Far Cry 509.03.2018, Jan Wöbbeking
Far Cry 5

Vorschau: Wildes Montana

Während sich in den realen USA Trump-Gegner und -Befürworter anfeinden, geht es im virtuellen Hope County von Far Cry 5 (ab 11,00€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) noch handfester zur Sache. Wir haben uns in den Kampf gegen die militante Sekte "The Project at Eden's Gate" gestürzt, die einen kompletten Landstrich im Würgegriff hält. In einer ehemaligen Berliner Kirche konnten wir den Einstieg des Shooters auf einer PS4 Pro spielen.

Stein des Anstoßes

Das musste ja schief gehen. Nur Minuten nachdem das Sonderkommando in die Kirche einmarschiert ist und den Sektenführer Joseph Seed verhaftet hat, hängen auch schon ein paar fanatische Jünger am Evakuierungs-Heli und bringen ihn zum Absturz. Wie sich kurz danach herausstellt, steht sogar die einzige verbliebene Verbindung zur Außenwelt unter dem Einfluss des Weltuntergangskults: Statt die Nationalgarde zu rufen, stimmt plötzlich auch die Kontaktperson am Funkgerät in den fanatischen Singsang ein. Der neue Junior-Sheriff des fiktionalen Hope County ist also erst einmal auf sich allein gestellt und muss auf seiner Flucht Mitstreiter rekrutieren, um den Einfluss des Kults mit vielen Sabotageakten zu minimieren. Nachdem man in einem überschaubaren Charakter-Editor ein wenig am Aussehen des Helden geschraubt hat, startet die typische Far-Cry-Action, bei der man nach und nach verschiedene Stützpunkte und andere Machtzentren des Kults erobert. Das Spiel lässt einem zunächst die Wahl, ob man primär Geiseln befreit, Sektenbesitz zerstört, Widerstandsmissionen annimmt oder Außenposten überfällt.

Der neue Junior-Sheriff kommt der Weltuntergangssekte sehr gelegen: Als Bösewicht aus der Prophezeiung wird er zum Anlass, den von langer Hand geplanten heiligen Krieg zu starten.
Wirklich glaubwürdig wirkt die Ausgangslage nicht. Warum wird z.B. niemand misstrauisch, wenn die Telefonleitungen zu einem kompletten County gekappt wurden – selbst wenn es an der dünn bevölkerten kanadischen Grenze liegt? Wenn man ein Auge zudrückt und sich auf den leicht überzeichneten Mikrokosmos auf dem Lande einlässt, ist den Entwicklern aber ein sehr stimmungsvoller Einstieg gelungen. Schade, dass wir die als Tutorial dienende Insel des Mentors „Dutch“ nicht auf Video festhalten durften: Das Erkunden kleiner Buchten und erster feindlicher Posten am Silver Lake gestaltete sich nämlich erstaunlich ruhig und idyllisch. Ein Grund dafür ist die Naturkulisse, die auf der PS4 Pro bereits ein hübsches Bild abgab.

Auf der Suche nach Verbündeten

Die Vegetation wiegt sich zwar nicht so authentisch und detailverliebt zur Seite wie in Horizon Zero Dawn, das Gesamtbild überzeugt aber auch hier. Wer als Kind Urlaub in Schweden gemacht hat, dem dürfte das Gefühl bekannt vorkommen, hinter jedem Wäldchen einen neuen Tümpel zu entdecken. Mit dem Unterschied, dass man damals nicht die daneben stehenden Hütten geplündert hat, um sich mit gefundenen Materialien Hilfsmittel wie Molotow-Cocktails oder Sprengladungen für den Safe zu basteln. Auch in Bunkern von Preppern stößt man in Geheimräumen auf Bares, diverses Material oder Wackelkopf-Sammelfiguren.

Vor der Eskalation hatte niemand wirklich Lust, sich ernsthaft mit dem lästigen Kult zu befassen.
Die Story soll zum Großteil non-linear erzählt werden. Hat man die Insel befreit, öffnet sich das Gelände natürlich und eine ganze Reihe möglicher Ziele tauchen auf der Karte auf. Doch auch das wird für Ubisoft-Verhältnisse verhältnismäßig unaufgeregt und glaubwürdig präsentiert, denn die Widerstandszellen rufen erst um Hilfe, nachdem man das Funkgerät zum Laufen gebracht hat. Beim Erklimmen eines Funkmastens nehmen die Dialogautoren sogar den altbekannten Turm-Fetish ihres Arbeitgebers aufs Korn: „Keine Angst – ich werde dich bestimmt nicht auf massenhaft Türme klettern lassen“. Im Rahmen der Demo konnten wir uns lediglich ein paar Ziele und Nebenmissionen im nördlichen Areal der Whitetail Mountains vornehmen, da der Weg zu weiteren Hauptmissionen noch abgesperrt war.

Menschliche und animalische Krieger

Hektischer wird es beim Angriff auf Festungen oder eine gut bewachte ehemalige Wildtierstation, in der auch ein Bär hausen soll. Dabei kommen auch die KI-Helfer zum Einsatz: Jägerin Jess Black etwa bringt einen Bogen mit und versteht es, die vom Kult abgerichteten Wölfe nicht aufzuscheuchen. Zur Auswahl stehen später zudem der Flugzeug-Pilot Nick Rye, der "gefährliche Dummkopf" Hurk Drubman Jr. mit seinem Raketenwerfer, die Helikopter-Pilotin Adelaide Drubman, der Pyromane Sharky Boshaw, die Scharfschützin Grace Armstrong und der vierbeinige Späher Boomer, der Gegner markiert und ihre Waffe aus den Händen klaut. Hinzu kommt noch eine Klasse „gewöhnlicher“ Helfer, die sich nach ihrer Befreiung an Stützpunkten rekrutieren lassen. Eigentlich muss man sich für mehrere Gehilfen zunächst eine entsprechende Fähigkeit verdienen.

