sieht, sollte man zugreifen.

        

Subtile Waffensysteme nur im Multiplayer

Die neuen Tötungsmanöver sehen martialisch aus, gehen aber etwas zu leicht von der Hand - selbst gegen scheinbar stärkere Gegner.
Warum dreht man den Shooterspieß nicht mal um und lässt den Spieler vor Angst Deckung oder zumindest eine bessere Taktik suchen? Warum nutzt Guerilla Games für die Kampagne nicht all die interessanten Waffensysteme des Multiplayer, um abseits plumper Finisher für etwas mehr Taktik zu sorgen? Immerhin kann man schon in der Botzone gegen die KI mit fünf unterschiedlichen Soldatenklassen spielen, die durchaus interessante Fähigkeiten besitzen: Heildronen, Wachroboter, Temposchübe, Geschütze bauen, Tarnanzüge, Peilsender, Enttarnungen. Natürlich wertet das alles den Multiplayer auf, weil diese Spezialmanöver dort exklusiv sind, aber man vermisst diese subtileren Methoden in der Kampagne. Die kann man ärgerlicherweise nicht gemeinsam online, sondern nur kooperativ im vertikal geteilten Splitscreen spielen - mit schwarzen Balken auf beiden Seiten und in grafisch schlechterer Qualität aufgrund des ständigen Texturnachladens. Warum bekommt man das in Gears of War, aber nicht in Killzone 3 des Jahres 2011 gebacken?

In der Kampagne schießt und visiert, wechselt man Waffen und steuert alles genauso wie im Vorgänger, nur nicht mehr ganz so schwammig und öfter auf Schienen, wenn man einen Panzer dirigiert oder einen Raider fliegt - da gilt es in Trial&Error-Manier alle Ziele auszuschalten. Sieht gut aus, ist explosiv, macht kurzfristig Laune, ist aber eher für Move-Freunde interessant. Die können in den Optionen die Steuerung von den Achsen bis hin zur Geschwindigkeit bzw. Sensibilität

An der Shootermechanik mit Deckungsmöglichkeit hat sich bis auf Feinheiten nicht viel getan: man kann jetzt in deckung grätschen und sich hinter einer Mauer intuitiver bewegen.
des Fadenkreuzes so anpassen, dass sich das Ganze durchaus passabel, wenn auch nicht so präzise wie etwa mit einer Maus steuern lässt. Wer das ausgleichen will, kann auch eine Zielhilfe aktivieren, dann wird automatisch ein Feind anvisiert und Killzone 3 wird endgültig zum Lightgun-Shooter.

Ich mag diese Fuchtelvariante inklusive Figurensteuerung über den Navigation Controller nicht - leider konnte uns Sony keinen Gewehraufsatz zukommen lassen, sonst hätten wir diese kombinierte Variante noch berücksichtigen können. Ich vermisse vielmehr größere Abschnitte mit alternativen Routen an anderer Stelle. Selbst steuern und feuern zugleich darf man immerhin einen übergroßen Mech bzw. das Exoskelett sowie die temporeiche Eisfräse, wobei man auch dort nicht gerade viel Platz zum Austoben hat. Ansonsten geht es am Boden konventionell zur Sache: Es gibt immer noch die bekannten Räuberleitern vor höheren Hindernissen sowie die leicht fummelige Schalterbedienung per Sixaxisdrehung. Hätte man das nicht etwas modernisieren oder mal mit Zeitdruck hin zu einer Stresssituation variieren können?

      

Dynamische Deckungsaction

Flammenwerfer vorne, riesiger Stahlkoloss hinten: Der Kampf gegen dieses Ungetüm ist das Bosskampf-Highlight.
Dass das alte Prinzip trotzdem Laune macht, liegt daran, dass man sich nie hinter einer Deckung ausruhen kann - die Helghast flankieren, werfen Granaten, unterstützen sich mit Scharfschützen und Raketenwerfern, machen immer Druck und weichen sichtbar den eigenen Granatwürfen aus. Auch wenn vieles Skripten folgt und des Öfteren Trial&Error angesagt ist, kann man auch mal leicht andere Routen oder Taktiken einsetzen, um von A nach B zu kommen. Dabei beobachtet man dann sowohl auf eigener als auch feindlicher Seite ab und zu ein anderes Verhalten. Trotzdem wünscht man sich unterm Strich noch etwas offenere Schlachtfelder, denn der Vorgänger wirkte teilweise labyrinthischer und verzweigter.

