Vorschau: Wildes Montana
Stein des Anstoßes
Das musste ja schief gehen. Nur Minuten nachdem das Sonderkommando in die Kirche einmarschiert ist und den Sektenführer Joseph Seed verhaftet hat, hängen auch schon ein paar fanatische Jünger am Evakuierungs-Heli und bringen ihn zum Absturz. Wie sich kurz danach herausstellt, steht sogar die einzige verbliebene Verbindung zur Außenwelt unter dem Einfluss des Weltuntergangskults: Statt die Nationalgarde zu rufen, stimmt plötzlich auch die Kontaktperson am Funkgerät in den fanatischen Singsang ein. Der neue Junior-Sheriff des fiktionalen Hope County ist also erst einmal auf sich allein gestellt und muss auf seiner Flucht Mitstreiter rekrutieren, um den Einfluss des Kults mit vielen Sabotageakten zu minimieren. Nachdem man in einem überschaubaren Charakter-Editor ein wenig am Aussehen des Helden geschraubt hat, startet die typische Far-Cry-Action, bei der man nach und nach verschiedene Stützpunkte und andere Machtzentren des Kults erobert. Das Spiel lässt einem zunächst die Wahl, ob man primär Geiseln befreit, Sektenbesitz zerstört, Widerstandsmissionen annimmt oder Außenposten überfällt.
Auf der Suche nach Verbündeten
Die Vegetation wiegt sich zwar nicht so authentisch und detailverliebt zur Seite wie in Horizon Zero Dawn, das Gesamtbild überzeugt aber auch hier. Wer als Kind Urlaub in Schweden gemacht hat, dem dürfte das Gefühl bekannt vorkommen, hinter jedem Wäldchen einen neuen Tümpel zu entdecken. Mit dem Unterschied, dass man damals nicht die daneben stehenden Hütten geplündert hat, um sich mit gefundenen Materialien Hilfsmittel wie Molotow-Cocktails oder Sprengladungen für den Safe zu basteln. Auch in Bunkern von Preppern stößt man in Geheimräumen auf Bares, diverses Material oder Wackelkopf-Sammelfiguren.
Menschliche und animalische Krieger
Hektischer wird es beim Angriff auf Festungen oder eine gut bewachte ehemalige Wildtierstation, in der auch ein Bär hausen soll. Dabei kommen auch die KI-Helfer zum Einsatz: Jägerin Jess Black etwa bringt einen Bogen mit und versteht es, die vom Kult abgerichteten Wölfe nicht aufzuscheuchen. Zur Auswahl stehen später zudem der Flugzeug-Pilot Nick Rye, der "gefährliche Dummkopf" Hurk Drubman Jr. mit seinem Raketenwerfer, die Helikopter-Pilotin Adelaide Drubman, der Pyromane Sharky Boshaw, die Scharfschützin Grace Armstrong und der vierbeinige Späher Boomer, der Gegner markiert und ihre Waffe aus den Händen klaut. Hinzu kommt noch eine Klasse „gewöhnlicher“ Helfer, die sich nach ihrer Befreiung an Stützpunkten rekrutieren lassen. Eigentlich muss man sich für mehrere Gehilfen zunächst eine entsprechende Fähigkeit verdienen.
Laut oder leise?
Vor dem Angriff auf feindliche Lager suchen die Kameraden sich meist vorsichtig eine Deckung. Es kann aber auch passieren, dass ein ungeschickter Vorstoß die Wachen aufscheucht. Wer einen koordinierten Angriff starten und alle Geiseln retten möchte, sollte seine Mitstreiter also rechtzeitig zu den passenden Gegnern schicken – oder sie rechtzeitig vorher „entlassen“, um ungestört als einsamer Wolf zuzuschlagen. Man bekommt offenbar erfreulich viel Freiheit bei der Wahl der Herangehensweise: Je nach Vorliebe, Ausrüstung und Team scheint man unterschiedlich schleich- oder actionlastig zuschlagen zu können. Schade, dass wir noch nicht die Scharfschützin zur Verfügung hatten. Laut Pressemitteilung sorgen ihre Treffer dafür, dass die meist aggressiv attackierenden Fanatiker auch mal Angst bekommen und die Flucht ergreifen.
Perfide Methoden
Ex-Soldat Jacob etwa kümmert sich um die Führung der Militärsektion. Bruder John beschafft lebenswichtige Ressourcen, indem er Einzelpersonen gezielt einschüchtert oder sich mit Gewalt Zugriff auf Häuser verschafft. Viele ehemalige Einwohner wurden so bereits aus dem dünn besiedelten County vertrieben, mit dauerhaftem Psycho-Terror weggeekelt oder gar zu Tode „getauft“. Um den rituellen Zeremonien mehr spirituelle Schwere zu verleihen, hat Soundtrack-Komponist Dan Romer ein religiöses Liederbuch mit allerlei Lobgesängen über die Apostel aus der Familie Seed geschrieben. Sogar ihre Gegner scheinen den Musikgeschmack zu teilen. Aus den Radios ihrer Pickup-Trucks hört man oft den einlullenden Gesang und Akustikgitarren, der allerdings gut die Stimmung der Abgeschiedenheit unterstreicht. Die Geländewagen und die an vielen Ecken herumstehenden ATVs waren in der Demo die gängigsten Fortbewegungsmittel. Auf den Landstraßen wird man alle paar hundert Meter in einen Kampf mit Patrouillen verwickelt, die sich allerdings oft relativ schnell wieder abhängen lassen. Nebenbei kann man z.B. angeln, die Kriegskasse mit dem Verkauf gejagter Tiere auffüllen oder sich beim Stuntman Hutch an waghalsigen Mutproben versuchen.
Ausblick
Mit Montana hat Ubisoft sich einen hübsch umgesetzten abgelegenen Schauplatz für das Thema von Far Cry 5 ausgesucht. Bislang war es recht unterhaltsam, sich in den Bergen auf die Jagd nach der militanten Sekte zu begeben und Verbündete zu befreien. Mit ihrer Unterstützung lassen sich die nächsten Angriffe ein wenig an den eigenen Spielstil anpassen. Offenbar hat Ubisoft das früher überbordende Rundherum ein wenig zurückgefahren. Wir sind gespannt darauf, ob die Nebenbeschäftungen im späteren Spielverlauf die Shooter-Action verwässern. Im Einstieg hatte ich zumindest das Gefühl, mich im Freiheitskampf zu befinden statt durch einen Freizeitpark zu laufen.
Einschätzung: gut
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