Auch zu Wasser wird gefeuert.
Da sie in der Demo schon freigeschaltet war, wuselten aber schon dort drei Figuren um den Helden herum. Charakter-Animationen scheinen nicht zu den Stärken des Spiels zu zählen: Im Vergleich zur Konkurrenz hetzen die Kollegen oft etwas holprig und ruckartig durch die Botanik. Ein grafisches Highlight sind dagegen die Zwischensequenzen, in denen sehr fein animierte Gesichtszüge die Stimmung der Figuren widerspiegeln. Statt des dritten KI-Mitstreiters darf übrigens auch ein menschlicher Mitspieler einsteigen. Er kann dabei allerdings lediglich Erfahrung und Ausrüstungsgegenstände verdienen. Nur der Hauptspieler darf den Story-Fortschritt und die Quest-Gegenständen behalten.

Laut oder leise?

Vor dem Angriff auf feindliche Lager suchen die Kameraden sich meist vorsichtig eine Deckung. Es kann aber auch passieren, dass ein ungeschickter Vorstoß die Wachen aufscheucht. Wer einen koordinierten Angriff starten und alle Geiseln retten möchte, sollte seine Mitstreiter also rechtzeitig zu den passenden Gegnern schicken – oder sie rechtzeitig vorher „entlassen“, um ungestört als einsamer Wolf zuzuschlagen. Man bekommt offenbar erfreulich viel Freiheit bei der Wahl der Herangehensweise: Je nach Vorliebe, Ausrüstung und Team scheint man unterschiedlich schleich- oder actionlastig zuschlagen zu können. Schade, dass wir noch nicht die Scharfschützin zur Verfügung hatten. Laut Pressemitteilung sorgen ihre Treffer dafür, dass die meist aggressiv attackierenden Fanatiker auch mal Angst bekommen und die Flucht ergreifen.

Endlich ein Heer, bei dem eine wallende Haarpracht geduldet wird! Auch der Gegner-Look "Roter Ninja" erlebt in Montana einen zweiten Frühling.
Auf dem Rachefeldzug gegen Jess' alten Peiniger - den „Koch“ - mussten wir selbst immer mal wieder die Beine in die Hand nehmen, um nicht vom Flammenwerfer gegrillt zu werden. Nachdem wir uns die Waffe geschnappt hatten, konnten wir allerdings selbst Gegner abfackeln. An die vier Anführer aus der fanatisch-religiösen Familie Seed kommt man vermutlich nicht ganz so leicht heran. Jeder von ihnen besitzt bei der Organisation des Gottesstaats eine bestimmte Funktion – ganz wie es laut Lydia Benecke auch bei realen Sekten gängig ist. Die Kriminalpsychologin und Schriftstellerin wurde von Ubisoft als Beraterin für die Story-Autoren engagiert.

Perfide Methoden

Ex-Soldat Jacob etwa kümmert sich um die Führung der Militärsektion. Bruder John beschafft lebenswichtige Ressourcen, indem er Einzelpersonen gezielt einschüchtert oder sich mit Gewalt Zugriff auf Häuser verschafft. Viele ehemalige Einwohner wurden so bereits aus dem dünn besiedelten County vertrieben, mit dauerhaftem Psycho-Terror weggeekelt oder gar zu Tode „getauft“. Um den rituellen Zeremonien mehr spirituelle Schwere zu verleihen, hat Soundtrack-Komponist Dan Romer ein religiöses Liederbuch mit allerlei Lobgesängen über die Apostel aus der Familie Seed geschrieben. Sogar ihre Gegner scheinen den Musikgeschmack zu teilen. Aus den Radios ihrer Pickup-Trucks hört man oft den einlullenden Gesang und Akustikgitarren, der allerdings gut die Stimmung der Abgeschiedenheit unterstreicht. Die Geländewagen und die an vielen Ecken herumstehenden ATVs waren in der Demo die gängigsten Fortbewegungsmittel. Auf den Landstraßen wird man alle paar hundert Meter in einen Kampf mit Patrouillen verwickelt, die sich allerdings oft relativ schnell wieder abhängen lassen. Nebenbei kann man z.B. angeln, die Kriegskasse mit dem Verkauf gejagter Tiere auffüllen oder sich beim Stuntman Hutch an waghalsigen Mutproben versuchen.

Ausblick

Mit Montana hat Ubisoft sich einen hübsch umgesetzten abgelegenen Schauplatz für das Thema von Far Cry 5 ausgesucht. Bislang war es recht unterhaltsam, sich in den Bergen auf die Jagd nach der militanten Sekte zu begeben und Verbündete zu befreien. Mit ihrer Unterstützung lassen sich die nächsten Angriffe ein wenig an den eigenen Spielstil anpassen. Offenbar hat Ubisoft das früher überbordende Rundherum ein wenig zurückgefahren. Wir sind gespannt darauf, ob die Nebenbeschäftungen im späteren Spielverlauf die Shooter-Action verwässern. Im Einstieg hatte ich zumindest das Gefühl, mich im Freiheitskampf zu befinden statt durch einen Freizeitpark zu laufen.

Einschätzung: gut

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