Man muss also immer in Bewegung bleiben und sein eigenes Feuer gut timen, wenn man nicht die ersten Verletzungstropfen in seinem HUD sehen will, die je nach Intensität vom drohenden Abschuss künden; übrigens deutet der Ort des Blutspritzers auch auf die Richtung der Salve, was unter Raketenbeschuss sehr nützlich sein kann. Zwar ist Munition der durchschlagskräftigen Waffen endlich, aber man stolpert alle Nase lang über Kisten mit Nachschub - einfach reingreifen und auffüllen. Ansonsten findet man allerdings nichts in der Spielwelt: Keine Dokumente, keine Hinweise, keine Geheimnisse.

Schön ist, dass man als schwer Verwundeter am Boden liegend ganz unterschiedliche Reaktionen erleben kann: Da man meist zu zweit unterwegs ist, wird man des Öfteren den rettenden Kameraden zur Hilfe eilen sehen und dabei zwischen Feuersalven sprechen hören, aber es kann auch sein, dass man zu weit weg liegt oder dass er auf dem Weg selbst abgeschossen

In mehreren Phasen attackiert man den Koloss - erst vom Boden, dann aus der Luft.
wird - dann sieht man nur noch Helghast, bevor alles dunkel wird. Schade ist allerdings, dass man auf dem Boden liegend nichts mehr machen kann. Warum kann man nicht noch ein Stück weiter robben, eine Granate werfen oder wenigstens eine Pistole ziehen? Das hätte diese statischen Situationen etwas aufgelockert. Auch in der Präsentation der Kampagne ist man nicht ganz konsequent, schöpft man nicht aus allen Möglichkeiten.

Babe ex machina

Die direkt an den Vorgänger anknüpfende Story selbst kann trotz sehr guter Zwischensequenzen und überzeugender deutscher Lokalisierung nicht begeistern. Sie bleibt der klassischen Shooterlinie mit klarem Feindbild ohne Schnörkel treu. Es gibt weder Überraschungen noch dramatische Wendungen oder gar einen roten Faden - da werden auch einfach mal sechs Monate zwischen zwei Kameraden abgeschnitten. Was eigentlich ein guter Kniff ist, wirkt sich kaum auf die Dramaturgie aus. Kaum treffen sie sich wieder, geht es nach ein paar kurzen Sätzen weiter als wäre nichts geschehen. Und wie konnten die Einheiten des ehemals Verschollenen auf Helghan überleben? Killzone 3 lässt erzählerisch viele Fragen offen und Chancen ungenutzt, dazu gehören auch Kleinigkeiten wie die im Intro kurz auftauchende Tochter (?) von Visari oder die einzige weibliche Kämpferin der ISA.

Das futuristische Flair tut Killzone 3 richtig gut - am Ende weht fast ein Hauch von Star Wars. 
Plötzlich ist sie da, eine Frau zwischen all den Männern: Hübsch, brünett und heißt "Jammer". Wer mit ihrem Auftauchen allerdings Hoffnungen auf ein Techtelmechtel plus Eifersucht oder gar eine weitere erzählerische Ebene verknüpft, wird enttäuscht - sie ist plötzlich da, mal in Gefahr, mal weg, mal als Retterin in letzter Not wieder da. Aber sie ist als Charakter weder spielbar noch greifbar. Schade, denn so bleibt sie eine schnell ins Spiel geworfene Quotenfrau, die zudem redet und handelt wie jeder andere Mann der Einheit.

Da fällt mir ein: Pflanzen sich die Helghast eigentlich normal fort? Also, gibt es neben oben erwähnter noch Frauen auf Helghan? Davon oder von dem Rest der Bevölkerung der Feinde sieht man auch in diesem dritten Teil nichts, obwohl kurze Schwenks auf das zivile Leben gereicht hätten, um der Welt etwas mehr Leben zu verleihen. Gerade die Lücke von sechs Monaten hätte man nutzen können, um die Entwicklung auf dem feindlichen Planeten sowie die politischen Geschehnisse zu verdeutlichen. So bleibt es bei Schlachtfeldern, Müllhalden, Kratern, Dschungel und Fabriken. Und als Ersatz für mehr zivile gibt es immerhin mehr militärische Hintergründe. Und die sorgen für ein angenehm futuristisches, teilweise an die Hightech-Mech-Welt von Hideo Kojima erinnerndes und in seinen Weltraumsequenzen fast schon Richtung Star Wars tendierendes Flair.       

