City Life09.10.2008, Bodo Naser
City Life

Im Test:

Auf dem PC gibt es City Life (ab 19,98€ bei kaufen) von Monte Cristo schon seit zwei Jahren, auf dem DS ist das Städtebauspiel ein Neuling. Wie beim großen Bruder SimCity ist es nicht damit getan, einfach nur Häuser, eine Stromversorgung und Straßen zu errichten: Die Bürger wollen Arbeit, Sicherheit und Vergnügen. Und am liebsten nichts mit den Nachbarn zu tun haben.

Bleib mir vom Hals!

Wo gibt es die meisten Gewalttätigkeiten? Nicht etwa unter Fremden, wie man meinen könnte, sondern unter Leuten, die sich kennen. Im Freundeskreis, in der Familie oder unter Paaren. Das ist auch kein Wunder, denn nur wenn man sich kennt,

Die Kollegen nerven schon mal; insbesondere die rothaarige Ökotante, die sich ums Soziale kümmert. Dennoch müsst ihr ihre Ratschläge befolgen.    
 kann man negative Gefühle für jemanden entwickeln. Aus diesem Grund haben sich die Macher von City Life gedacht, dass es vermutlich das Beste sei, wenn sich unterschiedliche Leute gleich gar nicht kennen lernen. Wenn sich Nachbarn nie treffen, können auch keine negativen Empfindungen entstehen. Das erklärt dann auch, warum es so viele Mauern auf der Erde gibt - sei es in Korea, Israel oder zwischen den USA und Mexiko.

Auch wenn es dem Traum von einer besseren Welt widerspricht, solltet ihr die sechs Gruppen bei City Life hübsch voneinander trennen. Jeder muss hier in sein Ghetto, wo er möglichst nur seinesgleichen sieht. Bis hierher unterschieden sich PC- und DS-Version nicht, denn nur so habt ihr eine Chance, da sich einige Gruppen spinnefeind sind. Leben Arbeiter und Tagelöhner noch vergleichsweise friedlich zusammen, vertragen sich die Werktätigen gar nicht mit den Hippies in ihren roten Häusern. Vermutlich können es die virtuellen Anpacker nicht verstehen, dass jemand nichts arbeitet und nur von Luft und Liebe lebt. Das sind nicht die Einzigen, die sich nicht mögen, denn Reiche können Arme nicht ausstehen. Und Trendsetter oder Schlipsträger, die erst später einziehen, mag auch irgendwer nicht.

Sobald die zwei Gruppen in ein Viertel gepfercht werden, geht's los: Ständig bekommt ihr Meldung, dass es neuen Zoff gibt. Das bringt Unruhe ins Viertel, vertreibt die Bewohner und senkt den Grundstückswert. Es ist auch gar nicht so schwer das Prinzip durchzuhalten, denn wenn ihr ein Quartier baut, könnt ihr es gleich in eine entsprechende Richtung entwickeln. Wenn ihr nur Arbeitsstätten, Vergnügungen und Lokale für eine Gruppe errichtet, was möglich ist, kommen meistens auch nur diese Leute ins Viertel. Sollten sich ein paar andere einschleichen, reißt deren Haus lieber ab, denn das gibt nur Ärger. Macht stattdessen ein Geschäft auf oder baut einen Park, so dass es kein böses Blut gibt.

Nervender Stadtrat

Abgesehen davon bietet City Life DS drei Spielmodi: Die Kampagne inklusive Einführung, in der ihr immer anspruchsvollere Aufgaben erledigen müsst. Leider müsst ihr das Geschwätz in Textform über euch ergehen lassen, welches eure Stadtratskollegen zwischen den Missionen von sich geben. Wegklicken heißt hier das Zauberwort, da ihr ohnehin nichts verpasst. Ohne Gelaber kommt ihr bei den Herausforderungen aus, von denen es 15 gibt. Hier erfüllt ihr eine Aufgabe, bei der ihr eine Stadt einer Größe in einem besonderen Gelände und mit Einnahmen bauen müsst. Wer lieber für sich bauen möchte, kann das im freien Modus tun, der ohne Vorgaben auskommt.

Ein spezielles Problem der Kampagne: Leider läuft nicht immer alles so rund, wie man sich das als virtueller Bürgermeister wünschen würde. Ihr kommt ab und zu an Punkte, an denen ihr nicht mehr so recht wisst, wie es weitergehen soll. Was war noch mal gefragt? Da hilft auch die praktische Übersicht nix, wo ihr Spielziele auf einen Blick seht. Das ist noch beherrschbar, aber es gibt auch eine blöde Passage, wo es schlicht nicht weitergeht. Als ihr zu Beginn von Mission sechs von acht laut Anweisung eine Fabrik bauen sollt, hängt sich das Spiel mehrfach hintereinander auf, wobei nur ein Neustart der Kampagne hilft. Ärgerlich, da es keine Patches gibt. 

                 

Jedem das Seine

Ansonsten läuft alles, wie ihr das von anderen Städtebauspielen gewohnt seid. Ihr errichtet Wohngebäude, Stromversorgung und Straßen und nachdem ihr auch für die nötigsten Einrichtungen wie Lebensmittelladen, Arzt und Polizei gesorgt habt,

Der Straßenverkehr nimmt schnell überhand, da die Leute irgendwie zum Arbeitsplatz kommen wollen. Ein öffentlicher Nahverkehr tut da Not. 
ziehen die ersten Leute ein. Ebenfalls wichtig ist die Unterhaltung, die den Wohnwert steigert. Es gibt für jede Gruppe spezielle Vergnügungen, die aus Basketballplätzen, Burgerlokalen und Achterbahnen bestehen. Diese Einrichtungen sind teuer in Anschaffung und Unterhalt und erfordern mit steigendem Umfang immer mehr Mitarbeiter. Bessere Häuser werden erst nach und nach freigeschaltet, wenn ihr ein Teilziel erreicht, was für Motivation sorgt.

