Devil May Cry 426.06.2015, Mathias Oertel
Devil May Cry 4

Im Test: Dante und Nero in neuem Glanz

Ende letzten Jahres sorgte Capcom bei mir mit einer Ankündigung für enorme Vorfreude. Dabei handelt es sich bei der Devil May Cry 4 (ab 11,25€ bei kaufen) Special Edition nicht um einen neuen Titel, sondern nur um eine um ein paar Inhalte erweiterte "Remaster"-Version. Im Test klären wir, ob sich die Vorfreude halten konnte und ob der Zahn der Zeit an Dante, Nero & Co genagt hat.

Der siebenjährige Konflikt    

War es tatsächlich schon Anfang 2008, als Devil May Cry 4 (DMC4) erschien? Oh ja. Gut zwei Jahre vor der Hexe Bayonetta und fünf Jahre vor dem Serien-Reboot DmC: Devil May Cry war es damals Capcoms erklärtes Ziel, das beste Devil May Cry aller Zeiten aufzubieten. Und das ist ihnen  seinerzeit zweifelsfrei gelungen. Zwar konnte man mit dem Duo Dante und Nero keinen Innovationspreis gewinnen, da man mechanisch wie die Vorgänger nur wenige Fortschritte machte. Doch angesichts einer spannenden, dramatischen sowie im Serienkontext überraschend emotionalen Story konnte man darüber hinweg sehen. Und technisch lieferte man bis auf die Ausnahme des Schneelevels ebenfalls eine Glanzleistung ab.

Auch Dantes Bruder Vergil gehört als spielbare Figur zu den neuen Inhalten der Special Edition.
Das Überraschende: Die Special Edition hinterlässt vor allem visuell den Eindruck, als ob man einen digitalen Jungbrunnen ausfindig gemacht und auf DMC4 angewandt hätte. Mit brandaktuellen Titeln wie Witcher 3, Batman & Co kann man sich zwar ebensowenig messen wie mit jüngst angekündigten E3-Highlights à la Horizon. Doch das Abenteuer, das sich den Stempel "moderner" Klassiker durchaus verdient hat, sieht definitiv nicht so aus, als ob es schon sieben Jahre auf dem Buckel hat. Schaut man auf Titel, die damals in einem ähnlichen Zeitraum erschienen sind wie z.B. Turok oder Kingdom Under Fire: Circle of Doom, sind diese deutlich schlechter gealtert.

Milchzähnchen der Zeit

Die hybride Kameraführung, die zwischen vorgegebenen (und gelegentlich verwirrenden) Perspektiven sowie frei um die Figur drehbarer Ansicht wechselt, ist allerdings ein erstes deutliches Zeichen, dass DMC 4 aus einer anderen Videospielära stammt - bzw. dass seine teils unveränderten Mechaniken noch weiter zurückgehen. Dementsprechend wirken manche Animationen bzw. Drehbewegungen und deren Auswirkungen auf die Angriffsoptionen nach heutigen Maßstäben leicht unrund. Und obwohl die Action mit hochaufgelösten 1080p sowie stets sauberen 60 Bildern dargestellt wird, gibt es in einigen Momenten hässliche Kanten. Auch die Ladezeiten, die schon damals gestört haben, können zu  einer Geduldsprobe führen - obwohl sie optimiert wurden.

Mit "Legendary Dark Knight" gibt es einen neuen Schwierigkeitsgrad, der seinen Namen wahrlich verdient.
Doch ungeachtet dessen sind die Kulissen auch sieben Jahre nach ihrer Premiere immer noch sehenswert, was vor allem dem zeitlosen Artdesign zu verdanken ist, das sich auch in den fantasievollen Gegnern und dort vor allem den Bossen widerspiegelt. Dem stehen die virtuellen Darsteller allerdings nicht nach. Zwar konnte die Mimik schon vor sieben Jahren nicht ganz an die Klasse von Naughty-Dog- oder Bioware-Produktionen anknüpfen, doch die Protagonisten bleiben jederzeit glaubwürdig und werden mit sehr guter Schnitt- bzw. Kameraarbeit in Szene gesetzt. Um die Geschichte mit all ihren Facetten genießen zu können, sollte man allerdings mit den Standard-Figuren Dante bzw. Nero spielen. Die drei neuen spielbaren Figuren haben zwar eigens angefertigte Zwischensequenzen, doch da diese kein integraler Bestandteil der interessant sowie mit vielen Grautönen dargestellten Gut-Böse-Thematik des Originals sind, bleibt deren Einbindung in die eigentlichen Geschehnisse höchst rudimentär.

Immer noch unterhaltsam

Nach Kratos, Bayonetta und der westlichen Inkarnation Dantes durch Ninja Theory wirkt die sieben Jahre alte Kampfmechanik mittlerweile etwas träge. Die Übergänge sind nicht mehr ganz so flüssig, wie ich sie in offensichtlich leicht geschönter Erinnerung hatte. Vor allem die Waffenwechsel laufen nicht so geschmeidig ineinander, wie es beim modernen DmC der Fall ist. Doch selbst mit diesen kleinen Altersfalten ist die Action immer noch schön anzuschauen, der Kombofluss ist nach wie vor gewährleistet. Und fordernd sind die Gefechte, Sprungsequenzen und Rätsel-Herausforderungen allemal. Schon im Original gab es einige Situationen, an denen ich in schöner Regelmäßigkeit verzweifelt bin. Doch DMC4 war und ist auch in der Special Edition nur ganz selten unfair - so z.B. wenn ein Gegner außerhalb des Kamerasichtfeldes einen Angriff vorbereitet und man nur minimale Chancen zur Abwehr bzw. zum Ausweichen hat.