Multiplayer: Update vom 23. Februar

Seit Dienstag Abend laufen die Server für sechs Regionen von Japan bis Europa. Das Beitreten zu den drei Spielmodi "Guerilla" (quasi ein Deathmatch), "Kriegszone" (zufällige hintereinander zu absolvierende Missionen) und "Einsatz" (Kontrolle taktischer Ziele mit Kampagnenflair) bereitet keine Probleme, die Gefechte laufen auf den knapp einem halben Dutzend Karten vom gefrorenen Damm bis zum Kazman-Dschungel flüssig. Die sind angenehm verschachtelt und klimatisch abwechslungsreich, allerdings ist das quantitativ nicht gerade üppig und manche Spielmodi sind auf wenig Karten beschränkt - DLC ick hör dir trapsen?

Man startet zu Beginn ohne Orden und damit besondere Fähigkeiten wie etwa schnelleres Nachladen oder präziseres Schießen als kleiner Gefreiter. Im Laufe des Mehrspielermodus kann man dann in der Karriere weiter aufsteigen, Clans gründen, an Turnieren für seine Region teilnehmen, Statistiken und Bestenlisten einsehen.

ISA-Truppen und Helghast teilen sich die fünf Kampfklassen Ingenieur, Scharfschütze, Taktiker, Infiltrator und Feldsanitäter - es gibt leider keine exklusiven Klassen. Jede davon verfügt zusätzlich zu zwei Waffen und einem Granaten/Minentyp über zwei besondere Fähigkeitenbäume, die man mit Freischaltpunkten in drei Stufen entwickeln kann: So wird aus einem einfachen Tarnanzug, der nur eine gewisse Zeit wirkt und beim ersten Feuern schon seine Wirkung verliert, in der zweiten Stufe bereits eine unbegrenzte und in der dritten Stufe auch noch eine ultimative Tarnung, die selbst beim Angriff nicht auffliegt - man ist also motiviert, eine Klasse perfekt auszuspielen. Hinzu kommen universelle Aufrüstungen für alle Klassen wie bessere Panzerung, mehr Gesundheit oder eine Extra-Waffe.

Kampagnenflair im Multiplayer

Im Gegensatz zur Kampagne kommen aufgrund dieser Fähigkeiten im Multiplayer subtilere Strategien und Systeme zum Einsatz: So kann der Ingenieur z.B. Munitionskisten reparieren und Geschütze an strategisch wichtigen Positionen bauen, hinzu kommen Tarnanzüge und Temposchübe des Infiltrators, schwebende Wachroboter oder Droiden mit heilendem Radius des Sanitäters - der wird so mächtig, dass er Verwundete mit erhöhter Lebenskraft regenerieren kann. Ein gut gemischtes Team kann also mehrere defensive und offensive Stärken vereinen, Waffensysteme sabotieren und sehr geschickt attackieren. Interessant sind die spielerischen Konter: Der Taktiker kann die nahezu unsichtbaren Scharfschützen auch wieder enttarnen, Peilsender aktivieren und Spawnpunkte hinter den Linien errichten, die zusätzlich Jetpacks oder Mörser anbieten; es gibt viel zu experimentieren.

Das ist alles auf den ersten Blick nichts Besonderes für einen Shooter, aber erstens gibt es all diese Möglichkeiten nicht in der Kampagne und zweitens weht im Spielmodus "Einsatz" ein Hauch von Story: Die Fraktionen bekommt hier nämlich kurze Filmeinspieler aus ihrer Perspektive zu sehen, in denen z.B. gezeigt wird, wie man eine Rampe ausfährt, Detonationen auslöst oder Feinde gefangen nimmt. Diese kleinen Zwischensequenzen gibt es mehrmals in einer Runde, wobei die erfolgreichen Spieler die Hauptdarsteller sind - man sieht also, wie man ein Gebiet für die Helghast bzw. ISA erobert oder sichert; eine schöne Form der Belohnung. Wer sich mit den Möglichkeiten der Fähigkeiten sowie den einzelnen Missionen vertraut machen will, kann in der "Botzone" ganz in Ruhe gegen bis zu 15 überaus clevere KI-Gegner in vier Schwierigkeitsgraden antreten - dort sind alle Fähigkeiten und Waffen bereits freigeschaltet, allerdings kann man dort keine Fortschritte in der Karriere machen.    

