Silent Hunter 325.03.2005, Marcel Kleffmann
Silent Hunter 3

Im Test:

Simulationen sind langweilig und machen höchstens nach Stunden langer Arbeit ein bisschen Spaß? Mit diesem Vorurteil räumt Silent Hunter III jetzt gewaltig auf. Mit Prachtkulisse, beklemmender U-Boot-Stimmung und zugänglichem sowie realistischem Gameplay versucht das Spiel eine neue Ära einzuleiten. Ob die hochgesteckten Ziele erfüllt werden oder absaufen, verrät die Testfahrt.

Mulmiges Tiefenerlebnis

In der Kampagne müsst ihr erst umständlich aus dem Hafen auslaufen.
"Ping" schallt es durch den Ozean. Erneut "Ping". Jedes Mal läuft uns ein kalter Schauer den Rücken runter, aber auch unsere Mannschaft im Bauch des schmalen Stahlsarges wird immer nervöser. Wir stellen alle Maschinen ab und befehlen der Crew ruhig zu sein. "Ping!" - diesmal nur lauter. Erste Schiffschraubengeräusche, die das Wasser über uns umwälzen, sind zu hören. Noch mal "Ping" und wieder "Ping", die Zeiten dazwischen werden kürzer. Jetzt richtig laut: "PING", gefolgt von einer massiven Explosion; Wasserbomben. Abermals knallt es unter dem Meeresspiegel. Nur diesmal ist die Druckwelle heftiger. Das Boot wird durchgeschüttelt, die Schraubengeräusche werden lauter und da hören wir es erneut: "Ping"…

1A-Stimmung

Solche klaustrophobische U-Boot-Spannung gab es bisher nur in Wolfgang Petersens Meisterwerk "Das Boot". Andere Filme oder Spiele konnten niemals eine ähnliche Kulisse erzeugen - bis auf Silent Hunter III von UbiSoft. Kein Wunder, denn die Entwickler haben sich an dem Kultfilm orientiert und lassen die bisher realistischsten See-Schlachten aller Zeiten vom Stapel laufen.

Ahhhh, Ahoi!

Das Meer ist nicht platt wie in vielen anderen Spielen, es ist richtig dreidimensional mit hohen oder flachen Wellen und euer Boot ist mittendrin. In den tosenden Fluten schwankt euer Vehikel hin und her. Realistische Lichtreflektionen und Pixel-Shader ohne Ende verleihen dem Ozean ein sensationelles Outfit, bei dem der Spieler oft das Gefühl hat, das kühle Nass würde gleich aus dem Monitor tropfen. Ganz zu schweigen davon, wenn ein Unwetter tobt und sich das friedliche Meer in ein schwappendes Ungeheuer verwandelt.

Rotes Licht im Boot sorgt für Stimmung.

Aber nicht nur das Wasser wirkt autehtisch, auch die Modelle der Schiffe bzw. U-Boote: Getreu der echten Baupläne haben die Entwickler die Boote (Frachter, Zerstörer, Schlachtschiff, etc.) digital nachempfunden und dies mit tollen Ergebnissen.

Bekannte Protagonisten wie das Über-Schlachtschiff Bismarck könnt ihr auf einen Blick erkennen. Optisch abgerundet wird die Bombast-Grafik durch ein detailliertes Innenleben des U-Bootes und explosive Effekte sowie gigantische Rauchwolken aus untergehenden Schiffen.

Diese Prachtkulisse wird mit Sounds erster Güteklasse ergänzt. Während ihr durch die tosenden Wellen braust, peitscht euch das Wasser nur so gegen den Bug und auf Tauchfahrt hört ihr förmlich wie sich das Metall unter dem Druck verformt. Hinzu kommen ins Mark gehende Echolot-Geräusche und knallige Effekte bei Treffern oder Bombenexplosionen. Die Frage ist, ob all diese technischen Superlative ausreichen, um für Nervenkitzel zu sorgen?

        

Komplex, aber einsteigerfreundlich

Ein Kriegsschiff versucht uns zu treffen…
Wer jetzt glaubt, Silent Hunter III wäre ein Grafik-Blender, der liegt falsch. Hinter der Optik verbirgt sich ein zugleich komplexes und zugängliches Spielkonzept. Richtig gelesen! Das Spiel ist nicht nur für Hardcore-Simulationsprofis, sondern ebenfalls für Leichtwassermatrosen. In fünf ausführlichen Tutorials mit Videos, Übungsmissionen und anschließender Prüfung lernt ihr schrittweise den Umgang mit dem Boot.