Die Kulisse hat den Sprung auf die aktuellen Konsolen gut verkraftet.
Den Großteil der Zeit muss man den Fehler bei sich selber suchen, wenn man scheitert. Man muss sich an das trägere Spieltempo gewöhnen, seine hinsichtlich der Kollisionsabfrage akkurat arbeitenden Kombos verfeinern. Die Angriffsmuster der Gegner studieren hilft ebenfalls, um sich mit der richtigen Waffe bzw. der richtigen Aktion zur richtigen Zeit seiner Haut erwehren zu können. Hat man schließlich alles gemeistert, kann man sich an den für Serien-Veteranen richtenden Schwierigkeitsgrad "Legendary Dark Knight" wagen. Hier wird nicht nur die Anzahl der Gegner massiv erhöht. Es werden auch neue Gruppen zusammengestellt, so dass man stets bis zum letzten gefordert ist. Dementsprechend kommt auch der sinnvollen Aufwertung der Figuren bzw. der Bewaffnung besondere Aufmerksamkeit zu. Man hat für alle fünf erfreulich unterschiedlich spielbaren Charaktere die Möglichkeit, sowohl die Nah- und Fernkampfwaffen als auch bestimmte Eigenschaften oder Kampffähigkeiten aufzuwerten. Dabei kann man im Rahmen der Möglichkeiten die Upgrades an die präferierte Spielweise anpassen und so z.B. den Nahkampf mit neuen Kombos stärken oder sich auf Distanz-Verbesserungen konzentrieren.

Kostenpflichtige Abkürzung

Die neuen Figuren sorgen für ein frisches Spielerlebnis.
So sinnvoll der neue Schwierigkeitsgrad ist und so sehr die neuen Charaktere das Spielerlebnis erweitern, so unverständlich sind für mich die Mikro-Transaktionen. Darunter befinden sich zwar größtenteils nur kostenpflichtige Abkürzungen z.B. zu neuen Schwierigkeitsgraden.  Aber auch Orbs, mit denen man sich Fähigkeiten oder Gegenstände kaufen kann sowie Erweiterungen der Lebensleiste. Zwar kann man all das auch über Zeitinvestition erreichen. Doch der optionale Geldeinsatz, der bei den blauen Orbs (permanente Lebensenergie-Erweiterung) zudem noch die Balance über den Haufen wirft, ist etwas, das Capcom eigentlich nicht nötig hat und das man sich offensichtlich bei der Handhabung Tecmo Koeis hinsichtlich Dead or Alive 5 Last Round abgeschaut hat. Ich hoffe, dass dies nicht zu einer Unart bei den Wiederveröffentlichungen wird - man stelle sich mal vor, dass Inventarerweiterungen bei Resident Evil Zero kostenpflichtig werden...

Fazit

Dass das Original bereits sieben Jahre auf dem Buckel hat, merkt man der Special Edition von Devil May Cry 4 nur selten an. Am deutlichsten ist dies noch bei der Kampfmechanik der stylischen Action zu spüren, deren Dynamik mittlerweile an Faszination eingebüßt hat und von Konkurrenz wie Bayonetta, Kratos oder Dantes modernem Alter Ego in die Schranken verwiesen wurde. Und an der uneinheitlichen Kameraführung, bei der sich mitunter verwirrende statische Perspektiven mit einer klassischen freien Schulterkamera abwechseln. Doch weitere Kernelemente wie die immer noch zündende dramatisch-emotionale Geschichte, ordentliche Umgebungsrätsel sowie die dank des Artdesigns zeitlos gut scheinende Kulisse samt fantasievoller Gegner und Bosse haben sich schadlos gehalten. Mit drei frischen spielbaren Figuren und dem "Legendary-Dark-Knight"-Modus wird zudem dafür gesorgt, dass diese Special Edition nicht nur für Neueinsteiger, sondern auch für Veteranen interessante Inhalte bietet. Dantes bislang letzte Abenteuer fernöstlicher Prägung kann zwar nicht mehr uneingeschränkt mit der modernen Konkurrenz mithalten und versucht zudem, mit Abkürzungen sowie Kostümshop zusätzliche Einnahmen über Mikro-Transaktionen zu generieren. Aber es ist auch mit seinem fortgeschrittenen Alter immer noch ein gleichermaßen unterhaltsames wie forderndes Action-Adventure klassischer Ausrichtung.

Pro

saubere 60 Bilder bei 1080p-Auflösung
drei neue spielbare Figuren
akkurate Kollisionsabfrage
neuer Schwierigkeitsgrad: "Legendary Dark Knight"
dramatische Story
imposante Bosskämpfe
fantasievolles Level- und Gegnerdesign
durchdachte Waffenaufwertung
gehobener, aber stets fairer Schwierigkeitsgrad
treibender dynamischer Soundtrack zwischen Techno-Rock und getragenen Kompositionen

Kontra

Steuerungsmechanik und teils statische Kamera wirken anachronistisch
gelegentlich Ladezeiten
mitunter hässliche Kanten
gelegentliche Kameraprobleme
unansehnliche Schneeabschnitte
deutsche Untertitel mitunter ungenau übersetzt
Mikrotransaktionen können u.U. die Balance gefährden

Wertung

PlayStation4

Auch wenn einige Elemente anachronistisch wirken, haben Dante, Nero & Co den Sprung auf moderne Konsolen gut gemeistert.

XboxOne

Auch wenn einige Elemente anachronistisch wirken, haben Dante, Nero & Co den Sprung auf moderne Konsolen gut gemeistert.

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