Fazit

Es ist brachial, explosiv, gnadenlos - ein animiertes Artwork des Krieges. Mit einem Bösewicht, der den schelmischen Wahnsinn des Jokers mit dem faschistischen Machtwillen eines Goebbels vereint. Dieser Blitzkrieg auf Helghan wird auf den ersten Blick klasse präsentiert, ist abwechslungsreich, exotisch und futuristisch; es weht fast ein Hauch von Metal Gear Solid 4 und Star Wars, wenn man im kniehohen Gras durch den Dschungel schleicht, wenn Waffensysteme vom Exoskelett bis zum Jetpackflügel auftauchen oder riesige Raumschiffe unter Lasergewitter angeflogen werden. All das tut Killzone 3 richtig gut. Aber kaum hat man sich an der technisch beeindruckenden Kulisse hungrig gesehen, ist das Spiel nach knapp sechs Stunden auch schon vorbei - zwar mit einem furiosen, aber doch sehr abrupten Finale und vielen offenen Fragen sowie filmisch gut inszenierter, aber bescheiden erzählter Story. Der kurze Kampf auf Helghan ist zwar dynamischer und ansehnlicher als vor zwei Jahren, aber er wirkt trotz cleverer KI und immer noch ausgezeichnetem Trefferzonensystem gleichzeitig leichter, durchgestylter, weniger zäh, mit seinen zahlreichen Fahrsequenzen scheinbar eher auf Movetauglichkeit als kriegerische Gnadenlosigkeit getrimmt. Und so spektakulär der eine Bosskampf auch ist, so harmlos wirken manche andere der besonderen Gegnertypen, allen voran die strunzdummen Kapereinheiten. Anstatt einen 3D-Effekt oder einen technisch schwachen Splitscreen-Modus, hätte ich mir endlich eine kooperative Online-Kampagne à la Gears of War gewünscht. Anstatt mehr Action auf Schienen habe ich mehr erzählerische Hintergründe, noch offenere Level oder die coolen Waffensysteme in der Kampagne vermisst, die auch im Mutiplayer für subtilere Einsätze sorgen - erst da ist mehr Taktik, Täuschung und Tarnung gefragt. Und genau diese motivierende Online-Karriere mit den entwickelbaren Fähigkeiten für fünf Klassen sowie dem kreativen Zusatz der Filmeinspieler rettet letztlich das Gold.

Pro

brachiale Action mit Deckungssystem
guter Multiplayer-Modus mit Karriere
stimmungsvoller Einstieg
spektakuläre Kulisse+ interessanter Bösewicht
abwechslungsreiche Schauplätze
realistische Trefferdarstellung
ein Hauch von Stealth-Action
hervorragende Animationen
sehr gute Zwischensequenzen
agile & aggressive Gegner
futuristisch-faschistoides Flair
gut gesprochene Dialoge
coole Jetpack-Einsätze
sehr gute deutsche Lokalisierung
klasse Rauch- & Qualmbildung
ein spektakulärer Bosskampf+ Filmeinspieler im Multiplayer-Einsatz
fünf Online-Klassen mit Fähigkeiten
sehr gute Soundeffekte
sehr guter Netzcode

Kontra

<P>
Kampagne unter sechs Stunden
Story ohne Überraschungen
keine kooperative Online-Kampagne
zu wenig Antagonisten und Bosskämpfe
kaum erzählerische Helghan-Hintergründe
Kapereinheiten zu leicht zu besiegen
zu viel Fahrzeug-Schienen-Einsätze
keine subtilen Waffensysteme in Kampagne
man vermisst größere Levels
abruptes Ende</P>

Wertung

PlayStation3

Brachial, explosiv, gnadenlos - ein animiertes Artwork des Krieges mit motivierendem Online-Modus.

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