Intuitive Steuerung

Mit einer ausfahrbaren Icon-Leiste am linken Bildschirmrand springt ihr zwischen den verschiedenen Räumen wie Brücke, Feuerleitstand, Karte, Sonar, etc. hin und her. Dort stoßt ihr auf logisch gestaffelte Optionen: Im Seerohrraum könnt ihr z.B. das Periskop schrittweise ausfahren, die Tauchtiefe metergenau justieren und gleich mit dem Angriff beginnen. Eine weitere Leiste am unteren Bildschirmrand repräsentiert eure Offiziere, denen ihr vordefinierte Befehle geben könnt: MG und Flak bemannen, Nottauchen, Ausblasen, Geschwindigkeit festlegen, usw. Immer im Bild sind ebenfalls die Kontrollen für Speed, Kurs und Tauchtiefe - der Überblick geht nie verloren.

Was jetzt den Einsteigern zu Gute kommt, mag den Profis wie eine heftige Automatisierung vorkommen, aber glücklicherweise lässt sich der Realitätsgrad stufenlos an eure Bedürfnisse anpassen: Soll die Luft im Boot nur für einige Stunden reichen, dann schaltet ihr halt die Option an. Wollt ihr die Feuerleitlösung auf der Seekarte selbst berechnen, gar kein Problem. Wenn ihr wollt, dürft ihr sogar die feindlichen Konvois eigenständig orten, egal ob mit dem Fernglas oder dem Hydrophon. Wem das zu schwierig ist, der schaltet einfach die Automatik an und prompt übernimmt die Besatzung diese Aufgaben. Anschließend muss das gefundene Ziel identifiziert werden - dies geschieht entweder von der Crew oder ihr könnt höchstpersönlich im Bordhandbuch die verschiedenen Schiffstypen durchgehen.

Im Kampfeinsatz

Ankommende Flugzeuge nehmen wir mit unseren Flaks unter Beschuss.
Habt ihr im riesigen Ozean endlich euer Ziel ausgemacht, was manchmal ziemlich lange dauert, aber dank der Zeitbeschleunigung nicht ganz so nervtötend ist, wird es erst richtig spannend. Jetzt müsst ihr euch entscheiden: Nähert ihr euch dem Ziel auf der Wasseroberfläche? Dies geht wesentlich schneller als auf Tauchstation, ist aber weniger überraschend. Letzteres ist besonders bei Tageslicht zu empfehlen, da ihr sonst zu schnell entdeckt werdet - dies signalisiert ein kleines Mini-U-Boot-Icon. Jetzt müsst ihr nur noch einige Kilometer an das Ziel heranschippern, die entsprechende Feuerleitlösung entwickeln oder erarbeiten lassen und schießen, bis die Torpedorohre leer sind. Wurdet ihr entdeckt, spätestens beim Einschlag der Geschosse, fängt euch die KI an zu jagen bzw. auszuweichen. Die großen Pötte beginnen fortan Schlangenlinien zu fahren, um ein schlechteres Ziel abzugeben und Zerstörer lösen sich aus dem Konvoi. Diese jagen euch bis aufs Blut mit dem typischen Ping und jeder Menge Wasserbomben. Dies Katz-und-Maus-Spiel ist richtig spannend und lässt euch dank der intensiven Kulisse um euer Boot und die Crew bangen.

Nicht jeder Konvoi ist durch Geleit geschützt. Manchmal sind eure Feinde alleine. Dann empfiehlt es sich das Ziel mit einem Torpedo zu beschießen und danach mit der Bordkanone an der Oberfläche zu erledigen, um die Unterwasser-Geschosse zu sparen. Ja, die dicke Kanone könnt ihr selbst steuern, was ziemlich viel Spaß macht. Aber Obacht, an der Oberfläche ist es viel gefährlicher, da hier feindliche Flugzeuge herumdüsen können und für die seid ihr ein gefundenes Fressen, obwohl ihr mit der FLAK zum Gegenangriff starten könnt.    

Hollywood-Manier

Ein Wrack sinkt hinter unserem U-Boot in die Tiefe.
Sämtliche Gefechte laufen also nicht ohne Action-Faktor ab und präsentieren sich zum Glück nicht so statisch und geskriptet wie bei Silent Hunter II. Das gesamte Schlacht-Szenario macht einen wesentlich variableren und lebendigeren Eindruck. Dies liegt an der cleveren KI, den Zwischeneinlagen mit Flugzeugangriffen und an der gesamten Hollywoodreifen Inszenierung, da bestimmte Ereignisse (z.B. Torpedo-Treffer oder sinkende Schiffe) in einem kleinen Extra-Fenster angezeigt werden. Teilweise seht ihr dort auch verbündete Flugzeuge im Angriff auf den Geleitzug oder wie sich ein Zerstörer bedrohlich pingend nähert.

Kampagne oder Missionen?