Die Betriebe selbst bringen euch neben den Steuereinnahmen Geld, die zudem Arbeitsplätze für eine Gruppe bieten. So beschäftigt eine Mechanikerwerkstatt nur blaue Arbeiter. Ihr könnt auch Geld sparen, indem ihr euch für bessere Technik entscheidet. Oft gibt es verbesserte Gebäude, die weniger Unterhalt kosten. So ist die Energieversorgung mit Windrädern zwar aufwendiger, kostet aber immer noch weniger, als wenn ihr den Strom teuer einkauft. Wahlweise könnte ihr ein Kohlekraftwerk errichten, das jedoch die Umgebung verpestet, was die Leute gar nicht mögen. Um die verstopften Straßen zu entlasten, könnt ihr einen öffentlichen Nahverkehr einrichten, indem ihr Taxis, Busse und U-Bahnen baut.

Schnell gebaut und abgerissen

Das Errichten der an die 150 verschiedenen Häuser per Touchscreen und Pen geht eigentlich ganz flott von der Hand, was für ein Spiel mit derartiger Komplexität keinesfalls selbstverständlich ist. Ihr könnt die Entwürfe der nach Funktion, Personal und Größe unterschiedlichen Gebäude problemlos drehen und einpassen, auch weil sich die komplette Stadtansicht drehen lässt. Immer wird praktischerweise gleich ein Stück Straße mitverlegt, so dass ein Haus nicht ohne Anschluss bleibt. Strom und Wasserleitungen sind hingegen nicht nötig, da auf sie verzichtet wurde.

Leider funktioniert der Abriss ebenfalls recht schnell - beinahe zu flott, da es keine Nachfrage gibt, ob ihr es ein Haus tatsächlich abreißen wollt; am PC ist diese obligatorisch. So reißt man im Eifer des Gefechts schon mal was ab, was eigentlich gar sein müsste, weil man es im Gebäudemenü irrtümlich anklickt. Ansonsten ist gerade dieses Häusermenü derart wichtig, dass es stets im oberen Bildschirm angezeigt wird. Ihr habt sogar die Möglichkeit euch anzeigen zu lassen, was die Bewohner gut finden und was nicht. So könnt ihr gezielt einzelne Wohngebäude fördern, die sich dann weiter entwickeln.

Übersichten satt

Grafisch reißt City Life mit seiner nüchternen Zweckoptik sicher keine Bäume aus, was auch ein Stück weit am DS mit seiner kleinteiligen Darstellung liegt. Es gibt zwar größere Bauten wie Wolkenkratzer, Einkaufszentren oder Fabrikschlote, die aber nicht sonderlich beeindrucken und als Landmarken ausfallen, wenn es viele davon gibt. Zwar gibt es die Möglichkeit, bis auf die Straße runter zu zoomen, was aber ziemlich überflüssig ist. Die restlichen drei Stufen reichen eigentlich, obwohl die verschiedenen Gebäude bisweilen nur schwer voneinander zu unterscheiden sind, da aus der Entfernung viele gleich aussehen.

Aber immerhin seht ihr die Autolawinen, wie sie sich durch die Straßenschluchten quälen. Leider tut sich ein weiteres Problem auf, denn das Spiel ist oft unübersichtlich: Trotz der zahlreichen Statistiken, die Krämernaturen freuen dürften, wisst ihr oft nicht mehr, was ihr zuletzt tun wolltet. Das ist nach dem Abspeichern oft der Fall, das nur bei Szenarien und freiem Spiel jederzeit möglich ist, wenn ihr euch neu orientiert. Die farbigen Kartendarstellungen helfen hier weiter, da sich so Problembereiche einfärben lassen. Ihr seht etwa, wo genau die Bewohner aufeinanderprallen oder wie weit der günstige Einfluss des Rathauses reicht.

    

Fazit

Wer auf Nintendos Handheld ein Ciy Life light erwartet, wird eines Besseren belehrt! Das Städtebauspiel im Stil von SimCity kommt zwar harmlos daher mit seinen Knuddelbürgern sowie der unspektakuläre Darstellung der Städte. Aber so kleinteilig die Ansicht ist, so komplex ist das Spiel: Hier müsst ihr nicht nur Läden, Müllentsorgung und Fabriken bauen, ihr müsst euch auch noch um sechs höchst unterschiedliche Bevölkerungsgruppen kümmern, die sich fast wie Kinder aufführen. Ihr braucht sie aber alle vom einfachen Arbeiter über den Tagelöhner bis zum Multimillionär. Wenn es zwischen den sozialen Gruppen Streit gibt, müsst ihr sie am besten voneinander trennen. Die Aufträge hören sich zunächst simpel an, aber der Teufel steckt meist im Detail: Ohne eine komplette Umstrukturierung sind die späteren Szenarien gar nicht mehr zu schaffen. Einzig die Kampagne schwächelt etwas, da sie einen Bug hat, der das Weiterspielen nach zwei Drittel erheblich erschwert. Auch das lächerliche Geplapper des Stadtrates hätte man sich sparen können. City Life DS ist trotz der Schwächen eine gelungene Umsetzung, die teilweise sogar mehr Spaß macht als die PC-Version.

Pro

Städtebau und Versorgung
sechs Bevölkerungsgruppen
Aufstieg der Stadt motiviert
leicht zugänglich
komplex genug
Gebäude erst nach und nach

Kontra

kaum Neues
(umgehbarer) Absturz in der Kampagne

Wertung

NDS

Trotz magerer Optik kein City Life light sondern ein ausgewachsenes Städtebauspiel

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