Dieses ziemlich komplexe, aber stetig an eure Bedürfnisse anpassbare Spielkonzept verfolgt ihr entweder in der Kampagne oder in zehn Einzelmissionen. Bei den Einsätzen geht es sofort zur Sache. Hier müssen vorrangig bekannte Kriegsschiffe versenkt oder die Meerenge von Gibraltar durchtaucht werden. Außerdem dürft ihr sogar der Bismarck zu Hilfe kommen. Weitaus tiefer taucht ihr in die Kampagne ein. Zunächst sucht ihr euch als Kommandant eines deutschen U-Bootes einen Hafen und ein Einstiegsjahr aus - dies beeinflusst insbesondere, welches Boot ihr von der Kriegsmarine gestellt bekommt. Danach erledigt ihr durchschnittlich abwechslungsreiche Missionen wie Patrouillen oder Angriffe auf Geleitzüge weit draußen im Meer. Der Abschluss einer solchen Mission bringt euch Ansehen. Mit diesem "ruhmvollen Zahlungsmittel" könnt ihr euer Boot verbessern, effektivere Torpedos besorgen oder das Horchsystem auf den neuesten Stand bringen. Manchmal springt sogar ein neues Bötchen raus.

Eure Mannschaft gewinnt bei jeder Feindfahrt an Erfahrung und kann von euch mit Orden überschüttet und/oder befördert werden. Je erfahrener die Crew ist, desto effektiver arbeitet sie. Die Jagd nach Ruhm und Orden sowie der Verbesserungsdrang für Schiff und Crew sind ein enormer Motivationsfaktor, der die Kampagne mehr als spielenswert macht, obwohl die Einsatzziele, durch das Genre bedingt, ziemlich ähnlich sind. Die ganze Schiffsverwaltung im heimischen Hafen wickelt ihr in einem ziemlich schwachen und öden Menüsystem ab. Besonders die Verwaltung der Crew nervt irgendwie…

Multiplayer-Modus

Der Multiplayer-Modus von Silent Hunter III ist leider sehr spartanisch ausgefallen. Es gibt vier kooperative Missionen, in denen ihr mit anderen Spielern die computergesteuerten Gegner jagen könnt. Dies macht zwar Laune, aber vier Einsätze sind einfach zu wenig.

   

Fazit

Ich hätte nicht gedacht, dass eine U-Boot-Simulation wie Silent Hunter III so viel Spaß machen kann. Woran liegt das? Ganz einfach: Die Mischung fesselt enorm. Hinter der prachtvollen Grafikkulisse, der derzeit besten Wasserdarstellung und dem tollen Sound verbirgt sich ein komplexes Spiel. Das Beste daran ist aber die Zugänglichkeit, denn die Steuerung des U-Bootes haben die Entwickler überzeugend und intuitiv gelöst. Hier kommen sowohl Einsteiger als auch Profis voll auf ihre Kosten, da der Realismusgrad stufenlos an eure Bedürfnisse angepasst werden kann. Wollt ihr mehr Action, könnt ihr einige Optionen ausschalten und abtauchen, während sich professionelle Kapitäne die ganze Palette zu Gemüte führen können – inklusive der Feuerleitlösung. Das alles führt zu unnachahmlich stimmungsvollen und spannenden Jagden auf hoher See mit intensiven Gefechten gegen clevere Zerstörer. Auch die komplexe Kampagne mit den Verbesserungsmöglichkeiten für Crew und Boot ist gelungen - obwohl das Auslaufen aus den Häfen zu zeitaufwändig ist und die Missionsziele sich nur wenig verändern. Ein Witz ist hingegen der kooperative Multiplayer-Modus, der mit nur vier Karten aufwartet. Trotzdem: Kein Spiel in diesem Genre kann Silent Hunter III das Wasser reichen.

Pro

grandiose Kulisse
stimmungsvolle Spielwelt
spannende Schlachten
immenses „Auf See“- & Mittendringefühl
einwandfreies Tutorial
leichter Einstieg durch Automatisierungen
komplett variabler Realismusgrad
viele Features für Profis
ziemlich einfache Steuerung
lange Kampagne
tolle Einzelspieler-Missionen
clevere Künstliche Intelligenz
Simulation des Wassers
detailreiche Schiffsmodelle
sensationelle Effekte
packender Sound

Kontra

wenig Abwechslung in der Kampagne
lange Ladezeiten
nur zehn Einzelmissionen
Verwaltung im Hafen ist wenig ansprechend
nervende Fahrten aus den Häfen
manchmal recht langer Leerlauf
nur vier kooperative Multiplayer-Einsätze

Wertung

PC

Stimmungsvolle und spannende Katz-und-Maus-Jagden mit 1A-Optik.

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